Aus für DRK-Standort Finsterwalde - Die schwierige Suche nach dem Pflegedienst

Mo 14.08.23 | 14:40 Uhr | Von A. Kabisch und F. Ludwig
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Mitarbeiterin beim mobilen Pflegedienst, Bild: dpa / Philipp von Ditfurth
Audio: rbb24 Inforadio | 11.08.2023 | Iris Wußmann | Bild: dpa

Die plötzliche Schließung des DRK-Pflegedienstes in Finsterwalde zwingt rund 250 Pflegebedürftige und ihre Angehörigen dazu, sich eine neue Krankenversorgung zu suchen. Doch eine kurzfristige Lösung ist nicht in Sicht. Von A. Kabisch und F. Ludwig

Nachdem der ambulante Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Finsterwalde (Elbe-Elster) überraschend angekündigt hatte, den Dienst kurzfristig einzustellen, suchen rund 250 zu pflegende Personen nun nach einem Ersatz. Die Suche gestaltet sich aber schwierig, wie der rbb erfahren hat.

Auch andere Pflegedienste vor Ort leiden unter Personalmangel bei gleichzeitig steigendem Pflegebedarf in der Region. Zudem stellt die kurzfristige Schließung alle Beteiligten in der Region vor Probleme. Der örtliche Pflegestützpunkt hat zwar Hilfe angeboten, ebenso das Gesundheitsministerium. Doch eine Lösung ist aktuell nicht in Sicht.

Keine kurzfristige Lösung für Patienten in Sicht

Die Patienten hatten, trotz anderslautender Mitteilungen vom DRK, erst kurzfristig von der Schließung erfahren, wie mehrere Betroffene dem rbb berichteten. Viele hätten erst im Radio davon erfahren, als das DRK seine offizielle Mitteilung verschickt hatte.

Wie viele Patienten bereits einen neuen Pflegedienst gefunden haben, konnte das DRK am Montag nicht sagen. Mit den anderen rund 30 privaten Pflegediensten in Finsterwalde liefen intensive Gespräche, so die Vorstandsvorsitzende des Kreisverbandes Lausitz, Bianka Sebischka-Klaus. Ob diese erfolgreich verlaufen, sei aber nicht abzuschätzen. Wie der rbb von zwei anderen Pflegediensten in der Region erfahren hat, wird es kaum möglich sein, weitere Patienten dort aufzunehmen. Ein Pflegedienst berichtete dem rbb am Montag, dass derzeit verzweifelte Angehörige unter Tränen um eine Aufnahme bitten würden - etwa 20 Anrufe erhalte der Dienst pro Tag. Eine Aufnahme ist auch hier wegen Personalmangels aber nicht möglich - die Chefin selbst fahre mittlerweile zu den Patienten.

Laut dem Pflegestützpunkt Finsterwalde, einer unabhängigen Beratungsstelle, sind alle Dienste in der Region von akutem Fachkräftemangel bedroht. "Aufgrund der demografischen Entwicklung und des bestehenden Fachkräftemangels sind die Kapazitäten der ambulanten Pflegedienste schon seit längerem begrenzt. Die Lage spitzt sich zu", heißt es vom Pflegestützpunkt Finsterwalde. Kurzfristig alle 250 betroffenen Patienten des DRK unterzubringen, werde für Schwierigkeiten bei den anderen Pflegediensten sorgen, so der Stützpunkt weiter.

Schon jetzt unterversorgte Regionen in Elbe-Elster

Das Problem in Elbe-Elster liegt auch darin, dass es sich um einen Flächenlandkreis handelt. Der Landkreis ist von der Fläche her etwa doppelt so groß wie Berlin, bei lediglich etwa 100.000 Einwohnern. Dementsprechend gebe es deutliche regionale Unterschiede bei der Versorgung von Pflegebedürftigen, so der Pflegestützpunkt. In Städten sei es leichter, eine Versorgung zu finden, als auf dem Land, allein wegen der langen Fahrtzeiten, die die Dienste auf sich nehmen müssten.

In einigen Regionen gebe es eine Unterversorgung. "Mit der Schließung des DRK Finsterwalde trifft es gleich mehrere Orte besonders stark", so der Stützpunkt. Das DRK schließt mit seinem Pflegedienst in Finsterwalde auch die Standorte in Doberlug-Kirchhain und Sonnewalde. Die betroffenen Patienten des DRK können sich nun lediglich an andere Pflegedienste wenden oder den Pflegestützpunkt um Beratung bitten.

Kurfristige Ankündigung sorgt für Empörung

Erst in der vergangenen Woche hatte das DRK erklärt, die ambulante Pflege aufgrund akuten Personalmangels nicht fortsetzen zu können. Die Vorstandsvorsitzende Bianka Sebischka-Klaus sagte dem rbb, man habe alles getan, um den Standort zu erhalten. Unter anderem habe man über Personalvermittlungen und Neueinstellungen versucht gegenzusteuern, dennoch habe rund die Hälfte der Beschäftigten den Pflegedienst seit der Coronapandemie verlassen.

