"Natura 2000"-Schutzgebiete in Brandenburg - Agrarminister Vogel will Bodeneigentümer beim Naturschutz einbinden

Fr 11.08.23 | 14:25 Uhr | Von Andreas B. Hewel
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Ein Kranich geht nahe der Brandenburger Gemeinde Kloster Lehnin über ein grünes Feld (Quelle: dpa / Soeren Stache).
Audio: Antenne Brandenburg | 10.08.2023 | Sabine Loeprick | Bild: dpa-Zentralbild

Viele Schutzgebiete in Brandenburg sind laut Umweltminister Axel Vogel in schlechter Verfassung. Spezielle Teams sollen sich nun um Flora, Fauna und Habitate kümmern - entscheidend ist aber die Mithilfe der Landbesitzer. Von Andreas B. Hewel

Kim Fromm vom "Natura-2000"-Team kommt fast ins Schwärmen, wenn sie im Krahner Busch der Gemeinde Kloster Lehnin in Potsdam-Mittelmark unterwegs ist. Besonders ein Areal, genannt Bärendunk, hat es ihr angetan. Schöne Bestände von Stieleichen- und Hainbuchenwäldern habe man dort, betont sie. Am besten aber sei es hier im Frühjahr. Dann sei das "ein echtes Frühjahrs-Eldorado mit Leberblümchen, Buschwindröschen und Lerchensporn", preist sie den Wald an. "Also da lohnt es sich im Frühjahr mal reinzugucken. Natürlich ohne dabei etwas platt zu treten."

Hintergrund

Rund ein Viertel Brandenburgs ist "Natura-2000"-Gebiet

Natürlich soll man hier nichts platt treten. Der Krahner Busch ist ein sogenanntes FFH-Gebiet, also ein Gebiet in dem Flora, Fauna und Habitat geschützt werden sollen - Letzteres sind Lebensräume für Tiere. Kim Fromm gehört zu einem von fünf sogenannten Natura-2000-Teams, die seit vergangenes Jahr die rund 600 FFH-Gebiete in Brandenburg betreuen.

Zusammen mit 27 Vogelschutzgebieten gehören diese zum Schutzgebiet "Natura 2000", einem EU-weiten Netz aus 27.000 Schutzgebieten, dem weltweit größten grenzüberschreitenden, koordinierten Schutzgebietsnetz. Rund ein Viertel der Landesfläche Brandenburgs wird zu den "Natura-2000"-Gebieten gezählt.

Umweltminister Vogel: Gebiete sind in sehr schlechtem Zustand

Während in den großen Biosphärenreservaten und Naturparks die Betreuung relativ gut ist, machen die übrigen FFH-Gebiete Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Bündnis 90/Grüne) große Sorgen, wie er sagt. "Wir stellen fest, dass sich der weit überwiegende Teil unserer FFH-Gebiete in einem sehr schlechten, einem schlechten, oder jedenfalls keinen guten Zustand befindet", sagt Vogel. "Über die letzten Jahrzehnte sind also deutliche Verschlechterungen eingetreten, obwohl wir durchaus auch Verbesserungsmaßnahmen in Angriff genommen haben."

"Es geht jetzt darum, tatsächlich Grund unter die Füße zu kriegen"

Der Umweltminister will das seinen Worten zufolge nicht länger hinnehmen. Vergangenen Jahr begann Vogel die "Natura-2000"-Teams aufzubauen. Diese sollen gerade die Schutzgebiete außerhalb der großen Nationalen Naturlandschaften betreuen. Vier Teams mit je drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden dafür bislang aufgestellt -ein fünftes soll noch kommen.

Die Teams sollen laut Vogel "nicht nur feststellen, wie sich der Erhaltungszustand verändert, sondern sie sollen dafür sorgen, dass sich der Erhaltungszustand verbessert". Dafür müssen die Teams zunächst Ansatzpunkte finden, wie Verbesserungen erreicht werden können. "Es geht jetzt erstmal darum, tatsächlich Grund unter die Füße zu kriegen", räumt Vogel ein. Danach müssten Verbesserungsmaßnahmen zielstrebig vorangetrieben werden.

Vogel: Eigentümer müssen "mit ins Boot geholt" werden

Viele der FFH-Gebiete aber werden genutzt, sind also in einer Bewirtschaftung. Eine Aufgabe der Teams ist daher, bei den Eigentümern oder Pächtern um Verständnis für den Schutz ihrer Gebiete zu werben. "Das wird nur funktionieren in Zusammenarbeit mit den Landnutzern", sagt der Umweltminister. "Also mit den Landwirten, mit den Förstern, mit den Eigentümern, denn die sind alle gefordert. Die müssen mit ins Boot geholt werden." Kosten sollen den Eigentümern durch den Umweltschutz nicht entstehen, jedenfalls nicht für die eigentlichen Maßnahmen. Die würden zu 100 Prozent gefördert, verspricht der Umweltminister.

Umweltschutz bei Nutzung gleich mitdenken

Diese Beteiligung der Eigentümer ist für Vogel der Dreh- und Angelpunkt, wie der Naturschutz in den FFH-Gebieten verbessert werden kann, sagt er. Am besten sei es, so Vogel, wenn die Betroffenen bei ihrer Nutzung den Naturschutz gleich mitdenken. Wenn "also der Naturschutz nicht von außen dazukommt, sondern dass praktisch jeder, der hier Landwirt oder Forstwirt ist, das von vorneherein in seine täglichen Überlegungen und seine Planung miteinbezieht. Nur dann haben wir eine Chance, dass der Naturschutz effektiv umgesetzt wird."

