Wolfsjagd - Europäischer Gerichtshof bestätigt Ausnahmen bei Wolfsjagdverbot

Do 11.07.24 | 18:39 Uhr | Von Juan F. Álvarez Moreno
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Symbolbild: Brandenburg ist Wolfsland. Hier leben die meisten Rudel Deutschlands. (Quelle: dpa/Charisius)
Audio: Antenne Brandenburg | 11.07.2024 | O-Ton: Heribert Hofer | Bild: dpa/Charisius

Wenn ein Wolf Schafe oder andere Tiere reißt, darf er nicht einfach so getötet werden. In Brandenburg wird schon länger ein leichterer Abschuss von Wölfen gefordert. Ein Gerichtsurteil zu einem Fall in Österreich macht Ausnahmen wahrscheinlicher.

Schäfer, Rinderzüchter und Tierhalter, die die wachsende Zahl von Wölfen in Brandenburg aufmerksam beobachten, hatten lange auf dieses Urteil gewartet: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat am Donnerstag den Wolfsschutz gestärkt – und gleichzeitig Ausnahmen bestätigt. Konkret ging es um das Wolfsjagdverbot im Nachbarland Österreich. Dieses ist laut EuGH gültig.

Umweltschützer hatten Beschwerde eingelegt, nachdem die Tiroler Landesregierung vor zwei Jahren einen Wolf zum Abschuss freigegeben hatte. In den Tiroler Alpen hatte das Tier 20 Schafe gerissen. Der EuGH gab den Tierschutzorganisationen recht.

In Brandenburg gibt es 52 Rudel

Wölfe sind nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) streng geschützt, wie das Gericht feststellte. Ausnahmen kann es nur geben, wenn die Jagd die Erhaltung der Wolfspopulation nicht gefährdet. Das sei in Österreich nicht der Fall, so der EuGH. Zudem müssen Schäfer und Tierhalter zuerst mit allen möglichen Mitteln versucht haben, ihre Tiere zu schützen, bevor ein Abschuss infrage kommt. Die Richtlinie gilt auch in Deutschland, wo die Wolfsjagd streng verboten ist und außer in vorher genehmigten Ausnahmefällen eine Straftat darstellt.

Überträgt man das Urteil auf Brandenburg, dann sollten hier die bisherigen und sogar weitere Ausnahmen beim Wolfsjagdverbot erlaubt sein, da es im Land genug Wölfe gibt. Brandenburg ist nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz das Bundesland mit den meisten Wölfen. Mit einem großen Zuwachs der Population rechnen Fachleute derzeit nicht mehr, die Zahl der Wolfsrudel stagniert laut Daten des Landesumweltamtes (LfU) seit Jahren. Im Jahr 2023 gab es demnach 52 Rudel, gezählt wurden 190 Welpen in insgesamt 62 Territorien.

Mehr als 1.500 Weidetiere im vergangenen Jahr von Wolfen gerissen

"Die Wolfbestände sind auf einer Höhe, die bei der Ausrottung des Wolfes vor 150 Jahren nicht denkbar war. Damals waren die Wildbestände in Deutschland um Größenordnungen niedriger", sagte Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, dem rbb. Jetzt hätten Wölfe in genug Schutzzonen, in die sie sich zurückziehen kann, so Hofer. "Das bedeutet, dass der Wolf sich weiter ausbreitet und die Population anwächst." Die meisten Wölfe sterben nach Angaben von Hofer im Straßenverkehr.

Mit dem Anstieg der Population wächst auch die Zahl der Wolfsangriffe: 358 Übergriffe gab es laut Angaben des LfU im vergangenen Jahr in Brandenburg, bei denen fast 1.500 Weidetiere starben, die meisten davon Schafe und Ziege. Abgeschossen wurden in diesem Zeitraum nur zwei Wölfe aus demselben Rudel bei Luckau (Dahme-Spreewald). Neben dieser Ausnahme wurden im vergangenen Jahr drei illegale Tötungen registriert.

