Gerichtsentscheid in Berlin - Familie Adlon bekommt vorerst keine Entschädigung für Hotel-Enteignung

Do 08.12.22 | 18:43 Uhr
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Blick in die Präsidentensuite des Luxushotels Adlon. (Quelle: dpa/Wolfgang Kumm)
Video: rbb24 Abendschau | 08.12.2022 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: dpa/Wolfgang Kumm

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor die Familie Adlon das Luxushotel am Brandenburger Tor - die Besitzer wurden enteignet: Sie seien Nazis gewesen. Dagegen zogen Nachfahren jetzt erneut vor Gericht. Vergeblich.

Der Familie Adlon steht keine Entschädigung für die Enteignung des berühmten Luxushotels am Brandenburger Tor zu. Das hat das Verwaltungsgericht Berlin am Donnerstag entschieden.
Damit blieben die Erben zunächst erfolglos mit ihrem Versuch, dass ein früheres Verfahren zur Rückübertragung wieder aufgegriffen wird.

Aus Sicht der Kläger gab es neue Beweise dafür, dass die Adlons selbst Opfer nationalsozialistischer Verfolgung geworden seien. Dafür sah das Gericht keine ausreichenden Beweise. Zwar sei das weltberühmte Hotel von den Nazis "instrumentalisiert" worden. Die Hotelbetreiber seien aber nicht vollständig aus ihrem Eigentum verdrängt worden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Felix Adlon, der die Erbengemeinschaft vertritt, kündigte weitere rechtliche Schritte an. "Unser Weg ist hier noch nicht zu Ende", sagte er nach der Urteilsverkündung. Er ist ein Nachfahre von Hotel-Erbauer Lorenz Adlon.

Nazi-Treffpunkt und im Krieg zerstört

Lorenz Adlon ließ das Hotel zwischen 1905 und 1907 bauen. Das luxuriöse Haus entwickelte sich in den Folgejahren zu einem gesellschaftlichen Anlaufpunkt. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Adlon auch als Treffpunkt von Nazis genutzt. Die Adlons seien damit "faktisch enteignet" worden, argumentierte der Rechtsanwalt der Kläger.

Die Sowjetunion hatte nach dem Zweiten Weltkrieg das Grundstück auf die sogenannte "Liste 3" des "Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Nationalsozialisten" gesetzt. Die Begründung lautete, das Ehepaar Hedda und Louis Adlon, der Sohn von Lorenz Adlon, sei in der NSDAP gewesen.

Am Ende des Zweiten Weltkriegs brannte das Hotel 1945 bis auf einen Seitenflügel nieder. 1984 wurde auch dieser Rest abgerissen. Der Name Adlon blieb als Mythos. Am 23. August 1997 wurde das Hotel Adlon wiedereröffnet. Heute gehört es zur Hotelgruppe Kempinski.

Felix Adlon: "Würde wieder herstellen"

Felix Adlon betonte vor der mündlichen Verhandlung am Donnerstag, ihm gehe es vor allem um den Ruf der Familie: "Meine Ur-Großeltern Hedda und Louis Adlon waren keine Nazis. Ich will die Würde meiner Vorfahren wieder herstellen." Der Eintritt in die NSDAP sei zum Schutz des weltberühmten Hotels erfolgt, argumentierte Felix Adlon.

Dass eine Rückübertragung des berühmten Luxushotels heutzutage nicht mehr möglich ist, wisse er selbst: "Der Zug ist abgefahren." Die Kläger hofften jedoch auf "etwas materielle Gerechtigkeit", erklärte sein Anwalt Wolfgang Peters. Sie seien als Erben enteignet und um ihr Erbe gebracht worden, so Felix Adlon.

Der Streit um das Luxushaus reicht in die 1990er Jahre zurück: Gleich nach der Wiedervereinigung hatte die Familie Adlon eine Rückübertragung der Immobilie beantragt. 1994 wurde das Grundstück verkauft. Einen ersten Antrag auf Rückübertragung lehnte das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen 1997 ab.

Damit wollten sich die Erben nicht abfinden und beantragten 2019 eine Wiederaufnahme mit Verweis auf neue Beweise - erfolglos. Darum musste sich das Verwaltungsgericht mit dem Fall befassen. Aus Sicht der 29. Kammer war ein Teil der Angaben jedoch bereits bekannt oder zu spät vorgelegt worden. Unabhängig davon ging das Gericht aber auch davon aus, dass die
Beweismittel nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 08.12.2022, 16 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Es kann so , oder so gewesen sein.
    Auf jeden Fall, mit so einem Hotel konnte man sich nicht den Nazis entziehen, dort verkehrte die internationale feine "Welt"..Das Haus zog die Öffentlichkeit auf sich, also legten die Nazis größten Wert auf das Erscheinungsbild ihrer Integrität in der "feinen" Gesellschaft

  2. 10.

