Interview | Schaden, Dreck und Chaos - "Wo der Waschbär Nahrung findet, bedient er sich - das sieht dann nicht mehr niedlich aus"

Do 11.07.24 | 14:48 Uhr
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23.06.2024, Brandenburg, Sieversdorf: Ein noch junger Waschbär (Procyon lotor) erkundet auf einem privaten Grundstück abgestellte Sachen unter einem Carport. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Bild: dpa/Patrick Pleul

Waschbären treiben in Brandenburg zunehmend ihr Unwesen. Das Bejagen der Tiere hilft dagegen nur bedingt, sagt Alexander Wach von der Unteren Jagdbehörde Cottbus. Welche Maßnahmen stattdessen Wirkung zeigen, erzählt er rbb|24 im Interview.

rbb|24: Guten Tag Herr Wach. Sie haben in Ihrem Arbeitsalltag bei der Unteren Jagdbehörde Cottbus regelmäßig mit dem Thema Waschbär zu tun. Wie groß ist denn das Problem in Brandenburg?

Was man letztlich statistisch feststellen kann, ist die Zunahme in der Jagdstatistik. Und da ist ganz deutlich, dass brandenburgweit die Waschbärenstrecke [Menge, die an bejagten Tieren erlegt wurde, Anm. d. Red.] enorm zugenommen hat. Im letzten Jahr wurden circa 32.000 Stück erlegt, eine Zunahme von knapp acht Prozent zum Vorjahr.

Grundsätzlich ist der Waschbär die am stärksten bejagte und auch zur Strecke gebrachte Raubtierart in Brandenburg. Aber bei ihm greift der sogenannte Elterntierschutz nach dem Bundesjagdgesetz. Das heißt, dass Elterntiere in der Zeit der Jungaufzucht nicht gejagt werden dürfen. Vom 1. März bis Ende August ist für potenzielle Elterntiere die Jagd also erstmal sehr erschwert.

Warum vermehrt sich der Waschbär denn so sehr?

Es fehlt ihm generell an Fressfeinden. Und sicherlich ist es auch das Nahrungsangebot. Als Kulturfolger ist er da sehr anpassungsfähig. Er ist nicht sehr wählerisch, sowieso ein Allesfresser und kann sich schnell auch an städtische, besiedelte Gebiete anpassen. Durch seine Fingerfertigkeiten hat er eben die Möglichkeit an Nahrung zu kommen, die anderen Raubtieren verwehrt ist.

Ok, aber im Grunde genommen sind die ja schon niedlich, die Waschbären. Warum ist es ein Problem, dass die sich vermehren?

Naja gut, niedlich ist eine Geschmacksfrage. Es bleibt letztlich ein Raubtier. Der unmittelbare Kontakt mit den Menschen ist nicht zu unterschätzen. Da geht es auch um Würmer, die durch den Waschbären übertragen werden können.

Problematisch ist auch, dass der Waschbär Schaden anrichten kann. Wenn Sie den im Dachboden in der Zwischendecke haben, ist das nicht so toll. Dort, wo er Nahrung findet, bedient er sich - und hinterlässt das Ganze nicht unbedingt geharkt und gepflegt. Das sieht dann vielleicht auch nicht mehr so niedlich aus und führt in der Regel zu einer ziemlichen Ernüchterung.

Wie kann ich denn als Privatperson gegen Waschbären vorgehen?

Also erschießen dürfen Sie ihn selbst natürlich nicht. Das obliegt dem Jäger. Im befriedeten Bereich, wo die Jagd in Brandenburg ruht, gibt es Jäger, die ihm auch mit einer Falle nachstellen können. Das dürfen Sie als Nicht-Jäger ebenfalls nicht - auch nicht mit einer Lebendfalle.

Was man aber machen kann, ist, zu versuchen, Nahrungsgrundlagen, welche man dem Waschbären fast unterbewusst zur Verfügung stellt, zu vermeiden. Katzenfutter, Hundefutter, Küchenabfälle, auch ein Kompost, der nicht abdeckbar ist, oder Mülltonnen, an die man rasch rankommt. Die Deckel kann man zum Beispiel mit einem Spannseil sichern.

Man muss gucken, dass man die Lebensstätte so gestaltet, dass es für den Waschbären nicht erreichbar oder nicht mehr interessant ist. Denn da, wo sich ein Waschbär wohlgefühlt hat, führt die Entnahme in den wenigsten Fällen dazu, dass kein Neuer kommt. Solche Populationen liefern ja auch nach.

Im Grunde ist es so, dass schon der nächste in der Reihe steht, und die frei gewordene Lebenstätte übernimmt. Man kann eigentlich nur gucken, dass man dem Waschbären keine Nahrungsgrundlage bietet.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Martin Schneider für Antenne Brandenburg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.07.2024, 15:10 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    Waschbären werden gejagt, das steht im Artikel. Über den Sommer ist allerdings wegen des Nachwuchses eine Pause.
    Jagd hilft sehr wohl, die Population zu dezimieren, halt nicht auf Dauer und eine Ausrottung ist gänzlich unmöglich. Wir bekämpfen auch Ratten und Mäuse, obwohl diese geeignete Biotope immer wieder besiedeln.