"Problemwölfe" müssen bisher vor Abschuss eindeutig identifiziert werden

Viele Tierhalter wollen das nicht hinnehmen, so wie Udo Felgendreher aus Frankfurt (Oder). Er hat in diesem Jahr nach eigenen Angaben bereits elf Lämmer bei Wolfsangriffen verloren. Deswegen fordert er, "dass sie zeitnah gejagt werden können", wie er dem rbb sagte. Bereits am Tag nach einem Angriff sollte ein Jäger den für den Schaden verantwortlichen Wolf abschießen können, so Felgendreher.

Nach der geänderten Brandenburger Wolfsverordnung aus dem Jahr 2022 dürfen Wölfe geschossen werden, die über einen Zeitraum von sechs Monaten überdurchschnittlich viele Weidetiere in ihrem Territorium getötet haben. Notwendig dafür ist ein eindeutiger Nachweis, dass ein Wolf zweimal in einer Herde Tiere gerissen hat. Der Nachweis erfolgt oft über DNA-Analysen. Wenn der "Problemwolf" aber von anderen Wölfen nicht unterschieden werden kann, dürfen Tiere aus dem Rudel erlegt werden, bis von diesem Rudel keine Gefahr mehr ausgeht.

Künftig könnte es Abschussgebiete für Wolfe geben

Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) hatte im vergangenen Jahr einen schnelleren Wolfsabschuss sogenannter Problemwölfe gefordert. Im vergangenen Dezember einigten sich Bund und Länder auf neue Möglichkeiten dafür. Wenn ein Wolf einen Schutzzaun überwindet und ein Nutztier tötet, dürfen künftig 21 Tage lang Wölfe im Umkreis von 1.000 Metern geschossen werden. Der Vorschlag kam von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne). Brandenburg wollte daraufhin seine Wolfsverordnung lockern, was bisher aber nicht geschehen ist.

Der Landesjagdverband dringt auf eine rasche Änderung der Regelungen. "Der Abschuss schadenstiftender Wölfe muss in Brandenburg zur Routine werden", forderte der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Kai Hamann, im April. Mit einer neuen Wolfsverordnung ist laut rbb-Informationen vor der Landtagswahl im September nicht mehr zu rechnen. Die Entscheidung muss wohl ein neues Landesparlament ab Herbst treffen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 11.07.2024, 16:40 Uhr

Mit Material von Sabine Tzitschke

 

Beitrag von Juan F. Álvarez Moreno

21 Kommentare

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  1. 21.

    Einer rechtssicheren Abschußmöglichkeit direkt auf oder an der Koppel, der befriedeten Weidefläche etc. würde ich aufgeschlossen gegenüberstehen.

  2. 20.

    Statt absolut sinnfreie Fragen zu stellen, sollten Sie sich mal über die Funktion eines Spitzenprädators schlau machen.
    Im Gegensatz zu Wölfen, die seit mindestens 1 Million Jahre auf der Erde leben, gehören z. B. Schafe und Ziegen nicht hier her. Das sind Gebirgs- und Steppenbewohner.
    Wie Sie lernen können, entwickelten sich die Vorfahren der heutigen Wölfe in derselben Zeit wie unsere genetischen Vorfahren. Und nicht umsonst entwickelten sich Wölfe zum besten Freund des Menschen.

  3. 19.

    Statt absolut sinnfreie Fragen zu stellen, sollten Sie sich mal über die Funktion eines Spitzenprädators schlau machen.
    Im Gegensatz zu Wölfen, die seit mindestens 1 Million Jahre auf der Erde leben, gehören z. B. Schafe und Ziegen nicht hier her. Das sind Gebirgs- und Steppenbewohner.
    Wie Sie lernen können, entwickelten sich die Vorfahren der heutigen Wölfe in derselben Zeit wie unsere genetischen Vorfahren. Und nicht umsonst entwickelten sich Wölfe zum besten Freund des Menschen.

  4. 18.

