Kommentar - BVG in der Krise: Mehr Ehrlichkeit, bitte

Mi 18.09.24 | 17:31 Uhr
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Zwei Personen gehen entlang einer U-Bahn (Quelle: picture alliance/dpa/Soeren Stache).
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Video: rbb24 Abendschau | 18.09.2024 | Norbert Siegmund | Bild: picture alliance/dpa/Soeren Stache

Bei der U-Bahn fehlen neue Züge, beim Bus das Personal. Dafür kann die derzeitige BVG-Führungsriege nichts – ihr Umgang mit der Krise ist allerdings problematisch, kommentiert Thorsten Gabriel.

Stellen Sie sich mal vor, Sie stünden an der Spitze eines großen Berliner Nahverkehrsunternehmens und müssten der Öffentlichkeit mitteilen, dass auf einer Ihrer wichtigsten Linien, der U1, zwischen Wittenbergplatz und Warschauer Straße, bis auf Weiteres erstmal nichts mehr fährt. Nur noch auf dem kleinen Drei-Stationen-Stummel zwischen Uhlandstraße und Wittenbergplatz. Wie würden Sie das sagen? Vermutlich irgendwie so: "Die Linie 1 muss leider zwischen x und y eingestellt werden, nehmen Sie bitte ersatzweise die parallel fahrende U-Bahn-Linie 3."

Und wie haben es uns die Berliner Verkehrsbetriebe vergangene Woche verkauft? Zitat: "Die U1 wurde heute aus strategischen Gründen auf den Bereich zwischen Uhlandstraße und Wittenbergplatz zurückgezogen." Jawohl: zurückgezogen! Respekt! Das ist Marketing-Blödsinn für Fortgeschrittene. Und es war kein Einzelfall. Erst vor vier Wochen hatte BVG-Chef Henrik Falk an alle Medien hinausposaunt, dass man zwar das Angebot jetzt nicht mehr weiter ausbauen könne, dass trotzdem aber etwa beim Busverkehr so viel gefahren werde "wie noch nie". Das war nicht nur übertrieben, es war schlicht falsch – wie nicht zuletzt eine Analyse des Center Nahverkehr Berlin zeigt, die der rbb jetzt öffentlich machte.

Kampagnen-Slogan bitte ernstnehmen!

Das ist für mich der eigentliche Skandal dieser "BVG-Krise". Dass vor Jahren neue U-Bahn-Züge viel zu spät bestellt wurden, dass Fahrpersonal vorne und hinten fehlt, das alles haben Henrik Falk und sein BVG-Vorstandsteam nicht zu verantworten. Aber diese Schönrederei und dieses Verschleiern ist nicht nur ärgerlich, sondern am Ende auch schädlich. Es stärkt das Misstrauen, dass das BVG-Management angemessen mit den Problemen umgeht. Und es nährt den Verdacht, dass da noch mehr kommen könnte und über das wahre Ausmaß geschwiegen wird.

Ja, die BVG bewegt trotz allem Tag für Tag Millionen Fahrgäste gut von A nach B und nein, diese Krise hat nichts mit der S-Bahn-Krise von 2009 gemein, als fast der gesamte S-Bahn-Verkehr zusammenbrach. Aber offen und ehrlich zu benennen, was ist, ist das Mindeste, was uns die BVG als Fahrgästen schuldig ist. "Weil wir dich lieben", heißt ihre Kampagne. Sehr weit scheint es mit der Liebe zu uns dann doch nicht her zu sein.

Sendung: rbb24 Abendschau, 18.09.2024, 19:30 Uhr

61 Kommentare

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  1. 61.

    Die BVG fährt schon längst auf Verschleiß. Immer weniger Fahrer, defekt Züge, keine Ersatzteil, schlechte Planung, keine Wertschätzung der Fahrerinnen und Fahrer .... Das Management ist schuld - wer sonst! Die Arbeitsbedingungen werden immer schlechter - Stress, immer mehr Verkehr, starre Dienstpläne usw. und die Bezahlung ist auch nicht der Knaller. Im Herbst gibt es Tarifergebnisse und wenn die für die Mitarbeiter positiv ausfallen, geht der REST!

  2. 60.

    Sie wollen es nicht verstehen, oder? Das ist kein Fahrrad-Bashing, sondern es richtet sich gegeb Egomanen, die trotz übervoller Züge sich noch mt einem Rad reinquetschen und so anderen den benötigten Platz unnötig wegnehmen. Andere Städte haben hier schon den Riegel vorgeschoben und Verbotszeiten für die Radmitnahme eingerichtet.

