2036 oder 2040 - So steht es um eine mögliche Berliner Bewerbung für Olympia

Do 01.08.24 | 13:33 Uhr | Von Shea Westhoff
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Olympiastadion, Berlin
Bild: IMAGO/ActionPictures

Berlin ist in den Startlöchern einer Olympia-Bewerbung. Die Voraussetzungen sind gut, aber Ökonom Wolfgang Maennig zweifelt am Rückhalt der Bevölkerung. Seine Lösung gegen die Angst vor Kostenexplosion: eine private Finanzierung. Von Shea Westhoff

  • Für Berliner Olympia-Bewerbung wäre ein Großteil der Sportstätten bereits vorhanden
  • Herausforderung im Bewerbungsprozess ist Rückhalt in der Bevölkerung
  • Angst vor Kostenexplosion wegen Sanierungs- und Stadtentwicklungsplänen
  • Ökonom Wolfgang Maennig schlägt Debatte über private Finanzierung vor

Die Olympischen Sommerspiele in Berlin, warum eigentlich nicht? Geht es nach dem Präsidenten des Landessportbundes Berlin (LSB), Thomas Härtel, ist die Hauptstadt bereits gut ausgestattet, zumindest was die sportliche Infrastruktur angeht.

In Berlin würde man "Pi mal Daumen rund 75 Prozent der Sportstätten bereits haben, die für die Durchführung der olympischen und paralympischen Spiele notwendig sind", sagt der Spitzen-Interessenvertreter des Berliner Sports am Telefon zu rbb|24.de.

Berlin hat schon zahlreiche Sportstätten

Und wie Härtel die bereits bestehenden Anlagen so aufzählt, die für die Olympischen Spiele in Frage kämen, kommt da tatsächlich einiges zusammen:

Natürlich das Olympiastadion (das erst für die zurückliegende Fußball-Europameisterschaft nochmals modernisiert wurde) als hochkarätige Leichtathletikarena; der angrenzende Olympiapark, der aktuell von diversen Sportarten als Trainingsstätte genutzt wird; die Uber-Arena, wo bis zu 14.500 Zuschauer die olympischen Volleyball-, Basketball- und Handballpartien verfolgen könnten; dazu nennt er die Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark; die Max-Schmeling-Halle; das Velodrom für die Bahnrad-Wettkämpfe; und die Multisportanlage Sportforum Hohenschönhausen.

In Grünau könnte man am Dahme-Abschnitt eine Triathlon-Strecke sowie Freiwasserschwimmen anbieten. Härtel nennt zudem den Beetzsee in West-Brandenburg sowie das Segelrevier in Warnemünde als denkbare Partner-Veranstaltungsorte für den Wassersport.

"Und nicht zu vergessen vor allen Dingen auch die Messe Berlin, die auch bei den Special Olympic World Games eine wichtige Veranstaltungsstätte war. Dort können auch eine ganze Reihe von Events stattfinden, von Tischtennis, über Ringen, Judo, Gewichtheben, Boxen und so weiter", sagt Härtel.

Die Rahmenbedingungen sind gut, eigentlich

Es klingt fast so, als könnten die Olympischen Spiele gleich morgen in Berlin starten. Dass es bei den Sportstätten allerdings teils erheblichen Sanierungsbedarf gibt – mal ganz abgesehen davon, dass sich dieser Bedarf in den kommenden 12 oder 16 Jahren noch verschärfen dürfte – das sieht auch Härtel.

Doch durch Olympia erhofft er sich eine Initialzündung. Denn was die bisherigen Versuche angeht, Sportstätten zu ertüchtigen, betont er: "Wir doktern an vielen Stellen herum von Jahr zu Jahr, von Haushalt zu Haushalt." Seine Erfahrung sei: "Wenn man eine gemeinsame Vision hat, auf die man sich einigt in der Stadt, auch in der Politik, auch parteiübergreifend, dann haben wir mehr Schwung auch für die notwendige Sanierung." Die Vision, von der Härtel spricht, sind die Olympischen Spiele in Berlin.

Und da ist zuletzt einiges ins Rollen gekommen. Nachdem im Herbst des letzten Jahres die Berliner Landesregierung ihr Interesse an einer Austragung in Form einer Bereitschaftserklärung schriftlich hinterlegte, unterstützt seit gut einer Woche nun auch die Bundesregierung die Bewerbung für die Sommerspiele – wobei sie in der Erklärung das Jahr 2040 angibt, während bislang auch noch das Jahr 2036 zur Debatte stand, also 100 Jahre nach den durch Nazi-Propaganda missbrauchten Spielen von Berlin.

Die Rahmenbedingungen einer Bewerbung für die olympischen Sommerspiele sind gut.

