Oberhavel - Hennigsdorfer Malerbetrieb setzt auf Vier-Tage-Woche

Mi 17.04.24 | 17:42 Uhr
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Archivbild: Mitarbieter einer Malerfirma die eine Viertage-Arbeitswoche anbietet.(Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.04.2024 | Nachrichten | Bild: rbb

Ein Malerbetrieb in Hennigsdorf testet mit der Hälfte seiner Belegschaft seit einem Jahr die Vier-Tage-Woche. Der Chef zieht eine positive Zwischenbilanz: Auch der Krankenstand ist gesunken.

In einem Malerbetrieb in Hennigsdorf (Oberhavel) hat die Hälfte der Belegschaft schon am Donnerstagabend Wochenende. Die betroffenen Beschäftigten müssen dabei nicht auf Lohn verzichten: Sie haben sich dazu entschieden, ihre 38 Wochenstunden an vier Tagen abzuarbeiten mit jeweils neuneinhalb Stunden an diesen Tagen.

Vor gut einem Jahr hatte ihr Chef und Malermeister Michael Frank die Idee dazu. Ein Fernsehbericht hatte ihn dazu inspiriert, das Modell seinen Angestellten anzubieten. "Die Kollegin im Fernsehen war auch eine Malermeisterin und sie meinte, dass sie mega viele Bewerbungen bekommt", sagt Michael Frank dem rbb. In Hinblick auf den Fachkräftemangel im Handwerk sah er darin eine Chance für seinen Betrieb, als Arbeitgeber attraktiver zu werden.

Kollegen ausgeruhter und weniger krank

Von den 20 Beschäftigten in Franks Firma hat sich die Hälfte auf dieses Modell eingelassen. Bereut hat es niemand. "Es ist ganz praktisch. Man hat Freitag frei. Ich hab einen Garten, da kann ich dann schon freitags was machen", sagt zum Beispiel Marco Sieber, der seit 21 Jahren in dem Betrieb arbeitet.

"Ich wollte das einfach mal ausprobieren", sagt Denise Hesse, Büro-Angestellte im Malerbetrieb. Ihr gefällt, dass die Option auf freiwilliger Basis angeboten wird. "Ich finde es gut, zusätzlich einen Tag frei zu haben. Also den privat zu nutzen für das, was man immer mal machen wollte", so Hesse.

Malermeister Michael Frank zieht nach einem Jahr Vier-Tage-Woche eine positive Bilanz. Seine Beschäftigten schaffen nicht weniger, sondern seien ausgeruhter. Der Krankenstand ist ihmzufolge sogar gesunken. Und der Betrieb ist tatsächlich attraktiver geworden für potenzielle Bewerber, berichtet Frank.

Tischlerei mit Vier-Tage-Woche: "90 Prozent nutzen das"

Solche positiven Erfahrungen bestätigt Jörg Spatzier von der Tischlerei Spatzier in Verlorenwasser (Potsdam-Mittelmark). Das Vier-Tage-Modell in seiner Firma sieht eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden vor und jeden zweiten Freitag frei. Seit Anfang des Jahres können seine Angestellten so arbeiten. Er hält es für zeitgemäß, Überlegungen in diese Richtung gab es schon länger. "90 Prozent nutzen das", sagt Spatzier, dessen Tischlerei 17 Angestellte hat. "Das ist kein Versuchsmodell, das haben wir jetzt fest etabliert."

Kollegen mit Kindern und ältere Arbeitnehmer nutzen bei ihm andere flexible Arbeitszeitmodelle. In seiner Firma seien alle zufrieden damit. Allerdings habe es bei Außenstehenden und Kunden schon zu Irritationen geführt. "Der eine Freitag fehlt schon in der Produktion", so Spatzier.

