Protestzug in Berlin - "Letzte Generation" demonstriert gegen Razzia - UN will mehr Schutz für Klima-Aktivisten

Fr 26.05.23 | 20:43 Uhr
  202
Unterstützer der Klimaaktivisten von Letzte Generation demonstrieren in Berlin gegen die Einstufung als kriminelle Vereinigung durch die Behörden. (Quelle: dpa/TNN/Sven Käuler)
Audio: radioBerlin 88,8 | 26.05.2023 | Juliane Kowollik | Bild: dpa/TNN/Sven Käuler

Nach der Razzia gegen Mitglieder der "Letzten Generation" sind hunderte Unterstützer gegen das juristische Vorgehen durch Berlin gezogen. Die Justizsenatorin prüft ein noch härteres Vorgehen. Unterstützung für die Aktivisten kommt von der UN.

  • Mehrere hundert Menschen bei Demo gegen Razzia bei "Letzte Generation"-Mitgliedern
  • Vereinte Nationen stehen Klimaaktivisten bei und verlangen mehr Schutz
  • Berliner Justizsenatoren will dennoch härtere Gangart gegen "Letzte Generation" prüfen

Mehrere Hundert Menschen haben am Freitagabend in Berlin gegen Razzien und das juristische Vorgehen gegen die Aktivistinnen und Aktivisten der sogenannten Letzten Generation demonstriert. Mit Plakaten und Transparenten zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von der Frankfurter Allee in Richtung Brandenburger Tor. Die Veranstalter riefen zuvor zu friedlichen Demonstrationen auf.

Auf den Plakaten stand unter anderem "Nicht kriminell" oder "Letzte Generation vor den Kipppunkten". Gemeint sind die klimatischen Schwellenwerte, nach deren Überschreitung bestimmte Folgen nicht mehr vermieden werden können. Ein Beispiel ist dem Weltklimarat IPCC zufolge der Zusammenbruch der Eisschilde in Grönland und der Antarktis.

Um auf diese Folgen aufmerksam zu machen und die Politik zu einem entschlosseneren Handeln dagegen aufzufordern, kleben sich seit Monaten Aktivisten der Letzten Generation auf Straßen und Autobahnen fest und blockieren den Verkehr.

Seit der Razzia keine Blockaden

Anders als zu Beginn der Woche wurden seit der Razzia am Mittwoch keine Straßenblockaden mehr gemeldet. Auf Straßenblockaden werde die Klima-Protestgruppe in Zukunft aber weiterhin nicht verzichten, "... weil wir keine andere Möglichkeit sehen, den notwendigen Druck auf die entscheidenden Institutionen der Regierung aufrechtzuerhalten und sie so zum notwendigen Schutz der Lebensgrundlagen zu veranlassen", teilte ein Sprecher der Letzten Generation rbb|24 am Freitag mit.

Die Razzia habe "alle hart getroffen, doch wir haben keine Angst", teilte die Gruppe mit und forderte ihre Unterstützer auf: "Schließ dich einem Protestmarsch an, der in deiner Nähe startet." Insgesamt liefen in 17 Städten Vorbereitungen für Demonstrationen.

Am Donnerstagabend hatten in München einige Hundert Menschen für die Gruppe, für Klimaschutz und gegen die Razzia demonstriert. Am Mittwoch hatte es in Berlin und anderen Städten Demonstrationen mit jeweils einigen Hundert Menschen gegeben.

Beistand von der UN

Beistand erhielt die "Letzte Generation" unterdessen von den Vereinten Nationen. "Klimaaktivisten - angeführt von der moralischen Stimme junger Menschen - haben ihre Ziele auch in den dunkelsten Tagen weiter verfolgt. Sie müssen geschützt werden und wir brauchen sie jetzt mehr denn je", sagte der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, der Deutschen Presse-Agentur in New York.


Protestierende hätten in "entscheidenden Momenten maßgeblich dazu beigetragen, Regierungen und Wirtschaftsführer dazu zu bewegen, viel mehr zu tun", sagte Dujarric weiter. Ohne sie wären die weltweiten Klimaziele bereits außer Reichweite. Guterres' Sprecher gab aber auch zu bedenken, dass Regierungen trotz des Grundrechts auf friedliche Demonstrationen natürlich die Verantwortung hätten, Gesetze durchzusetzen und die Sicherheit zu gewährleisten.