IOC prüft Rückhalt in der Bevölkerung

Für Wolfgang Maennig hingegen stellt sich die Frage gar nicht, ob Deutschland, ob Berlin fähig wäre, die Olympischen Spiele auszutragen. "Natürlich könnte Berlin das", sagt der Ökonom und Olympiasieger im Ruder-Achter von Soeul (1988). Die entscheidende Frage wäre allerdings eine andere: Will die Bevölkerung die Spiele auch? Und da hat der gebürtige Berliner Zweifel. "Ich sehe dafür derzeit keine Mehrheit", sagt er und ergänzt: "Solange wir nicht wollen, können wir auch nicht."

Maennig, Experte in Wirtschaftsfragen rund um die Olympischen Spiele, gibt Einblicke in den Auswahlprozess von Gastgeberstädten: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) beauftrage Umfragen in den Bewerberstädten und wolle dort "mindestens 60 bis 66 % Zustimmung" haben. "Ich glaube, die haben wir zurzeit nicht", sagt Maennig.

Und damit zum eigentlichen Problem: "Mein Eindruck ist, dass die Menschen mit Olympia Milliardenausgaben assoziieren, und zwar auch für sie als Steuerzahler."

Wir müssen über eine private Finanzierung der Olympischen Spiele reden.

Wolfgang Maennig, Ökonom

Große Sanierungsversprechen kontraproduktiv

Diese Vorbehalte gibt es nicht ohne Grund. Immerhin werden mit einer Austragung oft auch riesige Sanierungsversprechen verknüpft. "Die Idee, dass man mit einer Olympia-Austragung immer auch Stadtentwicklung betreiben kann, dass man alle Versäumnisse nachholt oder vorarbeitet für die nächsten 20 Jahre: neue Flughäfen, neue Bahnhöfe, Autobahnanschlüsse, Wohnungsbau. Dieser Wahnsinn, das hat Olympia in den Ruf gebracht, dass es Milliarden kostet."

Die reine Organisation der Olympischen Spiele würde lediglich ungefähr vier Milliarden Euro kosten, welche durch Olympiaeinnahmen voll gedeckt sind. Größer sind bislang die Kosten der Infrastruktur gewesen, welche die Öffentliche Hand tragen musste.

Maennigs Vorschlag: "Wir müssen über eine private Finanzierung der Olympischen Spiele reden." Wenn die Rolling Stones auftreten oder Taylor Swift, würde sich auch niemand beschweren, einfach aus dem Grund, weil die Auftritte sich privat finanzieren. Weder in Atlanta (1996) noch in Los Angeles (1984) hatte die öffentliche Hand etwas für die Kosten für die Olympischen Spiele hinzutun müssen.

Und: Es müsse darum gehen, weg vom Gedanken der Giga-Spiele zu kommen, wie sie etwa Tokio (2021), Rio (2016) oder London (2012) noch betrieben hätten. "Paris ist da auf dem richtigen Weg, dort hat man nur zwei Hallen neu gebaut", sagt Maennig.

Bewerbung nur mit breiter Allianz

Ob eine solche entschlackte Olympia-Bewerbung bei den Berlinern Anklang findet? Klar ist, dass die Politiker – Absichtserklärung hin oder her – ohne die breite Zustimmung in der Bevölkerung keine Olympia-Bewerbung ins Rennen schicken werden.

Auch LSB-Chef Thomas Härtel sagt, "dass wir noch keine breite Allianz haben. Wir arbeiten daran. Die brauchen wir, wenn wir uns erfolgreich bewerben wollen."

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2024, 09:15 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

72 Kommentare

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  1. 72.

    Wie die Fußball-EM zeigte, können wir es.
    Die Bahn fuhr, es war alles sehr gut organisiert, es kam zu keinen Auseinandersetzungen, war also total friedlich. Keine Aufmärsche von Faschisten, ....
    Ich würde mich freuen, wenn die Olympischen Spiele 2036 in Berlin ausgetragen würden.

  2. 71.

    Man sollte mal die Bewohner Berlins befragen, ob Sie Olympia überhaupt in der Stadt wollen.
    Ich hin kir sehr sicher, dass dieses Ansinnen durchfällt.

  3. 70.

    Der rbb hatte zur Fußball-EM über ein 600 Millionen € Versprechen berichtet. Was meinen Sie, wie es ausgegangen ist? Wenn es eingetreten wäre, hätten wir davon gehört?

  4. 68.

    Bloß nicht ! Das IOC kassiert dann bloß wieder ab. Haben wir ja mitbekommen bei der EM. Niemals. Bin voll dagegen.

  5. 67.

    Wie die Fußball-EM zeigte, können wir es.
    Die Bahn fuhr, es war alles sehr gut organisiert, es kam zu keinen Auseinandersetzungen, war also total friedlich. Keine Aufmärsche von Faschisten, ....
    Ich würde mich freuen, wenn die Olympischen Spiele 2036 in Berlin ausgetragen würden.

