Anerkennung von Abschlüssen - Hunderte Ärzte aus dem Ausland warten in Brandenburg auf Zulassung
Mehrere hundert Ärzt:innen aus dem Ausland wollen in Brandenburger Kliniken und Arztpraxen arbeiten. Die Verfahren zur Approbation allerdings dauern ein bis zwei Jahre. Das müsste nach Ansicht der Bundesländer deutlich schneller gehen. Von Roberto Jurkschat
- 650 Ärzt:innen aus dem Ausland versuchen Zulassungen in Brandenburg zu bekommen
- Antragstellende kritisieren langwierige Verfahren und Bürokratie
- Brandenburg hat Antragsverfahren inzwischen digitalisiert
- Bundesländer drängen auf weitere Beschleunigung
In Brandenburg laufen derzeit 650 Verfahren zur Anerkennung von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland. Wie das Brandenburger Gesundheitsministerium rbb|24 mitteilte, haben allein zwischen Januar und August 138 ausländische Mediziner:innen beim zuständigen Landesamt für Gesundheit (LAVG) eine Approbation beantragt. In den zehn Monaten zwischen Januar und Oktober 2024 sind demnach 90 Zulassungen vergeben worden.
Approbationen berechtigen Mediziner:innen zur selbstständigen und dauerhaften Tätigkeit in dem Bundesland, in dem sie den Approbationsantrag gestellt haben. Die durchschnittliche Dauer der Approbationsverfahren liegt in Brandenburg laut dem Gesundheitsministerium bei einem bis zwei Jahren. Die meisten Antragstellenden seien Ärzt:innen aus Syrien, Ägypten, Aserbaidschan, Russland und der Ukraine.
In Brandenburg fehlen rund 300 Hausärzte
Einerseits sind Ärzte in vielen Brandenburger Gemeinden rar, einen Mangel gibt es vor allem an Hausärzten auf dem Land. Laut Kassenärztlicher Vereinigung Brandenburg (KVBB) waren zuletzt 300 Hausarztpraxen nicht besetzt, altersbedingt werden in den kommenden Jahren voraussichtlich bis zu 600 Kassensitze unbesetzt sein. Mediziner:innen aus Drittstaaten, die die nötige Ausbildung mitbringen, um zur medizinischen Versorgung beizutragen, sehen sich bei der Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse allerdings oft mit langwierigen und teils bürokratischen Verfahren konfrontiert.
Zunächst vergleicht das LAVG etwa in einer Gleichwertigkeitsprüfung, ob der Abschluss von Mediziner:innen aus dem Ausland mit dem entsprechenden medizinischen Abschluss aus Deutschland vergleichbar ist. Bei Antragsstellenden aus der EU ist dies nach rbb-Informationen häufiger der Fall, während die Gleichwertigkeitsprüfungen bei Abschlüssen aus vielen Drittstaaten in der Regel negativ ausfallen.
Warten auf Dokumente, Lernen für Prüfungen
In solchen Fällen erhalten Antragstellende zwei Jahre Zeit, um sich dann auf eine Kenntnisprüfung vorzubereiten, die vom LAVG in Kooperation mit der Landesärztekammer Brandenburg durchgeführt wird. Auf die Kenntnisprüfungen können sich Ärzt:innen in sechsmonatigen Kursen bei verschiedenen Anbietern vorbereiten.
Währenddessen können sie zudem bereits im medizinischen Bereich arbeiten, zum Beispiel als Ärzt:innen in Anwesenheit einer Fachaufsicht, wie dies beispielsweise im Universitätsklinikum Lausitz in Cottbus in den vergangenen Jahren bereits mehrfach der Fall war. "Ohne unsere Kolleginnen und Kollegen aus den Drittstaaten könnten wir das aktuelle Patientenaufkommen nicht versorgen", sagte Chefarzt Jens Soukup dem rbb|24 Explainer.
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Ein Sprecher des Brandenburger Gesundheitsministeriums bestätigte rbb|24: "In allen Bereichen der Gesundheitsversorgung arbeiten bereits viele Mediziner:innen und Pflegekräfte aus dem Ausland. Eine flächendeckende medizinische Versorgung in Brandenburg ist ohne ausländische Kolleg:innen mittlerweile nicht mehr vorstellbar."
Zugleich berichten eine Ärztin und ein Arzt des Cottbuser Klinikums von langen Wartezeiten, weil etwa die Beschaffung aller geforderten Dokumente von Behörden ihrer Heimatländer viel Zeit in Anspruch nehme. Viele Dokumente müssten zudem ins Deutsche übersetzt werden - dabei fielen teils hohe Kosten an.
Abgesehen von einer abgeschlossenen Fachsprachprüfung und Deutschkenntnissen auf dem Niveau B2 verlangt das Verfahren für die Approbation eine Vielzahl an Dokumenten deutscher Behörden und zuständigen Stellen der Herkunftsländer. Darunter die Geburtsurkunde, eine Berufsausübungserlaubnis, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gesundheitsbehörde des Heimat- oder Herkunftslandes und ein Führungszeugnis des Herkunftsstaates.
Bundesrat fordert schnellere Verfahren
Angesichts des Ärzt:innenmangels in Brandenburg und anderen Teilen Deutschlands ringt die Politik um eine Beschleunigung der Anerkennungsverfahren, ohne dabei wichtige Standards bei den Sprach- und Fachkenntnissen aufzuweichen. Entsprechende Ideen haben die Länder bereits im Bundesrat formuliert.
Gleichwertigkeitsprüfungen sollen demnach ausgelassen werden, wenn es absehbar ist, dass die Anträge abgelehnt werden - was bei vielen Drittstaaten regelmäßig der Fall ist. Anstatt auf eine Ablehnung der Gleichwertigkeitsprüfung zu warten, soll Antragstellenden künftig direkt geraten werden, sich auf die Kenntnisprüfung vorzubereiten. Einen entsprechenden Vorschlag haben die Länder der Bundesregierung unterbreitet.
Laut dem Gesundheitsministerium sind in Brandenburg allerdings bereits eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt worden, um die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse im Gesundheitssystem weiter zu beschleunigen. Unter anderem sei die Gültigkeit vorübergehender Berufserlaubnisse ausgeweitet worden, außerdem könnten Antragsstellende inzwischen auch Dokumente einreichen, die von Übersetzern im Ausland ins Deutsche übersetzt wurden. Zudem beteiligt sich Brandenburg am Projekt "Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse" in Federführung Nordrhein-Westfalens zur elektronischen Antragstellung bei Anerkennungsverfahren. Sowohl bei akademischen Heilberufen als auch bei den Gesundheitsfachberufen seien Online-Anträge möglich.
Sendung: Inforadio, 13.11.2024, 19:33 Uhr