Berliner Festspiele - Zwei Produktionen der Schaubühne zum Berliner Theatertreffen eingeladen
Doppelter Erfolg für die Berliner Schaubühne: Gleich zwei Inszenierungen des Hauses wurden zum diesjährigen Theatertreffen eingeladen. Neben anderen bekannten Häusern aus Metropolen sind auch weniger bekannte Bühnen vertreten.
Die Theaterabende "Bucket List" von Yael Ronen & Shlomi Shaban und "The Silence" von Falk Richter gehören nach Ansicht der Jury des 61. Theatertreffens zu den zehn "bemerkenswertesten Inszenierungen" des Jahres. Das gab die neue Festivalleiterin Nora Hertlein-Hull gemeinsam mit der Jury am Freitag bekannt.
"The Silence" von Falk Richter mit Schauspieler Dimitrij Schaad in der Hauptrolle ist ein autofiktionales Stück, ind em Richter auf die Traumata seiner Familiengeschichte blickt: die Herrschaft seines Vaters, die Affären des Großvaters, Richters Homosexualität. Richter und seine Mutter sind in Videoeinspielungen zu sehen, wie sie miteinander über die gemeinsame Vergangenheit sprechen - oder eben auch nicht darüber sprechen.
Nachdem Richter vor allem in den 2000er Jahren große Erfolge an der Schaubühne feierte, kehrte er mit "The Silence" im November 2023 an die Bühne am Lehniner Platz zurück.
Die Produktion von "Bucket List" der österreichisch-israelischen Regisseurin Yeal Ronen stand unter dem Eindruck des Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober: Die Proben begannen unmittelbar danach.
Das Stück erzählt die Geschichte eines Mannes, der eines Morgens aufwacht und eine Welt vorfindet, die sich bis zur Unkenntlichkeit verändert hat. Schon die ersten Bilder sind ein Verweis auf den Krieg und seine Opfer.
Auch österreichische und Schweizer Produktionen dabei
Die Schaubühne ist die einzige Spielstätte, die dieses Jahr mit gleich zwei Inszenierungen beim Theatertreffen vertreten ist. Ebenfalls ausgewählt und für den Mai nach Berlin eingeladen sind neben großen bekannten Bühnen wie dem Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, den Münchner Kammerspielen sowie den Schauspielhäusern Bochum und Zürich auch Häuser, die seltener überregionale Aufmerksamkeit erlangen: Einladungen gingen in diesem Jahr auch nach Jena und Nürnberg.
"Wir werden starke ästhetische Setzungen erleben und in wunderbar geschliffene Sprache eintauchen. Wir werden mitreißende Ensemblearbeiten sehen und große Schauspielstars begrüßen", hieß es weiter.
Formate sollen mehr verknüpft werden
Die neue Leiterin möchte dabei Formate des großen Bühnenfestivals stärker miteinander vernetzen. "Ich sehe großes Potenzial in der Verknüpfung der einzelnen Plattformen, die ja allesamt auf die eine oder andere Weise auch der Nachwuchsförderung dienen", sagte Hertlein-Hull am Freitag im Haus der Berliner Festspiele.
Das Theatertreffen besteht neben dieser Zehner-Auswahl zusätzlich aus verschiedenen Formaten, etwa dem Internationalen Forum für globalen Austausch oder einer Plattform für Kulturjournalisten. "Diese Formate nicht nur mit den Aufführungen in eine produktive Auseinandersetzung zu bringen, sondern auch untereinander stärker und stark zu vernetzen, ist auf jeden Fall ein Fokus für die nächste Ausgabe", sagte die gebürtige Österreicherin, die seit Anfang des Jahres an der Spitze des Festivals steht.
Die Jury des Theatertreffens hat insgesamt 690 Inszenierungen gesichtet. Für die Auswahl gilt weiterhin eine Frauenquote bei der Regie - mindestens die Hälfte der ausgesuchten Inszenierungen soll demnach von Frauen oder überwiegend weiblichen Kollektiven stammen.
Daran solle weiter festgehalten werden, sagte Hertlein-Hull. Der Ticketvorverkauf für die 61. Ausgabe soll am 19. April starten, Anfang April soll der Spielplan stehen.
Die zehn eingeladenen Inszenierungen sind:
- "Bucket List" von Yael Ronen & Shlomi Shaban, Regie: Yael Ronen, Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin, Koproduktion mit dem Théâtre de Liège
- "Die Hundekot-Attacke. Eine Vorstellung über Finsternis, Schönhei und Vergebung, basierend auf einer wahren Begebenheit" von und mit Pina Bergemann, Nikita Buldyrski, Henrike Commichau, Linde Dercon, Leon Pfannenmüller, Anna K. Seidel und einem Dackel, Konzept, Regie und Text: Walter Bart, Theaterhaus Jena, Koproduktion mit dem Theaterkollektiv Wunderbaum
- "Die Vaterlosen" von Anton Tschechow, Deutsch von Ulrike Zemme, mit "Dad men talking, eine Gesprächsreihe mit wechselnden Gästen und Carl Hegemann" sowie einem Monolog von Katja Brunner, Regie: Jette Steckel, Münchner Kammerspiele
- "Extra Life" von Gisèle Vienne, Kreation und Performance in Kooperation mit: Adèle Haenel, Theo Livesey, Katia Petrowick, eine Produktion von DACM / Company Gisèle Vienne, Koproduktion mit Ruhrtriennale, Internationales Sommerfestival Kampnagel - Hamburg, Tanzquartier Wien u. a.
- "Laios", Anthropolis II, von Roland Schimmelpfennig, Regie: Karin Baier, Deutsches Schauspielhaus Hamburg
- "Macbeth" von William Shakespeare, Deutsch von Angela Schanelec und Jürgen Gosch, Regie: Johan Simons, Textfassung: Koen Tachelet, Schauspielhaus Bochum
- "Nathan der Weise", von Gotthold Ephraim Lessing, Regie und Bühne: Ulrich Rasche, Salzburger Festspiele
- "Riesenhaft in Mittelerde", nach "Der Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien, eine begehbare Inszenierung von Theater HORA, Das Helmi Puppentheater und dem Schauspielhaus Zürich, Regie: Nicolas Stemann, Stephan Stock, Florian Loycke und Cora Frost
- "The Silence", von Falk Richter, Regie: Falk Richter, Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin
- "ÜBERGEWICHT, unwichtig: UNFORM", ein europäisches Abendmahl von Werner Schwab in einer Fassung von Rieke Süßkow und Klaus Missbach, Regie: Rieke Süßkow, Staatstheater Nürnberg
Sendung: rbb24 Abendschau, 26.01.24, 19:30 Uhr