Berliner Friedhöfe - Protest gegen akuten Mangel an Grabstätten für Muslime - Senat verspricht Abhilfe

Fr 03.02.23 | 17:02 Uhr
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Archivbild: Der Islamische Friedhof in Berlin-Neukölln. (Quelle: dpa/R. Schlesinger)
Video: rbb24 | 03.02.2023 | Material: rbb24 Abendschau | Bild: dpa/R. Schlesinger

Der Platz für muslimische Grabflächen in Berlin wird knapp. Am Freitag hat der Senat Abhilfe versprochen, doch eine Bürgerinitiative fordert langfristige Lösungen. Zuletzt konnten nur noch in Spandau muslimische Gräber angefragt werden.

  • In Berlin herrscht ein akuter Mangel an Grabstätten für Muslime
  • Protestler fordern langfristige Lösungen, wie Umwidmungen oder Friedhofserweiterungen in allen Bezirken
  • Senat verspricht 2.000 neue Gräber ab März

Der Berliner Senat will mehr Friedhofsflächen für muslimische Bestattungen zur Verfügung stellen. Nach aktuellen Planungen sollen in diesem Jahr rund 2.000 neue muslimische Grabstätten auf speziellen Grabfeldern entstehen, wie ein Sprecher der Senatsumweltverwaltung am Freitag in Berlin sagte. Damit könne der sich abzeichnende akute Mangel vorerst verhindert werden, hieß es. Vor der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm in Berlin-Neukölln hatte es am Freitag eine Kundgebung gegeben, bei der langfristige Lösungen für das Problem gefordert wurden.

Ab März erste neue Grabfelder

Konkret sollen in Kürze auf dem Landschaftsfriedhof in Gatow neue Bestattungsstellen für muslimische Begräbnisse gesichert werden. Friedhofsträger ist der Bezirk Spandau. Voraussichtlich ab Mai werde die Erweiterung in Gatow fertiggestellt sein.

Im März würden zudem neue Flächen auf einem evangelischen Friedhof im Bezirk Neukölln eröffnet. Auch im Bezirk Pankow soll ab März ein kleineres Bestattungsangebot zur Verfügung stehen. Erweiterungsflächen seien zudem auf landeseigenen Friedhöfen in Mitte, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg geplant, ebenso wie auf einem kirchlichen Friedhof in Mitte.

Kundgebung mahnt Mangel an

Noch am Freitagmittag war bei einer Kundgebung in Neukölln der Mangel an muslimischen Grabstätten angeprangert worden. Organisiert wurde die Aktion von den Berliner Bürgerplattformen, ein Zusammenschluss verschiedener zivilgesellschaftlicher Gruppen [communityorganizing.de].

Bereits im Vorfeld hieß es: "Obwohl in Berlin über 250.000 Muslime leben, gibt es in der Stadt kaum Möglichkeiten, Bestattungen nach islamischen Ritus durchzuführen." Mit der Kundgebung, zu der die Organisatoren mehrere Hundert Teilnehmer erwarteten, sollten angemessene Bestattungsmöglichkeiten in jedem Bezirk gefordert werden.

Es gibt viele Friedhöfe mit muslimischen Gräbern in Berlin. Auf dem Friedhof am Columbiadamm fand zum Beispiel erstmals 1866 eine Bestattung nach islamischem Ritus statt. Wer jedoch nicht über ein Familiengrab verfügt oder eine Grabfläche langfristig vorbestellt hat, konnte zuletzt nur auf den Friedhof Gatow in Berlin-Spandau ausweichen.

Bezirksstadtrat fordert Unterstützung vom Senat

Ein Bericht der "Berliner Morgenpost" hatte im Januar offen gelegt, dass der letzte verbliebene Berliner Friedhof, auf dem noch muslimische Bestattungen durchgeführt werden können, keine Flächen mehr vorhalten kann. Nach dem 7. April könne der Landschaftsfriedhof Gatow im Bezirk Spandau keine Beerdigungen mehr annehmen. Nur noch bis zum 24. März könne dies überhaupt noch angefragt werden, hieß es.

"Wir wollen den Friedhof erweitern, wir wollen auch weiter bestatten", sagte der zuständige Bezirksstadtrat Thorsten Schatz (CDU) dem rbb und ergänzte: "Wenn wir könnten. Wenn wir dazu auch rechtlich und finanziell vom Berliner Senat in die Lage versetzt werden."

Seit 1988 werden in Gatow muslimische Bestattungen durchgeführt, erläuterte Schatz gegenüber der rbb24 Abendschau. 9.000 muslimische Gräber gebe es derzeit. Acht Mal habe man den Friedhof seither erweitern müssen. Jedes Mal habe man den Senat um Unterstützung gebeten. Zudem handele es sich um ein stadtweites Problem, dass nicht von Spandau allein gestemmt werden könne. Aktuell stamme weniger als zehn Prozent der in Gatow bestatteten Muslime aus Spandau, so Schatz.

