Bericht des EU-Instituts Copernicus - Weltweite Klimaerwärmung lag 2024 erstmals über 1,5 Grad

Fr 10.01.25 | 09:06 Uhr
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Die Straße des 17. Juni spiegelt von der Hitze vor dem Brandenburger Tor. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
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Audio: radioeins | 10.01.2025 | Stephan Hübner, ARD-Kompetenzcenter Klima | Bild: dpa/Christoph Soeder

Die höchste Durchschnittstemperatur, die größte Luftfeuchtigkeit und der großflächigste Hitzestress seit Messbeginn: Das sind die Klima-Daten von 2024 des EU-Instituts Copernicus. Die Folgen waren extreme Stürme und riesige Fluten.

Das Jahr 2024 war einem Report zufolge das erste seit Messbeginn, das weltweit im Schnitt über 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel gewesen ist. Damit war es zugleich das wärmste je gemessene Jahr, wie der Klimawandeldienst des EU-Programms Copernicus im britischen Reading berichtete. In den vergangenen Monaten hatte er ähnliche Vorab-Schätzungen präsentiert.

Das Jahr sei neuesten Daten zufolge sogar um 1,6 Grad wärmer als die geschätzte Mitteltemperatur von 1850 bis 1900 gewesen. Zugleich gehörte jedes der letzten zehn Jahre (2015-2024) zu den zehn wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen. Der riesige Datensatz des Copernicus-Klimawandeldienstes stammt von Satelliten, Schiffen, Flugzeugen und Wetterstationen auf der ganzen Welt. Ein neuer Rekord für den heißesten Tag wurde demnach am 22. Juli 2024 mit einer globalen Temperatur von 17,16 Grad aufgestellt.

Wärmstes Jahr in Berlin und Brandenburg

Die Zahlen passen zu einem Bericht des Deutschen Wetterdienstes, der Anfang der Woche vorgelegt wurde. Demnach war das Jahr 2024 in Berlin und Brandenburg das wärmste seit Beginn der flächendeckenden Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Die Durchschnittstemperatur in Berlin lag demnach bei 11,9 Grad Celsius, 2,8 Grad über dem langjährigen Mittel der Referenzperiode von 1961 bis 1990. In Brandenburg betrug der Wert 11,4 Grad - 2,7 Grad über dem langjährigen Mittel.

Bericht ist ein "Warnsignal"

"Dieser Bericht ist ein Warnsignal, denn wir müssen alles daran setzen, um den Treibhausgasausstoß zu vermindern", sagt Niklas Höhne, Mitbegründer des NewClimate Institute. "Wir müssen mehr tun als bisher." Im Pariser Klimaabkommen wurde 2015 vereinbart, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Doch nicht nur 2024 war wärmer, sondern auch der Zweijahresdurchschnitt für 2023 und 2024, der 1,54 Grad betrug, wie Copernicus mitteilte. "Dies bedeutet nicht, dass wir die im Pariser Abkommen festgelegte Grenze überschritten haben", so das Institut. Das Abkommen beziehe sich auf Temperaturabweichungen, die über einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren gemittelt werden.

"Ich halte das 1,5-Grad-Ziel für nicht mehr haltbar", sagte Andreas Fink vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) dennoch. Auch die Technologien zur CO2-Entnahme aus der Atmosphäre seien nach seinem Kenntnisstand in den nächsten Jahrzehnten nicht in der Lage, die nötigen Mengen CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen. Es sei daher unbedingt notwendig, die Emissionen der Treibhausgase sehr rasch zu reduzieren. Die Kosten eines eskalierenden Klimawandels seien deutlich höher als die Abkehr von Kohle, Öl und Gas.

Bei 1,5 Grad handle es sich um ein politisches Ziel, ab dem Dinge passieren, "die wir nicht mehr als akzeptabel empfinden", sagte Höhne. 2024 habe gezeigt, wie gefährlich ein solches Temperaturniveau bereits sei. "Es gab Extremereignisse überall auf der Welt: Temperaturen über 50 Grad, extreme Niederschläge, die an einem Tag so viel Regen brachten wie sonst in einem Jahr, und riesige Brände, die nicht zu löschen waren", betonte der Klimaforscher. "Solange wir Treibhausgase ausstoßen, wird die Temperatur weitersteigen und damit die Wahrscheinlichkeit für diese Extremereignisse."

