Interview | Tiersegnungs-Gottesdienst in Berlin-Rudow - Nicht zu groß - und vor allem nicht giftig

Sa 01.06.24 | 08:24 Uhr
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ARCHIV - 08.10.2022, Niedersachsen, Osnabrück: Ein Diakon segnet eine Schildkröte mit einem Aspergill und Weihwasser.(Quelle: dpa/Friso Gentsch)
Audio: rbb 88,8 | 31.05.2024 | Interview mit Jürgen Stamm | Bild: dpa/Friso Gentsch

Schildkröte, Katze oder Hund: Fast alle Tiere sind beim ersten Tiersegnungs-Gottesdienst in Berlin-Rudow am Samstag willkommen. Einige Einschränkungen gibt es aber schon, sagt Jürgen Stamm vom Gemeindekirchenrat.

In New York haben Tiersegnungen eine lange Tradition - nun lädt die Evangelische Kirchengemeide Berlin-Rudow am 1. Juni erstmals zu einem interkonfessionellen Tiersegnungs-Gottesdienst ein. Jürgen Stamm ist seit etwa drei Jahren ehrenamtlich Mitglied des Gemeindekirchenrats und bereitet den Gottesdienst seit Herbst vor.

rbb: Herr Stamm, wie sind Sie darauf gekommen, Tiere zu segnen?

Jürgen Stamm: Es begab sich zu der Zeit, im vorigen Jahrhundert, da war ich mit meiner Gattin Anfang der 90er in New York. Beim Sightseeing sind uns unheimlich viele Menschen aufgefallen, die mit ihren Tieren in eine riesengroße Kathedrale hasteten. Es handelte sich um ein sogenanntes Animal Blessing, also eine Tiersegnung, das seit vielen Jahren dort Tradition ist.

Die Tierparade wurde von einem kleinen Elefanten angeführt. Das machen wir nicht, Elefanten haben wir hier keine. Aber so ein bisschen Kult werden wir schon mit reinbringen. Ich habe im Gemeindekirchenrat gefragt, ob das okay wäre, wenn mal sowas gemacht werden würde. Auch unsere Pfarrerin kannte die Gottesdienste in den USA und war begeistert. Der Kirchenrat stimmte zu und nun ist es am Samstag soweit.

Häufig finden Tiersegnungs-Gottesdienste rund um den 3. Oktober statt, dem Vortag zum Fest des Heiligen Franziskus, dem Schutzpatron des Tierschutzes, oder am 4. Oktober, dem Welttierschutztag, statt. Warum haben Sie sich für den 1. Juni entschieden?

Es musste erstmal ein Termin gefunden werden. Unser Kirchenkalender ist sehr voll. Die beiden Tage im Oktober waren bereits verplant, so dass wir uns auf den 1. Juni geeinigt haben.

Wir hoffen aber, dass der Gottesdienst auf viel Zuspruch stößt, damit wir es regelmäßiger machen können.

Welche Tiere werden gesegnet? Ist jede Größenordnung erlaubt?

Wir machen kleine Einschränkungen. Giftige Tieren sind nicht erlaubt. Ansonsten sollten die Tiere maximal eine Risthöhe von einem Meter haben, also die Dogge oder der irische Wolfshund sind noch erlaubt.

Wir wollen damit verhindern, dass Kühe oder Pferde kommen. So viel Platz ist in dem Kirchgarten auch nicht. Wir machen das ja im Garten neben der Kirche. Am nächsten Tag ist Gottesdienst und dann müssten wir die Kirche bis dahin sauber kriegen. Aber der Kirchgarten ist groß genug, da haben mehr als 100 Menschen Platz.

Ansonsten sollten Reptilien in einem Terrarium mitgeführt werden. Die Katzen auch gerne in einem Katzenkörbchen und Hunde an der Leine. Kotbeutel kriegt jeder Hundebesitzer am Eingang gleich mit, damit die kleinen Geschäftchen oder großen Geschäfte gleich beseitigt werden können, dafür werden extra Tonnen aufgestellt.

Kotbeutel kriegt jeder Hundebesitzer am Eingang gleich mit, damit die kleinen Geschäftchen oder großen Geschäfte gleich beseitigt werden können.

Jürgen Stamm

Infos im Netz

Wie reagieren die Menschen darauf? Was erwarten Sie für den Samstag?

