Landesparteitag - Berliner SPD beschließt neue Regeln für künftige Parteispitze

Fr 26.05.23 | 22:54 Uhr
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Franziska Giffey (l-r), Raed Saleh, beide Landesvorsitzende der SPD Berlin, und Cansel Kiziltepe, Senatorin für Arbeit in Berlin, halten beim Landesparteitag Berliner SPD ihre Stimmkarten hoch. Auf dem Parteitag der Berliner SPD wird unter anderem über die Entscheidung für eine schwarz-rote Koalition und über die Wiederholungswahl im Februar diskutiert. (Foto: dpa)
Video: rbb24 Abendschau | 26.05.2023 | Dorit Knieling & Tobias Schmutzler | Bild: dpa

Die Berliner SPD hat über Konsequenzen aus dem Wahldebakel im Februar beraten. Während die amtierende Parteispitze Versäumnisse einräumte, folgten die Delegierten einem Antrag der Jusos: Das Führungspersonal soll künftig anders aufgestellt werden.

  • Saleh und Giffey räumen Versäumnisse ein
  • Giffey ruft Partei zum Zusammenhalt auf
  • Jusos vermissen aufrichtige Selbstkritik
  • Zugleich setzen sie sich mit Antrag für künftige Parteispitze durch

Auf ihrem ersten Landesparteitag nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus vor dreieinhalb Monaten hat die SPD am Freitag um Konsequenzen nach ihrem schlechten Abschneiden gerungen. Nach stundenlanger Debatte stimmten die Delegierten für einen - allerdings entschärften - Antrag der Jusos, mit dem die Parteispitze neu geordnet werden soll.

Damit wird die Zahl von Senatoren, Staatssekretären und Fraktionsvorsitzenden im Parteivorstand deutlich eingeschränkt. Der beschlossene Kompromiss sieht vor, dass Spitzenpolitiker nicht mehr die Mehrheit im Vorstand bilden dürfen. Ursprünglich hatten die Jusos gefordert, Parteiämter gar nicht mehr mit Regierungspolitikern zu besetzen.

Auch die beiden Co-Parteivorsitzenden, Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey und Fraktionschef Read Saleh, hatten zuletzt für die Annahme des entschärften Antrags geworben. Er sieht auch vor, dass eine zukünftige Doppelspitze in Zukunft nicht wie jetzt "vollständig" aus diesem Kreis gebildet werden soll. Sollten Giffey und Saleh ihre Posten im Senat beziehungsweise in der Fraktion behalten, können sie bei den nächsten Vorstandswahlen nicht mehr gemeinsam Parteivorsitzende bleiben.

Giffey: SPD blieb bei Rot-Grün-Rot empfindlich hinter Erwartungen zurück

Saleh unterstützte nach dem Ende der Debatte überraschend die Annahme des Juso-Antrags als Zeichen der Geschlossenheit und Stärke der Partei. Auch Giffey beugte sich ausdrücklich dem Diskussionsverlauf: "Wenn die Partei es wünscht, dann gehen wir zusammen diesen Weg." Bei der für Anfang des nächsten Jahres geplanten Neuwahl des Vorstands werde die Partei dann entscheiden, wie die Führung der Partei aufgestellt sein solle.

Zuvor hatten beide auf dem Parteitag Versäumnisse eingeräumt. "Wir haben verstanden", erklärte Saleh. Die SPD habe viele Krisen nur verwaltet, und sei "unkenntlich" gewesen bei Stadtdebatten. Aber: "Wir sind die Berlin-Partei!" Gemeinsam mit den rund 19.000 Genossinnen und Genossen müsse nun ein Aufbruch folgen.

Auch Giffey räumte ein, dass die SPD empfindlich hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben sei. Die frühere rot-grün-rote Regierung habe nicht deutlich machen können, dass die ganze Koalition für einen starken Rechtsstaat steht, der konsequent gegen Straftäter vorgeht. Dies hätten auch viele SPD-Wählerinnen und -Wähler vermisst.

Antrag sieht auch Annäherung an Linke und Grüne vor

Neben der Beschränkung für Regierungspolitiker sieht der Antrag auch eine gründliche Aufarbeitung der Wahlniederlage vom Februar vor und die Verluste der SPD bei den vorherigen Wahlen. Außerdem soll es einen breit angelegten "Visionenprozess" geben, bei dem die Zukunft der SPD breit debattiert werden soll.

