Rückkehr einer heimischen Art - Kommt ein Elch nach Brandenburg

Mo 26.12.22 | 10:29 Uhr | Von Jana Herrmann
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Ein Elch steht am 09.11.2021 auf einer Wiese in Brandenburg. Seit einigen Jahren hält sich ein einzelner freilebender Elchbulle in den Wiesen des Nuthetals auf. (Quelle: dpa/Ingolf König-Jablonski)
Bild: dpa/Ingolf König-Jablonski

Bert ist in Brandenburg bereits eine kleine Berühmtheit. Seit vier Jahren lässt sich der Elchbulle immer wieder im Naturpark Nuthe-Nieplitz blicken – dort hat er sich mit einer Kuhherde angefreundet. Doch Bert ist längst nicht mehr alleine. Von Jana Herrmann

  • Zahl der Elche in Brandenburg auf bis zu 15 Tiere gestiegen
  • Viele Sichtungen im Landkreis Barnim
  • Elchbullen legen bis zu 80 Kilometer am Tag zurück

Bisher gilt noch: Wer einen Elch in Brandenburg sieht, hat verdammt viel Glück. Denn die großen Pflanzenfresser waren zwar früher in ganz Deutschland beheimatet, verschwanden dann aber zeitweise ganz - weil der Mensch vermehrt Jagd auf sie machte und sie gleichzeitig aus ihrem natürlichen Lebensraum verdrängte.

Heute gilt eine ganzjährige Schonfrist für die Tiere. Sprich: Selbst wenn ein Jäger hierzulande einen Elch vor die Flinte bekommen sollte, dürfte er nicht abdrücken.

Mittlerweile häufen sich die Elchsichtungen in Deutschland wieder – und Brandenburg steht dabei ganz oben auf der Liste. Wie viele Elche sich in der Region tatsächlich gerade aufhalten, lässt sich aber nur schwer sagen. "Wir schätzen, dass in Brandenburg derzeit etwa 5 bis 15 Elche unterwegs sind", sagt Moritz Klose, Programmleiter Wildtiere bei der Naturschutzorganisation WWF Deutschland.

Besonders im Nordosten, etwa im Barnim, werden die Tiere häufig gemeldet. Allerdings seien die Sichtungen in den letzten zwei Jahren wieder zurückgegangen. Grund dafür könnte der Schutzzaun an der Oder sein, der die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindern soll, vermutet der Biologe. Eigentlich für die Elche mit ihren langen Beinen kein unüberwindbares Hindernis – aber eben doch ein Hindernis.

Elche kennen keine Grenzen

Wie viele seiner Kollegen und Kolleginnen setzt sich Moritz Klose dafür ein, dass Wildtiere den Weg nach Deutschland zurückfinden: "Wir freuen uns über jede heimische Art, die sich hier wieder ansiedelt und ein bisschen Biodiversität zurückbringt." Dafür wurde unter anderem ein länderübergreifendes Projekt gegründet, das von der Europäischen Union gefördert wird. Ziel ist es, die Rückkehr von Elchen und Wisenten aus Polen nach Deutschland zu unterstützen und ein "möglichst konfliktfreies Zusammenleben mit Bevölkerung, Politik, sowie Landnutzer*innen zu ermöglichen", heißt es in der Projektbeschreibung.

Auch Moritz Klose unterstreicht: "Wildtiere kennen keine nationalen Grenzen" – gerade deswegen sei die enge Zusammenarbeit mit Polen so wichtig. Denn von dort stammen die Elche, die in Brandenburg zu beobachten sind. Die Tiere sind nicht nur sehr gute Schwimmer, auf der Suche nach einem neuen Revier können Elchbullen auch durchaus mal bis zu 80 Kilometer am Tag zurücklegen. Der Weg von Polen nach Brandenburg ist für sie also theoretisch problemlos machbar.

