"Karls Erlebnisdorf" soll erweitert werden - Natur trifft auf Rummel in der Döberitzer Heide

So 04.06.23 | 14:31 Uhr | Von Claudia Baradoy
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"Karls Erlebnisdorf" soll erweitert werden: Natur trifft auf Rummel in der Döberitzer Heide (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 04.06.2023 | Claudia Baradoy | Bild: rbb

Przewalski-Pferde und Wisente sind in Sielmanns Naturlandschaft in der Döberitzer Heide zuhause. Besucher finden hier Natur pur. Nun soll allerdings der benachbarte Vergnügungspark vergrößert werden. Verträgt sich das? Von Claudia Baradoy

Achterbahn, Riesenschaukel, Wasserkarussell: Auf "Karls Erlebnisdorf" boomt das Spaßgeschäft für Kinder. Schon heute besuchen pro Tag rund 2.500 Gäste den Vergnügungspark bei Elstal (Havelland) in der Döberitzer Heide. Künftig sollen sie - und noch weitere Besucher - hier auch übernachten können.

Im Jahr 2014 hatte "Karls Erlebnisdorf" vor den Toren Berlins, nahe an der Bundesstraße 5, eröffnet. Nun soll es erweitert werden: Die Bauvorbereitungen für ein Ferienresort mit 4.000 Betten haben begonnen. Bagger verschieben bereits Erde auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes. "Wir planen hier ein Naturferiendorf mit Ferienhäusern, mit verschiedenen Themenhotels, mit einem Wasserpark, die Erweiterung von dem bestehenden Erlebnisdorf und dem Bibi-und-Tina-Freizeitpark", sagt Investor Robert Dahl. "Das soll in den nächsten Jahren hier Stück für Stück entstehen." Der Investor hat, wie er betont, auf eigene Kosten noch gefundene Kampfmittel beseitigen, alte Kasernengebäude abreißen und Schutt abtransportieren lassen.

Gemeinde erwartet Jobs und Steuereinnahmen

Der Bürgermeister der Gemeinde Wustermark, Holger Schreiber (parteilos), zeigt sich froh darüber, dass die ehemalige Militärliegenschaft einer neuen Nutzung zugeführt wird. "Wenn man ein solches militärisches Objekt, was eigentlich negativ behaftet ist, anschließend umwandelt zu einem Ort, wo Kinder Spaß haben und wo wir auch als Gemeinde Steuererwartungen haben, wir dort Hunderte von Arbeitsplätzen schaffen und ein Ferienresort für die gesamte Region entwickeln - dann ist es aus meiner Sicht eine perfekte Entwicklung", sagt er.

Der Bebauungsplan für Karls Feriendorf geht jetzt in die Diskussion - mit Beteiligung der Öffentlichkeit, wie Bürgermeister Holger Schreiber versichert. 2025 könnte dann Baubeginn sein.

Naturschützer kritisieren Höhe des geplanten Hotels

Doch die Nachbarschaft des Großprojekts zu der Naturlandschaft der Heinz-Sielmann-Stiftung in der Döberitzer Heide birgt auch Konflikte. In den 1990er Jahren war der frühere Truppenübungsplatz Döberitz in ein Naturschutzgebiet umgewandelt worden, unter anderem wurden hier seltene Wildtierarten angesiedelt. Mehr Besucher dürften den Druck auf die Naturlandschaft erhöhen, der durch die Nähe zu Berlin, zunehmende Bebauung und Bedarf nach Freizeitflächen, eh schon hoch ist.

Naturschützer kritisieren unter anderem die Höhe des geplanten Hotels in Karls Feriendorf. Fabian Streich, Gemeindevertreter in Wustermark (Die Linke) und Mitglied im "Umweltnetzwerk Wustermark", gibt zu Bedenken: "Wir haben hier geplante Bauhöhen von bis zu 25 Metern. Und dass sich das Projekt hier mit so einer Größe in die Landschaft setzt, halten wir für nicht verträglich mit der Döberitzer Heide." Streich ist nicht strikt gegen das Vorhaben - es gelte aber, Freizeitspaß und Naturerlebnis verträglich miteinander zu verzahnen, mahnt er.

Fabian Streich hat im Gemeinderat durchgesetzt, dass ein Landschaftsgutachten erstellt wird - mit Anregungen, wie das Feriendorf und Sielmanns Naturlandschaft nebeneinander gut existieren könnten: "Ich wünsche mir ganz konkret die Ausweisung von Naturkorridoren auf dem Areal des Feriendorfes, dort, wo das Gelände zum Naturpark übergeht", sagt er, und schlägt vor heimische Bäume und Sträucher anzupflanzen.