"Das ist eine zutiefst individuelle Entscheidung"

Das Vier-Tage-Modell ist jedoch nicht für alle gleichermaßen reizvoll. Der Handwerkskammer Potsdam liegen keine belegbaren Zahlen dazu vor, wie viele Betriebe ihren Mitarbeitenden in Brandenburg das Vier-Tage-Modell anbieten, sagt auf Nachfrage Sprecherin Ines Weitermann dem rbb. Ihr seien einige Handwerksbetriebe bekannt, die eine Vier-Tage-Woche testen, aber ebenso gebe es Betriebe, in denen sich die Mitarbeitenden dagegen entschieden, "weil die noch ganz andere flexible Modelle haben", so Weitermann.

Ein Durchschnittsbetrieb im Kammerbezirk der Handwerkskammer Potsdam habe fünf Beschäftigte. "Da kennt man sich, da ist man immer in enger Abstimmung mit dem Chef", sagt Ines Weitermann. Die rund 17.400 Betriebe in Westbrandenburg erstrecken sich auf 137 Gewerke, "da macht das jeder etwas anders", so Weitermann. Die Vier-Tage-Woche sei nur ein Beispiel für die flexible Gestaltung der Arbeitszeit. "Das ist eine zutiefst individuelle Entscheidung."

Vor allem junge Mitarbeitende hegten Wünsche nach weniger Arbeitszeit. Nicht mehr so lange auf Montage zu sein, abends heimkommen zu können und den Beruf mit der Kinderbetreuung, aber auch mit der Pflege von Angehörigen zu vereinbaren, seien außerdem wichtige Kriterien bei der Gestaltung der Arbeitszeiteinteilung und für die Attraktivität der Betriebe als Arbeitgeber.

Mit Material von Karsten Zummack und Michaela Grimm

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.04.2024, 15:12 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Die Realität sieht im deutschen Mittelstand leider (noch) anders aus. Man hat 38,5 Stunden. Jeden Tag macht man Überstunden, und freitags meist am längsten, alles aufarbeiten, was liegenblieb. Ätzend. Vorschläge wie "4Tage-Woche mit Lohnabzug" treffen NULL die Wünsche der Mitarbeiter. Der Arbeitnehmer braucht einen freien Tag in der Woche, weil seit der Homeoffice-Pandemie ja nix mehr läuft - für ALLES braucht man länger, incl. Anfahrt. Es ist NACH dem (Überstunden-)Job nicht möglich, Arzttermine, Behördengänge, Kleidungskauf zu erledigen, weil alles wegen Fachkräftemangel eher zu macht. Außer der eigene Betrieb natürlich *augenroll*. Eine 4-Tage-Woche ohne Lohnabzug bei in Summe normaler Arbeitszeit (38,5 Std auf 4 Tage) ist für die meisten Arbeitnehmer attraktiv. Allerdings sollte es sich dann um einen freien Tag handeln, den der Arbeitnehmer selber bestimmt. Also keine Verbote wie "freitags nie"...

  2. 13.

    So kenne ich das auch aus der Vergangenheit im Malerbetrieb. Freitags war meistens gegen Mittag Schluß und wir konnten Feierabend machen.

  3. 12.

    Mein Meister hat immer gesagt: "Feierabend is' wenn fertig is' - und wenn fertig is' sag' ich.". Also hat man auch mal rangeklotzt. Dafür war dann Freitags mal frei oder es ging Montags erst später los. Immer je nach Auftragslage. Work-Life-Balance klar - erst wird geworkt, dann gelebt. Dafür bin ich ja auch (gern) arbeiten gegangen, gab gutes Geld und das Konto war immer voll in der Balance.
    Achso, Montagmaler, das war Nachbarschaftshilfe, klaro.

  4. 11.

    Es ist schon lästig, wenn die harte Carearbeit, in der Freizeit, von bezahlter Arbeit unterbrochen wird...
    Und was ist mit meinem „Ehrenamt“ ? (Enteignen jetzt!) Schließlich muss man ja für bezahlbaren Wohnraum und dessen Verteilung etwas tun...

  5. 10.

    Die 4 Tage Woche ist mit längerer Arbeitszeit an 4 Tagen oder 1/5 weniger Gehalt machbar. Aber nur 4 Tage arbeiten und für 5 Tage bezahlt werden, ist nicht möglich.

