Bis 1.000 Grad heiß - "Grundsätzlich kann jede Feuerwehr helfen, wenn ein E-Auto in Brand gerät"

Derzeit macht ein brennender Frachter auf hoher See Schlagzeilen, weil auch E-Autos an Bord sind. Aber sind E-Autos generell so schwer zu löschen? Drei Feuerwehrleute sagen: Nicht schwerer, aber anders. Von Julian von Bülow
Temperaturen von kurzzeitig mehr als 1.000 Grad Celsius kann ein Lithium-Ionen-Akku freisetzen, wenn er in Brand gerät. Auch das macht das Löschen des Autotransporters "Freemantle Highway" in der Nordsee derzeit so schwierig [tagesschau.de, ndr.de]. Er soll etwa 3.800 Autos an Bord haben, davon etwa 500 E-Autos mit eben jenen Lithium-Ionen-Akkus.
Für die Feuerwehren in Berlin und Brandenburg sind die E-Autos auf der Straße aber keine so große Herausforderung.
Defekte Akkus bis zu 24 Stunden lang heiß
"Grundsätzlich kann jede Feuerwehr mit ihren vorhandenen Mitteln in der Region helfen, wenn ein Elektrofahrzeug in Brand gerät", sagt Daniel Brose, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbands Brandenburg.
Auch der Wehrführer der Feuerwehr Grünheide, Norman Elsner, kann die Aufregung um E-Auto-Brände nicht nachvollziehen. Letztendlich seien die nicht viel anders zu handhaben als bei Verbrennern. "Man braucht mehr Löschwasser, muss den Akku im Blick behalten und das verunreinigte Löschwasser auffangen", sagt der Feuerwehrmann dem rbb. Letzteres sei beim Brand von Verbrennern aber auch der Fall.
Weil sich die defekten Akkus wegen der chemischen Hitzeentwicklung noch längere Zeit selbst wieder entzünden können, brauche es mehr Löschwasser. Dieses werde durch abgegebene Stoffe des Akkus verunreinigt sowie des geschmolzenen Kunststoffs der im Auto verbauten Teile, bestätigt auch eine Studie der Schweizer Eidgenössischen Material- und Prüfanstalt [plus.empa.ch].
Autohersteller unterstützen Schulungen
"Vor zwei, drei Jahren gab es noch ein wenig Unsicherheit bei Löscheinsätzen, aber das ist nicht mehr der Fall", sagt Norman Elsner rbb|24. Auch Brose sagt, es sei normal, dass es eine gewisse Zeit dauere, bis die Löschtaktiken für eine neue Technologie - wie jetzt alternative Antriebe - etabliert seien. Deshalb gebe es regelmäßig Schulungen auf Landes- und Kreisebene, um Feuerwehrleute fortzubilden.
So auch in Grünheide: "Hier im Landkreis gibt es alle zwei bis drei Monate Schulungen zu Autobränden", sagt Elsner. Zudem würden auch die Autohersteller bei den Schulungen unterstützen und Tipps geben.
E-Autos brennen nicht häufiger als Verbrenner
Marcus Swierczinski ist einer derjenigen, der Feuerwehrleute unter anderem im Umgang mit alternativen Antrieben im Feuerwehreinsatz schult. Der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbands Barnim und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Ahrensfelde sagt: "Ich habe den Eindruck, das Thema wird etwas stiefmütterlich behandelt." Denn auf Bundes- und Landesebene arbeiteten die Feuerwehrverbände zwar gut mit den Autoherstellern zusammen, um Löschwissen zu vermitteln. "Aber es wäre gut, wenn mehr Führungskräfte in der Region geschult werden, damit das Wissen dann auch in die unteren Feuerwehr-Ebenen gelangt", sagt Swierczinski rbb|24.
Grundsätzlich gelte aber: "Elektrofahrzeuge sind auch nicht gefährlicher als Verbrenner", sagt Brose. Das bestätigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft: "Aus unseren Statistiken gibt es keinerlei Hinweise, dass Elektrofahrzeuge häufiger brennen als Autos mit Verbrennungsmotor", sagt Alexander Küsel, Leiter der Schadenverhütung. [gdv.de] Das US-Versicherungsunternehmen "Autoinsurance EZ" gibt hingegen an, dass nur 25 von 100.000 verkauften E-Autos in Brand geraten [autoinsurannceez.com], bei Verbrennen seien es 1.530. E-Autos sind im Vergleich deutlich neuer, generell gibt es auch weniger von ihnen auf deutschen Straßen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 31.07.2023, 07:45 Uhr