Sicherheit - Grüne schlagen Abteile nur für Frauen in Berliner U-Bahnen vor

Mi 13.11.24 | 14:58 Uhr
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Menschen warten am Alexanderplatz auf die U-Bahn (Quelle: dpa/Fabian Sommer).
Video: rbb24 Abendschau | 13.11.2024 | Phil Beng | Bild: dpa

Tokio als Vorbild: Die Berliner Grünen schlagen vor, zu manchen Zeiten einige U-Bahnwagen in Berlin für Frauen vorzubehalten. Damit wollen sie die Sicherheit für weibliche Fahrgäste erhöhen. Die BVG sieht keinen Handlungsbedarf.

  • Zahl der erfassten Sexualdelikte in Bussen und Bahnen nimmt zu
  • Grüne schlagen getrennte Wagen für Frauen vor
  • BVG hält bisherige Vorkehrungen für ausreichend
  • Mehrere Parteien reagieren skeptisch

Damit Frauen sich im Großstadt-Nahverkehr zu jeder Tageszeit sicher fühlen können, hat die Berliner Grünen-Abgeordnete Antje Kapek getrennte U-Bahn-Waggons für weibliche Fahrgäste ins Spiel gebracht.

"Es gibt eine sehr schöne Idee, die ich aus Tokio abgeguckt habe, wo man in den Abendstunden spezielle Frauenabteile eingerichtet hat", sagte die Politikerin. "Hier haben sie einen Schutzraum, der es ihnen ermöglicht, auch in der Rushhour, auch bei großem Gedränge ohne Antatschen oder Übergriffe mit der U-Bahn zu fahren", betonte Kapek. In den Frauen vorbehaltenen Wagen sollen der Grünen-Politikerin zufolge weibliche Fahrgäste vor männlichen Übergriffen insbesondere in den Hauptverkehrszeiten besser geschützt sein. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet.

Auch in den Abendstunden, wenn es besonders eng sei, sei es für Frauen oft besonders unangenehm, so Kapek. Auch zu Nachtzeiten nehme die Zahl der Übergriffe auf Frauen zu. Bisher handelt es sich lediglich um eine Idee im Landesverband der Grünen. Einen Gesetzesvorschlag gibt es dazu bisher nicht.

Vergewaltigung im Frühjahr auf der U3

Hintergrund des Vorschlags ist eine Vergewaltigung im Frühjahr dieses Jahres in einer Berliner U-Bahn. Ein 33 Jahre alter Mann wird verdächtigt, eine Frau auf der Linie U3 im Stadtteil Zehlendorf zunächst sexuell genötigt und anschließend vergewaltigt zu haben. Nach der Tat soll er das Fahrzeug verlassen haben und mit dem Bus weiter gefahren sein. Nach einer öffentlichen Fahndung wurde der mutmaßliche Vergewaltiger wenige Wochen später gefasst.

Laut aktuellem BVG-Sicherheitsbericht passieren pro Tag im Durchschnitt mehr als elf Gewalttaten in U-Bahnen, Bussen und auf Bahnhöfen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Demnach waren es im vergangenen Jahr insgesamt 4.181 Körperverletzungen, Nötigungen, Raubüberfälle und Sexualdelikte. Das war der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre. Die Zahl der Sexualdelikte steigerte sich seit 2014 (68) kontinuierlich auf 313 im Jahr 2022. 2023 wurden 259 Vorfälle registriert. Die Zahl der Nötigungen stieg von 284 (2014) auf 636 im vergangenen Jahr.

BVG hält Vorkehrungen für ausreichend

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sehen den Vorschlag der Abgeordneten dennoch skeptisch und halten die bisherigen Sicherheitsvorkehrungen in ihren Fahrzeugen für ausreichend. "Wir arbeiten mit vollem Einsatz daran, dass alle Fahrgäste jederzeit sicher und mit einem guten Gefühl ans Ziel kommen. Das ist unser Anspruch", teilte das Unternehmen auf Anfrage mit.

"Wer sich unwohl fühlt oder Hilfe benötigt, hat auf jedem Bahnhof zu jeder Tages- und Nachtzeit die Möglichkeit, über die Notruf- und Informationssäulen direkten Kontakt zu unseren Mitarbeitenden und der Sicherheitsleitstelle aufzunehmen", hieß es. Die BVG verwies zudem auf rund 250 Sicherheitsbeschäftigte, die rund um die Uhr im Einsatz seien. "Schwerpunktbahnhöfe werden dauerhaft Tag und Nacht besetzt, zusätzlich alle Endbahnhöfe zwischen 20 und 5 Uhr."

