Sexuelle Belästigung in Thai-Massagesalons - "Man sieht an ihrem Körper, dass sie etwas anderes wollen"

So 16.02.25 | 11:17 Uhr | Von Anna Bordel
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Schaufenster einer Thaimassage-Praxis mit dem Hinweis "Keine Erotik-Massage" (Quelle: dpa)
Bild: dpa

Einige Menschen verbinden mit Thai-Massagen nicht nur Entspannung, sondern Erotik. Zwei Masseurinnen berichten, wie sie bei der Arbeit in Berlin von Kunden sexuell belästigt wurden. Und davon, wie sich das System selbst bestätigt. Von Anna Bordel

N.* schminkt sich nicht für die Arbeit, zieht sich nicht schön an. Sie arbeitet als Masseurin in verschiedenen Berliner Thai-Massagesalons. So möchte sie vermeiden, dass Kunden auf die Idee kommen, dass sie noch etwas extra anbietet.

Vorgekommen ist das schon öfter, wie sie erzählt: Einmal griff ein Kunde während der Massage ihre Hand, versuchte sie festzuhalten. Er fragte sie nach einem "besonderen Angebot", er würde mehr Geld dafür bezahlen. "Dein Geld ist mir scheißegal", antwortete sie ihm. Als N. im Nachhinein diese Geschichte erzählt, muss sie sehr lachen. Vielleicht weil sie normalerweise nicht so vulgär ist. Vielleicht, weil sie eigentlich wenig Deutsch spricht, aber in diesem Moment trotzdem schlagfertig sein konnte.

Thai-Massage für Entspannung und zur Linderung von Beschwerden

Thai-Massage mit Erotik assoziieren, das tun nicht wenige. Das bestätigt auch der Deutsche Wellness Verband. "Wir wissen von unseren Mitgliedern, dass es immer wieder zu solchen Anfragen, Wünschen und Erwartungen in Bezug auf sexuelle Dienstleistungen seitens der männlichen Kundschaft kommt, verbunden mit Nötigung und Übergriffen", sagt ein Sprecher auf rbb-Nachfrage. Der Verband vermutet, dass das Mitarbeiterinnen in Thai-Massagesalons deutlich häufiger betrifft als Mitarbeiterinnen aus anderen Wellness-Bereichen. Zahlen hat der Verband dafür nicht.

Nicht nur bei Männern gibt es die Vorstellung, dass sich hinter dem konventionellen Massageangebot noch mehr verbergen könnte: eine Massage mit einem sogenannten Happy End etwa, von attraktiven asiatisch aussehenden Masseurinnen, von denen man sich womöglich noch eine aussuchen kann. Ein zwielichtiger Ruf also, gegen den sich viele Salons wehren. In Berlin gibt es zahlreiche Thai-Massagesalons. Unvollständige Antworten einer Abfrage der Bezirke ergaben mehr als 200 solcher Einrichtungen in Berlin. Viele von ihnen schreiben auf ihren Webseiten ausdrücklich, dass sie keine Erotik anbieten. Lediglich ein Bruchteil ist laut Bezirken als Erotiksalon angemeldet.

Für N. ist Thai-Massage etwas ganz anderes als Erotik. Genauso auch für S.* S. arbeitet seit mehreren Jahren in einem Thai-Massagesalon in Berlin. Beide sind in Thailand geboren. Sie beschreiben die thailändische Massageform als eine, die Entspannung zum Ziel hat oder Beschwerden lindern kann. Ihre häufigsten Kunden seien Büroangestellte, die viel Zeit vor dem Computer verbringen und deshalb Rückenverspannungen hätten. Die allermeisten Kunden fragen nicht nach Extra-Behandlungen, berichtet S..

"Viele schämen sich und gehen"

Dass manche etwas anderes wollen, bemerkt S. schon daran, wie sie den Salon betreten, wie sie berichtet. "Daran, dass sie nur 30 Minuten für eine Ganzkörpermassage buchen. Oder daran, dass sie fragen, wie viele Frauen hier arbeiten und ob sie sich eine aussuchen können." Solche Kunden schicke sie gleich wieder weg, sagt S.

