Transfer-Zeugnis - So schlagen sich die Neuzugänge von Hertha BSC bisher
Zwölf neue Spieler hat sich Hertha im Sommer nach dem Abstieg und Kaderumbruch für die 2. Liga geholt. Nun neigt sich die erste Saison-Hälfte dem Ende entgegen. Die bisherige Bilanz der Neuzugänge fällt sehr unterschiedlich aus. Von Lukas Witte
Bilal Hussein
Als einer der letzten Spieler schloss sich Bilal Hussein im Sommer dem Fußball-Zweitligisten an. Erst am sechsten Spieltag kam der Schwede zu seinem ersten Einsatz bei Hertha und gab beim Sieg gegen Braunschweig gleich mal die Vorlage zum 3:0. Der Achter sollte vor allem Kreativität, Tempo und Technik im Mittelfeld sorgen - alles Schwachstellen der Berliner. Doch trotz seines gelungenen Einstands blieb Hussein danach hinter den Erwartungen zurück. Die Leistungskurve zeigte zuletzt eher nach unten und der Schwede blieb in den letzten drei Partien ohne Einsatz.
Bewertung: 3/10
Andreas Bouchalakis
Auch Andreas Bouchalakis fand erst einen Tag vor der Transfer-Deadline seinen Weg in die Hauptstadt. Seitdem stand der Sechser in jedem Ligaspiel für die Berliner auf dem Rasen und erzielt regelmäßig Spitzenwerte bei seiner Passquote und den gewonnenen Zweikämpfen.
Der 30-Jährige macht die Drecksarbeit im Mittelfeld. Spektakulär oder besonders ästhetisch ist diese Aufgabe natürlich nicht. Auch deshalb, weil Bouchalakis erhebliche Geschwindigkeitsdefizite hat und zuletzt auch immer wieder für einen Fehler gut war. Im letzten Spiel machte ihm deshalb auch das Eigengewächs Klemens seinen Platz in der Startelf streitig. Trotzdem wird der Grieche in dieser Saison wohl weiterhin eine wichtige Rolle bei Hertha spielen.
Bewertung: 6/10
Michal Karbownik
Der vielseitige Defensivspieler war Herthas teuerste Verpflichtung des Sommers. Zweieinhalb Millionen Euro soll der englische Erstligist Brighton & Hove Albion für den 22-jährigen Polen erhalten haben, der neben den Außenverteidiger-Positionen auch im defensiven Mittelfeld spielen kann. Zuletzt war Karbownik zu Fortuna Düsseldorf in die 2. Bundesliga ausgeliehen und hatte dort in der vergangenen Saison großes Talent gezeigt. 26-Mal stand er für die Rheinländer auf dem Rasen. So wirklich den nächsten Schritt konnte er bei Hertha aber bislang nicht gehen.
Zwar waren bei seinen acht Auftritten für die Berliner immer wieder gute Ansätze zu erkennen, durchsetzen konnte er sich jedoch nicht. Seitdem sich Deyovaisio Zeefuik von seiner Verletzung erholt hat und Spieler wie Pascal Klemens und Jonjoe Kenny sich formstark präsentieren, ist die Konkurrenz auf seinen Positionen groß. Vom teuersten Einkauf hätte man sich sicherlich etwas mehr erwartet.
Bewertung: 5/10
Haris Tabakovic
Haris Tabakovic war wohl der Top-Transfer von Sportdirektor Benjamin Weber und Geschäftsführer Thomas Herrich im Sommer. Der Stürmer ist mit insgesamt zwölf Saison-Treffern Herthas Top-Torjäger und hat sich in der Hauptstadt schnell den liebevollen Spitznamen "Fluppe" verdient.
Nachdem Fluppe zu Beginn der Saison "on fire" war und sieben Tore in nur drei Spieltagen erzielte, hatte er allerdings eine kleine Durststrecke zu überwinden und schien gelegentlich etwas in der Luft zu hängen, wenn er nicht die nötigen Hereingaben bekam. Zuletzt meldete sich der Schweiz-Bosnier aber zurück und überzeugte in der Box nicht nur durch seinen fantastischen Torriecher, sondern hat immer wieder auch ein Auge für seine Mitspieler. Vier Vorlagen hat er in der Saison bereits gesammelt.
Bewertung: 9/10
Fabian Reese
Fabian Reese und Berlin - es scheint ein perfektes Match zu sein. An freien Tagen schlendert der gebürtige Kieler mit seinem Vokuhila, den lackierten Fingernägeln und den Retro-Klamotten gerne mal über die Flohmärkte der Stadt und ist dabei vom typischen Berliner Hipster kaum zu unterscheiden. Auf dem Rasen überzeugt der Flügelspieler mit hohem Kampfgeist und Dribbelstärke. Von Reese geht eigentlich immer Offensivgefahr aus, wenn er am Ball ist. Fünf Tore und sieben Vorlagen hat der 25-Jährige in dieser Saison bereits verzeichnet und scheint sich vor allem mit seinem Sturmpartner Tabakovic blind zu verstehen.
Für seinen Wechsel nach Berlin sorgte vor seiner Kündigung noch der damalige Geschäftsführer Fredi Bobic. Reese unterschrieb den Vertrag bereits in der Winterpause der vergangenen Saison und dachte damals noch, so den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Nun gehört er zu den besten Spielern der 2. Liga und ist ein absoluter Publikumsliebling im Olympiastadion.
Bewertung: 10/10
Smail Prevljak
Nach seinem Wechsel vom belgischen Erstligisten KAS Eupen brauchte Smail Prevljak ein wenig, um sich an den deutschen Zweitliga-Fußball zu gewöhnen. Mittlerweile kommt der ablösefreie Bosnier jedoch auf vier Saisontore und zwei Vorlagen und funktionierte in der Doppelspitze neben Tabakovic größtenteils recht gut.