Eidechsen müssten erneut umgesiedelt werden

Nun müsse der Senat sowohl den Bezirk unterstützen, als auch eine langfristige Lösung finden, forderte der Bezirksstadtrat vor Bekanntwerden der Senatspläne. "Wir reden hier insgesamt von knapp sechs Millionen Euro, die wir für die Erweiterung brauchen", so Schatz. "Was wir aber vor allem brauchen ist ein Zeichen vom Land Berlin, dass auch in anderen Bezirken endlich Kapazitäten für Muslime zur Verfügung gestellt werden. Denn der Bezirk Spandau wird auf absehbare Zeit die Hauptlast nicht mehr schultern können."

In Gatow habe sich das Problem zugespitzt, weil einige Flächen auf dem Friedhof Anfang der 2000er Jahre umgewidmet worden seien, erläutert Schatz. So sei ein Teil der Anlage als Ausgleichsfläche für Bauvorhaben genutzt worden, auf die seltene Eidechsen umgesiedelt worden sind. Diese müssten nun erneut umgesiedelt werden, bevor die Flächen wieder zum Friedhof umgewidmet werden könnten.

Bestattung innerhalb eines Tages

Zu einer islamischen Bestattung gehört unter anderem, dass zwischen Tod und Begräbnis nicht mehr als ein Tag vergeht. In Deutschland darf dagegen ein Begräbnis nicht früher als 48 Stunden nach dem Tod vorgeschrieben. Traditionell werden Muslime in Tücher gehüllt beigesetzt. Für die in den deutschen Bestattungsgesetzen vorgeschriebene Sargpflicht gibt es Ausnahmen auf Friedhöfen, die spezielle Grabfelder für die muslimische Bestattung im Leichentuch angelegt haben.

Muslimische Gräber müssen nach Mekka ausgerichtet sein. Eine "Ewige Ruhe", so wie es im Islam, aber auch im Judentum, üblich ist, gewähren Friedhöfe in Deutschland in der Regel nicht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 03.02.2023, 19.30 Uhr

53 Kommentare

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  1. 53.

    Eine Antwort fehlt noch. Kleiner Tipp, ihre Preise stehen in ihrem Post Nr. 37.
    Nicht um den heißen Brei reden. Butter bei die Fische.

  2. 52.

    Es tut sich ein bisschen was (siehe Waldbestattungen), aber zu wenig! -> Ich kann mir auch "Smarte Grabsteine, mit Display, Daten, Bildern, Geschichten & Gedichten, oder als Möglichkeit, seine Ansichten über den Tod hinaus vertreten zu können -> und das da "respektvolle" Partys stattfinden… -> die Ansicht, das Tote "ruhe" brauchen, etc ist religiös verschoben -> Friedhöfe könnten zur einer aktiven Gedenk - und Begegnungsstätte werden -> anstatt einsame Trauernde im Regen stehen zu lassen…

    Zur frage nach der Religion -> das könnte z.B. die offizielle Atheistische Bestattungsart werden, da man ja im Gegensatz zu den anderen, nur das eine Leben hat, wäre es schön am Ende nochmal aufzuglühen, und andere träumen zu lassen!

  3. 51.

    Sie reden von den kommunalen Gebühren und ich vom Gesamtpreis einer Beisetzung.

    Der Gesamtbetrag setzt sich aus den Kosten des Bestatters und den Gebühren für Friedhofsnutzung, Grabstelle ect zusammen.

    Die genannten Preise sind eine Darstellung der Gesamtpreise.

    Oder ist Ihnen der Unterschied zwischen den Kosten des Bestatters und den kommunalen Kosten nicht geläufig?

  4. 50.

    Man kann die Liegezeit verlängern lassen.

    Bei Muslimen und Juden bleiben Gräber ewig bestehen

  5. 49.

    Dann informieren Sie sich unter den Titel: "Muslimische Bestattungskultur und deutsches Bestattungsrecht". dann werden Sie aufgeklärt!, dieses Bestatungsrecht ist das entspreche Regelwerk zum umsetzen des GG.

    Wie kann man sich in diesem Punkt der Realität in Umsetzug des GG verweigern, insbesondere wenn es in der Praxis für die Muslime so wichtig ist,

  6. 48.

    In vielen Gemeinden in D kann man nur maximal für 30 Jahre ein Grab kaufen. Danach müssen sich eben auch die Muslime richten, wenn sie hier leben und beigesetzt werden wollen.