Ein wilder Elch hat sich einer Kuhherde angeschlossen. Wildbiologen der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde gehen davon aus, dass das Tier aus Polen eingewandert ist.
Bild: dpa/Stephan Schulz

Projekt leistet Aufklärungsarbeit

Schon seit 2001 dürfen Elche im Nachbarland nicht mehr gejagt werden. Seitdem hat sich der Bestand dort schnell erholt. "Und mit dem wachsenden Populationsdruck kommen auch mehr Elche nach Brandenburg", erklärt Klose. Umso wichtiger sei es, dass deutsche und polnische Behörden kooperierten und Bevölkerung und Entscheidungsträger für die großen Tiere sensibilisiert seien.

"Viele wissen gar nicht mehr, dass es hier früher Elche und Wisente gab", so der Wildtierexperte. Ein Film, Broschüren, Info-Material für Schulen und auch eine Wanderausstellung, die demnächst aus dem Wildpark Schorfheide in den Nationalpark Unteres Odertal weiterzieht, sollen das ändern. Das Projekt mit dem Namen "LosBonasus -Crossing!" ("Elch und Wisent - queren!") läuft zwar demnächst aus, Moritz Klose ist sich aber sicher, dass die Tiere trotzdem weiterhin im Fokus bleiben.

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Ein Elch springt über einen Zaun. Seit einigen Jahren hält sich ein einzelner freilebender Elchbulle in den Wiesen des Nuthetals auf. Das aus Polen stammende Tier sucht öfter die Nähe von Rindern. (Quelle: dpa/Ingolf König-Jablonski)
dpa/Ingolf König-Jablonski

Reale und virtuelle Elchsichtungen

Für Brandenburg gibt es mittlerweile ein eigenes Elch-Monitoring, um mehr Informationen über die Tiere zu sammeln. Jeder, der in Brandenburg einen Elch sieht, wird gebeten das über ein Formular an das Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde zu melden – am besten mit Foto.

Mehr Informationen über die faszinierenden Tiere – inklusive Verbreitungskarte in Deutschand und einem Elch, den man sich dank Augmented Reality direkt ins Wohnzimmer holen kann, hat der WWF hier zusammengetragen.

Wo die Liebe hinfällt

Elche sind Einzelgänger. Nur zur Paarungszeit im Herbst finden sie zueinander. Meistens sind es daher junge Elchbullen, die auf der Suche nach einer potenziellen Partnerin die Oder überqueren und in den märkischen Wäldern herumstreifen.

Werden sie dort nicht fündig, kehren sie meist wieder in die alte Heimat zurück oder ziehen weiter. Nur Bert hat sich anders entschieden. Seit Jahren taucht der Elchbulle immer wieder im Naturpark Nuthe-Nieplitz auf und gesellt sich dort zu einer Kuhherde. Experten vermuten, dass sich Bert in Kühe verguckt hat - paaren können sich die beiden Arten aber nicht.

Seit 2018 trägt Bert einen Peilsender um den Hals. Seither kann Wildtierbiologe Frank-Uwe Michler von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde die Streifzüge des Elchbullen genau verfolgen und auswerten. Besonders im Herbst kommt es immer wieder vor, dass der braune Riese zwischen den Kühen auf der Weide zu sehen ist, gemeinsam mit ihnen frisst und ruht. Wird es ihm dann zu bunt, entschwindet er mit einem Sprung über den Zaun wieder in den Wald.

"Elche könnten sich in Brandenburg sehr wohlfühlen"

Wie wahrscheinlich ist es, dass sich Elche dauerhaft wieder in Brandenburg ansiedeln? Zumindest die Grundvoraussetzungen dafür sind laut Moritz Klose ziemlich gut. Denn: Elche leben zwar hauptsächlich im Wald, mögen aber eine möglichst abwechslungsreiche Landschaft mit Wiesen, Sümpfen und Gewässern. Und: Sie ernähren sich bevorzugt von Wasserpflanzen, Sträuchern und Kräutern. Von beidem hat Brandenburg jede Menge zu bieten. "Elche könnten sich hier also sehr wohlfühlen", bestätigt der Biologe.