Auch in Sielmanns Naturlandschaft wird gebaut

Damit die in der Naturlandschaft lebenden Arten wie Wisent, Przewalski Pferde und Rotwild nicht gestört werden, gelte es, mit Bedacht zu planen, betont auch Hannes Petrischak von Sielmanns Naturlandschaft: "Es ist wichtig, dass man sich dann verständigt, dass man schaut: Wie schafft man Übergänge? Wie schafft man Pufferzonen, so dass nicht Lärm und Licht so tief in die Landschaft hineinstrahlen?", sagt Petrischak. "Licht ist zum Beispiel ein Problem, weil viele der seltenen Insekten, die hier nachts unterwegs sind, dann 'abgesaugt' werden." Ein anderes Problem: "Viele Besucher von Karls bringen möglicherweise Müll mit." Hier brauche es Möglichkeiten, dass sie diesen vernünftig entsorgen könnten - "und nicht in der Naturlandschaft".

Aber auch in Sielmanns Naturlandschaft wird derzeit gebaut - nur deutlich kleiner. Ein neues Besucherzentrum für Veranstaltungen und Ausstellungen entsteht. Noch in diesem Jahr soll es fertig werden.

Petrischak hofft man, dass man sich mit "Karls" künftig ergänzen kann: "Natürlich sind das erst mal Gegensätze von den Konzepten her", sagt er. "Aber wenn dort viele Menschen hinkommen, die mehrere Nächte dort verbringen, mehrere Tage und Nächte und sich dann überlegen: Was kann man noch machen, dann besteht vielleicht die Chance, dass sie auch zu uns kommen und mit der Döberitzer Heide vertraut machen wollen und auch auf Entdeckungstour gehen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.06.2023

Beitrag von Claudia Baradoy

19 Kommentare

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  1. 19.

    Sie fahren aber nicht zu weiter entfernten freizeitparks. In M-V hat sich karls für eine bessere önnv-Anbindung eingesetzt. Der Park in Rövershagen hat so vor kurzem sogar einen Bahnhof erhalten.

    Ich bezweifel außerdem das alle Besucher und Mitarbeiter ein Auto haben.

    Fazit: Ich möchte nicht an der b5 wohnen. Es gibt bestimmt besser geeignete Flächen für Wohnungen.

    Ich finde es schade, dass so eine Erweiterung so kritisch begleitet wird. Er ist eher auf Familien u. Kinder ausgerichtet.

  2. 18.

    Stille ertragen nur die Wenigsten. Und ich finde Stille einfach nur herrlich.

  3. 17.

    Das Grundproblem dürfte ja letztlich nicht der Ausbau als solcher sein, sondern die Erwartung der vielen Menschen, die sich nicht zu benehmen wissen. Nicht in der Umgebung und schon überhaupt nicht in der Natur. Letztlich ist das doch das wiederkehrende Hauptproblem.

  4. 15.

    Da werden sie sich aber freuen, die Viecher, die es bisher geschafft haben in diesem Umfeld zu überleben.
    Dieser massive Ausbau bedeutet doch auch einen sehr starken Zuwachs an Pkw- und Lastverkehr, Parkplätze müssen erweitert und ausgebaut werden usw usf.
    Und alles nur, damit man in der freien Natur ungehinderten Zugriff auf eine weitere künstliche Plastikinsel bekommt. Als obs das nicht bis zum Überdruß schon gäbe.

  5. 14.

    Naja, das Umland von Berlin besteht sternförmig in allen Richtungen fast ausschließlich aus Stille, Leere und Nichts.
    Und diesen Erdbeerhof kann mann auf der Karte mit der Lupe suchen. Drumherum ist auch praktisch nichts außer brachliegende Flächen, ein paar Straßen, ein Haufen Kasernenruinen und die angrenzenden Siedlungen. Das ganze klebt direkt am Rand von Berlin. Also wie gemacht, für einen großen Freizeitpark, wovon dieser noch WEIT entfernt ist.
    Dahinter beginnen dann die endlosen Weiten von Brandenburg, offiziell das dünnbesiedeltste Bundesland von D.

  6. 13.

    Lieber Markus, danke für die Erklärung.
    So gesehen scheint es an dieser Stelle nicht so schlimm zu sein, etwas hinzubauen. Ich bin einfach grundsätzlich dagegen, immer mehr unversiegelte Fläche zu bebauen und Flora und Fauna ihren Lebensraum zu nehmen.
    In diesem Fall wäre zu überlegen, ob es nicht sinnvollere Projekte gibt.

  7. 12.

    Wohnungen dort würden den Individualverkehr steigern. So lange Berlin und Brandenburg den snpv an dieser Stelle nicht ausbauen, sind Wohnungen dort nicht sinnvoll. Wohnungen sollten entlang der bahntrassen entstehen.

    Schon lächerlich, dass ein freizeitpark so kritisch begleitet wird. Lässt den Berlinern und Brandenburgern doch auch etwas Abwechselung und Spaß. Am Alex entstehen höhere Gebäude, die den ÖPNV lahmlegen (U2) oder Hochhausprojekte, d
    welche die u5 gefährden. Ohne Aufstand.

