6. Jahrestag des Terroranschlags - Berlin erinnert in Andacht an Opfer vom Breitscheidplatz

Mo 19.12.22 | 21:15 Uhr
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Menschen sitzen am 19.12.2022 bei der Gedenkveranstaltung an den Terroranschlag auf dem Breitscheidplatz 2016 (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
dpa/Christophe Gateau
Video: rbb24 | 19.12.2022 | Beate Ostermann | Bild: dpa/Christophe Gateau

Mit einer Andacht, Glockenschlägen und der Verlesung der Namen wurde am Montag in Berlin an die Opfer des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz erinnert. Vor sechs Jahren hatte ein Islamist einen Lkw in den Weihnachtsmarkt gesteuert.

  • Um 19 Uhr gab es einen Gottesdienst in der Gedächtniskirche für die Opfer vom Breitscheidplatz.
  • Am Mahnmal "Goldener Riss" wurden die Namen der Toten verlesen und die Glocken für sie geläutet.
  • Vor sechs Jahren steuerte ein Terrorist einen Lkw in eine Menschenmenge.

Zum sechsten Jahrestag des islamistischen Terroranschlags auf dem Berliner Weihnachtsmarkt ist der Opfer gedacht worden. An einem Gedenkgottesdienst in der Gedächtniskirche auf dem Breitscheidplatz nahe dem Ku'damm nahmen am Montagabend die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), weitere Politiker, Opfer und Angehörige teil.

Der evangelische Bischof Christian Stäblein sicherte den Opfern und ihren Angehörigen zu, das Leid niemals zu vergessen. "Wir werden das nicht vergessen und auch nicht den Zusammenhalt, der in diesem Moment neu entstanden ist - für die Verwundeten, für die Ermordeten, für die, die mit dem Verlust seitdem leben müssen. Berlin vergisst nicht", sagte Stäblein laut einer vorab veröffentlichten Predigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb am Montagabend auf Twitter: "Unsere Gedanken sind heute bei ihnen und ihren Hinterbliebenen."

Nach dem Gottesdienst versammelten sich die Menschen am Mahnmal auf der Rückseite der Kirche, wo der Anschlag geschah. Dort sind die Namen der 13 Todesopfer an den Stufen angebracht. Sie wurden von Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein vorgelesen. Das Gedenken endete mit 13 Glockenschlägen zur Uhrzeit des Anschlags um 20:02 Uhr.

"Berlin wird diese Tat nie vergessen"

Bereits am Freitag hatte Giffey gesagt, der Anschlag habe Berlin schwer erschüttert. "Es hätte jede und jeden von uns treffen können. Berlin wird diese Tat und diesen Tag nie vergessen", so Giffey.

Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) erklärte am Sonntag, das Attentat mahne auch, den Kampf gegen islamistischen Extremismus und Terrorismus weiterhin mit aller Konsequenz zu führen. "Denn die Bedrohung hält unverändert an."

Und es ist ein Tag der Scham [...], dass die Bedürfnisse der Opfer und ihrer Familien viel zu lange zu wenig beachtet wurden.

Nancy Faser (SPD), Bundesinnenministerin

Der 19. Dezember sei ein Tag der Trauer um Menschen, die getötet oder an Körper und Seele verletzt worden seien, erklärte Faeser. "Und es ist ein Tag der Scham, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern die Tat nicht verhindern konnten, aber auch der Scham, dass die Bedürfnisse der Opfer und ihrer Familien viel zu lange zu wenig
beachtet wurden", so die Ministerin.

"Wir müssen uns - in allen staatlichen Stellen - mit mehr Empathie und mehr Unterstützung den Menschen zuwenden, deren Leben durch einen solchen furchtbaren Anschlag dramatisch verändert wurde."

Psychologe kritisiert Begutachtung der Opfer

Der Berliner Traumatherapeut Rainer Rothe kritisierte am Montagabend in der rbb24 Abendschau, dass Opfer von Anschlägen ihre lebenslange Belastung oft jedes Jahr medizinisch oder psychologisch nachweisen müssen, um Unterstützung zu erhalten. "Das ist psycholgisch völlig unmöglich, Menschen, die sowas erlebt haben, immer wieder in solche Situationen hineinzubringen. Durch Begutachtung werden sie fertig gemacht, sie können das nicht verkraften, jedes Jahr neu", sagte der Psychologe. Rothe kritisiert zudem, dass sehr viele Gutachter sich nicht in einer guten Traumadiagnostik auskennen würden.

13 Todesopfer am 19. Dezember 2022

Am Abend des 19. Dezember 2016 war der Islamist Anis Amri mit einem Lkw auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gefahren. Zwölf Menschen starben bei der Tat. Das 13. Todesopfer starb im Oktober 2021 an den Folgen einer schweren Verletzung, die der Mann sich zugezogen hatte, als er Erste Hilfe leistete.

Etwa 70 Menschen wurden verletzt, manche von ihnen schwer. Der Attentäter floh nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.