Kritik von AfD und FDP - Linke sieht anderen Schwerpunkt

Die Berliner AfD hält wenig von dem Vorstoß. "Die Forderung nach reinen Frauenwagen bei der U-Bahn ist absurd und geht am Problem vorbei. Sicherheit schafft man nicht durch Separierung der Opferkategorien, sondern durch konsequentes Durchgreifen gegenüber Straftätern sowie schnellere Verurteilungen unter Ausnutzung des Strafmaßes", sagte der Verkehrsexperte der AfD-Hauptstadtfraktion, Rolf Wiedenhaupt.

Auch Peter Langer, Generalsekretär der Berliner FDP, kritisierte den Vorschlag der Grünen. Er sprach von einer "Bankrotterklärung". Jeder müsse sich in Berlin frei bewegen können. Es dürfe keine No-Go-Areas geben. "Statt Extra-Wagons zu schaffen, müssen alle U-Bahn-Wagen durchgängig sein. Zusätzliches Sicherheitspersonal muss vor allem in den Abend- und Nachtstunden vor Ort zur Verfügung stehen", so Langer. An Bahnhöfen dürfe es keine dunklen Ecken geben. Zudem brauche es noch mehr Notfallsäulen, die dann auch jederzeit problemlos funktionieren.

Ausweichend äußerte sich die Linke-Fraktion. "Wir teilen die Auffassung, dass wir im öffentlichen Nahverkehr mehr für die subjektive wie objektive Sicherheit für Fahrgäste unternehmen müssen", erklärte der Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg. "Frauen sind hier besonders betroffen." Aus seiner Sicht wäre es notwendig, in den Zügen und an den Bahnhöfen dauerhaft mehr Sicherheitspersonal einzusetzen, um Übergriffe zu verhindern.

Neben Tokio gibt es zahlreiche weitere Beispiele für getrennte Frauenbereiche in Zügen. In der indischen Großstadt Neu-Delhi etwa gibt es solche Frauenwaggons in der U-Bahn. Diese sind allerdings in der Regel nicht über Türen oder andere Abgrenzungen vom Rest des Zuges getrennt. Auch in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro sind an Werktagen zu Hauptverkehrszeiten einzelne Waggons weiblichen Fahrgästen vorbehalten. In Nachtzügen der Österreichischen Bundesbahnen können Frauen sogenannte Damenabteile buchen, in denen sie unter sich bleiben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.11.2024, 13:30 Uhr

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64 Kommentare

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  1. 64.

    Im Abendschaubericht gibt es diese Graphik. Und "Hoppla" ab 2016 gibt es diese Steigerung. Da wurde das Sexualstrafrecht erweitert. Ich denke mal, daß hat sich die nächsten Jahre rumgesprochen und bleibt ungefähr auf diesem Niveau. Irgendwie nicht ganz vorurteilsfrei recherchierter Betrag.

  2. 63.

    Es gibt einen alten Trick, um die Aufmerksamkeit der Mitreisenden zu erregen und Hilfe zu bekommen. Werden Sie belästigt, rufen Sie laut „Hände weg von meiner Handtasche!“ oder „Hilfe, Taschendieb!“. Da schreckt auch der letzte von seinem Smartphone hoch, denn niemand will sich beklauen lassen.

  3. 62.

    Lasst uns alle endlich wieder Zivilcourage lernen und im Alltag auch leben. Dann brauchen wir diesen Quatsch nicht. Sonst brauchen wir auch Wagen für Kinder, Menschen mit Inklusion.....

  4. 61.

    Bravo! Das ist die geilste Ausrede ever um nicht den ÖPNV benutzen zu müssen. Auto wären sie doch eh gefahren.

  5. 60.

    In Rio machbar,in Berlin eher nicht,so die Berliner Abendschau.Alle die sich unwohl fühlen in S und U Bahnen,besonders in den Abendstunden, benutzt den ersten Wagen,da ist zumindest der Fahrer,der eventuell schnell Hilfe anfordern könnte.Ein ganz kleiner Trost.

  6. 58.

    Zurück in die Vergangenheit, weil Männer sich nicht anständig benehmen können?

    Da sollte man vielleicht die Männer besser über die Normen und Werte aufklären und nicht die Frauenrechte beschneiden, zugunsten des Mannes. Frauen sind gleichberechtigte Wesen, die dürfen überall mitfahren, egal wo und niemand hat das Recht, sie deshalb zu belästigen. Das Problem ist der Mann, der das nicht respektiert. Vielleicht ein Aufklärungsseminar für Männer: Wie verhalte ich mich richtig einer Frau gegenüber, was geht und was geht nicht und vielleicht dementsprechend eine nachhaltige Bestrafung bei nachgewiesener Belästigung, die den Mann auch darüber nachdenken lässt, was er da getan hat.

  7. 57.

