"Tiny Forest" - Miniwälder als Klimaanlage für aufgeheizte Städte
Es wird immer heißer in den Städten, und deshalb brauchen sie mehr Grün für Kühlung und Wasserrückhalt. Aber wie macht man das am besten? Ehemalige Studenten der HNEE haben da einen Vorschlag, der Schule machen könnte.
Kleine Waldstücke könnten in Zukunft auch zu Klimaanlagen in unseren Städten werden: Der Verein Miya aus Eberswalde (Barnim) wirbt für solche Miniwälder, die auf innerstädtischen Brachen mit einer Mindestgröße von 100 Quadratmeter angepflanzt werden.
Folgerichtig haben ehemalige Studentinnen und Studenten der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) vor drei Jahren im uckermärkischen Zichow ihren ersten Testwald als "Tiny Forest" gepflanzt und sich hierfür im Verein Miya organisiert.
Heute ist dieser so dicht, dass man zu Fuß kaum noch durchkommt. Das ist auch so gewollt und liegt an der Methode des japanischen Biologen Akira Miyawaki [miya-forest.de] . "Der hat sie erprobt und festgestellt, wenn man so ganz dicht pflanzt, dass die Bäume sehr schnell groß wachsen", erklärte Ulrike Gollwick von Miya.
In Zichow wurden 2.200 heimische Gehölze gepflanzt. Dort untersuchen die HNEE-Absolventen, wie sich das Ökosystem entwickelt, wie für Städte schnell grüne Oasen entstehen können. "In der Stadt hat man viele Flächen, die versiegelt sind, wo es extrem heiß ist", erklärt Gollwick.
Bis zu drei Bäume pro Quadratmeter
Ein solcher Wald brauche nur zehn Jahre für den Zustand, den sein natürliches Pendant in 100 Jahren erreiche, sagt Tabea Selleneit vom Miya e.V. "Wir pflanzen bis zu drei Bäume pro Quadratmeter, wo man im Forst nur einen setzen würde. Das hat den Vorteil, dass die Bäumchen in Konkurrenz zueinander stehen und sehr schnell wachsen, um ans Licht zu kommen." Dadurch entstehe in kürzerer Zeit ein diverses, gesundes Ökosystem, so Selleneit weiter.
Insgesamt 100 Euro kostet solch ein Tiny Forest pro Quadratmeter. Der Pflegeaufwand ist laut Verein überschaubar: In den ersten zwei bis drei Jahren muss Kraut zurückgedrängt und in heißen Sommern gegossen werden. Anschließend wird der Miniwald sich selbst überlassen.
Kleiner Wald, große Wirkung
Die Idee ist, dass die kleinen Wälder nach wenigen Jahren gleich mehrere positive Auswirkungen auf die Stadt haben, sagt Tabea Selleneit: "Wir schaffen auf der kleinen Fläche eine sehr hohe Biodiversität mit 20 und mehr Baumarten. So viele Arten gibt es im Kiefernforst nicht. Ein Tiny Forest hat einen kühlenden Effekt. Er filtert die Luft und bindet Feinstaub. Der extrem nährstoffreiche, lockere Boden speichert sehr viel Wasser, ein Schwamm gegen Extremwasserereignisse. Und die Tiny Forests können Lärm- oder Sichtschutz vor Autobahnen sein." Im Gegenzug wird der Wald nicht abgeerntet.
Fröbel-Kita in Berlin-Köpenick hat jetzt auch so ein Wäldchen
Auch in Berlin existiert bereits so ein kleines Wäldchen. Im vergangenen Herbst legten Vereinsmitglieder zusammen mit Kindern und Eltern einen im Fröbel-Kindergarten "Im Grünen" in Berlin-Köpenick an.
Der fortlaufende Unterhaltungsaufwand halte sich laut Miya in Grenzen: In den kommenden zwei, drei Jahren müsse nur Unkraut gejätet und die Bäume gegossen werden. Dann entwickle sich der Tiny Forest von selbst weiter. "Die Kinder haben sich bei uns gewünscht, dass bei uns im Garten nochmal Versteckmöglichkeiten für sie geschaffen werden, nochmal Naturräume, wo sie Tiere beobachten können, Pflanzen beobachten können beim Wachsen", sagt Chefin Kita-Leiterin Rahel Schönemann.
Das Miya-Team arbeitet waldpädagogisch mit der Kita zusammen und möchte viele Menschen zu Tiny Forests ermutigen. "Es ist kein Hexenwerk, so etwas anzulegen. Wir wollen das Wissen verbreiten. Wir wollen Leute dazu ermächtigen, das selbst umzusetzen, um auch vor den vielen globalen Probleme, die wir haben, eine Zukunftsperspektive zu geben", erklärt Gollwick.
Die Miya-Macher planen inzwischen bundesweit Mini-Wälder für unterschiedliche städtische Flächen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.06.2023, 14:10 Uhr