Volleyball-Bundesliga - Zwischen Pizza und Energyshots
Lange Zeit war die Volleyball-Bundesliga der Männer unterbesetzt. Nun startet sie durch ein Aufsteigerprogramm erstmals wieder mit zwölf Teams. Wieso die BR Volleys zurückstecken müssen, während die Netzhoppers davon profitieren. Von Lynn Kraemer
Drei Siege in drei Tagen für den ersten Titel der Saison: Die BR Volleys sind vor dem Start der Hauptrunde der Volleyball-Bundesliga wieder der Maßstab. Wie schon im Vorjahr konnte der Rekordmeister die Baumstammscheibe des Bounce House Cups mit nach Berlin nehmen. Die Mannschaft von Joel Banks setzte sich beim Saisonvorbereitungsturnier in Hildesheim, das als neues Format den Supercup ersetzt, ohne große Probleme durch.
Lediglich einen Satz mussten die BR Volleys im ersten Spiel gegen den Aufsteiger aus Karlsruhe abgeben, der das Turnier als Fünfter abschloss. Die Baden Volleys SSC Karlsruhe sind einer von vier Aufsteigern, die in dieser Saison zur obersten Spielklasse stoßen. Nach mehreren Jahren, in denen die Meister der 2. Bundesligen der Männer ihr Aufstiegsrecht nicht wahrgenommen hatten, weil der finanzielle Sprung zu groß war, rief die Volleyball-Bundesliga zuletzt ein Aufsteigerprogramm ins Leben. Für interessierte Klubs wurden die Lizenzanforderungen gesenkt. So spielen neben Karlsruhe auch die FT 1844 Freiburg, der ASV Dachau und der VC Bitterfeld-Wolfen ab sofort in der 1. Liga.
Die Spitze steckt zurück
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen der vier Aufsteiger stehen im starken Kontrast zur Tabellenspitze, an der die BR Volleys thronen und ihren Kader für die Champions League verstärken. Während das Team aus Karlsruhe nach der Niederlage gegen Berlin gemütlich auf dem Hallenboden saß und den Spieltag mit Pizza ausklingen ließ, verteilte der Volleys-Staff Energyshots an die Spieler. "Allein von der Stärke und Dichte der Liga ist das nicht gut für uns", äußerte sich Kaweh Niroomand, Geschäftsführer der BR Volleys, bei der Auftaktspressekonferenz. Aber: "Im Sinne des Volleyballs und der Gesamtentwicklung ist das der völlig richtige Schritt. Ich kann diese Vereine nur aufmuntern, wirklich gut daran zu arbeiten."
Auch wenn die BR Volleys ihre zweite Riege aufs Feld schicken, ist diese vielen Teams der Liga überlegen. "Für uns sind es spielerisch jetzt vielleicht nicht die wertvollsten Spiele. Und es sind jetzt noch blöde, lange Fahrten dazugekommen, wofür die Aufsteiger aber nichts können", sagt Berlins Zuspieler Johannes Tille. Gleich drei der Aufsteiger kommen aus Süddeutschland. Der wertvollste Spieler der Vorsaison sieht gleichzeitig das Potenzial der Aufsteiger: "Ich denke schon, dass es für die deutsche Liga wichtig ist, dass da wieder mehr Teams sind und mehr Attraktivität für ausländische Spieler herrscht."
Für die BR Volleys bedeuten die vier Liga-Neulinge auch vier unattraktivere Heimspiele mit voraussichtlich niedrigen Kartenverkäufen in der Max-Schmeling-Halle. "Für mich wäre es ideal gewesen, wenn wir auch die Zwischenrunde haben", sagt Niroomand. Dann wären die anderen Spitzenteams direkt vor den Playoffs noch ein weiteres Mal zu Gast in Berlin gewesen und hätten für volle Ränge gesorgt. Durch das Olympia-Jahr fällt die Saison jedoch deutlich kürzer aus und die Zwischenrunde findet nicht statt.
Spannendere Duelle in der unteren Tabellenhälfte
Dass die Aufsteiger dafür im Unterbau der Liga durchaus mithalten können, bewiesen sie beim Bounce House Cup. In der ersten Runde siegte Freiburg gegen Herrsching, Bitterfeld-Wolfen gegen die Netzhoppers und Karlsruhe gegen Haching. Nur Dachau musste sich gegen die Gastgeber aus Giesen geschlagen geben. "Jeden Aufsteiger sehen wir auf Augenhöhe und gehen mit Respekt an die Sache", sagt Netzhoppers-Kapitän Djifa Amedegnato.
Die Brandenburger profitieren gleich doppelt vom Aufsteigerprogramm. Nach der Insolvenz in der Vorsaison starten sie mit minus sechs Punkten und einem neuformierten, sehr jungen Kader in die neue Spielzeit. In den Duellen mit Karlsruhe, Freiburg, Dachau und Bitterfeld-Wolfen sind Punkte wahrscheinlicher. "Wir müssen uns ja auch erstmal finden. Deswegen denke ich, wir haben 50:50-Chancen gegen jeden Aufsteiger", sagt Amedegnato.
Netzhoppers profitieren von Nicht-Abstiegsregel
Dass die Netzhoppers ausschließlich auf junge Spieler setzen und so Geld sparen, ist möglich, weil die Liga für zwei Jahre die Abstiegsregelung aussetzt. Der Schritt soll vor allem den Liganeulingen Sicherheit zu geben. "Unsere Sorge war, dass ein Verein, der von Beginn an unter Abstiegsdruck steht, zu viel Geld in die Entwicklung von leistungsstarken Spielerkadern steckt", sagt Daniel Sattler, Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga. In den zwei Saisons sollen die Vereine in ihre Infrastruktur investieren. Ob in der Saison danach gleich zwei Teams oder erstmal nur ein Team absteigt, ist noch nicht geklärt. "Der Wettbewerbsdruck kann nur von unten aus der 2. Liga kommen. Je früher das entsteht, desto früher können wir den Regelabstieg wieder aktivieren", sagt Sattler. Deswegen arbeitet die Liga parallel schon an einem "Aufsteigerprogramm 2.0", das noch einen oder zwei weitere Zweitligisten hochzieht. So könnte zwar die Situation entstehen, dass in einer Saison mit einer Staffelstärke von 14 Teams gespielt wird, aber langfristig soll sich ein Ligasystem mit einem vollen Starterfeld sowie einem regelmäßigen Auf- und Abstieg entwickeln.
Statt in den Kader haben auch die Netzhoppers in die Geschäftsstelle investiert: "Wir müssen das Fundament für das nachhaltige Fortbestehen der Netzhoppers aufbauen", sagt Dirk Westphal, der das Projekt beim Brandenburger Erstligisten nach seinem aktiven Karriereende als Geschäftsführer leitet. "Die Netzhoppers haben Jahre solide in der Mitte funktioniert. Am Ende aber nicht mehr und wir mussten neue Wege gehen." Dass die Volleyball-Bundesliga in den nächsten Spielzeiten in ihrem Unterbau schwächer ist und einen großen Abstand zur Spitze hat, ist der Startschuss, um langfristig besser zu werden.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.10.2023, 8:15 Uhr