    Wo haben Sie die letzten 70 Jahre gelebt? Heute kann man wenigstens mit hilfsbereiten Mitmenschen rechnen, wenn man als Frau belästigt wird. Früher sahen alle verschämt weg und natürlich war man selbst schuld. Und das Schlimmste war, dass man sich dann auch irgendwie schuldig gefühlt hat. Heute sind Frauen zum Glück selbstbewusster und kennen ihre Rechte.

  8. 56.

    "Die Zahl der Sexualdelikte steigerte sich seit 2014 (68) kontinuierlich auf 313 im Jahr 2022.".
    Ist so natürlich erschreckend.
    Der rbb liefert doch auch gerne Diagramme in seinen Beiträgen.
    Ist man auch dieses mal in der Lage, also für die jeweiligen Jahre?
    Zumal sich in dieser Stadt seit 2014 in manch Belangen, Situationen, Einflüsse so manches gewandelt hat.
    Da könnte man auch das eine oder andere Diagramm vorbringen.

  9. 55.

    Also Toiletten sollen auf jeden Fall "all gender" sein aber U-Bahnen nicht? Interesante Logik.

  10. 54.

    Ja es ist nicht schön, wenn Menschen so respektlos miteinander umgehen, aber wurde das Sexualstrafrecht nicht in den letzten 10 Jahren erweitert? Somit ist die im Abendschau Bericht gezeigte Graphik nur bedingt aussagekräftig. Dieser enorme Sprung in der Graphik ist vor allem dem geschuldet.

  11. 53.

    Hier läuft vieles schief im 'System' und auch 'Typen' die verheiratet sind ticken manchmal aus :-( aber wer und wie ändert das?

  12. 52.

    völliger Quatsch, wer soll das kontrollieren?, die U-Bahnen sind eh meistens völlig überfüllt, wo ist da die Gleichberechtigung? Als Frau ist es normal, permanente sexuelle Übergriffe abwehren zu müssen, sollen jetzt alle potentiellen Opfer auf dem Präsentierteller serviert werden?

  13. 51.

    Fast jede Frau und selbst Mädchen haben in der BVG Übergriffe erlebt. Da sieht die BVG keinen Handlungsbedarf??? Ich fahr selber lieber Auto, als mit der U-Bahn aus genau diesem Grund. Ich war selbst auch schon betroffen.

  14. 50.

    Es gibt für einen Bereich belastbare Zahlen.
    Seit der Videoüberwachung steigen die Zahlen von Straftaten weiter.
    Die Polizei hat bei den angeforderten Videomaterial 2% Tatverdächtige ermitteln können.
    Trotz dieser miserablen Zahlen verkauft man der Bevölkerung weiterhin die Videoüberwachung als großen Wurf den man am liebsten auf alle Möglichen (wie z.B. Weihnachtsmärkte) ausweiten möchte.
    Nach dem Nutzen fragt eh keiner…. Man muss nur genügend Angst erzeugen dann glaubt man vieles.
    Und zum Schluss kommt noch das Argument schlechthin…. Würde man das nicht machen wäre es noch viel schlimmer … ohne dies in irgendeiner Form zu belegen.

  15. 49.

    Ich möchte nicht bis zu einem bestimmten Abteil latschen, um sicher fahren zu können. Ich möchte auch nicht, wenn ich es zeitlich nur in ein anderes Abteil schaffe, dort als Freiwild betrachtet werden, nur weil ich nicht im Schutzraum reise. Ich möchte, dass der gesamte Zug als Schutzraum gilt.

    Wie wäre es, wenn Frauen immer durch die linken Türen einsteigen und Männer durch die rechten? Dann bündelt sich das automatisch und man spürt seltener eine Hand dort, wo man sie nicht haben möchte.

  16. 48.

    Wo ist denn da die Gleichbehandlung? Damit sagt man ja auch alle Täter sind männlich. Und ich soll als halbe Portion mit diesen Tätern in einem Waggon fahren? Danke, ich nehme lieber weiter den PKW.

  17. 47.

    Danke für diesen wirklich konstruktiven Beitrag. Ich wünschte, alle würden sich an neue Ideen so herantasten. Sachlich, ohne Bashing, nur weil es aus einer anderen Ecke kommt.

  18. 46.

    Haben wir keine anderen Probleme in dieser Stadt, was ist denn wenn die Frauen aussteigen werden die Frauen dann durch Wachpersonal bis zur Haustür begleitet.
    Man müsste mal ein paar Herren beibringen wie man sich Frauen gegenüber verhält und nicht meint die Frau ist ihr Diener oder sexoelles Freiwild und dieses gilt für alle Nationalitäten die in diesem Land leben.

  19. 45.

    Die Bahnen sind mittlerweile so voll, das es nur noch ein reingequetsche ist. Besonders in der U2. Ich habe nichts gegen seperate Abteile, aber dann sollten auch die Kapazitäten da sein.

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