Auch im Streit um das schwarz-rote Bündnis setzten die Jusos Akzente, die sich nach der Wiederholungswahl vehement gegen die Koalition mit der CDU ausgesprochen hatten. Der Landesvorstand soll nun das zerrüttete Verhältnis zu den ehemaligen Koalitionspartnern verbessern. Die Berliner SPD solle "Brücken zu Linken und Grünen wieder aufbauen" und dabei gemeinsame linke Zukunftsprojekte definieren, wie etwa die Mobilitätswende, Vergesellschaftung, Wohnraum und Klimagerechtigkeit, heißt es in dem Antrag.

Giffey wirbt für Bündnis mit CDU

Die Parteisvorsitzenden verteidigten das neue Bündnis. Man habe es sich nicht leicht gemacht, mit der CDU eine schwarz-rote Koalition einzugehen, erklärten Giffey und Saleh. Aber nach einer verlorenen Wahl hätten die Menschen erwartet, dass es nicht einfach so weitergeht.

"Die SPD wäre zur Klagemauer des Stillstandes in Berlin geworden", erklärte Giffey, und hätte ihre Glaubwürdigkeit verloren, wenn sie einfach weiterregiert hätte mit Grünen und Linken. Das Zeichen wäre gewesen, "dass wir am Sessel kleben im Roten Rathaus", egal, was die Menschen wählen.

Giffey machte deutlich, dass die SPD in der neuen Koalition mehr Sicherheit durchsetzen wolle, ein 29-Euro-Ticket, sowie deutliche Fortschritte beim Wohnungsbau. Für den nächsten Landesparteitag im kommenden Mai kündigte Giffey an, die SPD und den Vorstand "breiter aufstellen" zu wollen. Beim nächsten Parteitag stehen Vorstandswahlen an. Bis dahin sei die Devise: "Wir müssen zusammenstehen, um Wahlen zu gewinnen", meint Giffey.

Aufarbeitungskommission "Wahlen wieder gewinnen"

Die Berliner Jusos warfen beim Parteitag den SPD-Landeschefs Giffey und Saleh mangelnde Selbstkritik nach der Wahlschlappe vor und forderten eine "schonungslose Aufarbeitung". "Raed und Franziska, ihr habt uns als Landesvorsitzende in diese Wahl geführt", sagte die Juso-Landesvorsitzende Sinem Tasan-Funke am Freitag auf einem SPD-Parteitag. "Aus unserer Sicht habt ihr bis heute noch nicht genügend Verantwortung dafür übernommen, wie diese Wahl ausgegangen ist."

Giffey will allerdings noch keine persönlichen Konsequenzen aus dem Wahldebakel im Februar ziehen. Wichtig sei, dass jetzt der Aufarbeitungsprozess gestartet sei, sagte die frühere Regierende Bürgermeisterin der rbb24 Abendschau am Rande des Parteitags.

Die SPD setzt bei ihrem Treffen eine Kommission zur Aufarbeitung ein, mit dem Titel: "Wahlen wieder gewinnen". Sie soll ausführlicher das historisch schlechte Ergebnis der Berliner Sozialdemokraten bei der Wiederholungswahl aufarbeiten.

Seit vier Wochen sind die Sozialdemokraten Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU unter dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner. Beim SPD-Mitgliedervotum Ende April gab es nur eine knappe Mehrheit von 54,3 Prozent für den Wechsel zu Schwarz-Rot.

Sendung: rbb24 Abendschau, 26.05.2023, 19:30 Uhr

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43 Kommentare

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  1. 43.

    "Dass es Sie ärgert, dass Ihre Idole wieder auf der Oppositionsbank sitzen, ist verständlich. "

    Ihre dumme Unterstellung ist so blödsinnig wie ihr krankhafter Hass auf Linke und Grüne. Ich habe keine "Idole", erst recht nicht in der Politik.

    "Dazu gab es noch die Mitgliederbefragung, bei der sich auch eine Mehrheit für eine Koalition mit der CDU ausgesprochen hatte."

    Es waren 54 %, ich sage doch, die sPD ist tief gespalten und das ist das Werk Giffeys.

  2. 42.

    "Das soll doch heißen, wer die Politik von Grünen und Linken kritisiert ist rechtsextrem. "

    Nein, soll es nicht. Das heißt wie es da steht. Da steht nämlich "und".

    Das schreiben ausgerechnet sie, die hier ständig gegen Grüne und Linke hetzt UND oft die Positionen der rechtsextremen AfD vertritt?

    "Gerade an der asozialen Haltung der Grünen ist auch die alte RGR Koalition gescheitert."

    Unsinn. Die sPD unter Giffey hat eine historische Wahlschlappe erhalten. Weil Giffey von Anfang an gegen RRG war, das war die Quittung, mal abgesehen von dem selbstherrlichen Kurs von Giffey innerhalb der Partei.