Schwieriger sei es, wenn die Männer erst während der Massage danach fragten. Dann drehen sie sich zum Beispiel vom Rücken auf den Bauch "und dann sieht man schon an ihrem Körper, dass sie etwas anderes wollen", so S. Auch sie erzählt von Fällen, in denen Kunden ihre Hand ergriffen haben.

Für einen Handjob bekommt eigentlich niemand Ärger, erst wenn es zu Geschlechtsverkehr kommt.

N., Masseurin

Wenn S. ablehne, würden das die meisten akzeptieren. "Viele schämen sich dann und gehen", erzählt sie. Andere weigern sich daraufhin, den Preis für die Massage zu bezahlen, dann bespricht sie die Fälle mit ihrer Vorgesetzten, sagt sie. Die Polizei gerufen hat S. noch nie. Bedroht fühlte sie sich von den beschriebenen Situationen noch nicht, wie sie sagt. Eher aufgewühlt.

Ursprung der Erotik-Assoziation aus Kriegszeiten

Die Verbindung von Thai-Massage und Erotik hat ihren Ursprung möglicherweise in der Zeit, als US-Soldaten während des Vietnamkriegs (1955 - 1975) in Thailand stationiert waren. Prostitution war zwar verboten, boomte aber in Bars und Massagesalons. So ist es in einigen wissenschaftlichen Historik-Essays nachzulesen, die sich mit der Geschichte von Prostitution in Thailand beschäftigen. Irgendwann gingen dann die Soldaten, das Gewerbe blieb.

Die Kundschaft kommt mittlerweile aus dem thailändischen Inland, aber auch in westlichen Ländern zirkuliert Thailand als Top-Ziel für Sextourismus. Damit beschäftigte sich ein NDR-Rechercheteam in mehreren Dokus [ndr.de]. Aber auch in einschlägigen deutschsprachigen Foren ist das Interesse einiger potenzieller Kunden nachzulesen. Und das nicht nur an Etablissements in Thailand - auch über Thai-Massagesalons in Berlin wird sich dort ausgetauscht.

Nicht alle Masseurinnen sagen: Stopp

Einige Forumseinträge deuten an, dass die Frage nach Erotik in den Salons nicht immer von den Kunden ausgeht. Offenbar machen auch einige Masseurinnen dahingehend Angebote. "Da auch?" ist den Einträgen zufolge eine typische Frage, die Masseurinnen ihren Kunden stellen. Einige User beschreiben die Frage als demütigend, anderen ist sie willkommen.

Dass einige Masseurinnen in Thai-Massagesalons dem nicht abgeneigt sind, berichten auch S. und N. Beide kennen Masseurinnen, die auch erotische Zusatzmassagen anbieten. Anreiz sei für sie die finanzielle Seite daran. Für Extra-Jobs gibt es Extra-Geld.

Extra-Geld für Extra-Job

S. sagt, genau diese Kolleginnen seien Mitverursacherinnen des schlechten Rufs der Thai-Massage. "Masseurinnen, die erotische Massagen anbieten wollen, sollten in entsprechenden Salons arbeiten, die solche Dienstleistungen offiziell anbieten, dann gäbe es kein Problem", findet sie.

Das wirft das Licht auf eine weitere Dynamik des Problems: Wenn jemand deswegen in Schwierigkeiten kommt, sind es die Masseurinnen. Sie werden beschuldigt, Verbotenes zu tun, nicht der Kunde. In wie vielen Farben die Facette der Schuldzuweisung schillert, wird deutlich, als N. erzählt, dass die Masseurinnen bei der Einstellung ein Papier unterschreiben müssten, dass sie keine erotischen Dienstleistungen anbieten. Erwünscht sei das in der Praxis von den Inhabern dann aber doch. "Damit die Kunden wiederkommen", so berichtet es N.