Konfliktpotenzial bei einer möglichen Rückkehr der Riesen sieht er erst einmal nur bedingt. Schilder und Geschwindigkeitsbegrenzungen könnten die Gefahr im Straßenverkehr verringern – tatsächlich kommt es in elchreichen Ländern wie Schweden regelmäßig zu Autounfällen. Für Elch Bert gibt es bereits extra Warnschilder in seinem Stammrevier im Naturpark Nuthe-Nieplitz (die allerdings auch gerne einmal als Souvenir entwendet werden). "Und der ein oder andere Förster wäre vermutlich nicht ganz so glücklich, wenn Elche die jungen Bäume anknabbern", fügt Klose noch hinzu.

Auch wenn Elche hierzulande oft einen eher gemütlichen Ruf haben – nähern sollte man sich ihnen bei einer Sichtung in freier Wildbahn nicht. Männliche Tiere können etwa 2,5 Meter lang und bis zu 500 Kilogramm schwer werden. Bei so viel Masse gilt also (wie für alle Wildtiere): respektvoll Abstand halten, nicht füttern – und einfach den Moment genießen.

Beitrag von Jana Herrmann

24 Kommentare

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  1. 23.

    Stimmt, die Schweden sind entspannter, haben eine geringere Verkehrsdichte, fahren auch deutlich entspannter und kennen die sich bestens mit den Elchen aus. Eine vollständige Übernahme des schwedischen Modells würde ich sehr begrüßen.

  2. 22.

    Es gibt tatsächlich Berichte aus der Döberitzer Heide, dass die dortigen Wisente mit Vorliebe die Spätblühende Traubkirsche abknabbern (wurde bei einem Vortrag der Sielmann Stiftung im Naturkundemuseum erzählt).

  3. 21.

    Es gibt Geschwindigkeiten, da steigen die Unfallzahlen stark an: 120 auf den Autobahnen und auf Landstraßen ist bei jeder Geschwindigkeit die Kollision mit großen Massen tragisch. Sie mögen eventuelle Opferfamilien? Dann mögen Sie Ihr T.limit dann besser auch nicht...

    #“KG“: Gefällt.... sehr aufmerksam.

  4. 20.

    Komischerweise sind die Schweden da weit entspannter, als die typischen deutschen Verbotsfanatiker. Da sind auf Autobahnen mindestens 110 und auf Landstraßen je nach Ausbaugrad zwischen 70 und 100 km/h erlaubt. Dort dürfte die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung mit Elchen ein paar Größenordnungen höher liegen.

  5. 19.

    @Wossi
    Das mit der Endschleunigung wird nicht klappen. Vielleicht versuchen Sie es mal mit Entschleunigung

  6. 18.

    Also ich hab's nicht wirklich ermittelt, aber die Lebenserfahrung sagt, je niedriger das Tempo, desto kleiner die Beule - oder Delle - je nachdem wo diese ist. Die Gefahr bleibender Schäden ist bei Tier, Mensch und Material auch geringer und selbst bei einer längeren Geschwindigkeitbegrenzung, bspw. rd. 10 Km lang, dürfte, gemessen an den ortsüblichen, zulässigen und fahrbahren Geschwindigkeiten der Zeitverzug eher im Sekundenbereich liegen. Schlechte Karten für Speedfreaks.

  7. 17.

    Hab' mich mal so umgehört, also 50 / 80 würden wir auch ganz toll finden.

  8. 16.

    Was andere zu machen haben... und zu zahlen haben.... mit Zeit und Geld."
    Genau. Wenn man sich nur einmal vorstellt, wieviel Zeit und Geld dabei drauf geht, solche Beiträge wie den Ihren zu schreiben. Gar nicht zu reden von den Versuchen zu verstehen, was Sie uns eigentlich sagen wollen.

  9. 15.

    Wie haben Sie das ermittelt? In Elchgebieten ist ein T.limit von 65/105 km/h die richtige Wahl.... Sagen die Elche.
    Aber sei es drum, tödlich für die Menschen ist jeder Zusammenstoß sehr schnell. Irgendetwas fürs Gemüt zu fordern liegt im Trend? Was andere zu machen haben... und zu zahlen haben.... mit Zeit und Geld.

  10. 14.