Wie solche Maßnahmen aussehen können, schildert Kim Fromm vom "Natura-2000"-Team im Krahner Busch. "Ein Beispiel ist die Pfeifengraswiese", sagt sie. "Wenn man die aus der Pflege nimmt, dann geht es ruck zuck, dass die verbuscht - und dann reicht es vielleicht nicht, da ein paar Mal drüber zu mähen. Dann muss man erstmal die Gehölze großflächig runternehmen", sagt Fromm.

Die Erfolge von konsequenterem Naturschutz würden sich in einer höheren Artenvielfalt zeigen. Dem Naturschützer Christoph Buhr zufolge, ein Arbeitskollege von Kim Fromm, zeigt sich das unter anderem anhand eines kleinen Pflänzchens im Bärendunk im Krahner Busch. "Da gibt es die Süße Wolfsmilch", sagt er stolz. "Das ist besonders. Sie erreicht in Brandenburg eine natürliche Verbreitungsgrenze und hat hier so ziemlich ihr nördlichstes Vorkommen. Worüber wir uns freuen."

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.08.2023, 20:00 Uhr

Beitrag von Andreas B. Hewel

8 Kommentare

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  1. 8.

    Ja, und im Sommer sollte jeder Fahrgast pro Strecke ein Eis seiner Wahl bekommen. Im Winter einen Glühwein oder einen Grog.

  2. 7.

    Ja, wie heißt er denn, der Vogel, hä?

    Diese Vögel ziehen seit Millionen Jahren. Jetzt haben wir deren Pausenbrote geklaut und stattdessen unsere Pausenbrote draus gemacht . (Äcker)
    Vogelfraß wird sogar in Teilen finanziert kompensiert. Sie bekommen das Geld für die Aussaat erstattet.
    Wo ist ihr Problem? Sind sie überhaupt Geschädigter oder Landwirt oder pöbeln sie nur?
    Oder sind sie unfähig die Antragsformulare einzureichen?

  3. 6.

    Das passt ja wieder. Vogel „will (in seine Moral) einbinden“... Da haben die Landwirte aber so richtig drauf gewartet...Verbesserungen wird es nicht geben. Aber Ansagen, was man mit seinem Geld alles zu machen hat? Tolle Ideologie:-( des Aufschreibens. Tolle Kernkompetenz.

  4. 5.

    "Wenn es einen gut ausgebauten, flächendeckend im maximal 20-Minuten-Takt, auch im Früh-, Spät- und Nachtverkehr (letzteres dann vielleicht im 60-Minuten-Takt) bedienten ÖPNV gäbe, wozu bräuchte es dann noch motorisierten Individualverkehr?" Großstadtidee. Dieses Netz ist zu vernünftigen Kosten und Fahrzeiten nicht in einem dünnbesiedelten Flächenland realisierbar - deshalb braucht es Individualverkehr außerhalb der großen Städte. Die Strecken könnten kürzer werden und der Tank (sprich Batterie) könnte auf dem eigenen Hof gefüllt werden, aber um sowas wie ein Auto kommen Sie nicht drum herum auf dem Land.

  5. 4.

    Wenn es einen gut ausgebauten, flächendeckend im maximal 20-Minuten-Takt, auch im Früh-, Spät- und Nachtverkehr (letzteres dann vielleicht im 60-Minuten-Takt) bedienten ÖPNV gäbe, wozu bräuchte es dann noch motorisierten Individualverkehr? Allerdings sind wir von diesem Ideal noch sehr weit entfernt…

  6. 3.

    "Mir kommt immer der Gedanke, würden wir alle Landstraßen zu Alleen machen, auch die im Westen," Sehr optimistisch, da schon die noch bestehenden Allee eher schlecht gepflegt sind und immer weiter ausgedünnt werden. Wenn Westen Westdeutschland heißen soll, dort wurden die ehemals vorhandenen Alleen großteils wegen des Verkehrs doch extra entfernt und von Null anfangen ist eher ein Jahrhundertwerk (also eher was für Ihre Enkel und nicht für aktuelle Probleme).

  7. 2.

    Mir kommt immer der Gedanke, würden wir alle Landstraßen zu Alleen machen, auch die im Westen, hätten wir dann unsere CO2 Ziele nicht übererfüllt und könnten wieder guten Gewissens Verbrenner fahren? Oder würde man uns dann den CO2 Ausstoß anderer Länder aufbürden?
    In meiner Wohnstraße stehen nur unregelmäßig Minibäume die nichtmal über die 2. Etage hinaus gehen, mit wenig Ästen/ Krone. Das alles voller Linden (klebt aber riecht gut) oder eben massigere Bäume ersetzen. Aber es geht ja nicht ums Klima sondern ums Auto platt machen.

  8. 1.

    Das Bild mit dem Vogel ist Satire, gell?
    Wie heißt der Umweltminister nochmal?
    Ach ja, Axel.
    Im Ernst: für ein Nachrichtenportal ein No Go...

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