Für mehr Vergleichbarkeit bundesweit - Kultusminister der Länder beschließen neue Regeln für gymnasiale Oberstufe
Abitur und gymnasiale Oberstufe sollen bundesweit vergleichbarer werden. Die Kultusministerkonferenz hat beschlossen: Spätestens 2030 wird das Abitur mit neuen Regeln abgenommen. Von Kirsten Buchmann und Ismahan Alboga.
Ein Umzug mit Kindern, die sich auf das Abitur vorbereiten? - Bislang keine gute Idee. Schulleiter Dirk Lenius am Schulcampus Kloster Lehnin sagt, dass derzeit selbst ein Schulwechsel von Berlin nach Brandenburg und umgekehrt kaum möglich sei, weil die Belegung der Pflichtfächer und der Leistungskursfächer anders geregelt sei.
Nun soll sich das ändern. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat sich auf eine Angleichung der Rahmenbedingungen für die gymnasiale Oberstufe geeinigt. Ein Schulwechsel soll jetzt einfacher werden, verspricht KMK-Präsidentin Astrid-Sabine Busse: "Es war für viele oft ein Problem, aber jetzt kann ich von Sylt nach Zittau ziehen und alles wird dann gut." Der Beschluss zeige, dass der Bildungsföderalismus kompromissfähig ist.
Künftig weniger Leistungskurse
Ändern wird sich für Schülerinnen und Schüler damit, wie viele Kurse sie in der Oberstufe belegen und in die Gesamtbewertung einbringen müssen. Belegen müssen sie in den vier Halbjahren der gymnasialen Oberstufe künftig insgesamt 40 Kurse. In die Gesamtnote eingebracht werden müssen in der Regel 36 Kurse. Auch gebe es erstmals eine genaue Festlegung auf die Anzahl und Gewichtung der Klausuren, in der abiturnotenrelevanten gymnasialen Oberstufe. Künftig seien auch nicht mehr bis zu vier Leistungskurse in einem Bundesland vorgesehen, sondern zwei oder drei. Auch dies sorge für mehr Vergleichbarkeit, sagt die KMK-Präsidentin.
Unterschiedliche Auswirkungen auf Gymnasien und andere Schularten
Für Berlin ist das teilweise neu, denn an den Gymnasien der Hauptstadt müssen die Schülerinnen und Schüler zwar schon jetzt insgesamt 40 Kurse belegen, an den übrigen Schularten, wie etwa den Sekundarschulen, dagegen nur 34. In die Abiturnotenberechnung eingebracht werden derzeit jeweils 32 Kurse.
In Brandenburg ändert sich weniger: Hier läuft es schon jetzt weitgehend nach dem neuen Plan. Die märkischen Schülerinnen und Schüler müssen bereits 40 Kurse verpflichtend besuchen. In die Abiturnote fließen aber 38 Bewertungen ein und nicht wie nun geplant 36.
Mindestzahl an Klausuren
Annähern soll sich künftig auch die Zahl der Klausuren, die die Schülerinnen und Schüler im Laufe der vier Halbjahre vor dem Abitur in der gymnasialen Oberstufe schreiben müssen. Wie viele es nach den neuen Regeln sein werden, wird allerdings auch von der Fächerwahl der Schülerinnen und Schüler abhängen. Die Mindestzahl der Klausuren, liege in der Oberstufe vermutlich bei 16 bis 20, sagte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe bei der Vorstellung der KMK-Ergebnisse, "Die Obergrenze kann weitaus höher sein, weil sie in schulischer Verantwortung liegt." Eine Obergrenze gebe die KMK nicht vor. Die Berliner Bildungsverwaltung teilte auf rbb-Anfrage mit, die Regeln der Hauptstadt seien damit kompatibel.
Keine Änderung bei Leistungskursen in der Region
Nicht auswirken wird sich für Berliner Schülerinnen und Schüler eine weitere Entscheidung der KMK. Nach der bestehenden Vereinbarung der Länder sind momentan theoretisch noch maximal vier Leistungskurse für angehende Abiturienten möglich. Die Zahl soll künftig bundesweit bei zwei bis drei liegen. In Berlin ist das schon so und auch in Brandenburg gibt es bereits zwei Leistungskurse. Also wird sich hier auch nichts ändern.
Reaktionen aus Brandenburg
Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) zeigt sich zufrieden mit den Ergebnissen der KMK. Man habe lange um diesen Kompromiss gerungen. Gerade Brandenburg habe sich stark für eine Vereinheitlichung des Abiturs eingesetzt.
Einheitliche Lehrpläne oder Prüfungsaufgaben standen allerdings nicht zur Diskussion. Kritikern geht die Vereinheitlichung deshalb nicht weit genug. Britta Ernst sagt dazu: "Ich kann eigentlich nicht nachvollziehen, was dort weitergehend hätte geregelt werden können. Wir sind sehr stolz und sehr zufrieden, dass wir das hinbekommen haben." Die Bildungsministerin weist daraufhin, dass man sich ja schon vorher auf einen Pool mit Abi-Aufgaben verständigt habe, die in jedem Bundesland gestellt würden: "Hier gilt schon länger die Verpflichtung, dass 50 Prozent der Abituraufgaben aus diesem Pool entnommen werden. Und ich denke, damit ist das Abitur vergleichbar wie noch nie."
Landesschülerrat will bundesweit einheitliches Abitur
Das Ergebnis sei kein großer Wurf, aber ein kleiner Schritt auf dem Weg zu einem einheitlichen Abitur, sagt Hartmut Stäker, Präsident des brandenburgischen Pädagogen-Verbandes. Paula Baumgarten vom Landesschülerrat Brandenburg findet, es sei höchste Zeit für ein echtes Einheitsabitur in Deutschland. "Wir sind ja alle gleich. Also die Bayern sind ja jetzt nicht von Grund aus intelligenter als wir in Brandenburg. Und deshalb sollten wir auch dieselben Leistungen erbringen müssen."
Regeln werden erst in einigen Jahren umgesetzt
Die neuen Regeln werden nicht sofort greifen, denn sie betreffen laut der KMK Schülerinnen und Schüler, die spätestens 2027 in die sogenannte Einführungsphase eintreten und 2030 ihr Abitur machen. Ein bundesweit vergleichbareres Abitur und mehr Chancengleichheit bei der Studienplatzbewerbung hatte das Bundesverfassungsgericht schhon 2017 angemahnt. Anlass war damals das Vergabeverfahren für Medizinstudienplätze. 2020 gaben sich die Länder selbst den Auftrag für die Reform.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.03.2023, 8:20 Uhr