Gerichtsentscheid in Berlin - Familie Adlon bekommt vorerst keine Entschädigung für Hotel-Enteignung
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Familie Adlon das Luxushotel am Brandenburger Tor - die Besitzer wurden enteignet: Sie seien Nazis gewesen. Dagegen zogen Nachfahren jetzt erneut vor Gericht. Vergeblich.
Der Familie Adlon steht keine Entschädigung für die Enteignung des berühmten Luxushotels am Brandenburger Tor zu. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag entschieden.
Damit blieben die Erben zunächst erfolglos mit ihrem Versuch, dass ein früheres Verfahren zur Rückübertragung wieder aufgegriffen wird.
Aus Sicht der Kläger gab es neue Beweise dafür, dass die Adlons selbst Opfer nationalsozialistischer Verfolgung geworden seien. Dafür sah das Gericht keine ausreichenden Beweise. Zwar sei das weltberühmte Hotel von den Nazis "instrumentalisiert" worden. Die Hotelbetreiber seien aber nicht vollständig aus ihrem Eigentum verdrängt worden.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Felix Adlon, der die Erbengemeinschaft vertritt, kündigte weitere rechtliche Schritte an. "Unser Weg ist hier noch nicht zu Ende", sagte er nach der Urteilsverkündung. Er ist ein Nachfahre von Hotel-Erbauer Lorenz Adlon.
Nazi-Treffpunkt und im Krieg zerstört
Lorenz Adlon ließ das Hotel zwischen 1905 und 1907 bauen. Das luxuriöse Haus entwickelte sich in den Folgejahren zu einem gesellschaftlichen Anlaufpunkt. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Adlon auch als Treffpunkt von Nazis genutzt. Die Adlons seien damit "faktisch enteignet" worden, argumentierte der Rechtsanwalt der Kläger.
Die Sowjetunion hatte nach dem Zweiten Weltkrieg das Grundstück auf die sogenannte "Liste 3" des "Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Nationalsozialisten" gesetzt. Die Begründung lautete, das Ehepaar Hedda und Louis Adlon, der Sohn von Lorenz Adlon, sei in der NSDAP gewesen.
Am Ende des Zweiten Weltkriegs brannte das Hotel 1945 bis auf einen Seitenflügel nieder. 1984 wurde auch dieser Rest abgerissen. Der Name Adlon blieb als Mythos. Am 23. August 1997 wurde das Hotel Adlon wiedereröffnet. Heute gehört es zur Hotelgruppe Kempinski.
Felix Adlon: "Würde wieder herstellen"
Felix Adlon betonte vor der mündlichen Verhandlung am Donnerstag, ihm gehe es vor allem um den Ruf der Familie: "Meine Ur-Großeltern Hedda und Louis Adlon waren keine Nazis. Ich will die Würde meiner Vorfahren wieder herstellen." Der Eintritt in die NSDAP sei zum Schutz des weltberühmten Hotels erfolgt, argumentierte Felix Adlon.
Dass eine Rückübertragung des berühmten Luxushotels heutzutage nicht mehr möglich ist, wisse er selbst: "Der Zug ist abgefahren." Die Kläger hofften jedoch auf "etwas materielle Gerechtigkeit", erklärte sein Anwalt Wolfgang Peters. Sie seien als Erben enteignet und um ihr Erbe gebracht worden, so Felix Adlon.
Der Streit um das Luxushaus reicht in die 1990er Jahre zurück: Gleich nach der Wiedervereinigung hatte die Familie Adlon eine Rückübertragung der Immobilie beantragt. 1994 wurde das Grundstück verkauft. Einen ersten Antrag auf Rückübertragung lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen 1997 ab.
Damit wollten sich die Erben nicht abfinden und beantragten 2019 eine Wiederaufnahme mit Verweis auf neue Beweise - erfolglos. Darum musste sich das Verwaltungsgericht mit dem Fall befassen. Aus Sicht der 29. Kammer war ein Teil der Angaben jedoch bereits bekannt oder zu spät vorgelegt worden. Unabhängig davon ging das Gericht aber auch davon aus, dass die
Beweismittel nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätten.
Sendung: rbb24 Inforadio, 08.12.2022, 16 Uhr