Anschlag auf Weihnachtsmarkt - Tatverdächtiger von Magdeburg war in Berlin justizbekannt
Der Tatverdächtige des Anschlags auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt war bereits vorher der Berliner Justiz aufgefallen. So sollte Taleb A. einen Tag vor der Tat vor dem Amtsgericht Tiergarten erscheinen. Saudi-Arabien warnte vor ihm.
Der Tatverdächtige des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg, Taleb A., war der Berliner Justiz bereits vor seiner Tat aufgefallen. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Berlin dem rbb am Samstag auf Nachfrage. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet.
Demnach soll A. im Februar 2024 in Berlin auf einer Polizeiwache erschienen sein um eine Anzeige zu erstatten. Dabei machte er laut "Spiegel" wirre Angaben und war mit dem Verhalten der diensthabenden Beamten unzufrieden. Gegen ihn wurde Strafbefehl erlassen, wegen des "Missbrauchs von Notrufen". Dagegen legte A. Einspruch ein.
Über jenen Einspruch sollte am Donnerstag, dem Tag vor der Todesfahrt in Magdeburg, vor dem Amtsgericht Tiergarten verhandelt werden. Der Angeklagte erschien aber nicht zu seinem Termin, wie die Amtsanwaltschaft bestätigte. Der Einspruch wurde dem "Spiegel" zufolge verworfen.
Tatverdächtiger seit 2006 in Deutschland
Der Tatverdächtige stammt aus Saudi-Arabien und kam 2006 nach Deutschland [mdr.de]. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (DPA) stellte der Arzt im Februar 2016 einen Asylantrag, über den im Juli desselben Jahres entschieden wurde. Der saudische Staatsbürger erhielt damals Asyl als politisch Verfolgter.
Das Motiv war möglicherweise Unzufriedenheit mit dem Umgang von Flüchtlingen aus Saudi-Arabien in Deutschland. Das sei der gegenwärtige Stand der Ermittlungen, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt. A. ist nach DPA-Informationen als islamkritischer Aktivist bekannt und bezeichnet sich selbst als Ex-Muslim.
Auffällig in sozialen Medien
In sozialen Medien und Interviews erhob er zuletzt teils wirr formulierte Vorwürfe gegen deutsche Behörden. Er hielt ihnen unter anderem vor, nicht genügend gegen Islamismus zu unternehmen. Unter den öffentlich einsehbaren Äußerungen des Tatverdächtigen in den sozialen Medien finden sich auch explizite Gewaltandrohungen. Das berichtet unter anderem die Tagesschau [tagesschau.de].
Als Gefährder wurde der mutmaßliche Täter jedoch nicht eingestuft, auch als Extremist war er den Behörden nach Informationen aus Sicherheitskreisen nicht bekannt. Bei der Polizei sollen sich allerdings nach Informationen von WDR, NDR und SZ mehrfach Menschen wegen dieser Gewaltdrohungen gemeldet haben, auch in Magdeburg.
Auf einer Pressekonferenz am Samstagnachmittag erklärte der Direktor der Polizei Magdeburg, Tom-Oliver-Langhans, in der Vergangenheit sei eine Strafanzeige gegen den Tatverdächtigen aufgenommen worden. Es sei beabsichtigt gewesen, eine Gefährderansprache vorzunehmen. Warum es dazu nicht gekommen sei, sei Gegenstand der Ermittlungen. Die Polizei geht von einem Enzeltäter aus. Nach derzeitigem Ermittlungsstand könne ein zweiter Täter ausgeschlossen werden, sagte ein Polizeisprecher.
Sympathien für die AfD waren unter anderem in einem Post auf einem X-Account geäußert worden, der unter dem Namen des tatverdächtigen Mannes aus Saudi-Arabien geführt wird.
Der mutmaßliche Täter war nach Angaben der AfD aber kein Parteimitglied. "Wir können ausschließen, dass der Täter von Magdeburg Mitglied der AfD war", sagte ein Sprecher von Parteichefin Alice Weidel der "Rheinischen Post". Es habe auch nie ein Mitgliedsantrag vorgelegen.
Saudi-Arabien hatte vor Attentäter von Magdeburg gewarnt
Saudi-Arabien hat Deutschland saudischen Sicherheitskreisen zufolge vor dem mutmaßlichen Täter gewarnt. Das Königreich habe seine Auslieferung beantragt, darauf habe Deutschland nicht reagiert, hieß es.
Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin hatte es vor rund einem Jahr eine Art Warnhinweis zu dem Mann an die deutschen Behörden gegeben.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies bei einem Statement am Samstag in Magdeburg darauf, dass derzeit Ermittlungen liefen. Details nannte sie nicht. Was es möglicherweise an Warnungen gegeben habe oder nicht, obliege den Ermittlungsbehörden, betonte die SPD-Politikerin.
Der Tatverdächtige sei Schiit gewesen. Nur etwa zehn Prozent der Bevölkerung in dem mehrheitlich sunnitischen Land Saudi-Arabien sind schiitisch. Es gibt immer wieder Berichte über Diskriminierungen gegenüber Schiiten im Land.
Sendung: ARD Brennpunkt, 21.12.2024, 20:15 Uhr
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