Nach dem Anschlag gerieten die deutschen Behörden, vor allem die Sicherheitsbehörden, stark in die Kritik. Zum einen für die mangelhafte Unterstützung für die Opfer und Angehörigen: Es kam zu Informationspannen und Angehörige hatten bei den Hilfen hohe bürokratische Hürden zu überwinden. Zum anderen ergaben die Ermittlungen, dass der abgelehnte Asylbewerber Anis Amri bei den Sicherheitsbehörden schon länger unter Beobachtung und unter Terrorverdacht gestanden hatte. Trotzdem war nicht ausreichend gegen ihn vorgegangen worden, auch wurde er nicht engmaschig überwacht.

Der Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz und die Folgen

Sendung: rbb24, 19.12.2022, 13:00 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Sorry, wenn ich das so deutlich sage. Aber der Breitscheidplatz liegt nun mal mitten in Berlin. Es war immer normal, dass dort gefeiert wurde. Zum DFB-Pokalfinale ist immer eine der jeweiligen Gruppen an diesem Ort und verbreitet gute Stimmung. Das kann man auch den marokkanischen Anhängern zugestehen, auch wenn ich selbst kein einziges WM-Spiel gesehen habe. Dort nicht mehr zu feiern, wäre Kapitulation.

  2. 13.

    Deutschland braucht m.M. mehr rote Linien. Sonst verschläft man
    die Demokratie vollends. Leider -wie mir scheint-
    fehlt es wohl an allen rechtsstaatlichen Ecken an Fähighkeit,
    ,Kompetenz und Reflexion. Zu viele Aussagen, die solche Verbrecher und Verbrechen m.M. wieder weichspülen, indem Sie den Fokus vom Problem wegnehmen und sagen „ bloß nicht alle unter Generalverdacht“ und weiter so. Weiter mit dem Kopf durch die Wand. Rote Linien sind in dem Fall knallhartes Durchgreifen gegen fundamentalen Islamismus, Clans, etc. und letztens Endes diese Menschen-so leid es einem für Sie tut- aus der Gesellschaft zu verbannen und abzuschieben statt rumzueiern.

  3. 12.

    Und sie sollten aufhören in einer Traumwelt zu leben und einmal mit offenen Augen durch die Innenstädte in diesem Land gehen.

  4. 11.

    Danke für Ihren Beitrag. Auffällig, dass diejenigen, die Zugewanderte gerne unter Generalverdacht stellen, auch die sind, die die weitaus größere Gefahr, die vom Rechtsextremismus ausgeht, bagatellisieren.

  5. 10.

    Ich empfinde es als widerlich, wie ein furchtbarer Umstand in den meisten der bisherigen Beiträgen instrumentalisiert wird.
    Weder ist es so, dass Zugewanderte und Geflohene per se ein höheres Gewaltpotenzial darstellen, noch, dass die Stadt und das Land Berlin nichts an Sicherheitsvorkehrungen getan hätten. Im Gegenteil: Den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz meide ich seitdem, weil er mir als Hochsicherheitstrakt vorkommt.

    Der Kopf sieht das sehr wohl ein, das Gefühl sagt nein.

  6. 9.

    Warum sind die für die Terrorabwehr Verantwortlichen nicht längst für ihre Untätigkeit bestraft worden? Bis heute ist laut Wikipedia nicht geklärt, warum der radikale Salafist nicht observiert wurde. Man ist traurig und wütend zugleich.

    Lieber werden jetzt alle Ausländer von den Rechten unter Generalverdacht gestellt.

  7. 7.

    Es wird solange keine sichtbaren Konsequenzen geben, wie eine Politik der unkontrollierten Zuwanderung, der offenen Grenzen, des Asyl- und Sozialmißbrauchs, der kriminellen Machenschaften, des religiösen Extremismus usw. weiter fortgeführt und toleriert wird. Gewisse Ähnlichkeiten mit dem Wegschauen bei Problemen und den dann hektischen Reaktionen kann man ja aktuell sehr gut beobachten. Die jahrzehntelang angeblich heilsbringende Monstranz " Pazifismus " wurde ruckzuck über Bord geworfen.

  8. 6.

    Die Opfer kommen immer zu kurz, denn es traf nur weiche Ziele. Wäre ein Politiker involviert gewesen hätte es anders ausgeschaut. Die Bevölkerung ist weltweit leider immer nur Spielball der Politik!

  9. 5.

    Was ist denn aus den vielen Opfern geworden ? Man hört da gar nichts mehr. Alle wieder genesen, gesund und munter ?

  10. 4.

    Berlin hat leider für die Sicherheit der Stadt, keine sichtbaren Konsequenzen nach diesem furchtbaren Ereignis gezogen. Mein tiefes Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen.

  11. 3.

    Tja, dass es am 19. 12, zur einer Andacht kommt, das hat man dem Bund zu verdanken, alles was aus Land Berlin kommt, das mutet als Ritual an.

  12. 2.

    Ich war am 10.12.2022, abends, auf dem Weihnachtsmarkt. Marokko hatte ein WM-Fussballspiel gewonnen. Vom hupenden Autokorso wurden in unmittelbarer Nähe auch Feuerwerks-Kanonenschläge gezündet. Ein sehr unsensibeles Verhalten. Es stellte sich ein sehr beklemmendes Gefühl ein. Nicht nur bei mir.

  13. 1.

    Erst einmal alles Versprochene für die Opfer erfüllen, dann gedenken. Sonst wirkt es heuchlerisch.

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