Einige Bezirke bestätigen auf Anfrage, dass sie teilweise Razzien in Thai-Massagesalons durchgeführt haben. Statistiken darüber zu führen, wie häufig Thai-Massagesalons auf illegale Prostitution hin überprüft werden, führt die Polizei Berlin eigenen Angaben zufolge nicht. Grundsätzlich werde das nur gemacht, wenn es konkrete Hinweise darauf gebe. Treptow-Köpenick ist der einzige Bezirk, der auf Nachfrage konkrete Zahlen dazu liefern kann. 2024 hätte es in drei Thai-Massagesalons Razzien gegeben, in einem Fall konnte illegale Prostitution festgestellt werden, hieß es.

Als sie damals den Kunden, der ihre Hand nahm und mehr wollte, mit einem "scheißegal" abwatschte, blieb dieser eher höflich, wie N. erzählt. Deshalb hätte sie ihn damals zu Ende massiert.

* Hinweis der Redaktion: Die beiden Masseurinnen möchten anonym bleiben.

Beitrag von Anna Bordel

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20 Kommentare

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  1. 20.

    Natürlich sind es nie alle Männer. Aber es sind genug, denen nicht widersprochen wird und die sich stark genug fühlen, sich so verhalten zu dürfen. Jede Frau weiß, was gemeint ist.

    Deshalb die Bitte an alle Männer, die so nicht sind: Sprecht eure Geschlechtsgenossen an, wenn sie sexistische Sprüche klopfen und von ihren Eroberungen prahlen. Dann müssen es wir Frauen nicht immer tun, deren Aufgabe es nicht sein solle.

  2. 19.

    Alle, die sexuell Übergriffe werden, müssen ausnahmslos angezeigt werden. Das ist wichtig für gegenseitigen Respekt.

  3. 18.

    Leider ist der andere Teil gross genug, dass Frauen, die solche Dienstleistungen anbieten belästigt werden.Warum auch immer sich die Vorstellung von den Massagen bei den Menschen hält. Wenn man wenigstens akzeptieren würde was auf dem Schild steht. Aber nicht einmal das bekommen, die Männer hin, die mit diesen Vorstellungen dort hin gehen.

  4. 16.

    Wie ist die Aussage "Man sieht an ihrem Körper, dass sie etwas anderes wollen" zu verstehen?
    Was ist mit deren Körpern?

  5. 15.

    Es tut mir sehr leid, dass sie offenbar keine guten Erfahrungen mit Männern gemacht haben. Aber glauben Sie mir, der Großteil ist nicht so.
    Ich bin bin immer wieder erstaunt, was hier an Kommentaren offenbar zulässig ist und was nicht...

  6. 14.

    Männer hohlen irgendwie sehr schnell das Beste Stück raus, wenn Sie der Meinung sind, dass Sie kostengünstig zum Zug kommen können.Wenn der Mann S-gesteuert ist, setzt irgendwie das Gehirn aus.

  7. 13.

    Es geht um sexuelle Ausbeutung, nicht um Physiotherapie und es geht um Kunden, die sich privat Massagen kaufen, um von Frauen berührt zu werden.


    In unserer Physiotherapie haben Männer keine Chance unsittliche Dinge zu verlangen, wir haben auch kein Schild im Fenster, um darauf aufmerksam machen zu müssen.

  8. 12.

    @Ulkus das ist zu einfach gedacht, es gibt viele Männer, die einfach neben der eigentlichen Beziehung so drauf sind leider, dazu gibt es mittlerweile Studien, habe auch mal in einer Talkshow aus Österreich gehört, dass gerade schwedische Familienväter dort besonders negativ auffallen wenn es um Prostitution geht

  9. 11.

    Eigentlich verwunderlich, warum diese Gesellschaft gern über diese ungleiche Behandlung von Frauen hinwegschaut, woran könnte es liegen?

  10. 10.

    Die Ausbeutung der Frau, ein ewiges Thema. Der Antifeminismus ist widerlich.

  11. 9.