  2. 12.

    Waschbären ähnlich zerstörisch und unkaputtbar wie Menschen.
    Wer wird gewinnen?

  3. 11.

    Schön wär's, wenn sie sich mit Müll, Schnecken und Engerlingen begnügen würden. Seit hier in Lankwitz vor einigen Jahren Waschbären "eingewandert" sind, haben wir hier keine Igel mehr (bis dahin immer einige), die letzten blutigen Reste habe ich vor fünf Jahren gesehen. Vögel gibt es auch kaum noch. Warum wird diese invasive Art so total geschützt?

  4. 10.

    Wölfe könnten Waschbären erlegen, weil Waschbären nicht schnell zu Fuß sind :-) sie laufen recht putzig und krumm.

  5. 9.

    Waschbärgrillwurst oder -bouletten gibt es käuflich zu erwerben - von einem Wildfleischer aus Sachsen-Anhalt. Geschmacklich eine leichte Wildnote, sonst eher an gutes Rindfleisch erinnernd, in der Farbe etwas dunkler und angenehm bissfest. Man muss sich einfach mal trauen und, ehrlich, wenn man es nicht weiss - Wildgrillwurst hört sich nicht so schlimm an. Kann ja auch Wildschwein drin sein. Salat geht dazu immer - aber bitte keinen Senf oder schnöden Ketchup.

  6. 8.

    Waschbären kann man essen! Es gibt einen Hersteller von Waschbärbuletten in Sachsen-Anhalt. Geschmacklich sollen sie sehr delikat sein. Guten Appetit!

  7. 7.

    Wenn die netten Tiere nur Mülltonnen etc. frequentierten, ginge es ja noch. Aber die decken auf der Suche nach Unterschlupf auch Dachteile ab und nisten sich auf dem Boden ein. Kenne mehrere solch Fälle. Auf dem Schaden bleibt man sitzen. Und die leer gefressenen Vogelnester und Obstbäume finde ich auch nicht so toll. Leider ist kein natürliches Gleichgewicht herstellbar, da sie hier keine Fressfeinde haben. (Wölfe können ihnen leider nicht auf Bäume folgen ; ) Die Wildschweine kann man wenigstens später essen ; )

  8. 5.

    Wenn der Waschbär den Rasen umpflügt, um an Kleingetier zu kommen, ganze Erdbienenkolonien vertilgt, hilft es auch nicht, dass man keinen Biomüll im Garten liegen lässt. Die Empfehlungen des Experten sind stark vereinfachend.

  9. 4.

    Also die Bärchen sind NICHT das Problem, solange mir jeden Abend die Rotte mit den putzigen Frischlingen begegnet :-) 30 Junge, bestimmt, und mindestens 10 ausgewachsene Elternteile. Da mir weder die einen noch die anderen was tun, ebensowenig wie Wölfe und Füchse, bin ich entspannt. Nicht nur Waschbären vermehren sich stärker unter Bejagung.

    OBei den Leuten, die den Müll umgekippt bekommen, weil sie mit ihrem Abfall "Brot für die Welt" ein Jahr versorgen könnten, denke ich an Karma. Wenn ich den Tonneninhalt auf der Straße sehe... *brech*...

    Es ist für JEDEN machbar, Abfälle zu minimieren und fachgerecht zu entsorgen, Mülltonnen sauber zu halten (es gibt extra Beutel...), die Tonnen ggf mit Spanngummi zu verschließen, kein Essen, auch nicht für die Katze, rauszustellen auf die Terrasse.

    Ich weiß nicht, welche Ängste hier geschürt werden sollen? Mich hat noch nie ein Tier angegriffen, allerdings greife ich auch nicht an :-)

  10. 3.

    Die dürfen in besiedelten Gebieten nicht jagen und die GSG 9 kommt wegen Waschbären nicht mit Scharfschützen.
    Die Regelung, dass Waschbärgeplagte keine Lebendfallen aufstellen dürfen, ist meiner Ansicht völlig daneben, denn heutzutage besitzen Menschen Telefone mit denen man auch Jäger anrufen kann, wenn der Waschbär gefangen ist.
    Noch besser wäre, wenn die Jäger Fallen zur Verfügung stellen, bevor diese Plage noch gänzlich unkontrollierbar wird. Wenn die heimischen Arten geschützt werden sollen, müssen invasive eben weg bzw. in Schach gehalten werden.

  11. 2.

    Lieber Mülltonnen als lauter Vogelnester.... Mistviecher. Wo sind die Jäger wenn man sie mal braucht....

  12. 1.

    Man soll nicht nur gucken, man muss bewusst handeln, indem keine Reste vom Essen im Freien hinterlassen werden. Reste von Grillen einwickeln in die Mülltonne werfen oder daneben, ist ein wahrer Gaumenschmaus für die Waschbären. Sie haben Hände die sie benützen wie die Menschen. Haustiere grundsätzlich nicht außer Haus füttern, es gibt so viel was man tun kann. Wenn diese Abfall- Haltung u. a. eingehalten wird, dann ziehen sich die Waschbären mehr in die Natur zurück. Über die Vermehrung haben normale Bürger keinen Einfluss, dies gehört in die Hände der Tierexperten.

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