"Sozialtourismus" auf Platz zwei - Unwort des Jahres 2022 ist "Klimaterroristen"

Di 10.01.23 | 10:28 Uhr
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Das "Unwort des Jahres" 2022, "Klimaterroristen", wird am 10.01.2023 an der Philipps-Universität vor seiner Bekanntgabe an eine Wand projiziert. (Quelle: dpa/Sebastian Gollnow)
Audio: Fritz | 10.01.2023 | Bild: dpa/Sebastian Gollnow

Der Begriff "Klimaterroristen" ist das Unwort des Jahres 2022. Mit dem Begriff würden pauschal Menschen diskreditiert, die sich für Klimaschutzmaßnahmen einsetzten, begründete eine Jury aus Sprachwissenschaftlern.

Das Unwort des Jahres 2022 lautet "Klimaterroristen". Das gab die sprachkritische "Unwort"-Aktion am Dienstag in Marburg bekannt. Der Ausdruck sei im öffentlichen Diskurs benutzt worden, um Aktivisten und deren Proteste für mehr Klimaschutz zu diskreditieren, begründete die Jury ihre Wahl.

Sie kritisierte die Verwendung des Begriffs, weil Aktivistinnen und Aktivisten mit Terroristen "gleichgesetzt und dadurch kriminalisiert und diffamiert werden".

Gewaltlose Protestformen zivilen Ungehorsams und demokratischen Widerstands würden so in den Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit gestellt, sagte die Jury.

Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation" führen seit Monaten Störaktionen durch, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen, auch in Berlin: Regelmäßig werden Straßen durch Klebe-Aktionen blockiert, auch das Brandenburger Tor wurde von den Aktivisten schon bestiegen.

Klimaaktivisten hatten in Berlin auch die Spitze des Weihnachtsbaums vor dem Brandenburger Tor abgesägt und den Betrieb am Flughafen BER gestört. Zuletzt wurden im Großraum Berlin und Brandenburg Verkehrsschilder zur Aufhebung von Tempolimits auf Autobahnen abmontiert.

Wahl soll auf unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen

Die seit 1991 stattfindende "Unwort"-Wahl soll auf einen unangemessenen Sprachgebrauch aufmerksam machen und so für einen bedachten Umgang mit Begriffen sensibilisieren. Auf Platz zwei setzte die mehrheitlich aus Sprachwissenschaftlern bestehende Jury den Ausdruck "Sozialtourismus", der 2013 zum "Unwort" gekürt worden war.

CDU-Chef Friedrich Merz hatte das Wort im vergangenen September im Zusammenhang mit Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine verwendet und sich später dafür entschuldigt. Die Jury sah in dem Wortgebrauch "eine Diskriminierung derjenigen Menschen, die vor dem Krieg auf der Flucht sind und in Deutschland Schutz suchen". Zudem verschleiere das Wort ihr prinzipielles Recht darauf.

Auf Platz drei kam die Formulierung "defensive Architektur", die als irreführend und beschönigend kritisiert wurde. Der Ausdruck bezeichnet eine Bauweise, die verhindert, dass sich etwa Wohnungslose länger an öffentlichen Orten niederlassen können.

Das Unwort des Jahres wurde nach verschiedenen Kriterien aus Vorschlägen ausgewählt, die Interessierte bis zum 31. Dezember 2022 eingereicht hatten. Insgesamt gab es 1.476 Einsendungen mit 497 verschiedenen Begriffen, von denen knapp 55 den Kriterien der Jury entsprachen.

2021 war die Wahl auf "Pushback" gefallen

In Frage kommen Worte, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die euphemistisch, verschleiernd oder irreführend sind. Bei der "Unwort"-Kür kommt es nicht darauf an, wie oft ein Begriff vorgeschlagen wurde.

Im vergangenen Jahr hatte die Jury mit "Pushback" einen Begriff aus dem Migrations-Diskurs gewählt. 2020 gab es mit "Corona-Diktatur" und "Rückführungspatenschaften" erstmals ein Unwortpaar. Die Unwörter der Vorjahre lauteten "Klimahysterie" (2019), "Anti-Abschiebe-Industrie" (2018) und "alternative Fakten" (2017).

Vor einem Monat hatte die Jury der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden "Zeitenwende" zum Wort des Jahres 2022 gekürt.

Sendung: Frirt, 10.01.2023, 10:30 Uhr

45 Kommentare

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  1. 45.