    Eine Dame verhält sich nicht so: sich von einigen alten Damen begrabbeln lassen.

    Oder war das diskriminierend gemeint, à la ab dem ?ten Jahr ist frau "Dame"?

  12. 8.

    Sexuelle Belästigung begleiten Frauen zeitlebens, von Kindheit an. Das ist eine Tatsache. Es gibt nicht eine Frau, die nicht mindestens einmal im Leben derart belästigt wurde.

  13. 7.

    Wie traurig zu lesen, dass Männer dafür bezahlen müssen, etwas Zärtlichkeit zu erhalten. In einer guten und liebevollen Beziehung kommt ein Mann gar nicht erst auf diese Gedanken, Frauen zu belästigen und Geld zu bieten. Was für traurige Männer.

  14. 6.

    Wenn ich das so alles lese, bin ich echt froh, dass ich keine Massagen vertrage krankheitsbedingt.
    Aber vielleicht sollte man mal mit einer rechtlich verbindlichen Bezeichnung starten für das eine wie das andere.
    Und zwar so, dass man das auch sofort erkennt.
    Das aus den Seniorenheimen habe ich auch gehört. Ein einst-Zivi musste sich von einigen alten Damen begrabbeln lassen.
    Scheint also kein neues Phänomen.
    Ansonsten kann man heute in manchen Fällen "Angestellter" oder gar "Bediensteter" problemlos als (Neuzeit-)Sklave bezeichnen.

  15. 5.

    Bedarfe, politisch über Behörden, zu lenken muss doch möglich sein? Verhaltensführerscheine und EU-Siegel, verknüpft mit gelockerten Datenabgleich (welche Kreditkarte bedient welche Leistungen), bargeldlos versteht sich, sollten dann ausreichen und Missverständnisse reduzieren?

  16. 4.

    Und ich hatte vorher gefragt ob die Masseurin seriös sei, was sie bejaht hat. Als ich auf der Liege lag, hat sie ihr hochgesteckt langes Haar über meinen Rücken fallen lassen. Eifach nur eklig. Nach dem ich sie zurechtgewiesen habe, hat sie mich dann massiert. Entspannen möchte ich mich nicht mehr.
    Hier bei mir in der Ecke habe ich jetzt einen tollen Thaimasseur gefunden und ich genieße dort eine Wunderbare Fuß und Beinmassage. Bin im Stehberuf und kann das sehr empfehlen.

  17. 3.

    "dienstleistend" – vielleicht leigt es ja an dieser Bezeichnung, Dienstleistungsgewerbe.
    Aber auch in vielen Berufen gibt es einen Dienst-Herrn, sogar Dienst-Herrrin, damit auch bloß nichts Nichtmännliches Bestimmungsmacht unterstellt werden könne.

    Fast alle "Angestellten", die beim "Arbeit-Geber" ihr Geld "verdienen", trifft es sprachlich allgemein ebenso.

    Mache egebenst einen Diener.

    Ihren Nick finde ich übrigens ekelhaft.

  18. 2.

    Ich kenne Männer, die einmal pro Woche sich gern verwöhnen lassen wollen und hinter der Hand eine Empfehlung dem nächsten Mann übermitteln. Ich kenne 2 Männer, älter, der eine geht wöchentlich, der andere fing damit an, als die Frau weglief. Das ist wie in der Pflege, manche Menschen denken, sie dürfen übergriffig werden, weil sie dienstleistende Frauen nicht als gleichwertig ansehen.

  19. 1.

    Ich kenne Thai Massagen ganz gut. Das geht auch andersrum. Bei mir wurde z.B. ein Masseur in Friedrichshain übergriffig. Als mir die Massage in der Leistenregion seltsam anmutete, bat ich darum
    es zu unterlassen. Verstanden hat er das auf anhieb nicht. Ich musste mich aufsetzen um es deutlich zu machen. Ich habe danach mehrere Tage gebraucht um zu entscheiden, ob ich es zur Anzeige bringe oder nicht.