Werk in Grünheide - Grenzwerte von Phosphor und Stickstoff in Tesla-Abwasser überschritten
Seit rund zwei Jahren leitet das Tesla-Werk offenbar zu viel Phosphor und Stickstoff in das Abwassersystem. Der Wasserverband drängt nun darauf, Tesla bis auf Weiteres die Abwasserleitung zuzudrehen.
- Tesla bestreitet überhöhte Messwerte nicht
- Wasserverband Strausberg-Erkner lädt am Freitag zu außerordentlicher Sitzung
- Berliner Wasserbetriebe: kein Einfluss auf Trinkwasserqualität
- Linke und Freie Wähler kritisieren Landesregierung
Tesla hat ein Abwasserproblem: Das geht aus einem Schreiben des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) hervor, das dem "Stern" [Bezahlinhalt] und RTL vorliegt. Auch die "Märkische Oderzeitung" [Bezahlinhalt] berichtet darüber.
So soll es beim Sanitär-Abwasser des Tesla-Werks in Grünheide (Oder-Spree) erhebliche Grenzwertüberschreitungen gegeben haben – teilweise um das Sechsfache.
Die Messwerte belegen, dass Tesla seit rund zwei Jahren "ständig und in erheblicher Weise" zu viel Phosphor und Gesamtstickstoff ins Abwassersystem einleite. "Mehrere Aufforderungen und Abmahnungen blieben ergebnislos", heißt es in dem Papier. "Eine Abhilfe wurde für die Zukunft weder angegangen noch in Aussicht gestellt." Von einem Produktionsstopp, wie vom "Stern" berichtet, ist nach rbb-Recherchen aber noch nicht auszugehen.
Grenzwerte teilweise um das Sechsfache überschritten
Die Überschreitungen der Grenzwerte sollen in Beprobungen eines Fachlabors festgestellt worden sein, so die "Märkische Oderzeitung". Der Grenzwert für Phosphor wurde demnach bei 0,5 Milligramm pro Liter festgesetzt, im Schmutzwasser von Tesla wurden teilweise Werte von 2,47 bis 3,37 Milligramm pro Liter gemessen. Beim Stickstoff seien Spitzenwerte von 220 und 240 Milligramm pro Liter gemessen worden, obwohl der Grenzwert bei 50 Milligramm pro Liter liege.
Phosphor und Stickstoff sind zwei Pflanzennährstoffe. Beide sind für Menschen lebenswichtig. Das Bundesinstitut für Risikobewertung [bfr.bund.de] empfiehlt für Erwachsene eine Phosphormenge von 700 Milligramm am Tag. Gesunde Erwachsene können jedoch bis zu 3.000 Milligramm pro Tag ohne Gesundheitsschäden tolerieren.
Wasserverband will Tesla Abwasserleitung temporär zudrehen
Der WSE lädt die Bürgermeister und Vertreter der Mitgliedsgemeinden am Freitag zu einer außerordentlichen Sitzung. In einem Brief an die Bürgermeister der Region drängt der Verband darauf, Tesla bis auf Weiteres die Abwasserleitung zuzudrehen. Andernfalls drohten dem Verband Mehrbelastungen in Millionenhöhe. Beratung und Beschluss sollen nicht öffentlich stattfinden.
In einer Stellungnahme hat Tesla die erhöhten Messwerte nicht bestritten. "Es gibt punktuelle Überschreitungen, diese führen weder zu einer Beeinträchtigung noch zu einer Gefährdung der öffentlichen Kläranlage in Münchehofe." Die Fabrik verfüge über eine Abwasseraufbereitungsanlage. Im Wesentlichen leite der Konzern noch Abwasser der sanitären Anlagen und Küchen in das kommunale Netz ein. Dadurch ergebe sich "keine negative Auswirkung" auf die Kläranlage, so eine Sprecherin des Unternehmens.
Man habe auch "keinerlei Anhaltspunkte dafür", dass die für den WSE geltenden Grenzwerte für die Einleitung in das Netz der Berliner Wasserbetriebe (BWB) "nicht eingehalten werden". Zudem heißt es: "Die für die Einleitung der Abwässer aus der Gigafactory geltenden Einleitparameter bewegen sich zudem durchweg unterhalb der für den WSE selbst geltenden Einleitgrenzwerte."
Auch Behördenkreise aus Märkisch-Oderland und Oder-Spree haben dem rbb bestätigt, dass punktuell Grenzwerte überschritten worden seien. Das gewählte Vorgehen des WSE erscheine dabei inhaltlich wie verfahrensseitig unausgewogen und von einseitigen Aspekten getrieben, heißt es weiter. Weder liege der für eine rechtskonforme Bescheidung benötigte Datenpool vor, noch sei der vorliegende Datenpool umfassend und fachlich ausgewogen interpretiert. Nach dem gegenwärtigen Stand sei keine Entscheidungsgrundlage gegeben.
"Kein Einfluss auf die Berliner Trinkwasserqualität"
Der WSE lässt einen Großteil seines Abwassers, darunter auch das von Tesla, im Klärwerk Münchehofe (Dahme-Spreewald) der Berliner Wasserbetriebe reinigen. Die erhöhten Phosphor- und Stickstoffwerte hätten "keinen Einfluss auf die Berliner Trinkwasserqualität", teilten die Wasserbetriebe auf rbb-Anfrage mit. Es handle sich bei Stickstoff und Phosphor um natürliche Nährstoffe, die Pflanzenwachstum im Gewässer begünstigen würden. Weil das unerwünscht sei, werden sie in Klärwerken weitgehend entfernt.
Eine Quelle für Phosphor seien laut Mitteilung Reinigungsmittel. Ob bei Tesla weitere Quellen für Phosphor in Frage kommen, wüssten die Wasserbetriebe nicht. Der Stickstoff stamme aus dem Sanitärabwasser. Grund für die hohen Werte dieser Substanz sei offenbar die Nutzung einer Abwasserrecyclinganlage, wodurch das Wasser "dicker" werde, also stickstoffreicher.
Die Überschreitung der Grenzwerte könnten rein theoretisch zu einer möglichen Einleitungssperre führen. "Aber wir sehen aus dem Verbandsgebiet des WSE keine Überschreitungen", teilten die Berliner Wasserbetriebe weiter mit.
Linke und Freie Wähler kritisieren Landesregierung
Nach den Medienberichten über die hohen Phosphor- und Stickstoffwerte im Tesla-Abwasser haben Linke und Freie Wähler die Landesregierung scharf kritisiert. "Bereits seit Baubeginn erleben wir, dass Tesla Gesetze und Vorgaben der Behörden bewusst ignoriert und übergeht", sagte Linken-Fraktionschef Sebastian Walter. Mit der mutmaßlichen Gefährdung der Wasserversorgung habe Tesla eindeutig eine rote Linie überschritten, so der Linken-Politiker.
Die Landesregierung müsse endlich die Interessen der Bürger und nicht die von Tesla und Elon Musk in den Vordergrund stellen, sagte Péter Vida, Landesvorsitzende von BVB/Freie Wähler, dem rbb. "Wir erwarten hier vom Ministerium, dass es zum Schutz der Bevölkerung eingreift", so Vida.
Sendung: Antenne Brandenburg, 27.02.2024, 10:30 Uhr
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