Wir haben Werbung in Rudow und Umgebung gemacht. Die Gemeinden ringsherum waren alle sehr angetan. Wir haben Plakate aufgehängt, in über 50 Geschäften Plakate verteilt und Handzettel ausgelegt. Es hat keiner abgelehnt, alle fanden das toll. Und wenn jetzt noch Petrus einigermaßen mitspielt, dann werden sicherlich viele Menschen kommen.

Was passiert bei dem Tiersegnungs-Gottesdienst, wie läuft das ab?

Es wird wie ein normaler Gottesdienst sein. Nur wird unsere Pfarrerin vor allem über Themen wie Tierwohl und Artensterben predigen. Schon wenn ich daran denke, bekomme ich eine Gänsehaut. Wie die Segnung an sich ablaufen wird, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Das hat sie mir nicht gesagt. Aber es ist für uns alle eine Premiere.

Menschen und Tiere sind Geschöpfe Gottes. Menschen werden gesegnet. Die Tiere eher nicht, oder vielleicht selten. Aber nun machen wir den Versuch, die Tiere auch zu segnen. Herrchen und Frauchen finden das toll. Und ich denke mal, der da ganz oben findet das auch toll.

Haben Sie selbst auch Tiere, die Sie mitnehmen?

Wir haben zwei Beagle-Hunde, sowie einen Pfegehund. Die kommen mit. Ich habe auch einen Kakadu, der bleibt aber zu Hause.

Vielen Dank für das Gespräch!

Tiersegnung

- Erste Tiersegnungen gab es schon im 17. Jahrhundert: Damals wurde Nutztieren der Segen Gottes gespendet. Vom Wohlergehen der Tiere hing damals auch das Überleben der Menschen ab

- In New York haben Tiersegnungen seit fast 25 Jahren Tradition: Jedes Jahr am ersten Sonntag im Oktober werden Tiere zu St. John’s The Divine, eine der größten gotischen Kathedralen der Welt, gebracht

- In Berlin haben auch schon das Rogate-Kloster Sankt Michael zu Berlin oder die Gemeinde St. Canisius Tiersegnungsgottesdienste gefeiert

- Häufig finden diese am 3. Oktober statt, dem Vortag zum Fest des Heiligen Franziskus

- Franz von Assisi ist Schutzpatron des Tierschutzes. Der 4. Oktober ist Welttierschutztag

 

Die Fragen an Jürgen Stamm stellten Lydia Mikforow und Tim Koschwitz für rbb 88,8, sowie Vanessa Witzki, für rbb|24.

Sendung: rbb 88,8, 31.05.2024, 06:15 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    Mir sind ja gläubige Mitbürger grundsätzlich suspekt. Aber auf der nach oben offenen Infantilen-Skala ist dieses Interview natürlich ein riesiger Schritt in die Unendlichkeit.
    Chapeau!

  2. 25.

    Die armen Tiere - jetzt werden die schon dafür missbraucht, die Leute wieder in die Kirche zu holen. Wie erbärmlich.

  3. 24.

    Wenn Amerika aus dem Fenster springt, springt Deutschland hinterher. War ja klar.

  4. 23.

    Ist sie aber nicht. Was man nicht sieht, ist, da die Schildkröte jetzt ja keinen Erfolg hatte mit dem sich verstecken, und gefühlt sich jetzt in dem Greifen des Raubtieres befindet, wird sie mit ihren Beinen versuchen sich zu befreien. Deshalb ist der Hals auch soweit draußen, sie versucht zu fliehen - kann es aber nicht.

  5. 22.

    Von Tierhochzeiten war im Artikel ja auch nicht die Rede. Aber das kommt bestimmt auch noch.

  6. 21.

    Vll. ist das MHD des Weihwassers doch schon stark überzogen gewesen.

  7. 19.

    Sie haben Recht, die Schildkröte auf dem Foto sind völlig entspannt aus.

  8. 18.

    Die evangelische Kirche ist im Gegensatz zur katholischen eine an gesunden Menschenverstand orientierte Gemeinschaft, in Rudow richtet man sich nach der in den USA erfundenen evangelikalen Variante, wo der alttestamentarische Glaube an Wunder, Rache und Höllenfeuer kein Tabu ist. Was mich mal interessieren würde: handelt es sich dort um eine eigentlich evangelikale Gemeinde? Dann sollte sie das öffentlich machen oder sich deutlich von den Evanglikalen distanzieren. Deren Einfluss ist gefährlicher B**sh**

  9. 17.

    Ihr Absolutheitsanspruch basiert jetzt auf welchen Quellen?

  10. 15.

    Dann treten Sie doch aus.
    Tiersegnungen gibt es überall und das ist kein Stress für die Tiere

  11. 14.