  8. 11.

    WIE FURCHTBAR dieser Gedanke!!

    Es gibt doch kaum ein Fleckchen in der NATUR wo man nicht beschallt wird.

    Lasst doch den RUHESUCHENDEN in der Natur auch ihre RUHE zum GENIEßEN DER STILLE.

  9. 10.

    Liebe Anni,
    sie scheinen die Problematik nicht zu kennen.
    Umweltschutz und Freizeitpark müssen keine Gegensätze sein.
    Da wo der Freizeit- und Hotelkomplex gebaut werden soll, war vorher ein Sperrgebiet aus Kasernengelände und Militärischen Altlasten. Der dahinter liegende Waldgürtel wurde zum Schutz der Heide gerodet und der Lärm der B5 dringt nun in seiner ganzen Pracht zur Belustigung der Wanderer durch die Heide.

    Wenn die Kaserne und die Altlasten entsorgt und das Gelände neu gebaut wird, dann können die neuen Gebäude durch aus die angrenzende Heide vor dem Lärm der B5 schützen. Zumindest ist die Natur dann aber mit Sicherheit vor den militärischen Altlasten geschützt worden.

  10. 9.

    Jahrzehnte lang verrotten die alten Kasernen und über die darauf befindlichen Altlasten hat sich kein Naturschützer aufgeregt.
    Seit vielen Jahren wird die von Menschen geprägte Natur der Heide vor der natürlichen Natur geschützt. Dann übernahm die Stiftung die Heide und es wurde im riesigen Umfang Wald gerodet um die Natur zu "schützen". Seit dem hört man den Straßenlärm kilometerweit in der Heide.
    Ist ja klar, natürlicher Wald ist böse und gefährdet die von Menschen geprägte Heide!
    Lieber eine lärmdurchdrungene Heide als ein ruhiger, artenreicher und natürlicher Mischwald.

    Und nun soll an der lärmenden B5 ein Hotel- und Freizeitpark entstehen - quasi als Lärmschutz für die angrenzende Heide und die Naturschützer fangen an zu schreien.

  11. 8.

    Eher "Jein". Ein 25 Meter hohes Bauwerk dürfte so etwa acht bis zehn Geschosse haben. Ein wenig zu viel finde ich. Eine Angleichung zum NSG soll erfolgen. Bisher gammeln die alten Kasernen vor sich hin, dienten teilweise als Müllabladeplatz, die Flächen waren (sind?) schadstoff- und munitionsbelastet. Das Gelände wurde ja nicht nur von den Russen benutzt - die ganze Geschichte findet man hier:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Truppen%C3%BCbungsplatz_D%C3%B6beritz

    Schlechter wird es jedenfalls nicht.

  12. 7.

    Nein, heute ist man nicht nur Eltern als Erzieher, heutzutage müssen Kinder animiert werden. Und Eltern sind ihren Kindern keine Eltern sondern Freunde.

  13. 6.

    Meine Herren. Zu hoch? Was hat das denn mit der Natur oder den Tieren zu tun? Sollen wir nur noch flach bauen? Wenn es so wäre, wäre Brandenburg wahrscheinlich schon komplett zubetoniert. Man sollte doch froh sein, dass diese Ruinen wieder einer vernünftigen Nutzung zugeführt werden...

  14. 5.

    Das eskaliert ja regelrecht dort…
    Ehrlich: Wohnungen wären sinnvoller.

  15. 3.

    "Verträgt sich das?"

    Ja, da das Berliner Umland sonst schon kaum irgendwelche Freizeitparks dieser Art hat, ist der Erdbeerhof schon eines der Highlights. Und auch die Wildtiere wollen (sollen) beguckt werden (vielleicht mit installierten Fernrohren im Hotelzimmer). Wenn es nur um die Abgeschiedenheit der Tiere geht, gibt es genug weiträumig entvölkerte Gegenen in Brandenburg, weit weg von Berlin.

    Allerdings frage ich mich doch, ob man sich da nicht etwas verrechnet hat. So nett der Erdbeerhof auch ist, ich kann mir kaum vorstellen, dass sich dort ein großangelegter Übernachtungsbesuch lohnt, wie im Heidepark oder so. Da müsste schon noch ein bisschen mehr passieren. Vielleicht sollte man doch erstmal mit einem Flachbau anfangen.

  16. 2.

    Was ist wichtiger? Flora und Fauna oder Freizeitparks? Man kann mit Kindern auch in die Natur gehen. Hat früher auch funktioniert und ich habe schöne Erinnerungen daran. Aber heute möchten die Eltern die Bespaßung ihres Nachwuchses gerne deligieren. Und die Gemeinden denken an die Steuereinnahmen. Macht mal! Ist genug Natur da.

    Die Menschheit wird an ihrer eigenen Dummheit zugrunde gehen.

  17. 1.

    "Verträgt sich das?"
    Nein.

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