Weil Herthas Top-Torjäger als alleinige Spitze aber mehr wert zu sein scheint, trat Prevljak zuletzt immer wieder auch als hängender Stürmer auf und wirkte dabei blass. Dem 28-Jährigen fehlt in dieser Rolle die Technik und Kreativität, um einen wirklichen Einfluss auf das Spiel nehmen zu können und ist als Joker und Tabakovic-Ersatz wohl eigentlich besser geeignet.
Bewertung: 7/10
Marius Gersbeck
Der gebürtige Berliner hat Hertha seit seiner Rückkehr in die Hauptstadt einen echten Bärendienst erwiesen. Eigentlich wurde Gersbeck als klare neue Nummer eins im Kasten der Alten Dame gehandelt, bis zur notorischen Nacht des 16. Juli. Im Trainingslager in Zell am See hatte sich der Keeper unerlaubt vom Teamhotel entfernt und war im Ort mit einem Mann in Streit geraten, den er schwer verletzte.
Es folgten eine wochenlange Suspendierung, ein Strafantrag der österreichischen Staatsanwaltschaft, eine Zahlung von 40.000 Euro und eine große Entschuldigung. Denoch gab es von den Vereinsverantwortlichen eine zweite Chance. Von der angepeilten Stammrolle im Kasten ist Gersbeck allerdings weit entfernt. Denn die liegt derzeit beim erst 20-jährigen Tjark Ernst, der sich seit dem Saisonbeginn zu einem der talentiertesten Keeper der Liga entwickelt hat. Zumindest eine positive Entwicklung hat der Zwischenfall Gersbecks im Trainingslager also in Gang gebracht.
Bewertung: 0/10
Toni Leistner
"Berlin ist rot-weiß" - zwar sagte Toni Leistner diesen Satz schon vor vielen Jahren, trotzdem sollte er ihn in diesem Sommer wieder einholen. Selten hatte es ein Spieler wohl so schwer, von den Fans seines neuen Vereins akzeptiert zu werden. Wegen seiner Unioner Vergangenheit wurde er nach seinem Wechsel zu Hertha beleidigt und verschmäht.
Es ist also überaus beeindruckend, wie schnell der 33-jährige Abwehrroutinier die blau-weißen Herzen für sich gewinnen konnte. Mit enormem Kampfgeist führt er die Mannschaft an und wurde vom Feindbild zum gefeierten Kapitän. Der Innenverteidiger ist im Kopfball-Duell fast unschlagbar und überzeugt mit gutem Stellungsspiel und starker Zweikampfführung. All das braucht er allerdings auch, weil er im Laufduell meist den Kürzeren zieht. Völlig unüberwindbar ist Herthas Fels in der Defensive also nicht.
Bewertung: 7/10
Palko Dardai
Drei Brüder in einer Mannschaft, die dann auch noch vom Vater trainiert wird - das dürfte im europäischen Fußball einmalig sein. Doch die Verpflichtung von Palko Dardai war natürlich keine Familien-Zusammenführung, sondern hatte gute sportliche Gründe. Der älteste Dardai-Sohn ist einer der wenigen Spieler im Berliner Kader, der als echter Zehner spielen kann.
Gerade als er anfing sich in der 2. Liga einzuspielen, folgte die bittere vorzeitige Pause. Am sechsten Spieltag zog er sich gegen Braunschweig eine Bänderverletzung zu und fehlt mittlerweile seit acht Wochen. Ein herber Verlust, denn genau so ein kreativer offensiver Mittelfeldspieler fehlt Hertha derzeit häufig. Wenn der 24-Jährige wieder fit ist, wird er also bestimmt wieder regelmäßig auf dem Platz stehen.
Bewertung: 7/10
Jeremy Dudziak
Acht Spiele, acht Mal Startelf - eigentlich hatte sich Jeremy Dudziak nach seinem Wechsel aus Fürth nach Berlin sofort einen festen Platz in der Mannschaft erspielt. Auch wenn für ihn die ganz großen spielerischen Momente ausblieben, waren seine Leistungen oft solide. Seit dem achten Spieltag ist der Linksverteidiger, der auch im Mittelfeld spielen kann, aber wegen einer Fußprellung zum Zuschauen verdammt und wird wohl vor der Winterpause kein Spiel mehr für Hertha absolvieren können.
Bewertung: 6/10
Anderson Lucoqui
45 Minuten - so lange stand Anderson Lucoqui in dieser Spielzeit erst für Hertha auf dem Rasen. Eine Halbzeit bei der Niederlage gegen Wiesbaden am 2. Spieltag ist wohl eigentlich zu wenig, um einen Spieler wirklich bewerten zu können. Doch dass der Neuzugang aus Mainz in dieser Saison noch nicht auf mehr Spielzeit gekommen ist, spricht wohl für sich. Eine Hilfe für die Berliner war der Linksverteidiger auf jeden Fall noch nicht.
Bewertung: 1/10
Gustav Christensen
Der erst 19-jährige Däne Gustav Christensen wusste bislang vor allem in der zweiten Mannschaft zu überzeugen. In drei Spielen in der Regionalliga Nordost erzielte der Flügelspieler drei Tore. Auch bei den Profis in der 2. Liga wird er aber immer mal wieder eingewechselt und zeigte durchaus, dass Potential in ihm steckt. Noch muss er etwas geschliffen werden, doch in den kommenden Jahren könnte Christensen zu einer echten Bereicherung für die Berliner werden.
Bewertung: 5/10
Sendung: rbb24, 14.11.2023, 18 Uhr