Rechte, Pflichten und Ratsames - Wann ist Feiertagsarbeit angesagt - und wann ist der Kollege dran?
Fachkräfte sind rar, und Unternehmen, die ihre Beschäftigten halten wollen, sollten ihnen entgegenkommen. Vor allem, wenn Extraleistungen abverlangt werden - wie bei Arbeit am Feiertag. Rechtsexperten sehen einen Trend zu Zuschüssen und Mitsprache. Von Stefan Ruwoldt
Heiligabend, der erste Weihnachtsfeiertag, Silvester und Neujahr fallen in diesem Jahr auf Wochenenden. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Es gibt nur wenige freie Tage zum Feiern mit Familie und Freunden - und diese sind umso kostbarer. Was aber, wenn der Chef für diese Tage Arbeit ansetzt? Wann ist das erlaubt - und was gibt es zum Ausgleich für einen Feiertagsdienst?
Angesichts des Mangels an Fachkräften seien Arbeitgeber heutzutage öfter bereit, Beschäftigte für solche Dienste stärker zu belohnen, sagt Till Bender, Rechtsanwalt bei der gewerkschaftseigenen DGB Rechtsschutz GmbH. "Arbeitgeber müssen sich für die Feiertagsarbeit heute mehr einfallen lassen", erklärt Bender. "Die Zeiten haben sich geändert." So zahlten Unternehmen, in denen auch an Sonn- und Feiertagen weitergearbeitet werden müsse, mittlerweile häufiger Zuschläge für besondere Zeiten oder Tage.
"Wünsche der Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen"
Wann und wieviele Tage Arbeitnehmer mindestens frei haben müssen, regelt - ganz grundsätzlich - das Bundesurlaubsgesetz [gesetze-im-internet.de]. Allerdings liefert es nur einen Rahmen, da aber die Bedürfnisse jedes Unternehmens bei frühen oder späten Arbeitszeiten oder Wochenenddiensten unterschiedlich sind. So besage das Gesetz beispielweise, "Wünsche der Arbeitnehmer bei der Urlaubsgewährung sind zu berücksichtigen", wie Bender erklärt. Doch es sage auch, dass unter Umständen "die betrieblichen Belange dringender und darum auch für die Urlaubsplanung von größerem Gewicht" seien.
Details zu freien Tagen und Arbeitsregeln finden sich in der Regel im einzelnen Arbeitsvertrag oder im geltenden Tarifvertrag. Damit erfahren Beschäftigte gleich bei der Einstellung, dass sie unter Umständen auch an Feiertagen und Sonntagen gebraucht werden und einsetzbar sein müssen - und was sie dafür in der Regel bekommen, wie etwa Zuschläge oder Ausgleichstage.
Eine erkennbare Gleichbehandlung aller Beschäftigten bei Einsätzen an Sonn- und Feiertagen nach transparenten Regeln, so Bender, könne die Zufriedenheit aber noch erhöhen. Und: "Das sichtbare Bemühen von Arbeitgebern, hier Belohnungen, Extravergütungen oder Ausgleichstage zu gewähren, sorgt für Frieden und mehr Zufriedenheit." Der Arbeitgeber halte den Betrieb am Laufen - selbst am Feiertag, und der Arbeitnehmer sehe sich belohnt und eben nicht ausgenutzt.
Arbeitgeber müssen soziale Verhältnisse abwägen
Das Bundesurlaubsgesetz verpflichtet Arbeitgeber auch dazu, nicht nur "dringende betriebliche Belange", sondern auch das Soziale zu beachten: Arbeitgeber müssten bei ihren "Entscheidungen auch die ihnen bekannten Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen", sagt Xenia Verspohl, Berliner Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Arbeitsrecht. Dies betreffe die "persönlichen oder sozialen Verhältnisse" der Arbeitnehmer.
Vor einer Einteilung zu Feiertagsarbeit, so Verspohl, sei es also wichtig, herauszufinden: "Bei wem wäre solch ein zusätzlicher Einsatz am wenigsten schlimm?" Das sei keine Bagatellfrage, betont die Anwältin. "Derzeit ist die Situation auf dem aktuellen Arbeitsmarkt von Vorteil für den Arbeitnehmer. Das heißt: Wenn die Arbeitnehmer die getroffenen Lösungen für Einsätze an Feiertagen mittragen und akzeptieren, lohnt sich das auch für die Arbeitgeber."
Expertin: Mitsprache erhöht Akzeptanz
Für Gerechtigkeit unter den Kolleginnen und Kollegen sorge etwa "ein rollendes System - also der abwechselnde Einsatz aller" an eigentlich freien Tagen oder Randzeiten, so dass die berechtigten Belange der Mitarbeiter berücksichtigt werden, so Bender. "Zwei Jahre nacheinander Weihnachten oder Silvester einen Mitarbeiter einzusetzen, wäre also dann grundsätzlich nicht gut."
Xenia Verspohls rät Arbeitgebern, Mitarbeiter nach Möglichkeit an solch einer Entscheidung über Arbeit an Feiertagen zu beteiligen. "Das erhöht die Akzeptanz der getroffenen Regelung." Das allerdings entbinde den Arbeitgeber nicht, wie gesagt, von der Pflicht, hier eine Lösung zu finden, die auch soziale Aspekte berücksichtigt.
Feiertagsschichten als Bestrafung verboten
Gesetzliche Regelungen sorgen zudem dafür, dass Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht überhandnimmt. Laut Rechtsanwältin Xenia Verspohl müssen Arbeitgeber nachweisen, dass Feiertagsarbeit für ihr Unternehmen überhaupt zulässig ist - auch wenn sie bereit sind, diese besser zu bezahlen. Auch sei klar rechtlich geregelt, dass Wochenend- und Feiertagsarbeit nicht als eine Art Bestrafung für mögliche Differenzen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eingesetzt werden darf. Untersagt ist auch Diskriminierung, betont die Anwältin: So sei beispielweise eine Einteilung, dass Männer an Feiertagen immer arbeiten müssten und Frauen nie, nicht erlaubt.
Aber auch wenn es manchmal zwischen Chefs und Beschäftigten knirsche: Ernsthaften Streit und gerichtliche Auseinandersetzungen über freie Tage gebe es eher selten, sagt Rechtsanwalt Till Bender. "Es verklagt kaum ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber, weil er Weihnachten nicht frei bekommen hat. Feiertagsregelungen sind ein Feld für Absprachen im Betrieb."
Sendung: rbb24 Inforadio, 21.12.2022, 10:00 Uhr