  6. 66.

    Umsinn. Die Wirtschaftlichkeit für die Austragungsstadt hat andere Berechnungsgrundlagen als das was Sie behaupten. Die Verlierer stehen fest. Die Gewinner auch. Es sind nicht die Veranstalter.

  7. 65.

    Der absolute Größenwahn: Unsere einstmals schöne Stadt wurde doch in den letzten Jahrzehnten deratig runtergerockt, dass selbst an Ferientagen nichts normal läuft.
    Mit dem Auto unterwegs? Jahrelange Megabaustellen, die nie fertig werden. Brücken, die seit Jahren gesperrt sind (B158, Wuhletalbrücke), wobei nicht abzusehen ist, wann die Sanierung beginnen wird.
    Mit Öffis unterwegs? Jahrelange Bauarbeiten (S2, S3), regelmäßige monatelange Sperrungen (Nord-Süd-Tunnel, Stadtbahnstrecke), Verkehrsmittel dreckig, laut, voll, man wird belästigt oder bedroht.
    Verwaltung? Stichwort "Termin beim Bürgeramt". Fahrzeuge an- oder umzumelden dauerte teilweise monatelang.
    Medizinische Versorgung? Termin zum Facharzt (z.B MRT)? Arztwechsel? Haha.
    Aber nebenbei ein abermilliardenschweres Großprojekt? Dit machnwa doch mit links.
    Übrigens bekommt auch der rbb seine Webseite nicht in den Griff: Häufige Fehlermeldungen beim Kommentieren, Bilder werden nicht geladen.

  8. 64.

    Berlin? Olympiabewerbung? Ich lach mich schlapp.

  9. 63.

    Kann man dazu bitte zuerst die gesamte Bevölkerung befragen? Ich denke, viele haben weder Lust auf weitere Einschränkungen noch sind sie mit den Kosten
    einverstanden.

  10. 62.

    Geht‘s noch? Berlin hat kein Geld, das wird sich auch nicht so schnell ändern, Es gibt wichtigere Dinge als Olympische Spiele in dieser Stadt.

  11. 61.

    So viele Kommentare von (pro)russischen Trollen. Die sind einfach nur neidisch auf unser Land und unsere sportlichen Erfolge. Bleiben die doch in St. Petersburg, kommentieren die Lokalnachrichten und lassen uns Deutsche in Ruhe. Wir schaffen Olympia!

  12. 60.

    Aber die Sanierung muss man doch sowieso machen auch wenn Berlin sich nicht für Olympia bewerben würde. Es sei denn Berlin will sein Marketing als Sportstadt vollends aufgeben.
    Mit einer erfolgreichen Bewerbung kann man aber ganz andere Geldtöpfe dafür anzapfen. Beim Bund, Sponsoren etc.
    Ohne Olympia muss Berlin das allein machen. Viel Glück.

  13. 59.

    Ne, lass mal. Ich möchte keine gesperrten Straßen, Fanmeilen, Heerscharen von Abfeier-Touristen, volle Öffis, Stau, geplatztes Handynetz, rausgeschmissenes Geld, was woanders fehlt, unnütze Neubauten, versiegelte Flächen, Doping und Funktionäre, Anschläge, Nepp und co.

    Bitte nicht.

    Ich habe noch das gelbe Bären-T-Shirt vom letzten Mal. Das muss keine Reihe bilden..

  14. 58.

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    Berlin‘s Sportstätten reichen niemals aus für eine Austragung der Olympischen Spiele!
    Jede Sportart benötigt eine eigene Arena für 10000 - 20000 Menschen, auch Schwimmen und Turnen! Rugby und Fußball benötigen auch große Stadien!

    Träumen ja, aber bitte niemals Realität!

  15. 56.

    Wenn das Brot knapp ist sollte man sein Hemd nicht mit Spitzen besetzen.

  16. 55.

    Kaputte Wirtschaft, zu viel Migration... Und da will sich das Land noch um Olympische Spiele bewerben?? Meint Ihr, bis 2040 wird die Lage besser sein?
    Die, die davon profitieren würden, sitzen in der Schweiz und in den Medienkonzernen...
    Wir hätten vielleicht ein paar neue Stadien, aber Schulden ohne Ende...

  17. 54.

    Um Himmels Willen, lasst es bloß bleiben. Ihr habt die Bevölkerung nicht hinter euch und ihr könnt es einfach nicht.

  18. 53.

    Olympiade 1976 in Montreal, nach 30 Jahren waren die Schulden fast getilgt, es blieb der lächerliche Rest von 1,6 Milliarden kanadischen Dollar. (WIKIPEDIA)
    Ich war seinerzeit auch für die Hamburger Bewerbung, bin heute froh, dass es nicht geklappt hat.

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