Waldbrände eine Folge der Klimaerwärmung

Nicht nur die Landflächen, sondern auch die Ozeane außerhalb der Polargebiete erreichten laut Copernicus-Mitteilung 2024 im Jahresmittel eine Rekordtemperatur an der Oberfläche, und zwar 20,87 Grad und damit 0,51 Grad mehr als im Schnitt der Jahre 1991 bis 2020. Zudem gab es demnach auch die höchste jemals gemessene Menge an Wasserdampf in der Atmosphäre. Sie lag 2024 um rund fünf Prozent über dem Durchschnitt von 1991 bis 2020. Dies habe in Kombination mit hohen Temperaturen an der Meeresoberfläche zu schweren Stürmen, einschließlich tropischer Wirbelstürme, beigetragen.

Andererseits begünstigten anhaltende Trockenperioden in mehreren Regionen Waldbrände, schreibt Copernicus und verweist besonders auf großflächige und langanhaltende Waldbrände in Amerika. Zudem erreichte die Fläche der Erde, die von mindestens "schwerem" Hitzestress betroffen war, am 10. Juli einen neuen Rekord, als rund 44 Prozent der Erde "schweren" bis "extremen Hitzestress" erlebten.

Copernicus: Hauptgrund ist der CO2-Ausstoß der Menschenheit

Als Hauptgrund für die hohen Temperaturen sehen die Copernicus-Experten den hohen Ausstoß menschengemachter Treibhausgase. So erreichten etwa die Konzentrationen von Kohlendioxid und Methan in der Atmosphäre 2024 neue Rekordwerte seit Messbeginn. Ein weiterer Faktor für die Erwärmung war das Klimaphänomen El Niño, das seinen Höhepunkt im Dezember 2023 hatte und die Temperaturen auch in der ersten Hälfte 2024 beeinflusste.

Höhne verweist dennoch auf positive Entwicklungen: "Wir haben gesehen, dass wir Dinge ändern können", sagte er. "Die erneuerbaren Energien, die Zahl der E-Autos und Wärmepumpen entwickeln sich weltweit gesehen jedes Jahr schneller als zuvor vorhergesagt." Vor zehn Jahren sei berechnet worden, dass die Erdtemperatur bis Ende des Jahrhunderts um 3,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit steigen würde, sagte Höhne mit Blick auf das Klimaprojekt Climate Action Tracker. Dank der raschen Entwicklung beim Klimaschutz seien es nun 2,7 Grad. Wenn alle Länder ihre angekündigten Klimaneutralitäts-Ziele einhalten, seien es 1,9 Grad.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.01.2025, 07:00 Uhr

Kommentar

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13 Kommentare

  1. 13.

    Machen wir doch!
    Ist nur leider sinnlos, wenn andere (größere) Industrienationen nicht mitziehen und unsere Einsparungen zunichte gemacht haben.

  2. 12.

    Nein, wir können alleine die Welt nicht retten, aber wir können unseren Beitrag leisten, den Klimawandel zu stoppen.

  3. 11.

    Viel wenig macht unermesslich viel; das Zweitgenannte hat niemand behauptet, vielmehr ist es jener Pappkamerad, der dann billigerweise umgehauen werden soll.

    Der Fingerzeig, dass gefälligst der andere anfangen und vorangehen soll, muss endlich ein Ende haben und Umstände, die mit eigenen Möglichkeiten veränderbar sind, sollten auch angegangen werden. Alles andere ist Verantwortungsverschiebung.

  4. 10.

    Ich finde es herrlich wie sich hier Klimawandelleugner öffentlich zum Kasper machen.

    Da werden wissenschaftliche Fakten zu "Vermutungen". Weiter so!

  5. 9.