    Giffey hat keinen Rückhalt in der Berliner sPD, das wußte sie und hat deswegen va banque gespielt. Sie hat ihren Machterhalt über die Belange Berlins, der Wähler und ihrer eigenen Partei gestellt.

    Dafür hat sie nun die Quittung erhalten, wenn auch viel zu spät. Auch wenn die Entscheidung für die Koalition mit der cDU denkbar knapp ausgefallen ist.

    Der Wähler wollte RRG.

  3. 41.

    "Nicht jede Meinung etspricht der Realität"

    Stimmt. Ihre Trefferquote liegt bei gen Null. Sie schaffen es nicht mal 4 einfache Fragen zu beantworten behaupten dann aber im Brustton der Überzeugung "In meinem Beitrag #84 habe ich Ihre Fragen beatwortet."

    Sie leben in ihrer eigenen Welt.

  4. 40.

    Das soll doch heißen, wer die Politik von Grünen und Linken kritisiert ist rechtsextrem. Kann es sein, dass Sie von Demokratie nicht viel halten da Sie keine andere Meinung als die eigene politische Richtung als rechtsextrem ansehen. Zwischen den extremen Auffassungen der Grünen und Linken und der AfD ist ein weiter Spielraum den SPD und CDU sinnvoll ausfüllen können.
    Gerade an der asozialen Haltung der Grünen ist auch die alte RGR Koalition gescheitert. Eine Frau Jarasch ist nicht die Politikerin für eine sozial gerechte Welt. Daher hat die SPD richtig gehandelt.

  5. 39.

    Wehner und Brandt waren im aktiven Widerstand während der NS-Zeit (Oslo-Zeit), Wehner sogar als Kommunist.
    Schmidt war Mitglied und später Offizier der Deutschen Wehrmacht.
    Daher waren Wehner und Brandt diplomatisch besser darin mit dem Ostblock ( insbesondere SU und DDR) überhaupt die Entspannungspolitik in die Wege zu leiten. Brandts und Wehners Ausgleichspolitik (Politik der friedlichen Koexistenz) war auch deutlich, im positiven Sinne, in der DDR spürbar und schafft einige Erleichterungen.

  6. 38.

    Die Zahlen sagen doch eindeutig, dass die einstigen natürlichen Wähler der SPD eine völlig andere Auffassung haben als die von den arbeitenden Menschen völlig abgehobenen Jusos. Mit den Grünen Themen wie Autohass, Genderwahn, fanatische Klimapolitik ohne Rücksicht auf soziale Belange, extreme Identitätspolitik und eine Ablehnung der staatlichen Gewalt mit Verachtung der Polizei wird das nichts.
    Das alles ist nicht der Willen der SPD Stammwähler sondern einer Minderheit bei den Jusos.
    Wenn die Jusos unbedingt Grüne Politik haben wollen dann sollen sie zu den Grünen wechseln aber nicht die ehrwürdige Arbeiterpartei bei ihren Stammwählern, den sogenannten "kleinen Leuten" immer unwählbarer machen. Da wird in Juso Kreisen immer von linker Politik geschwafelt aber was damit konkret gemeint ist wird nicht erklärt.
    Wenn die SPD wieder mehr Wähler ansprechen will muss die Partei endlich wieder Politik für ihre Zielgruppe machen. Der Weg der Jusos ist ein Weg in die Sackgasse.

  7. 37.

    "Der Verachtung kann man auf verschiedene weise Ausdruck verleihen, beispielsweise durch die schreibweise.
    Eine demokratische Partei zu verachten, na das sagt was aus."

    Das schreiben ausgerechnet sie, die hier ständig gegen Grüne und Linke hetzt und oft die Positionen der rechtsextremen AfD vertritt?

  8. 36.

    "Sie schreiben die SPD falsch, nämlich sPD"

    Nein, vollkommen korrekt, das sozialdemokratische wird bei der sPD schon lange klein geschrieben.

    "Entweder Sie lassen das „s“ ganz weg oder schreiben grammatikalisch korrekt. "

    Wer sind sie, der mir vorschreiben will wie ich etwas zu schreiben habe?

  9. 35.

    Ja sicher kann man anderer Meinung sein, und ich kann dies durchaus als Unsinn bezeichnen, zumal es hier in Forum die mildeste Art ist zu widersprechen..
    Nicht jede Meinung etspricht der Realität

  10. 34.

    Mein Beitrag #28 war die Antwort auf den Beitrag #25, und dort wurde Brandt und Schmidt thematisiert, und nicht der Wehner.

  11. 33.