  6. 9.

    Schwachsinn, in fast allen Handwerksbetrieben nicht möglich, hier wurde mal wieder ein Paradebeispiel gezeigt was im WAHREN Leben überhaupt nicht möglich ist, es sei denn dieser Malermeister hat nur Großbaustellen !!!
    Ansonsten wird eine 4 Tage Woche im Handwerk NIE funktionieren, da man sich allein schon auf Grund von Bedürfnissen von Mietern/Kunden auf diese einstellen muss und nicht den Freitag ausschließen kann!
    Und ich weiß von was ich rede, bin seit 34 Jahren selbst Oberflächendesigner !

  7. 8.

    JaJa die Work-Life-Balance ist wichtig. Und es ist von 4 Tagen die Rede, nicht von der Stundenzahl, immer! UND trotz allen Geredes (mal wieder auch woanders aktuell) bleiben die gearbeiteten Stunden gleich bzw. wieder nach oben. Komisch. Selbst wenn 32 Stunden o 4 Tage. Das Geld soll aber weiter über dem Bundesbürgerdurchschnitt liegen und die Rente auch. Wie finanziert sich das in der Wirtschaft und in der Rente? Die doch angeblich zu hoch (u. bei Work-live-Balance zu lang) u. daher gekürzt werden sollte unter 48 Proz. (was bei Durchschn.eink. Rente 1300 EUR macht) Summa summarum lebe ich länger schlechter. Ach ja - wer weniger verdient, wenns logisch abliefe, kann auch weniger Malerarbeiten vergeben z.B. usw.

  8. 7.

    Gute Idee.
    Kann man ja prima noch freitags schwarz arbeiten...

  9. 6.

    Wer es mag! Das heißt ja beispielsweise von 8 - 17.30 Uhr, 4Tage. Und das bei den Hitzesommern heutzutage. Wir hatten Mitte der 90er,glaube ich ,einen ganz heißen Sommer. Da hat unser Chef vorgeschlagen, von 4-12 Uhr zu arbeiten. War sehr angenehm. Ging aber natürlich nicht bei Privatkundschaft. Aber wie gesagt,wer es mag. Man muß sich halt als Handwerksmeister was einfallen lassen, bzw. was anbieten um neue Mitarbeiter zu bekommen. Ein guter Stundenlohn ist nicht mehr alles.

  10. 5.

    Ist jetzt wahrlich nichts Neues und nennt sich "vorarbeiten". Auf dem Bau gang und gäbe.

  11. 4.

    Wir Älteren erinnern uns an die frühen 90er, als halb Ostdeutschland von der Treuhand "abgewickelt" wurde und wir um überhaupt noch Arbeit zu finden als Zeitarbeiter nach Köln, Stuttgart, München pendeln mußten und im Gegenzug die Kölner, Stuttgarter, Münchener zum "Aufbau Ost" hierher kamen. Weil kein Mensch jeden Feierabend im schäbigen Monteurszimmer oder in der Kneipe verbringen konnte, wurde der Freitag halt rausgearbeitet. Die "Viertagewoche" war also damals schon für Millionen gängiger Standard.
    Und solche 10 Stunden-Schichten muß man schon wirklich wollen - auf Dauer spielt da nicht jeder Körper mit. Allemal, wenn die halbe Firma schon 2 h früher Feierabend macht...

  12. 3.

    Das Quentchen Hoffnung habe ich bei Ihnen verloren. Es ging nie darum, ob an 4 oder 5 Tagen gearbeitet wird, sondern um die Gesamtstundenzahl. Jetzt nochmal lesen und nachrechnen!

  13. 2.

    Genau das wollen wir seit Jahren und es ist möglich! Die Viertagewoche ist die Zukunft. Da können sich jetzt mal wieder die CDUler aufregen, nützt nix. Prima!

  14. 1.

    Genau das wollen wir seit Jahren und es ist möglich! Die Viertagewoche ist die Zukunft. Da können sich jetzt mal wieder die CDUler aufregen, nützt nix. Prima!

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