    Das Zeitfenster was wir betrachten ist erdgeschichtlich faktisch 0. Global werden wir in Deutschland das Klima nicht beeinflussen, dazu sind wir zu klein und andere Weltwirtschaften wachsen

  6. 8.

    Und wieder die berühmte 2 % Lüge. Es ist weniger eine Lüge als viel mehr einer der häufigsten Vorwände, um vermeintlich nichts für den Klimaschutz tun zu müssen: Deutschland verursache doch nur zwei Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Schon diese Zahl muss man in Relation setzen. Seit Beginn der Industrialisierung hat Deutschland schon fünf Prozent zur globalen Erwärmung beigetragen. Und im Vergleich zur Bevölkerungszahl beansprucht Deutschland auch mit den aktuell zwei Prozent noch ein unverhältnismäßig großes Stück vom verbleibenden CO2-Budget: Pro Kopf stoßen die Deutschen etwa 30 Mal so viele Klimagase aus wie Länder wie zum Beispiel Kenia und Nepal, wie klimafakten.de vorrechnet.

  7. 7.

    1,5°C im Durchschnitt. Wobei die Äquator nähe eine große tolle spielt. Im Mittelmeer waren es schon um die 3° mehr, was dazu führte das schon ganze Ökosysteme zerbrochen sind.
    Die korallenbleiche ist welt weit auf dem höchsten Stand der Menschheitsgeschichte. Wenn die Riffe erstmal alle tot sind. Wars das auch mit großen fischschwärmen und allen Tieren die davon leben.

    Globaöe 1,5° ... ist nur schön reden. Es ist in den relevanten Regionen schon lange weit drüber.

  8. 6.

    Deutschland hat einen Anteil von unter 2% am CO2, aber wir retten trotzdem die Welt.

  9. 5.

    Übrigens, der Strom soll auch immer billiger werden. Ich habe letztes Jahr in Deutschland weder das heißeste Jahr noch den billigen Strom erlebt sondern eher das Gegenteil davon. Und damit bin ich nicht allein.

  10. 4.

    "Vor zehn Jahren sei berechnet worden, dass die Erdtemperatur bis Ende des Jahrhunderts um 3,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit steigen würde, ... Dank der raschen Entwicklung beim Klimaschutz seien es nun 2,7 Grad. Wenn alle Länder ihre angekündigten Klimaneutralitäts-Ziele einhalten, seien es 1,9 Grad."
    Oh, was ist passiert? Sowas lese ich zum ersten Mal in den ÖR. Bisher kenne ich nur die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels als offiziell verkündbare Rechtfertigung für Maßnahmen im Rahmen von Klimaschutz und Energiewende. Da könnte der Bürger ist bissel veralbert vorkommen, wenn die Möhre vor der Nase gar nicht echt war ;)

  11. 3.

    "Dieser Bericht ist ein Warnsignal" - das und Åhnliches haben die Leute schon hunderttausend Mal gehört, und doch ändert sich nichts.
    Ich selbst bin es inzwischen auch leid, wenn ich lese, welcher unglaubliche Aufwand an Material und vor allem Strom jetzt für diesen KI-Quatsch aufgewendet wird, den die Menschheit unbedingt noch gebraucht hat.
    Jedes bisschen an privater Einsparung und noch viel mehr wird damit zunichte gemacht und sinnlos...

  12. 2.

    Natürlich gibt es auch natürliche Faktoren. Aber die können wir ja nicht beeinflussen. Was bleibt ist die Vermutung das auch der Mensch seinen Anteil daran hat. Insgesamt bleibt festzuhalten das ein großer Vulkanausbruch oder eine kühlere Sonnenperiode viel mehr Einfluss auf das Klima hat. Sollte sich dadurch eine kleine Eiszeit ankündigen, könnte der vonMenschen gemachte Wärmeanteil sogar positiv sein. Also Klima wie immer . Fahrradkette

  13. 1.

    Wir haben Jahre der erhöhten Sonnenaktivität! Unabhängig von den menschlichen Ursachen, könnte das auch eine wesentliche Ursache für die hohen Kosten sein.

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