Dazu gehört eben auch die Frage, ob es sich bei der Gruppierung um eine 'kriminelle Vereinigung' handelt.

Justizsenatorin Felor Badenberg über die "Letzte Generation"

Badenberg will härteres Vorgehen gegen "Letzte Generation" prüfen

Am Sonntag sagte Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, für die CDU) dem rbb zu den Aktionen der "Letzten Generation", sie prüfe ein härteres Vorgehen. Es gelte alle gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, erklärte Badenberg. "Dazu gehört eben auch die Frage, ob es sich bei der Gruppierung um eine 'kriminelle Vereinigung' handelt."

Die Äußerungen sollen ein Nachspiel im Rechtsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses haben. Das haben die beiden Oppositionsparteien Linke und Grüne beantragt. Im Berliner Abgeordnetenhaus zeigten sich die beiden rechtspolitischen Sprecher der Linken, Sebastian Schlüsselburg, und Grünen, Petra Vandrey, in einer gemeinsamen Erklärung besorgt. Badenbergs Auftritt erwecke den Eindruck, dass die Justizsenatorin der Arbeit der Berliner Staatsanwaltschaft misstraue und deren bisherige Einstufung überprüfen lasse.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Sebastian Büchner, hatte in der vergangenen Woche dem rbb gesagt, dass es keinen Anfangsverdacht gebe, auch weil es den Straftaten der Letzten Generation an einer "wirklichen Erheblichkeit" fehle. Der Sachverhalt unterliege aber einer ständigen Neubewertung.

Weisungen der Justizverwaltung seien zwar zulässig, sagen Vandrey und Schlüsselburg, aber unüblich: "Sie beeinträchtigen die Unabhängigkeit und Objektivität der Staatsanwaltschaft, die ein zentrales Element unseres Rechtsstaates ist." Die Einleitung eines Strafverfahrens dürfe nicht davon abhängen, für welche Partei eine Senatorin das Justizressort leite. Die nächste Sitzung des Rechtsausschusses findet am 14. Juni statt.

Berliner CDU verteidigt Vorgehen der Justizsenatorin

Die Berliner CDU verteidigte das Vorgehen von Berlins Justizsenatorin Badenberg zur "Letzten Generation" hingegen. Das sei nicht zu beanstanden und typisches Verwaltungshandeln, sagte der rechtspolitische Sprecher der Berliner CDU, Hermann am Freitag auf Radioeins vom rbb.

Wer Straftaten begehe, müsse sich vor der Justiz dafür verantworten. Das gelte nicht für alle Teile der "Letzten Generation", so Hermann. Es seien nicht die gemeint, die in Sozialen Netzwerken was teilen oder bei einer Veranstaltung dabei sind. Es gehe vor allem um die Rädelsführer, die Spendengelder einwerben und Aktionen planen.

Hermann erklärte, er sehe deshalb zumindest für einen Teil der Klimagruppe einen Anfangsverdacht für eine kriminelle Vereinigung. Nötig sei in einem Rechtsstaat aber natürlich eine juristische Entscheidung des Gerichts.

Razzia gegen "Letzte Generation"

Polizei und Staatsanwaltschaft waren am Mittwochmorgen mit einer Razzia gegen die "Letzte Generation" vorgegangen. Rund 170 Beamte durchsuchten 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern, wie die Generalstaatsanwaltschaft München und das Bayerische Landeskriminalamt mitteilten. Der Tatvorwurf lautet auf Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Die Aktivisten bestreiten vehement, kriminell zu sein.

Die Gruppe macht regelmäßig mit Sitzblockaden und Aktionen in Museen auf die Folgen der Erderhitzung aufmerksam, ihre Mitglieder kleben sich dabei häufig an Straßen oder Kunstwerken fest. Auch Attacken auf Einrichtungen der Ölindustrie werden ihnen vorgeworfen. Mit ihrem Protest will die Letzte Generation die Defizite der deutschen Klimapolitik auf die Agenda bringen - etwa mit Blick auf die immensen klimaschädlichen Emissionen des Autoverkehrs. Die Aktivisten verlangen einen sogenannten Gesellschaftsrat, der das Ende der Nutzung fossiler Brennstoffe in Deutschland bis 2030 planen soll. Außerdem fordern sie Tempo 100 auf Autobahnen und ein 9-Euro-Ticket.