  3. 59.

    Ich verstehe immer nicht dieses Rumgehacke untereinander. In diesem Fall das Fahrrad-Bashing. Lasst die Leute doch das Fahrrad mitnehmen. Wenn die Infrastruktur der wachsenden Bevölkerung nicht hinterherkommt, dann ist doch nicht die Bevölkerung Schuld. Sondern dann müssen die Probleme richtig adressiert werden und die Probleme bei der Infrastruktur angegangen werden.

  4. 57.

    Dann sollen die Menschen auch machen "MIT DEM RAD FAHREN" und nicht nicht die U-Bahn verstopfen.

  5. 54.
    Antwort auf [Michael] vom 19.09.2024 um 17:12

    Sarazin musste ja auch Bücher schreiben voller Fehler. War halt nicht genug Zeit übrig seinen Job richtig zu machen.

  6. 53.

    Und wenn in Berlin alleinig Grün regiert (möge das niemals der Fall sein), dann kann ich wieder Radfahren. Trotz Behinderung? Na dann. :-)))))

  7. 52.

    Toll einfach toll dieses grüne Gesa??el!
    Schon mal daran gedacht, dass einige körperlich behindert sind und somit nicht Fahrrad fahren können?

  8. 50.

    Zu 47; 48; 49 - die nächsten Wahlen werden es zeigen und deutlich machen und Berlin wird alleinig GRÜN-Regiert!

  9. 49.

    Mit diesem Herrenmenschenton kommen sie in einer Diskussion aber nicht sehr weit.

  10. 48.

    Was für ein Blödsinn. Erklären Sie das mal Gehbehinderten, Leuten mit Kinderwagen und jenen, deren Arbeitsweg mehr als 10km beträgt. Und kommen Sie jetzt bitte nicht damit, näher zur Arbeitsstelle zu ziehen, woe es eh keine freien, bezahlbaren Wohnungen mehr gibt, in die man (um)ziehen könnte.

  11. 47.

    Das ist mal wieder so ein Unfug von Menschen, die in einer Blase leben. Ich jedenfalls kann, wie sicher sehr viele andere Menschen, kein Fahrrad mehr benutzen.

  12. 45.

    Da ist nichts Niederträchtiges. Sie betreiben lediglich Theoriefindung.

  13. 44.

    "FFA" ? Guter Vorschlag. Schön auch immer die Ansage: "Leider können wir Ihnen nicht mehr alle Fahrten anbieten". Was ist hier bloß los im Lande? Wir entwickeln Uns in rasantem Tempo zurück. Kaputte Infrastruktur, Kommunen sind bettelarm, Schwimmbäder, Bibliotheken müssen schließen,gespart wird bei den Ärmsten weil die sich nicht wehren können etc. Dazu unfähige Politiker die Uns diesen Irrsinn als Erfolge verkaufen wollen.

  14. 43.

    Jeder in Berlin Lebende hat sich auch mit dem Fahrrad durch die Stadt bewegen zu können.
    So kann man den ÖPNV deutlich entlasten!

  15. 42.

    Bitte benennt die BVG in FFA um. Fahrt fällt aus.

    Heute morgen mit dem M29 am Ku-Damm ausgestiegen. Es ist 7.32 Uhr. Anschlussbus 110 Richtung Oskar-Helene-Heim kommt in 12 Minuten - in 12 Minuten - in 12 Minuten. Diese Anzeige war ca. 20 Minuten zu lesen. Dann: Fahrt fällt aus. Dafür schon mal vielen Dank liebe FFA.
    Ausweichen zum M29 nicht möglich, da es auf der Strecke einen Wasserschaden gab. Dafür kann die FFA nichts.
    Nach ca. 36 Minuten kommt ein 110er. Alle rein. Nach wenigen Stationen an der Paulsborner Straße eine Ansage: Bitte alle raus, Bus ist defekt, Ersatzbus kommt. WARUM steht der Ersatzbus nicht schon da? Nach knapp 10 Minuten kam der Ersatzbus. Da war ich schon trotz Gehbehinderung auf dem Fußmarsch zu meinem Ziel.

    Vielen Dank, liebe FFA. Ihr seid wirklich unglaublich. Weil wir Dich lieben? Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.

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