    Sie schreiben: "Habe schon über 20 Bäume gepflanzt und 45 Jahre gearbeitet. Was haben denn die "Kleber" schon so geleistet?".
    Jungen Menschen vorzuwerfen, sie hätten ja noch nichts geleistet, ist aus Sicht einer älteren Person in etwa so wie jmd im Rollstuhl zu fragen, wieviel er denn heute schon so gejoggt ist - ziemlich zynisch. Alter ist zudem KEINE Leistung.
    Darüber hinaus fallen Sie auf die BP (=British Petrolium)-Lüge herein, dass nur jede:r selbst ganz dolle nachhaltig leben muss, dann hätten wir kein ökologisches Problem. Individuelle Nachhaltigkeit ist zwar erstrebenswert - diese PR-Strategie lenkt aber davon ab, dass es die großen Unternehmen sind (wie eben BP, Shell, RWE etc), die die großen Verschmutzer und Zerstörer sind. Und wer hat Einfluss auf dit große Janze? Richtig: die Politik. Somit macht sich nicht nur BP etc, sondern auch Ihr geschätzter Herr Woidke einen maximalschlanken Fuß und zieht den Kopf aus der Schlinge der Verantwortung. Reines Ablenkungsmanöver.

  2. 44.

    ... und was hat das mit irgendwas zu tun? Offensichtlich nichts mit dem Beitrag des Users, den Sie ansprechen. Offensichtlich auch nichts mit Terrorismus, ein Blick in die Wortbedeutung (heutzutage bietet sich da Wikipedia an) reicht.

  3. 43.

    Sie müssen mal andere Medien lesen. Der Schaden im Museum Alter Meister Dresden war 110000 Euro, wie schon vor Wochen veröffentlicht wurde.

  4. 42.

    Ich bin da ganz der Meinung von Herrn Woidke. Sich mit dem Hintern oder den Händen Fest kleben ist einfacher, als durch Arbeit in Forschung und Entwicklung zum Möglichen Ausstieg aus der fossilen Energie beizutragen. Ich kaufe so viel wie möglich regionale Produkte und saß in meinem ü-60-jährige Leben noch nie in einem Flugzeug. Habe schon über 20 Bäume gepflanzt und 45 Jahre gearbeitet. Was haben denn die "Kleber" schon so geleistet?
    Hallo rbb24, warum wird es immer schwerer, einen Kommentar abzuschicken? Wo ist der Fehler?

  5. 40.

    Leid? Welches Leid? Ich sage ihnen wer aktuell leidet: das ukrainische Volk, aber mit Sicherheit nicht die Deutschen. Bei ihnen leidet lediglich der Geldbeutel, aber Ukrainer sterben.

  6. 38.

    Für mich das Unwort "Jugendbanden", was zum verharmlosen, tricksen und tarnen missbraucht wird um vom weit aus gravierenden Problem abzulenken.

  7. 37.

    Für mich sind ZEITENWENDE und DOPPELWUMMS perfide Unwörter des Kanzler, die den Deutschen viel Leid und hohe Kosten eingebracht haben.

  8. 36.

    AlexanderLichtenbergerDienstag, 10.01.2023 | 11:09 Uhr
    Antwort auf [Harald Friedrich] vom 10.01.2023 um 10:08
    "Wir werden sowieso alle sterben und bis dahin möchte ich mein Leben genießen können soweit ich es kann."

    Auf diese Begründung stütze sich das (mehr als)500-Jährige Reich Europas und seine überseeisch-nordatlantischen Ausgründungen stets. Weshalb unwertes Leben ausserhalb dieses Interesses immer schon und selbstverständlich eine kürzere und ungleich grausamere Lebensperspektive haben durfte.
    Sie machen sich halt im Erbe dieser ungebrochenen Ausbeutungs- und Zerstörungsgeschichte ein hübsches Leben. Mit dem Silber aus Potosi, dem Gold aus Lateinamerika. Das bis heute ganz selbstverständlich in Ihrem Haushalt zirkuliert.
    Nun soll der globale Süden einmal mehr die Rechnung bezahlen. Denn selbstverständlich werden die Industriemetropolen für Ihr egozentrisches Leben immer eine erträglichere Lösung finden. Während der Rest der Menschheit es mit dem Leben bezahlt. Sauber...

  9. 35.

    Herr Söder fischt, wie so oft, am übelriechenden äußersten rechten braunen Rand. "Klima-RAF" ist unterste Schublade und eines Demokraten nicht würdig. Und unwürdig eines gebildeten Menschen, der die Klimakrise sieht und nachts trotzdem betet: "Diesel dir leb' ich, Diesel dir sterb' ich!"

  10. 34.