    Zitat: "Was wäre passiert wenn die Besitzer sich geweigert hätten in die NSDAP nicht einzutreten und der SS usw. den Zutritt zu verwähren?"

    Sie gehen offenbar davon aus, die Adlons wurden gezwungen der NSDAP beizutreten und hätten sich nicht weigern können. Dabei war es doch wohl eher so, dass sie dies freiwillig und szn. vorsorglich taten, um, wie Felix Adlon in der Verhandlung betonte, das weltberühmte Haus zu schützen. Und zwischen Nichteintreten in 'die Partei' und der SS den Zutritt zum Hotel zu verwehren, besteht ja wohl ein erheblicher Unterschied - soll heißen, man hätte den Nazi-Granden sicherlich auch ohne Parteibuch die Annehmlichkeiten des Luxushauses zukommen lassen können, ohne deshalb in Bedrängnis zu geraten, Dagmar.

  3. 8.

    Alle NSDAP-Mitglieder sind bekannt. Die Frage ist nur: waren die Adlons stramme Marschierer oder sind die Adlons in die NSDAP eingetreten, um von den Nazis in Ruhe gelassen zu werden? Selbe Nummer später mit der SED...

  4. 7.

    Wenn Familie Adlon glaubt, dass die Sowjetunion das Grundstück zu Unrecht auf die sogenannte "Liste 3" des "Gesetzes zur Einziehung von Vermögenswerten der Kriegsverbrecher und Nationalsozialisten" setzte, dann muss sie das in Russland reklamieren und den anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion.

  5. 6.

    Sie werfen den Adlon Besitzern vor, dass sie NSDAP - Mitglieder waren und dem Hitler die Tür offen hielten?
    Was wäre passiert wenn die Besitzer sich geweigert hätten in die NSDAP nicht einzutreten und der SS usw. den Zutritt zu verwähren?
    Die SS hätte den Adlon einen "Besuch" abgestattet" und alles kurz und klein geschlagen, so waren damals die "Sitten".
    Die NSDAP zählte 1945 über 8 Millionen Mitglieder, darunter waren sicher viele im Besitz von Immobilien, Firmen und großen Vermögen, und kaum einer wird deswegen seine Besitztümer verloren haben.

  6. 5.

    Wenn es um die Familienehre geht … über die Sache ist doch längst Gras gewachsen. Der Generation TikTok und Instagram sind die Details sicher nicht bekannt, z.B. dass es ein Nazi-Treffpunkt war. Durch das Verfahren wird nur wieder alles aufgewirbelt. Natürlich geht es ausschließlich um Geld. Für die „Familienehre“ wäre Ruhe in der Sache sicher besser. Zumal vernünftige Menschen die heutige Generation auch nicht nach den Vorfahren beurteilen würden. Der Sohn von Albert Speer ist zum Beispiel heute ein weltweit angesehener Architekt. Also stellt selbst was auf die Beine. Was verloren ist, bleibt verloren. Alles schon zu lange her und Geschichte.

  7. 4.

    Es ist bemerkenswert, dass - wenn es um Geld geht - natürlich schnell die NSDAP-Mitgliedschaft heruntergespielt wird. Die Mitgliedsnummer von Louis Adlon (7.463.047) ist sogar öffentlich bekannt, steht im Bundesarchiv (R 9361-IX KARTEI/141273).

    Was passiert, wenn Nachkommen anderer Nazis auch Geld als "Entschädigung" bekommen wollen? Sollen diese Leute erstmal die unzähligen Opfer der Politik ihrer Vorfahren entschädigen!

  8. 3.

    Ähm, ich verstehe die Aufregung nicht bzw. kann sie nicht nachvollziehen. Es geht den Adlons sehr wohl ums Geld. Ich meine aber mal gelesen zu haben, dass Hedda Adlon die Rechte bereits in (ich glaube) den 50er Jahren verkauft hat. Damit ist doch klar, kein finanzielles Erbe. Da braucht man kein Gericht für bemühen, sondern einfach nur nachdenken.

  9. 2.

    "...Die Kläger hofften jedoch auf "etwas materielle Gerechtigkeit"..." Das war wohl der einzige Grund, weshalb die Nachfahren von Adlon geklagt haben. Dokumentarisch ist belegt, dass Adlon Hitler Tür und Tor geöffnet hatten und eindeutig Mitläufer waren, wenn nicht noch mehr. Eine Mitgliedschaft in der NSDAP brachte für diese ja sicher auch Vorteile.

  10. 1.

    Aufschlussreich wäre, ob über die 1939/40 eingetragene NSDAP-Mitgliedschaft und über die Nutzung des Hauses hinaus so etwas wie ein Vorschub geleistet worden ist. Die Verbandeltheit mit den USA und der Wegzug Hedda Adlons dorthin spricht tendenziell dagegen. Eine Verbandeltheit mit den Nazis kann im Zuge eines Elitären angenommen werden, dessen "man" sich immer zugehörig weiß, gleich, wer gerade dran ist.

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