Keine Neuanschlüsse - In Oranienburg wird der Strom knapp
Wer in Oranienburg bauen will, muss wohl vorerst auf Akkus setzen. Die Stadtwerke können derzeit keine Neuanschlüsse bereitstellen. Ein Grund dafür ist das schnelle Wachstum der Stadt. Die Bundesnetzagentur mahnt vorausschauendes Handeln an.
- Oranienburg fehlen Kapazitäten für weitere Anschlüsse an Hochspannungsnetz
- Stadtwerke genehmigen vorübergehend keine Anmeldungen von Hausanschlüssen
- besonders betroffen sind Kernstadt und Ortsteil Sachsenhausen
- Bundesnetzagentur prüft, warum Netz nicht vorausschauend ertüchtigt wurde
- auch Bundesregierung hat sich inzwischen in den Fall eingeschaltet
Wer einen neuen Stromanschluss in Oranienburg (Oberhavel) benötigt, wird sich wohl gedulden müssen. Denn die Stadtwerke haben bekannt gegeben, dass Anmeldungen von Hausanschlüssen vorübergehend nicht mehr genehmigt werden können. Grund dafür ist eine fehlende Kapazität für weitere Anschlüsse an das Hochspannungsnetz in Oranienburg. Es erfolgte demnach außerdem eine Meldung an die Bundesnetzagentur sowie den Landkreis Oberhavel.
"Die Versorgungsmöglichkeiten in der Stadt Oranienburg [sind] ausgeschöpft", sagte Peter Grabowsky, Geschäftsführer der Stadtwerke laut Mitteilung am Mittwoch. Bereits vor mehr als einem Jahr habe man nach eigener Aussage zusätzliche Kapazität am Umspannwerk des vorgelagerten Hochspannungsnetzbetreibers – dem Stromnetz in Oranienburg – angefragt. Diese konnten jedoch nicht bereitgestellt werden.
Oranienburg wächst schnell
"Um das Stromnetz in Oranienburg weiter stabil zu halten, können die Stadtwerke ab sofort keine Neuanmeldungen oder Leistungserhöhungen von Hausanschlüssen mehr genehmigen", heißt es in der Mitteilung. Das betreffe beispielsweise auch die Anschlüsse für Wärmepumpen und Autoladesäulen, sowie neu geplante Gewerbe- und Industrieflächen. Besonders betroffen seien die Kernstadt sowie der Ortsteil Sachsenhausen.
Die Folgen spüren schon jetzt Firmen vor Ort. "Das ist schon ein herber Einschnitt für den Wirtschaftsstandort, wenn in naher Zukunft nicht angesiedelt werden kann", sagte Christian Streege vom Regionalcenter Oberhavel der Industrie- und Handelskammer (IHK) dem rbb. Viele Unternehmen wollen sich ansiedeln, bestehende Firmen erweitern. "Eine Stromknappheit, wie sie gerade ausgegeben wurde, ist ein Totschlagargument für den Standort", so Streege.
Wer bereits einen laufenden Vertrag mit den Stadtwerken hat, brauche sich aber keine Sorgen machen. Der aktuelle Bedarf könne gedeckt werden, für weitere Bedarfe sei man im Gespräch mit dem Netzbetreiber Edis. "Der Strombedarf unserer wachsenden Stadt hat sich enorm entwickelt, schneller, als es in der Vergangenheit vorausgesehen wurde", sagte Bürgermeister Alexander Laesicke (parteilos), der an den Gesprächen mit Edis beteiligt war.
Oranienburg zählt derzeit knapp 47.700 Einwohner, im Jahr 2000 waren es noch knapp 30.000 Einwohner, 2010 etwas mehr als 40.000. In den kommenden Jahren will und wird die Stadt auf 50.000 Menschen anwachsen. Neue Bauprojekte wie etwa die "Weiße Stadt" sollen dazu beitragen.
Bundesnetzagentur prüft mögliche Versäumnisse
Die Bundesnetzagentur erklärte auf Nachfrage von rbb|24 am Montag, für Netzbetreiber bestehe grundsätzlich die allgemeine Pflicht, Anschlussbegehrende an ihr Netz anzuschließen. Sie dürften nicht mit dem Verweis auf mangelnde Kapazität im Netz abgelehnt oder der Anschluss verzögert werden.
"Netzbetreiber haben ihr Netz vorausschauend zu ertüchtigen, um grundsätzlich Problemen mit mangelnder Kapazität vorzubeugen", so die Bundesnetzagentur. Warum das in Oranienburg anscheinend nicht geschehen sei, solle nun aufgeklärt werden. Die Bundesnetzagentur habe die Stadtwerke um weitere Informationen gebeten. "Daher kann derzeit noch keine Stellungnahme in dieser Sache abgegeben werden", heißt es in der Antwort.
In der Zwischenzeit suchen die Stadtwerke gemeinsam mit dem Netzbetreiber Edis nach Möglichkeiten, um das Netz vorübergehend zu entlasten. Außerdem wollen sich die Stadtwerke am Dienstag erstmals mit der Bundesnetzagentur dazu beraten.
Bundesregierung hat Arbeitsgruppe eingerichtet
Unterdessen hat sich inzwischen auch die Bundesregierung in den Fall eingeschaltet. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Michael Kellner (Grüne), sagte dem rbb am Dienstag, dass es dazu eine Arbeitsgruppe gebe.
Für Kellner sei es absolut inakzeptabel, dass Privathaushalte und Unternehmen in Oranienburg nicht mehr ans Stromnetz angeschlossen werden können. Er wisse deutschlandweit von keinem weiteren Fall. Es liege, so Kellner, nicht daran, dass es zu wenig Strom gebe. Was fehle, sei eine Verbindung vom Stromnetz zu den betreffenden Abnehmern.
Dafür würde jetzt nach Lösungen gesucht. Ein neues Umspannwerk werde zwar gebaut, das wäre aber erst 2026 fertig, für Kellner sei das zu lange hin. Er sagte weiter, dass der Fehler wohl bei der Stadt Oranienburg liege. Kommunen seien zu einer vorausschauenden Planung verpflichtet. Das scheint bei den Stadtwerken Oranienburg nicht der Fall gewesen zu sein.
Neues Umspannwerk wird gebaut
Oranienburg hat bereits im vergangenen Jahr mit dem Bau eines eigenen Umspannwerks begonnen. Das wird voraussichtlich 2026 fertiggestellt werden und soll "eine deutlich erhöhte Stromabnahme aus dem Hochspannungsnetz ermöglichen", teilten die Stadtwerke mit. Für den Neubau habe die Stadtverordnetenversammlung in ihrem Haushaltsbeschluss 13,8 Millionen Euro Eigenkapital zur Verfügung gestellt.
Neubauprojekte für Privat- oder Geschäftshäuser könnten sich in den zwei betroffenen Ortsteilen allerdings in den kommenden zwei bis drei Jahren dennoch verzögern. Burkhard Wilde, Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke, zeigte sich aber optimistisch: "Ich denke, wir werden auch Möglichkeiten finden, um den Kapazitätsengpass zu beseitigen", sagte er laut Mitteilung.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 15.04.2024, 19:30 Uhr
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