    Das Leuten wie ihnen zu erklären, für die der Wolf nur auf der Basis von Grimms Märchen zugänglich ist, ist sowieso aussichtslos. Wenn es sie wirklich interessiert, werden sie im Internet dazu reichlich wissenschaftliche Abhandlungen, Dokumentarfilme etc. finden.

  5. 17.

    Klar die Erde kommt ohne jedes Lebwesen aus, inbesondere ohne Menschen. Davon haben wir ja reichlich Planeten im Universum. Die Kunst besteht aber nicht darin Leben zu vernichten sondern Leben zu erhalten bzw. die Freiheitsgrade in der Evolution hoch zu halten. Wir haben nur unseren blauen Planeten und es sieht so aus, als ob wir in nächster Zukunft nicht per Star trek, Voyager, Enterprise einfach mal so unseren Planeten verlassen könnten.

  6. 16.

    Nein, kommt sie nicht! Weil Wildtiere wie Elche, Hirsche, Rehe dem Baumbestand schaden und damit ein ökologisches Gleichgewicht zerstören. Bestes Beispiel Kanada: Seit Wiederansiedlung der Wölfe haben sich dort die Wälder erholt.
    Und käme die Erde ohne Wölfe aus, würde es sie auch ohne Ausrottung nicht mehr geben.
    Sie brillieren nicht nur mit kruden Argumenten, sondern mit Falschbehauptungen.

  7. 15.

    Welche Arten sind denn ohne den Wolf bedroht? Welche Arten sind denn wegen der 100-jährigen Wolfslosigkeit in Deutschland ausgestorben?

  8. 14.

    Um Ihr krudes Argument aufzugreifen: Die Erde kommt auch ohne Wölfe aus.

  9. 13.

    Und wie siehts mit der Artenvielfalt und unserer Flora denn ohne den Wolf aus?? Jäger und Förster versuchen mehr oder weniger die Arbeit des Spitzenprädators zu übernehmen, aber soetwas wie den Kaskadeneffekt kriegen die nicht mal ansatzweise nicht; wie auch? Teilweise wegen der daran hängenden "profitablen" wildfleisschverarbeitenden Industrie auch in Gänze garnicht gewollt.
    Wollen sie in einem Jahrhundert die letzten Biotope Deutschlands auch noch in eine "Kulturlandschaft" ver(schandeln)wandeln? In Zeiten des Klimawandels benötigen wir stabile mit Artenvielfalt gesegnete Habitate und keine Schafs-, Kuh-, Ziegen-, Zuchwild- etc. -Koppeln von irgendwelchen sich ausprobierenden neureichen Juppies.

  10. 12.

    Tja, und die Erde kam Milliarden von Jahren ohne Menschen aus.
    Kaum passt dem Menschen etwas nicht, möchte er dessen Population regeln.
    Manchmal denk ich mir, man sollte die menschliche Population regulieren. Die Natur kommt mit sich selber klar. Der Mensch ist für die Erde wie ein Stachel im ...

  11. 11.

    Nicht weinen - wir geben Ihnen gern ein paar süße Waschbärchen ab, die hier Dachböden zerstören und unsere Beerensträucher plündern ;-)
    Der Wolf hat unbestritten in unseren Gefilden seine Daseinsberechtigung. Die Populationen sollten aber gut beobachtet werden - eine unkontrollierte und unbeachtete Vermehrung - wie es bei Wildschwein und Waschbär der Fall ist - nutzt letztendlich weder Tier noch Mensch noch Umwelt.

  12. 10.

    Der Artikel bringt die Kernausage dieses wichtigen Urteils leider nicht auf den Punkt: Das Jagdverbot auf den Wolf ist rechtens und wird bestätigt, einzelne Abchüsse sind nur in gut begründeten Ausnahmefällen möglich. Und das ist auch gut so!

  13. 9.

    Ich darf mal zitieren: "dürfen Tiere aus dem Rudel erlegt werden, bis von diesem Rudel keine Gefahr mehr ausgeht" und "dürfen künftig 21 Tage lang Wölfe im Umkreis von 1.000 Metern geschossen werden" desweiteren "Der Abschuss schadenstiftender Wölfe muss in Brandenburg zur Routine werden"

    Da leben irgendwelche Jagdvereine ihre dunkelsten Fantasien aus!