    Was meinen sie mit Sozialisation?
    Willy war ein uneheliches Kind, und der Vater von Helmut war ein einfacher Lehrer und Halbjude.

    Haben Sie in dieser Zeit in Westdeutschland gelebt und waren mit der SPD verwoben?

  12. 32.

    Berlin wird sehr wohl wieder links regiert werden. R2G hat schon seit 2011 in Berlin durchgehend eine Mehrheit und das wird auch so bleiben.

  13. 31.

    Unsinn ist das nicht, was geschrieben wurde; eher hat Herbert Wehner die der Öffnung zugetane Politik von Willy Brandt leidlich und halbherzig mitgetragen, hat mithin den Ausputzer innerhalb der SPD gespielt. Eine kleine Analogie dazu gab es ja auch im Brandenburgischen zwischen Matthias Platzeck und seinem von der SPD bestellten "Aufpasser", dass Platzeck "keinen Unsinn" macht.

    Im "Einhegen" von Weitergehenderem hat sich die SPD immer schon gut verstanden. Deshalb sind wirkliche Innovationen irgendwann versandet - die Entspannungspolitik Willy Brandts im reinen Pragmatismus Helmut Schmidts. Mit einer Politik, die neue Parteimitglieder deshalb eintreten lässt, damit Posten im Stadt- und Staatsapparat mit Parteileuten besetzt werden, ist eben nichts Nachhaltiges zu bewirken. Das zehrt die SPD mehr aus als die CDU/CSU, die das seit jeher weit mehr in Fleisch & Blut hat - vor allem in Bayern und zur Regierungszeit von Roland Koch in Hessen.

  14. 30.

    Mit Verlaub, wer oder was hier Unsinn schreibt-das zu beurteilen steht Ihnen nun wirklich nicht zu.
    Oder anders formuliert, man kann durchaus anderer Meinung sein als Sie, ohne das das gleich Unsinn wäre.

  15. 29.

    Warum, Schmidt war natürlich im ganz anderen Lager als Brandt und Wehner verortet, schon wegen der unterschiedlichen Sozialisation.
    Der Kitt zu dieser Zeit war Herbert Wehner und der war auch der Grund warum Schmidt nach Brandt ran musste.
    Bei der nächsten Troika, Schröder, Lafontaine, Scharping gab‘s diesen Kitt nicht mehr.
    Aber egal, sowohl Brandt, Schmidt und Wehner waren wirklich noch SPD-Urgesteine, weswegen mir diese Epoche der SPD Respekt und Hochachtung abverlangt.
    Was dann kam, na ja …

  16. 28.

    Noch nie etwas von der SPD -Troika "Brand, Schmidt, Wehner" gehört?
    Scheinbar nicht, sonst würden sie über Schmidt nicht solchen Unsinn schreiben.
    Mit Schröder haben sie recht, der hat der Partei geschadet!

  17. 27.

    Der Verachtung kann man auf verschiedene weise Ausdruck verleihen, beispielsweise durch die schreibweise.
    Eine demokratische Partei zu verachten, na das sagt was aus.

  18. 26.

    ... zwei Berufspolitiker die an ihren Sesseln kleben wir die Strassenkleber aktuell. Frau G. hat seit ihrem Berzirksbürgermeisteramt nichts mehr richtig auf die Reihe gebracht. Herr S. suhlt sie in seiner Selbstgefälligkeit mit Wendehalsprofil. Berlin wird wohl für lange Zeit nicht mehr Links regiert werden. Daran ändert auch die Juso-Rochade nichts. Hoffentlich!

  19. 25.

    Mit den Jusos ehemalige SPD Wähler in Berlin zurück gewinnen? Halte ich für verwegen. Wohin sind denn die eins klassischen SPD Wähler gegangen? "
    Nach meiner Meinung haben sich viele klassische SPD-Wähler und auch Mitglieder, von der Partei abgewandt, weil sie die seit Schmidt, und verstärkt seit Schröder, geltende Parteilinie der Anbiederung an Wirtschaft und Großbürgertum nicht mitmachen wollen.
    Wenn die spd zu ihren sozialdemokratischen Wurzeln, zuletzt verkörpert durch Willy Brandt, zurückfindet, dann klappts auch wieder mit dem Wählerzuspruch.

  20. 24.

    Sie schreiben die SPD falsch, nämlich sPD

    Entweder Sie lassen das „s“ ganz weg oder schreiben grammatikalisch korrekt.

    So ist es falsch und bedeutet nur etwas wie „weniger sozialdemokratische“ PD, bleibt aber eben immer noch die SPD.

    Ich gehe also von einem Rechtschreibfehler aus.

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