Filmort: Die "Rote Burg" - Das Gebäude ist so groß wie der Apparat

Fr 31.08.18 | 01:00 Uhr | Von Johanna Niedbalski
Das imposante Polizeipräsidium, "die rote Burg" am Alexanderplatz (Quelle: X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
Bild: X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Die Rote Burg am Alex ist riesig und respekteinflößend für jeden Menschen im Berlin der 1920er. Die Berliner Polizei residiert hier, genau wie wichtige Ämter der Stadt. Später wüten hier Nazi-Schergen, heute shoppen Touristen auf dem Gelände.

Jeder Berliner kennt in den Zwanzigerjahren das wuchtige Polizeipräsidium am Alexanderplatz. Für den Bau des respekteinflößenden roten Backsteingebäudes müssen das ehemalige Arbeitshaus und die so genannte Irrenanstalt weichen. An ihrer Stelle errichtet die Stadt Berlin zwischen 1886 und 1889 ein zentrales Polizeidienstgebäude von erstaunlichen Ausmaßen: Fast 200 Meter misst die Front an der Alexanderstraße. Die "Rote Burg" ist bei ihrer Einweihung nach dem Schloss das zweitgrößte Gebäude der Stadt. Es gibt neun Höfe und eine Reitbahn für die berittene Polizei. Ein Hof hat ein Glasdach, damit bei Regen die Akten nicht nass werden und die Schutzmannschaft antreten kann.

Die rote Klinkerfassade und die wuchtigen Ecktürme dominieren den Alexanderplatz so stark, dass er fast zum Synonym wird für – je nach Standpunkt – Ruhe und Ordnung oder Überwachung und Polizeigewalt.

Die Polizei ist berühmt - und berüchtigt

Nicht nur das Gebäude ist groß, groß ist vor allem der Berliner Polizeiapparat. Der Polizeipräsident wohnt in einer geräumigen Dienstwohnung mit Blick auf den Alexanderplatz. Im Präsidium ist das Hauptquartier der uniformierten Schutzpolizei, die auf der Straße im Streifendienst präsent ist und bei Demonstrationen eingesetzt wird. Außerdem residiert hier die Kriminalpolizei mit der berühmten Mordinspektion unter Leitung von Ernst Gennat, genannt der Buddha.

Zur Kriminalpolizei gehört auch die Sittenpolizei, die bei Moralverstößen im Sündenbabel Berlin einschreiten soll. Seit 1926 gibt es eine Weibliche Kriminalpolizei, bei der nur Frauen beschäftigt sind. Ihr Aufgabengebiet umfasst insbesondere Sittlichkeitsvergehen von Frauen und Minderjährigen. Die Rote Burg ist auch die Zentrale der Politischen Polizei, die gegen Staatsfeinde vorgeht und nach 1933 zur Gestapo umgewandelt wird. Das Polizeigefängnis ist berüchtigt, denn hier werden aus politischen Gründen inhaftierte Menschen festgehalten. Im Kaiserreich ist Platz für 328 Männer und 94 Frauen.

Historische Fotografie: Das beschädigte Gebäude des Polizeipräsidiums am Alexanderplatz ("Rote Burg") nach Berliner Straßenkämpfen im März 1919. (Bild: dpa)

In der "Roten Burg" gibt es auch Publikumsverkehr. Hier befindet sich das Einwohnermeldeamt, das Informationen über alle Einwohner Berlins sammelt, über deren Familienstand ebenso wie über eventuelle Eintragungen in das Strafregister. Im Polizeipräsidium befindet sich eine Passstelle für In- und Ausländer. Hier ist das zentrale Fundbüro untergebracht, in dem Fundsachen aus ganz Berlin zusammengetragen werden. Und hier befindet sich die Wohlfahrtsstelle, die hilfsbedürftige Jugendliche an Schutzorganisationen oder Heime vermittelt. Zum traurigen Alltag einer Großstadt gehört ein Schaukasten im Präsidium, der Fotos von nicht identifizierten Leichen zeigt.

Die "Rote Burg" wird im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Anstelle des roten Backsteinbaus befindet sich heute ein rosa Shoppingcenter – noch größer als das frühere Polizeipräsidium.

Historische Fotografie nach 1932: Blick über den Alexanderplatz auf die Bürohochhäuser und die Königstraße. Rechts Kaufhaus Tietz, links das Polizeipräsidium "Rote Burg". (Bild: dpa)

Beitrag von Johanna Niedbalski

Nächster Artikel

Weitere DRehorte

Standbild aus Babylon Berlin: Gereon Rath (Volker Bruch) eilt zum einfahrenden Zug im historischen U-Bahnhof Hermannplatz (Quelle: X Filme | ARD Degeto | sky | Beta)
X Filme | ARD Degeto | sky | Beta

Drehort: U-Bahnhof Hermannplatz - Der Kiosk am U-Bahnhof

Perfektes Zwanzigerjahre-Design wie für Babylon Berlin gemacht: Der U-Bahnhof Hermannplatz wurde 1926 eröffnet - und hat sich seitdem nicht viel verändert. Eine Besonderheit: die ersten Rolltreppen im Berliner Nahverkehr.