  7. 47.

    Die Staatsleistungen für die beiden großen Kirchen bestehen noch aus Zeiten, als diese im großen Stil enteignet und D neu geordnet wurde. Damals wurden dann die Zahlungen des Staates als Ersatz dafür eingeführt.

  8. 46.

    Na dann erklären sie mal die Differenz zwischen den Gebühren (mal schnell gegoogelt)
    https://www.berlin.de/ba-spandau/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/friedhoefe/artikel.261910.php
    und den von ihnen aufgerufenen Preisen.

  9. 45.

    Das GG ist keine Anspruchsgrundlage. Um Ansprüche aus dem GG abzuleiten benötigt man Spezialgesetzgebung.

    Etwas Kenntnisse im Staatsrecht täten Ihnen ganz gut.

  10. 44.

    Das GG ist eine grundsätzlich eine Anspruchsgrundlage, und die Bundesländerl müssen entsprechende Gesetzgebung verabschieden, und die gibt es.

  11. 43.

    Das GG ist leider keine Anspruchsgrundlage. In Deutschland gilt der Grundsatz der Spezialgesetzgebung

  12. 42.

    Heidenkind, den Auftrag zur Bestattung geben die Angehörigen.

    Leider legen noch zu wenig Personen ihre Wünsche zu Lebzeiten selbst fest und sorgen vor.

    Auch wenn es Ihnen nicht passt: ein Großteil der Bestattungskosten besteht aus Gebühren. die der Bestatter verauslagt hat.

    Letztlich haben die Angehörigen immer die Möglichkeit, sich im Trauerfall verschiedene Angebote einzuholen und somit die Preise zu vergleichen

  13. 41.

    Danke, spricht mir aus der Seele. Auf dem abgebildeten Friedhof scheinen die Gräber recht weit auseinander zu sein.

  14. 40.

    Sorry, aber "ihr" Bestatter drückt, wie leider schon mehrfach erlebt, auch ganz schön auf die Tränendrüse. Da muss doch noch der ein oder andere Euro rauszuspülen sein. Die Wünsche und der Lebensstil des Toten so zu akzeptieren, wie sie waren, fällt einigen, sofern die Schleife auf dem Sarg nicht mit dem Kassenbon geknotet werden kann, wohl sehr schwer. Ich glaube, ich schrieb es irgendwo schon mal: Einen geliebten Menschen behält man im Herzen und wenn er da nicht ist helfen auch keine "Mausoleen".

  15. 39.

    Evtl. Ein Neutralitätsgesetz für Friedhöfe !?

  16. 38.

    In Deutschland gilt eben auch weiterhin das Konkordat aus der Zeit von Pius.

  17. 37.

    Eine würdige Baumbestattung kostet etwa 4700 Eur. Je nach Friedwald ect

    Eine Urnenbeisetzung etwa 3500 Eur

    Eine Seebestattung etwa 4000 Eur

    Natürlich je nach Ausstattung ect.

  18. 36.

    Natürlich ist der Sargzwang wichtig. Jeder Verstorbene verliert Flüssigkeiten, die im Sarg aufgefangen werden.

    Warum ist denn die Bestattung so teuer? Ganz einfach, es sind die Friedhofsgebühren, die den Preis nach oben treiben.

    Wir Bestatter geben Gebühren nur weiter. Auch beim Sarg kann man ein günstiges Modell wählen. Ebenso bei Blumen und Feier.

    Wir Bestatter berechnen nur den Preis für hygienische versorgung, Transport, Lagerung, Sarg und Sargausschlag und ggf Feierhalle.

  19. 35.

    Eben, so ist es.
    Am Artikel 4 Abs. 2 GG wird die freie Religionsausübung garantiert, zu diesen verfassungsrechtlichen Grundlagen gehört auch die Bestattungskultur der jeweiligen Religion, sofern sie nicht im Widerspruch zu einem anderen Artikel des GG steht.
    Das Besttatungsrecht ist Ländersache, und diese sind verpflichtet die GG - Vorgaben zu erfüllen, gegebenfalls Grabfelder zu Verfügung zu stellen, wenn in einer zumutbarer Nähe keines vorhanden ist. Auch dem ewigen Ruherecht muss weitgehend Rechnung getragen werden, gegen entsprechend höhere Nutzungsgebühren.

    Dies kann nachlesen werden, und ist ratsam, damit die Diskussionskultur nicht unnötig leidet.

  20. 34.

    In Deutschland gelten nicht nur Gesetze, man hat sogar Grundrechte. U.a. das Grundrecht auf Religionsfreiheit. Und wenn dazu eine bestimmte Form der Bestattung gehört, ist das o.k.

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