Alleenkonzept in Brandenburg - Mehr neue Alleebäume: Ja, gerne - aber wo?
Brandenburg ist das alleenreichste Bundesland - noch. Seit 2006 wurden rund 600 Kilometer Alleen gefällt. Der Umweltverband BUND sieht das neue Alleenkonzept des Landes daher kritisch. Von Torsten Sydow
Sie prägen das Landschaftsbild, spenden Schatten, binden Kohlendioxid und sind Lebensraum für Insekten und Vögel: die Brandenburger Alleen. Gegenwärtig stehen noch 1.737 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen. Im Jahr 2006 waren es noch 2.344 Kilometer.
Jahr für Jahr weist der Landesbetrieb Straßenwesen eine negative Alleebaum-Bilanz für Brandenburg aus: im Jahr 2018 wurden 2.873 Bäume weniger neugepflanzt als abgeholzt, im Jahr 2019 betrug das Minus 4.160 und im vergangenen Jahr 3.173 Alleebäume.
Der Umweltverband BUND in Brandenburg fordert, diese Entwicklung zu stoppen. Das müsse auch im neuen Alleenkonzept, das gegenwärtig im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung erarbeitet wird, verankert werden, sagt der BUND-Landesvorsitzende Carsten Preuß. "Es müsste Gewicht darauf gelegt werden, dass jeder gefällte Baum ersetzt werden muss und darüber hinaus müssten sogar mehr gepflanzt werden als gefällt werden, weil wir ein hohes Defizit aus den vergangenen Jahren angesammelt haben", fordert Preuß.
Mehr Baumpflanzungen in Städten und Dörfern gefordert
Ein aktueller Entwurf zur Alleenkonzeption liegt den Umweltverbänden nun vor. Darin sind verstärkte Alleenpflanzungen an sogenannten nachgeordneten Straßen vorgesehen. Das sind Kreisstraßen und kommunale Straßen. Statt bisher 5.000 sollen nun jährlich nur noch 4.000 Neupflanzungen erfolgen.
Damit sei ein weiterer Alleenverlust aber programmiert, argumentiert Preuß. Um die Orte in Zeiten des Klimawandels lebenswert zu gestalten, sollen entlang der Ortsdurchfahrten Bäume unbedingt erhalten und ergänzt werden, hieß es auf Vorbereitungsworkshops für das neue Alleenkonzept.
Digitale Baumkarte
Der Landesbetrieb Straßenwesen erarbeitet gegenwärtig ein digitales Baumkataster. So soll jeder der etwa 420.000 Straßen- und Alleebäume in Brandenburg mit einem digitalen Steckbrief und GPS-Ortung digital verfügbar sein. Noch in diesem Jahr ist der Start des deutschlandweit einmaligen Landeskompetenzzentrums Straßenbäume und Alleen Brandenburg-Berlin geplant.
Mehr neue Alleen = weniger Ackerfläche
Um die vielen rund 100 Jahre alten Eichen-, Buchen- und Lindenalleen im Land Brandenburg zu ersetzen, fehlt es vor allem an Flächen für neu zu pflanzende Bäume. Das beklagen sowohl das Ministerium als auch der BUND und der Landesbauernverband.
Wer heute eine neue Baumallee setzen will, muss aus Gründen der Verkehrssicherheit einen Abstand von 4,50 Meter zum Fahrbahnrand einhalten. Dazu gibt es eine Bundesrichtlinie. Hinzu kommen zwei Meter Pufferstreifen zur freien Landschaft.
Unter diesen Bedingungen neue Alleen an Bundes- und Landesstraßen zu pflanzen, bedeutet weniger Ackerfläche für die Landwirte, die dort Flächen besitzen oder gepachtet haben. Der Brandenburger Bauernverbands-Präsident Henrik Wendorff argumentiert, man dürfe nicht leichtfertig mit dem Verlust landwirtschaftlicher Flächen umgehen, die für die Produktion von Lebensmitteln benötigt würden. Eine einmalige Entschädigung für Landwirte, die Ackerflächen für neue Alleen zur Verfügung stellen, beurteilt er skeptisch. Wendorff sagt aber auch, dass die für Brandenburg typischen Alleen erhalten werden sollten.
Lückenpflanzungen an alten Alleen
Im Jahr 2050 könnten viele Alleen in Brandenburg verschwunden sein, warnt BUND-Landeschef Carsten Preuß. Streusalz, Trockenstress und der Straßenverkehr machen den Jahrzehnte alten Bäume zu schaffen. Darum sollten schon jetzt überall Lückenpflanzungen an bestehenden Alleen durchgeführt werden. Beim Lückenschluss müsse der Baumabstand von 4,50 Meter zum Straßenrand nicht eingehalten werden.
Im Herbst soll das neue Alleenkonzept für Brandenburg von der Landesregierung vorgelegt werden.
Sendung: Antenne Brandenburg, 17.08.2023, 17:00 Uhr