Sendung: radioBerlin 88,8, 26.05.2023, 08:01 Uhr

Die Kommentarfunktion wurde am 27.05.2023 um 14:23 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

202 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 202.

    Besser der Staat und die Polizei weißt diese Leute in ihre Schranken,als wenn bei dem Zorn des Volkes und der kocht,noch was passiert.Kaum noch einer spricht noch über s Klima,aber über den Stand bei den Klimacaoten.

  2. 201.

    Nö, wenn man mit Schmerzen und krankgeschrieben im Auto zu einem Termin in die Charité muss, zu einer Post-OP Behandlung, Verbandwechsel und Absaugen von Wundflüssigkeit, dann staunt man was es doch selbstherrliche widerliche Egozentriker gibt die meinen anderen Menschen Schmerzen zufügen zu dürfen. Was soll am Schikanieren und Schädigen seiner Mitmenschen ,,gut" sein?
    Kriminell, das ist es.

  3. 200.

    Die UN will mehr Schutz für Klima-Aktivisten. Geht ja in Ordnung. Das heißt jedoch nicht, dass die konkreten Aktionen wie Pipeline beschädigen, Strassen blockieren usw. durch die UN geschützt werden sollen. Der Schutz äußert sich z.B. bei der polizeilichen Begleitung der FfF Demo's , damit diese nicht gestört werden.

  4. 199.

    Sehr gut , denn genau das ist der Punkt : durch diese kriminellen Aktionen immer mehr Hass zu schüren ist nur eines - extrem kontraproduktiv !! Mehr kann man der wichtigen Sache des Klimaschutzes gar nicht schaden als mit diesen dummen Klebe-Aktionen dieses fanatisierten Grüppchens, finanziert aus dem fernen Kalifornien/USA und hier um Spenden bettelnd die bei Arche, Tafel usw allemal besser angelegt sind

  5. 198.

    Dietmar Wischmeyer hat vor Jahren mal ein Buch herausgebracht, " in Land der Bekloppten und Bescheuerten". Irgendwie passt das in die heutige Zeit.

  6. 197.

    70er Jahre Rudi Carell Wann wirds mal wieder richtig Sommer?
    Und was wir dafür Hitzewellen hatten
    Pulloverfabrikanten gingen ein
    Mit Temperaturen bis zu 40° Grad im Schatten
    Wir mussten mit dem Wasser sparsam sein

    Heute ,,Wissenschaftler" so: 30°C ,,Extremwetterlage". :DDD
    SCHLIMM wie sich die Leute veräppeln lassen.

  7. 196.

    Meine Meinung zu den Klebern: Nach der überfälligen Razzia tun sie alles um mit ihren Ankündigungen von weiteren Klebe-und sonstigen kriminellen Aktionen den Staat und die Bevölkerung weiter zu provozieren. So schlägt die Einsicht in den dringend nötigen Klimawandel in unnötigen Frust um.
    Dieses einstudierte und im Gleichklang dann weinerlich vorgetragene "ich habe Angst", eingeimpft von Hinrichs und Co wirkt nur noch peinlich !!!

  8. 195.

    „Aber: auch dem Letzten müsste doch jetzt klar sein, wie gespalten Deutschland ist.“

    Falsch, es gibt keine Spaltung, die Sie herbeireden wollen.

    Die überwältigende Mehrheit der Bürger lehnt die Straftaten der LG ab.

    Das ist die Wahrheit, Ihre Ausführung Fake.

  9. 194.

    Und diese Teilnehmer gehörten wohl alle zur LG.

    So dürfen die aber gerne demonstrieren, schön im Rahmen der guten Sitten (ohne Straftatbestände zu erfüllen).

    Dann sind alle, bis auf die wenigen Demoteilnehmer, zufrieden.

    Das ist Demokratie, Berlin2030Klimaneutral ist übrigens auch gescheitert, oder?

  10. 193.

    Sinnfreier Kommentar. Es geht um die Art des Handelns. Was machen denn die Mitglieder der LG aktiv? Sich mit viel Materialaufwand irgendwo festkleben? Erpressung? Glauben Sie ernsthaft, dies seien geeignete Aktivitäten?

  11. 191.

    Die ganze Diskussion um ÖPNV & Co. langweilt.