    Wie wäre es wenn?
    Wenn wir einen Zaun um Brandenburg bauen, die Grenze zu Polen bleibt wegen dem Zuzug von Wildtieren offen, und Eintritt verlangen?

  11. 13.

    Nur wird Ihr Sinn nach Endschleunigung keine Mehrheit finden.... Weil....60/100 die falsche Kombi ist. Besser ist 65/105 oder?

  12. 11.

    Das habe ich auch nicht behauptet. Sind sie schon mal dort bei Tesla vorbei gefahren? Gerade dort in Grünheide wurde schon vor Tesla mit dem Waldumbau begonnen. Die kleinen, zarten Bäumchen sieht man schon im vorbeifahren. ( viele Laubbäume).Diesen Schaden kann man nicht mehr gut machen, das ist so verantwortungslos! Laut Musk gibt's ja auch reichlich Wasser hier in Brandenburg, wobei Hr.Vogel ausgerechnet über Weihnachten sagt, das hier das Grundwasser knapp wird!Hauptsache Tesla.

  13. 10.

    Das ist doch, zum Schutz von Tier- und Menschenleben, ein guter Anlass im Bereich der nachgewiesenen Sichtungsgebiete Tempolimits einzuführen. Also 60 auf Landstraßen und 100 auf Autobahnen. Ein paar "Moose on the Loose-Schilder" dazu. Passt. Bei Biberpopulationen wird es schließlich auch oft gemacht. Ob Naturschutz oder ganzjährige Schonzeit wär dann doch fast ein Streit um Kaisers Bart.

  14. 9.

    Das ist kein Wald im romantischen Sinne, hier stehen fast ausschließlich Kiefern. Die ziehen sehr viel Wasser und im Sommer trocknen sie aus, weil sie nicht tief genug ins Grundwasser wurzeln - das ist dann nichts anderes als ein riesiges Streichhölzer-Depot. Schauen Sie mal, welche Art „Wälder“ im Sommer stets brennen - richtig, Kiefernbestände.
    Ein Mischwald muss her, den Tesla, wie man hört, irgendwo in Brandenburg als Ersatz anpflanzen lässt. Das freut dann auch die Elche mehr.

  15. 8.

    Weil Elche nur einen geringen Fluchtinstinkt haben, enden Kollisionen mit dem Auto für den Menschen überwiegend tödlich. In Schweden ist das ein Dauerthema bei jeder Unterhaltung. Nicht ohne Grund.

  16. 7.

    Der Waldumbau ist in vollem Gange, nur blöd, das ausgerechnet dieser in Grünheide abgeholtzt werden soll! Wer stoppt diesen Wahnsinn?

  17. 6.

    Weihnachtszeit - Lesezeit: Mit nur einem Satz erwähnte der führende Elchforscher, dass sich diese Art von Knospen, Beeren u. Sträuchern ernährt. Das würde doch bedeuten, dass man die Flächen, die man sich zum Waldumbau, den wir doch eigentl. immer auf dem "Schirm" haben müssten, vornimmt, mit Einzäunungen schützen müsste. Oder frisst die immerhin stattl. Art auch das Reitgras v.a. in den Kiefernforstbeständen, falls es sich da noch durchsetzen kann? Schön wäre ja auch, wenn man "denen aus dem Osten" die Späte Trauebnkirsche schmackhaft machen könnte. Denn das wäre dann ja wirkl. der Idealfall. Denn in den östl. Heimaten dürfte ja die Sp. Traubenkirsche gar nicht vorkommen. Liebe rbb24-Fritzen: Eine solche Nachfrage würde ich für sehr interessant zu lesen befinden. Ansonsten, man hat's mal gelesen.

  18. 5.

    Bäume anknabbern...
    Das ist ein spannendes Thema. All diese großen Tiere sind eigentlich Bewohner von Steppe und Tundra.
    Diese Tiere fressen eigentlich Gras, Gräser, Moose und Flechten.
    Man erinnere sich an die Afrikanische Savanne oder die Mammut Steppe.
    Ich denke nicht, dass wir den Tieren das Bäumeanfressen so einfach verbieten können und vermute diesbezüglich massives Konfliktpotential.

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