"Niedrige Einschreitschwelle" - Mehr als 5.000 Polizisten am 1. Mai in Berlin im Einsatz
Zahlreiche Veranstaltungen sind in Berlin für den 1. Mai angemeldet. Die Polizei sieht sich gerüstet. Die meisten Kräfte werden am Abend bei der Revolutionären 1. Mai-Demo im Einsatz sein. Wie diese verlaufen wird, ist nach Ansicht der GdP eine "Wundertüte".
- bis zu 3.000 Polizisten am 30. April, bis zu 6.000 am 1. Mai im Einsatz
- laut Gewerkschaft könne "von gar nichts bis so ziemlich alles passieren"
- Krise in Israel und Verhaftung von Daniela Klette könnte Lage anheizen
- Innensenatorin Spranger kündigt schnelles Eingreifen an
Die Berliner Polizei ist am 1. Mai mit 5.000 bis 6.000 Polizisten in der ganzen Stadt im Einsatz, am Dienstag zuvor und in der Walpurgisnacht sollen es nach Angaben von Polizeipräsidentin Barbara Slowik 2.000 bis 3.000 Polizisten sein.
21 Demonstrationen sind Slowik zufolge am Maifeiertag angemeldet. Morgens wollen demnach die Gewerkschaften demonstrieren - mehr als 10.000 Menschen werden erwartet. Nachmittags seien linke Gruppen mit einer bunten Demonstration im Villen-Stadtteil Grunewald unterwegs, hieß es weiter. Erwartet würden 2.000 Teilnehmer.
Am Abend rechnet die Polizei zur Revolutionären 1. Mai-Demo in Kreuzberg und Neukölln nach Medienberichten mit mindestens 10.000 Demonstranten.
GdP: Weh spricht von Wundertüte
GdP-Landeschef Stephan Weh sprach mit Blick auf den Maifeiertag von einer "Wundertüte". Erst am 2. Mai werde man wissen, "was uns rund um die Walpurgisnacht und am 1. Mai erwartet." Es könne "von gar nichts bis so ziemlich alles passieren", hieß es weiter.
Man habe "dieses Jahr ein breites Konglomerat an Themen", die Extremisten als Legitimationsgrundlage für Straftaten missbrauchen könnten, so Weh weiter. Neben dem "grundsätzlichen Hass auf demokratische Institutionen" sprach er in diesem Zusammenhang von der Lage in Nahost und von den Maßnahmen rund um die Festnahme der RAF-Terroristin Daniela Klette.
Demo-Organisatoren sprechen von "hässlicher Fratze der Polizei"
Das Bündnis der Demonstrations-Veranstalter teilte am Montag erneut mit, man werde unter anderem demonstrieren "in Solidarität mit den Menschen in Gaza", die seit sechs Monaten von Israel "rücksichtslos getötet" würden. Das Bündnis warf der Polizei vor, eigenmächtig zu entscheiden, "was von dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gedeckt ist und was unmittelbar mit Gewalt unterbunden wird."
Die Polizei habe in den vergangenen Monaten "immer wieder ihre hässliche Fratze gezeigt und jede Solidaritätsbekundung mit dem palästinensischen Volk als antisemitisch diffamiert". Besonders die Parole "From the river to the sea - Palestine will be free" rücke immer wieder in den Fokus und werde mittlerweile sogar als Volksverhetzung verfolgt. "Dementsprechend rechnen wir mit zahlreichen willkürlichen, gewalttätigen Übergriffen, Einschüchterungs- und Kriminalisierungsversuchen der Polizei.", so das Bündnis.
Spranger: Polizei habe "niedrigen Einschreitschwelle"
Gegen mögliche antisemitische, antiisraelische und gewaltverherrlichende Parolen will die Polizei entschieden vorgehen. Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sprach am Montag im Innenausschuss von einer niedrigen Einschreitschwelle der Polizei am Mittwochabend. Ein Abwarten bis zum Ende der Demonstration wie in früheren Jahren "wird in diesem Fall nicht in Betracht kommen. Denjenigen, die Gewalt und Hass auf die Straßen unserer Stadt tragen möchten, wird sie mit konsequentem Einschreiten und gezieltem Handeln begegnen", sagte Slowik.
Man gehe angesichts des aktuellen Nahost-Konflikts zwischen Israel und der palästinensischen Terrororganisation Hamas davon aus, dass die Strecke der Demonstration durch Neukölln "natürlich bewusst gewählt wurde, um einen möglichst großen Zulauf zu erhalten", sagte Spranger.
Konkrete Details zur Taktik der Polizei wolle sie aber nicht nennen. "Aber wenn konsequentes Handeln notwendig sein sollte - ich hoffe es nicht - dann wird auch mit allen Mitteln mit meiner Unterstützung vorgegangen", so die Innensenatorin. Ob notfalls Wasserwerfer eingesetzt würden, werde man sehen. Gerade wenn es eng und voll werde, seien Wasserwerfer "nicht das probate Mittel der Wahl", sagte Slowik dazu.
Der Linken-Abgeordnete Ferat Koçak kritisierte derweil die Rhetorik der Behörden im Vorfeld der Demonstration. "Wenn hier schon über Wasserwerfer gesprochen wird und wir jedes Jahr wieder darüber diskutieren, wie viele Polizist*innen eingesetzt werden sollen, dann hat das schon den Beigeschmack einer eskalierenden Strategie", sagte Koçak dem rbb.
Im vergangenen Jahr blieb es am Abend des 1. Mais vergleichsweise ruhig.
Sendung: rbb24 Inforadio, 29.04.2024, 11:40 Uhr