    Der überwiegende Teil der Bürger ist zeitgleich Autofahrer, Beifahrer, Fahrradfahrer, Fußgänger und ÖPNV-Nutzer.

    Schwarz/weiß gibt es hier selten.

  12. 190.

    P. S.

    Augen auf! Es zählt langfristig nur der Egoismus, ist ein offenes Geheimnis.

    Oder keines mehr, die meisten machen sich ein vor.

    Wenn ich Underperformer bin, bin ich natürlich eher für Sozialismus.

  13. 189.

    Eine andere Meinung ist in Ordnung.

    Berlin braucht die Veränderung, der Zuzug vieler hat Berlin gepuscht.

    Selten waren es Underperformer, die kamen.

    Wir brauchen in Berlin hakt Macher!

    Die langfristige Entwicklung erscheint sehr positiv.

  14. 188.

    Was für eine krude Überschrift
    als ob die UN die kriminellen Zusammenhänge hier beurteilt.
    Der rbb stellt sich hier eindeutig wieder mal kleingeistig parteiisch auf.
    Für andere Länder kann diese Aussage durchaus Bestand haben, etwa für Indien.

  15. 187.

    Können Sie Ihre Aussage belegen? Und bitte nicht diese ProKopf Vergleiche. Bringen im Ergebnis nichts.

  16. 186.

    Ihr Blick scheint hier sehr verengt auf die "Letzte Generation" zu sein. Der UNO geht es nicht darum, Protestierenden in Deutschland beizustehen, sondern mit dem Klimawandel. Also genau um das, was sie fordern: ein sehr wichtiges globales Thema. Nichts weniger als überlebenswichtig, oder kommt ihr Brot vom Bäcker wie anderer Leute Strom aus der Steckdose? Ich glaube viele haben einfach nicht erkannt, was die Uhr geschlagen hat.

  17. 185.

    Andreas Voßkuhle, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts, soll angeblich die Aktionen der Letzten Generation als "harmlose Sandkastenspiele" gegenüber früheren Bewegungen oder Hausbesetzungen bezeichnet haben.

    Ich will ich nicht glauben, dass er das tatsächlich gesagt haben soll.

    Wenn hundert Flugzeuge über Berlin kreisen müssen, nicht landen dürfen, weil sich "Sandkastenkinder" illegal auf dem Gelände des Berliner Flugplatzes aufhalten, das sie zuvor gewaltsam mittels eines Seitenschneiders durch zerstören eines Zaun stürmten, --dann kann wohl nur ein deutscher Verfassungsrichter das als harmlos bezeichnen.
    Ich bete, dass die Aussagen von Herrn Voßkuhle Fakemeldungen sind.Oder dass es seine Aussagen auch für mich verständlich erklärt.

  18. 184.

    "Bei der Razzia, genehmigt durch die bayrischen Staatsanwaltschaft, ging es im "Hauptthema" nicht um die Kleblinge.
    Es ging m.W., um einen Sabotageakt an der Öl-Pipeline zwischen Triest-Ingolstadt und um die - auch - dafür geflossenen Gelder." Dies stand auch so auch vielerorts in der Presse. Nur wen interessiert das? Die LG wird einen Sabotageversuch kaum für sich nutzen können, "friedliche" Kleblinge dagegen schon. Der genervte Wutbürger arbeitet sich auch lieber an diesen ab. Schließlich ist er selbst z.T. davon betroffen, es kann auch nicht sein, was nicht darf und wo ist nochmal Triest? Egal, hauptsache Spanien. Die Razzia ist im Sabotagezusammenhang absolut nachvollziehbar, im Kontext der Starßenblockaden eher nicht. Ich bin "damals" auch oft "auf die Straße gegangen" und das derzeitige Gebaren und fehlende Klarstellungen der Verantwortlichen in Einklag mit vielen Kommentaren hier erinnert mich sehr an die frühere Kriminalisierung der Friedensbewegung, der Atomkraftgegner u.a.

  19. 183.

    Nicht ablenken. Bleib bei der LG. Was andere tun ist nie ein Rechtfertigungsgrund für das eigene Handeln. Die LG wird von Außen finanziert, sie ist organisiert und trainiert ihre Mitglieder. Und die Sabotageakte haben zum Anfangsverdacht geführt. Nicht das Kleben. Immer beim Thema bleiben.

Nächster Artikel