    Zitat: "Menschen und Tiere sind Geschöpfe Gottes." - Leider sind viele Menschen aber offenbar der Meinung, dass Gott das alles nicht gut genug gemacht hat. Und formen dann Tiere nach ihren Vorstellungen - oder gar nach ihrem Bilde. Das Ergebnis sind die berüchtigten Qualzuchten, die lebenslang leiden, weil sie z.B. permanent zu wenig Luft kriegen. Hoffentlich also weist der Geistliche ggf auch darauf hin, dass man die Schöpfung nicht ohne Not verschlimmbessern sollte.

  12. 13.

    Die Tiere verstehen nicht, was da mit ihnen passiert. Es ist also eine Veranstaltung für Menschen, für die armen Tiere aber nur Stress! Wer sein Tier liebt, lässt den Blödsinn.
    Ich hätte schon wieder Lust aus der ev. Kirche auszutreten :(

  13. 12.

    Doggen sind ausgesprochende Familienhunde.
    Aber gut sie erreichen 90 kg Lebensgewicht.
    Ich habe einen Rottweiler der ist aber sehr brav und kämpft höchstens mit seiner Fleischwurst.

  14. 11.

    Wusste garnicht das es so etwas gibt in Deutschland.
    In Italien kann man alles mögliche segnen lassen aber hier.
    Ja warum auch nicht Tiere sind ja auch Gottes Schöpfung.

  15. 10.

    Vor Doggen habe ich Angst, ich werde leider nicht dabei sein.

  16. 9.

    Steht doch im Text: Die Tiersegnung findet nicht in der Kirche selbst statt, sondern im angrenzenden Kirchgarten. Insofern ist der Lärm, wenn sich die armen Tiere gegen Segnung wehren (die eigentlich nur die Besitzer wollen), eher sekundär.

  17. 8.

    Du verwechselst Ursprung und den Ort wo der Verantwortliche das aufgeschnappt hat. Der Ursprung mag in Assisi (Italien) liegen, die Idee ist dem Verantwortlichen aber nunmal in New York (USA) gekommen, weil es dort sehr viele Anhänger hat. Kein Wunder bei all den christlich fundamentalen Gläubigen in den Staaten.

    Du hast also grundsätzlich recht (und ich finde interessant, dass es auf Franz von Assisi zurückgehen soll) aber in diesem Fall wurde die Idee in den USA geklaut.

  18. 7.

    Artikel lesen hilft…

    „Wir machen kleine Einschränkungen. Giftige Tieren sind nicht erlaubt. Ansonsten sollten die Tiere maximal eine Risthöhe von einem Meter haben, also die Dogge oder der irische Wolfshund sind noch erlaubt.“

    „Wir wollen damit verhindern, dass Kühe oder Pferde kommen. So viel Platz ist in dem Kirchgarten auch nicht. Wir machen das ja im Garten neben der Kirche.“

    Ansonsten sollten Reptilien in einem Terrarium mitgeführt werden. Die Katzen auch gerne in einem Katzenkörbchen und Hunde an der Leine.“

  19. 6.

    Das ganze kommt nicht aus New York, wie es in Ihrem ersten Satz angedeutet wird, sondern aus Assisi, Italien, genau wie ein gewisser Franz von Assisi, auf den das Ganze zurückgeht, wie ihr ganz unten kurz anreißt.

  20. 5.

    Das Körpergewicht und die Größe der Tiere kommt mir viel zu kurz. So kann man ja gar nicht das Tierwohl richtig beurteilen.
    Es gibt zu wenige Randthemen, um sich besser als andere zu fühlen. Da müsste,mit solchen Themen, noch viel mehr getan werden? Auch die Medien sind in der Pflicht da mehr anzubieten?

  21. 4.

    Völlig gaga! Wie wäre es denn noch mit einer Taufe.

  22. 3.

    Es ist Sitte, in der Kirche leise zu sein, gilt auch bedingt für Kinder.

    Wie ist das mit Tieren?
    ..
    Ich war mehrmals bei Radfahrergottesdienste, unsere Drahteseln wurden gesegnet. Nicht schlecht. Danach ein Radtour mit Polizeibegleitung!

  23. 2.

    Endlich mal ein Bericht über etwas Schönes!

  24. 1.

    Sorry, aber ich fasse es einfach nicht, wie man so verblendet sein kann, dass man sogar seine Tiere für so einen Mumpitz da anschleppt. Für die Tiere ist das nur Stress, sie haben davon doch berhaupt nichts. Dass da der Tierschutz nicht eingreift...

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