Als Begründung wird beispielsweise die Mehrbelastung in der Pandemie genannt, aufgrund der viele Beschäftigte die Branche gewechselt hätten. Diese Mehrbelastung hatten allerdings auch andere Pflegedienste.

"Es ist bedauerlich, dass weder der Landkreis, noch die ambulanten Pflegedienste rechtzeitig über die Schließung informiert wurden und keine gemeinsamen, lösungsorientierten Gespräche im Vorfeld erfolgten. Eine kurzfristige Sicherstellung der Versorgung dieser hohen Patientenzahl ist schwer zu realisieren", zieht der Pflegestützpunkt ein ernüchterndes Fazit zur aktuellen Situation. Auch Kritik am DRK ist herauszuhören.

Mitarbeiter üben Kritik

Dabei hat sich das Problem bereits seit längerem abgezeichnet, wie mehrere Mitarbeiter dem rbb berichteten. So sei eben nicht alles versucht worden den Standort zu erhalten, es habe gar einen Einstellungsstopp gegeben, trotz der angespannten Lage. Viele Beschäftigte sehen die Probleme als hausgemacht an. Gleichzeitig sei die Betroffenheit unter den verbliebenen Mitarbeitern hoch, weil ihre Patienten nun keine Anschlusslösung hätten. Eine Mitarbeiterin erzählte dem rbb, dass es etwa im Bereich Münchhausen keinen anderen Pflegedienst gebe.

Eine nun diskutierte Lösung ist die Übernahme der verbliebenen Mitarbeiter samt deren Patienten in andere Pflegedienste. Das hätte auch den Vorteil, dass die zu pflegenden Personen sich nicht an neue Bezugspersonen gewöhnen müssten. Doch noch ist nicht klar, welche bürokratischen Hürden dafür genommen werden müssen. Auch das Brandenburger Gesundheitsministerium hat nach rbb-Nachfrage Unterstützung für komplizierte Einzelfälle angeboten.

Dennoch ist in jedem Fall Eile geboten - bis zur Schließung des DRK-Pflegedienstes sind nur noch etwa eineinhalb Wochen Zeit.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.08.2023, 18:26 Uhr

Beitrag von A. Kabisch und F. Ludwig

19 Kommentare

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  1. 19.

    Die Mitarbeiter finden ganz bestimmt einen Arbeitsplatz, weil fast alle Pflegedienste nach Pflegekräften suchen. Um die Arbeit besser aufzuteilen und eventuell Patienten aufnehmen zu können die schon wenigstens 6 Monate auf der Warteliste stehen. Keinem Pflegedienst fehlt es an Patienten, von daher muss da niemand welche mitbringen. Wenn ich nur unterschwellige Pflege anbiete, dann muss ich keine Fachkraft einstellen. Müssen aber Medikamente gestellt werden, besonders BTM, dann komme ich ohne Fachkraft nicht aus. Ich kann nicht alles über Hilfskräfte abrechnen. Selbst ab einer gewissen Klasse von ATS dürfen nur Fachkräfte anziehen. Und wenn das dann so ist muss auch eine Pflegedienstleitung die ganze Sache überwachen. Die ist auch dafür Zuständig die Dokumentationen auszuwerten, ob es gesundheitliche Veränderungen gab, und Medikamente angepasst werden müssen. Und vieles mehr. Könnte alles so nach Wild-West Manier stattfinden wie sie sich das vorstellen, dann hätten wir keinen Fachkräfm

  2. 18.

    Warum wird hier so ein Drama gemacht. Die Pflegekräfte finden sofort einen Arbeitsplatz bei der Konkurrenz und können die Patienten gleich mitbringen- da freut sich die Konkurrenz über das Geschenk!!! Wer wirklich will kann auch als Arbeitnehmer selber aktiv werden und eben nachfragen was Sache ist. Man braucht nicht zwingend Dreijährige Fachkräfte um zu pflegen! Hier ist es eine Herausforderung auch Pfleger zu bekommen aber heute mit dem Tariflohn wieder möglich wenn man aktiv darum bemüht ist!

  3. 17.

    Der Druck im gesellschaftliches Engagement ist vorhanden. Leider haben da Menschen in der Gesellschaft kein Interesse daran, wenn es das Thema sie selbst nicht betrifft. Da kommt -NULL- Reaktion auf diesen Personalmangel bei der Pflege.
    Klar, die Presse die Medien können nicht mit Druck bestimmen, sie können aber mit Druck beim Thema bleiben. Themen werden von einen Tag auf den anderen Tag gewechselt- von einen Ohr rein vom anderen wieder raus? Über Missstände nur kurz mal zu berichten, bringt wenig an Erfolg. Übrigens unsere Kommentare die wir bei dieses Thema schon vor ein paar Tagen abgaben, fand ich im Internet auf einer anderen Webseite. Somit wird an Dritte auf dieses Thema hingewiesen. Ich war positiv sehr überrascht.

  4. 16.

    Wo waren sie denn zu den ganzen Mitarbeiterversammlungen, die es dazu gab?

  5. 15.