    Ich plädiere, Reaktionäre nicht mit "Konservative" zu verwechseln. Das ist ja nur die Erzählung der Reaktionäre.
    Konservativer als Klimawiderstand, Widerstand für ökologische, also nachhaltige Ökonomie kann man wohl kaum sein.
    Sehr schön kann man das an dem Widerspruch zeigen, in dem jene Haltungen stecken die sich als christlich-konservativ behaupten. In Wahrheit aber reaktionäre Haltung und Praxis sind. Wo ist denn deren Praxis für die "Erhaltung der Schöpfung"? Aus dieser Entkernung ihres eigenen Werte-Kompasses, kommt ja die Wut der Reaktionäre. Während sie gleichzeitig überall "Werteverfall" beklagen. Es ist IHR Widerspruch für den sie keine Lösung haben. Dann wutentbrannt projezieren

    Redlicher, seriöser politischer Konservatismus stellt sich zudem mit seiner Tendenz zur Rückwärts-Gewandtheit einer sachlich-inhaltlichen Diskussion. Reaktionäre behaupten nur ihren Machtanspruch - völlig unabhängig von inhaltlich-sachlicher Begründung. Oder gar wissenschaftlicher Evidenz.

  11. 33.

    @Wossi. Zitat Wikipedia: „Konservativismus; von lateinisch conservare „erhalten“, „bewahren“ oder auch „etwas in seinem Zusammenhang erhalten“) „ist ein Sammelbegriff für geistige und politische Bewegungen, welche die Bewahrung bestehender oder die Wiederherstellung früherer gesellschaftlicher Ordnungen zum Ziel haben“. Also genau das, was Harald Friedrich gesagt hat. Somit sind also konservativ eingestellte Menschen eher dem Fortschritt und der Weiterenticklung abgetan. q.e.d.

  12. 32.

    Der von Markus Söder benutzte Begriff, auf den das alles zurückgeht, heißt Klima-RAF. Das ist schon eine einschlägige "Hausnummer".

    Allerdings und da muss ich Söder etwas in Schutz nehmen wegen des Grundes, weshalb er das benutzte und ihm "nur" eine völlige Naivität und auch Durchtriebenheit bescheinigen, weil er die Wirkung seiner Worte ignoriert. Menschen im Alltag das abzuverlangen, wäre zu viel verlangt, bei politischen Entscheidern halte ich dies für eine Voraussetzung, darum zu wissen.

    Er sprach von Klima-RAF, weil auch die R A F, was den Vorläufer davon anging, harmloser angefangen hätte. Dieser Teil stimmt. Der Vorwurf einer Klima-RAF ist aber eine eklatante Verkürzung, weil er eine Zwangsläufigkeit unterstellt, die so nicht gegeben ist und den jetzigen Akteuren etwas unterstellt, was ggf. andere zu späterer Zeit zu verantworten haben.

  13. 31.

    Sie schreiben: "...statt überstürzt eine ganze Volkswirtschaft ohne Klimanutzen über den Haufen werfen zu wollen."
    Zuvor unterstellen Sie dem Kommentierenden Panikmache. Ihre Aussage ist KEINE Panikmache? Ist sie sachlich? Ich bitte Sie Steffen, ich habe Sie hier schon besser erlebt. Auf den konservativen Sendern und Zeitungen laufen seit Monaten zwei Dauerpanikschleifen: 1. Blackout!!!! und 2. Untergang der Volkswirtschaft!!! Sie tragen auch dazu bei, dass sich dieser schnappatmende Mythos verbreitet.
    Wenn ich die Wahl habe zwischen "Planet" und "Wahrung der Lebensgrundlagen" einerseits und "Freiheit!!11!elf" und "Volkswirtschaft" andererseits, ist meine persönkliche Wahl eine einfache. Zumal der Umbau der Volkswirtschaft im ressourcenschonenden Wege eben kein Untergang selbigens bedeutet.

  14. 30.

    Danke für die Antworten! Zeigen sie doch, dass ich goldrichtig liege und ins Schwarze getroffen habe. Wie die Unwort-Jury.

  15. 29.

    Diese Zeilen, die passen wunderbar in die Kategorie "Stammtisch - Gerede", insbesondere die über die Nazi - Zeit.
    .

  16. 28.

    Wobei ich die Verwendung von Klima mit Terrorismus schon immer typisch deutsch sehr übertrieben finde. Terrorismus im eigentlichen Sinn ist noch ne ganz andere Nummer. Klimastörer oder Klimaaktionismus wäre treffender für solcherlei Aktionen.
    Man muss aber auch bemerken, dass viele der Beteiligten gerne für sich diesen überdimensionierten Titel Klimaterrorist vereinnahmen.

  17. 27.

    Im Text wird erklärt, warum der Begriff eben nicht zutreffend ist.
    Aber es sind eben Zeiten der Ignoranz wider bessereün Wissens und gefühlten Wahrheiten.
    Man könnte es auch abgekürzt "Borniertheit " nennen.

  18. 26.

    Wollen Sie sich "schlau" machen was "konservativ" überhaupt ist und bedeutet und sich nicht noch weiter zu blamieren?
    "Konservativ sein, also die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht hören wollen" = Fake
    Sollten Sie aber nur eine absichtlich falsche Botschaft absenden, so haben Sie ein moralisches Problem mit sich selber?

    P.S. Das die Rechtschreibung des Unwortes richtig ist gefällt Ihnen?

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