    Anstelle sich wie seit 1000 Jahren vernünftige Schutzhunde zu holen, sich statt dem Fernseher der Herde direkt vor Ort zu widmen, Schutzzäune in ausreichender Höhe und Stabilität zu bauen, wenn man schon keine Schutzhunde will, wird halt alles abgeballert, was nicht bei 3 auf'm Baum hockt!

    Und weil der tote Wolf keine Rehlein jagt, muss man DIE natürlich auch abschießen.

    Brave new world.

    Und übrigens, Waschbären, Wildschweine und Wölfe vermehren sich stärker, wenn sie bejagt werden :-) weil die Natur es besser weiß....

  14. 8.

    In Deutschland kam die Natur 100 Jahre ganz gut ohne Wölfe aus. Und die Wölfe kamen ebenfalls ganz gut ohne Deutschland aus. Die haben in den Weiten Russlands genug Platz.

  15. 7.

    Schön reißerisch u. den wahren Inhaklt des Urteils übergehend . Was die BRB verordnen ist jetzt eben erheblich in Frage gestellt bzgl. der trechtl. Gültigkeit. . 1. Ein rein wirtschaftl. Interesse berechtigt nicht zur Tötung 2. Der Wolf der die Schäden anrichtet muß eindeutig identfiziert werden. Und in ganz Deutschland waren es bei 1300 Wölfen 4200 Vorfälle, davon 3800 Schafe. Und da ist dann noch die Frage wieviel Tiere ob defekter, falsch angebrachter, überhaupt keiner Zäune zu Schaden gekommen sind, auch ob mangelnder menschl. Kontrollgänge - also Präsens....

  16. 5.

    Da haben sie mal Recht. Der Wolf gehört zu unserem Habitat und er ist der wichtigste Player wenn es um die Stabilität unserer Biotope geht.
    Und Slovenien zeigt stellvertretend für andere Länder auf beeindruckende Weise, wie sich Menschen seit Jahrtausenden mit Beutegreifern, die für ihre Biotope unentbehrlich sind, arrangieren. Einfach mit Herdenschutzhunden. Aber sowas ist unseren „Nutztierhaltern“ nicht zumutbar. Hier gegen maximal billige zusammengewürfelte Zäune, die natürlich nicht mal Ansatzweise ein Hindernis für einen Beutegreifer darstellen.
    Was wäre das auch für ein Armutszeugnis ja eine Beleidigung für einen Spitzenprädator wie den Wolf, wenn er mit diesem Spielzeug nicht fertig würde.
    Und wie könnte er überhaupt seiner Funktion gerecht werden, wenn er bei diesem Spielzeug schon die Segel streicht.

  17. 4.

    Vielleicht sollten Juristen vor der Abwägung mit Biologen reden.
    Natur ist kein Lineargebilde wo man es jedem mit ein bisschen rumschrauben recht machen kann. Schafft euch endlich Herdenschutzhunde für eure „Viecher“ an, so wie es Menschen seit Jahrtausenden machen und hört auf ständig die Natur nach euren Bedürfnissen anpassen zu wollen, denn sonst gibt’s bald nichts wunderbares mehr auf unserem blauen Planeten außer eure Schafe, Kühe und Pferde.

  18. 3.

    Bleibt zu hoffen, dass dieses wichtige Urteil Ruhe und mehr Sachlichkeit in die politische und öffentliche Diskussionen bringt. Flächendeckender Herdenschutz, angemessen und unbürokratisch finanziell unterstütz durch die öffentliche Hand, Abschlüsse in gut begründeten Ausnahmefällen ermöglichen die Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf.

  19. 2.

    Na, da liegt doch jetzt ein Urteil vor, das den weiteren Weg vorgibt. Insbesondere in Brandenburg dürften die vernünftigen Ansätze der Landesregierung durchaus rechtmäßig sein.

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