Ausnahmegenehmigung - Bundesumweltministerin Lemke will Abschuss von Wölfen erleichtern
In Brandenburg leben immer mehr Wölfe, die Landwirte vor Probleme stellen. Um Weidetiere besser zu schützen, sollen die Raubtiere schneller abgeschossen werden können, plant Bundesministerin Lemke. Jäger und Bauern reagieren skeptisch.
- Umweltministerin Lemke plant Ausnahmegenehmigung für Wolf-Abschuss
- Ministerkonferenz soll im November entscheiden
- Jägern und Landwirten gehen diese Pläne nicht weit genug
Bundesumweltministerin Steffi Lemke will schnellere Abschüsse von Wölfen erleichtern, um Schafe und andere Weidetiere zu schützen. Dies solle in bestimmten Regionen möglich werden, wenn ein Wolf ein Weidetier gerissen und Schutzvorkehrungen wie einen Zaun überwunden hat, wie die Grünen-Politikerin am Donnerstag in Berlin sagte.
In diesen Fällen solle per Ausnahmegenehmigung 21 Tage lang auf den Wolf geschossen werden dürfen, der sich in einem Umkreis von 1.000 Meter um die Rissstelle aufhält. Es müsse nicht mehr wie bisher eine DNA-Analyse abgewartet werden. Dieser Weg sei praktikabel und unkompliziert ohne nationale oder europäische Gesetzesänderungen umsetzbar. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) befürwortete die vorgeschlagene Regelung für leichtere Wolfsabschüsse.
Regelung könnte zur nächsten Saison greifen
Lemke sagte, der Prozess zu einer Abschussgenehmigung habe bisher zu lange gedauert. Ziel sei eine schnelle Regelung für die Tierhalter, da mit wachsenden Wolfspopulationen zunehmend Risse zu verzeichnen seien. Dies habe dazu geführt, dass die Frustration groß und die Akzeptanz des geschützten Wolfes in Gefahr sei.
Über den Vorschlag solle bei der Umweltministerkonferenz im November mit den Ländern gesprochen werden. Ziel sei, dass die Regelungen zum Beginn der nächsten Weidetiersaison angewandt werden können.
Jäger und Landwirte: Vorschlag geht nicht weit genug
Auf wenig Gegenliebe stößt der Vorschlag von Ministerin Lemke bei Brandenburger Jägern und Landwirten. Der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Kai Hamann, sagte am Donnerstag, die Vorschläge gingen in die richtige Richtung, aber das "aktuelle Herumdoktern an augenscheinlich als praktikabel verkauften Lösungen" werde die Probleme im ländlichen Raum nicht lösen.
Vielmehr müsse der Wolf ähnlich wie in Schweden auch in Brandenburg gejagt werden, damit die Zahl der Wölfe nicht weiter steigt. "Allein im Land Brandenburg hätten wir im letzten Wolfsjahr 80 Wölfe erlegen müssen, um den Bestand nicht noch weiter anwachsen zu lassen", sagte Jagdverbands-Geschäftsführer Hamann. Die Organisation der Jäger geht für das Land Brandenburg von rund 1.000 Wölfen aus.
Der Präsident des Landesbauernverbandes, Henrik Wendorff, bewertete den Vorstoß Lemkes als Verbesserung, hält aber weitergehende Schritte für wünschenswert. Es sei immer noch ein zu hoher Verwaltungsaufwand gegeben. "Wir wünschen uns, dass schnell gehandelt wird", sagte Wendorff. Bisher dürften Revierjäger keine Wölfe schießen, das sollte sich ändern.
Die Freien Bauern reagierten mit scharfer Kritik und sagten: "Regionen mit erhöhtem Rissaufkommen, zuvor überwundene Herdenschutzmaßnahmen, 21 Tage im Umkreis von 1.000 Metern - was soll daran unkompliziert sein?" Wölfe sollten in der Nähe von Siedlungen und Viehweiden grundsätzlich geschossen und bejagt werden dürfen. Wie in Schweden sollte die Zahl der Wölfe begrenzt werden.
Zahl der Wölfe in Brandenburg steigt
Brandenburg gilt als wolfreichste Region in Deutschland. Nach Angaben des Brandenburger Umweltministeriums stieg die Zahl bestätigter Wolfsrudel - also Wolfsfamilien - im Wolfjahr 2022/2023 auf 52. Zudem seien zehn Paare bestätigt worden und mindestens 190 Welpen, hieß es am Donnerstag. Im Wolfjahr zuvor gab es laut Monitoring-Daten 47 Wolfsrudel in Brandenburg und 19 Paare.
Das brandenburgische Ministerium gab zudem bekannt, dass im Jagdjahr 2022/2023 53 Wölfe tot entdeckt wurden. Von ihnen starben 38 durch Verkehrsunfälle. Drei Wölfe seien nach der Wolfverordnung geschossen worden, etwa um Weidetier-Übergriffe zu verhindern. Vier Tiere seien außerdem illegal getötet worden.
Deutschland ist bislang nach nationalem und europäischem Recht verpflichtet, den
wildlebenden Wolf streng zu schützen.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 12.10.2023, 19:30 Uhr