    Ja das stimmt auch. Es gibt aber immer einen Hausarzt der über allem steht und Verordnungen und so weiter ausstellt, damit die Fachkräfte Medikamente und sonstiges bekommen können, damit gearbeitet werden kann. Ob der jetzt als letzter alles an der Backe hat, weiß ich noch nicht so genau.

  6. 14.

    Gibt es in dem Fall nicht auch Fristen z.B. 3-Monats-Kündigungsfrist oder ähnliches?
    Rechtlich vielleicht richtig ...
    Aber menschlich? Unter aller Sau!

  7. 13.

    Nun hat dieser Pflegedienst den Betrieb eingestellt. Das ist nicht zu beanstanden. Die Patienten müssen sich um eine neue Versorgung selbst kümmern. Einen Anspruch auf Organisation einer Abschlussversorgung gibt's nicht.

    Übrigens kann jeder Pflegevertrag wie auch jeder Heimvertrag problemlos gekündigt werden

  8. 12.

    Wenn es nicht anders geht müssen alle die Intensiv versorgt werden müssen ins Krankenhaus verlegt werden. Einfach sterben lassen wäre wohl unterlassene Hilfeleistung. Aber das wird man bei DRK bestimmt wissen und auch so handeln wenn nötig.

  9. 11.

    Die Aufgabe der Medien ist nicht, Druck zu machen, sondern über Mißstände zu berichten. Druck kann nur über gesellschaftliches Engagement entstehen.

  10. 10.

    Stimmt! Nur wenn ich mich verpflichte, und Verträge mit den Hilfsbedürftigen abschließe, dann hafte ich für Unversehrtheit jedes Einzelnen der von mir versorgt wird. Diabetiker die nicht selbst spritzen können, Beatmungspatienten die abgesaugt werden müssen und Trachealkanüle gewechselt werden muss sind nur zwei Beispiele. Sollten solche Einsätze nicht mehr gewährleistet werden können, dann muss ich den Vertrag kündigen. Mache ich das nicht und es versterben Menschen, dann kann sich jeder ausmalen, was darauf folgt. Unternehmen ist nicht gleich Unternehmen, wenn ich Schrauben produziere und habe niemanden der die Gewinde drauf schneidet, dann kann ich die Rohlinge liegen lassen, wenn ich mit Menschen arbeite kann ich nicht einfach jemanden liegen lassen.

  11. 9.

    Das Leben ist hart. Die Versicherten bekommen die Versorgung, die sie zu zahlen bereit sind.

    Einen Rechtsanspruch auf Versorgung gibt es weder im ambulanten noch im stationären Pflegebereich

  12. 8.

    Das Ministerium darf nicht tätig werden. Pflegedienste sind ganz normale Unternehmen, die unabhängig und nach eigenem Ermessen Verträge schließen dürfen. Kein Pflegedienst ist verpflichtet, jemanden zu versorgen. So langsam sollte jeder im Kapitalismus angekommen sein

  13. 7.

    Also wenn die selbe Anzahl der Mitarbeiter bei anderen Pflegediensten unterkommen soll und die selbe Anzahl von Pflege und Hilfsbedürftigen von dort aus dann weiter versorgt werden sollen, was hat sich dann an der Situation geändert? Es bleibt wie zuvor beim Personalmangel, und hätte unter den Umständen auch weiter vom DRK weiter geführt werden können. Bestünde die einfache Möglichkeit alle Pflege und Hilfsbedürftigen an die anderen Pflegedienste zu übergeben, dann hätten wir keinen Pflegenotstand. Die Zahl der ambulanten Pflegedienste die in den letzten 10 Jahren aufgegeben haben lässt sich kaum noch zählen. Nun hat sich mal ein richtig großer verabschiedet, das macht wohl den Unterschied. Aber bei Diakonie und Caritas schließen auch ständig Seniorenheime. Der 35 Jährige Pflegenotstand hat eine neue Dimension erreicht!

  14. 6.

    Das DRK sucht jetzt für Finsterwalde einen Integrationassistenten. AHA. Wir suchen nach einer Lösung für unsere Patienten und Schwestern.

  15. 4.

    Selbst betroffen , bis zum heutigen Tag hat keiner mit uns gesprochen wie es weiter geht für uns das Pflegepersonal. Das ist leider die traurige Wahrheit

  16. 3.

    Selbst betroffen, bis jetzt hat noch keiner mit uns Pflegekräften gesprochen. Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nicht was mit uns ist.

  17. 2.

    Beim dem Pflegeproblem muss das Gesundheitsministerium endlich handeln. "Fragen sie den Arzt oder die Apotheke geht in diesen Fall nicht, da kann nicht geholfen werden. Warum die Presse, die Medien nicht mehr Druck machen bei dieser Pflege-Schande, wo Pflegebedürftige alleine gelassen werden ist mir ein Rätsel. Ist es der Pressefreiheit nicht erlaubt direkt die Gesundheits-Politik damit zum schnelleren Handeln zu bewegen?

  18. 1.

    Die Verantwortlichen beim DRK sollen sich was schämen. Vielleicht benötigen sie auch mal einen Pflegedienst und keine Hilfe in Sicht.

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