Kabinett beschließt Gesetzesentwurf - Verkehrswende-Bündnis kritisiert neues Mobilitätsgesetz der Brandenburger Regierung

Di 05.09.23 | 19:06 Uhr
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Symbolbild:Ein Zug der Verbindung RB 66 steht am Hauptbahnhof in Stettin.(Quelle:Deutsche Bahn AG/V.Emersleben)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.09.2023 | Material: Markus Woller | Bild: Deutsche Bahn AG/V.Emersleben

Mehr Bahnen und Busse, mehr Rad- und Fußverkehr: So steht es im Entwurf des neuen Mobilitätsgesetzes, das die Brandenburger Regierung am Dienstag beschlossen hat. Nun muss der Landtag darüber beraten. Kritikern geht das Gesetz nicht weit genug.

Die Brandenburger Regierung hat am Dienstag den Entwurf für ein Mobilitätsgesetz beschlossen. Das soll nun im Landtag beraten werden. Ziel sei es, den Anteil des Öffentlichen Nahverkehrs sowie des Rad- und Fußgängerverkehrs bis 2030 von derzeit 42 Prozent auf 60 Prozent zu erhöhen, sagte der Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) in Elbe-Elster, wo das Kabinett am Dienstag tagte.

Dieser sogenannte Umweltverbund soll Vorrang vor dem Auto haben: In Planung ist ein landesweites Radwegenetz, für Landstraßen soll dagegen künftig Erhalt vor Neubau gelten. Und im Schienennetz sind stündliche Grundtakte zur nächsten großen Stadt vorgesehen.

Der Verkehrsstaatssekretär Rainer Genilke (CDU) erklärte dem rbb, es gehe nicht darum, das Auto zu verdrängen. Vielmehr sollte etwa der Busverkehr mit den Abfahrtszeiten der Bahnen abgestimmt werden, damit die Menschen für die Fahrt zum Bahnhof nicht das Auto nutzen. Auch Fahrten auf Bestellung, etwa durch Rufbusse oder auch Taxis, sollen ausgebaut werden.

Zwei Jahre lang hatten Bürgerinitiativen, Verkehrsverbände und andere Interessengruppen mit Vertretern des Brandenburger Verkehrsministeriums über ein solches Gesetz diskutiert und verhandelt. Am Dienstag lautete der Tenor aus der Zivilgesellschaft: Der Entwurf geht deutlich weniger weit, als ursprünglich angekündigt.

"Bündnis Verkehrswende Brandenburg" kritisiert Entwurf

Die Volksinitiative "Verkehrswende Brandenburg jetzt!", ein Zusammenschluss aus 17 Brandenburger Verkehrs- und Umweltverbänden, teilte als Reaktion mit, der Gesetzentwurf bleibe "deutlich hinter dem Ergebnis des knapp zweijährigen Dialogprozesses zurück", den man im vergangenen Juli gemeinsam präsentiert habe.

Am Bündnis "Verkehrswende Brandenburg" beteiligt war auch der Brandenburger Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Die Pläne seien zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sagte die VCD-Sprecherin Anna Duksch dem rbb. Es sei aber nötig, dass das Land die Vorhaben auch finanziere. Denn das könnten die Kommunen nicht alleine leisten. Die Frage sei auch, ob der politische Wille für die Verkehrswende da sei - und da sei sie sich nicht sicher, so Duksch.

Der stellvertretende Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Christian Wessel warf der Regierung zu wenig Ambitionen bei der Verkehrswende und eine Abschwächung der ursprünglichen Pläne vor. "Der Entwurf des Mobilitätsgesetzes (...) stellte einen Minimalkonsens dar, für den die 17 Mitglieder unseres Bündnisses weitreichende Kompromisse gemacht haben. Trotzdem waren wichtige Ansätze für eine Verkehrswende erkennbar", sagte Wessel. Diese Stellschrauben seien nun aus dem Entwurf gestrichen worden. "Wird das Gesetz so beschlossen, bleibt es ein Papiertiger, der zwar Ziele formuliert, diese aber nicht erreichen kann", sagte Wessel. Der Landtag will noch in diesem Jahr über das erste Mobilitätsgesetz für Brandenburg abstimmen.

Auch Oppositionspolitiker kritisierten den Gesetzesentwurf am Dienstag. Der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, Peter Vida, sagte, die Regierung kündige immer an und sage nicht, wie sie die Mobilitätswende finanzieren wolle.

Beermann: 600 Vorschläge berücksichtigt

Die Landesregierung will auch das Zug-Angebot in Brandenburg in den kommenden vier Jahren deutlich ausbauen. Nach dem Nahverkehrsplan 2023/27 sollen die pro Jahr gefahrenen Zugkilometer um 27 Prozent erhöht werden, sagte der Verkehrsminister am Dienstag nach der Kabinettssitzung. Einen großen Anteil habe dabei die Ausweitung im Netz Elbe-Spree mit zahlreichen Regionalbahnlinien um fast ein Drittel, berichtete der Minister. Ende kommenden Jahres solle die Stammstrecke der Heidekrautbahn zwischen Berlin und Schönwalde wieder in Betrieb genommen werden und Ende 2026 eine Direktverbindung zwischen Berlin und Stettin.

Zu dem im Mai erstmals vorgestellten Nahverkehrsplan habe es 3.200 Einwendungen von Verbänden und Kommunen gegeben, berichtete Beermann. Daraus seien etwa 600 Vorschläge und Forderungen berücksichtigt worden. So seien für den Zeitraum nach 2030 ein 15-Minuten-Takt auf der Strecke des viel genutzten RE1 zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) und 20-Minutentakte auf den S-Bahn-Strecken im ländlichen Raum von Ludwigsfelde nach Jüterbog sowie zwischen Königs Wusterhausen und Cottbus geplant.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.09.2023, 19:30 Uhr

12 Kommentare

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  1. 12.

    Wie in den letzten 20 Jahren sind keine Verbesserungen beim re5 zu lesen. Auch in den nächsten Jahren wieder das Leben in vollen Zügen im 2 h takt genießen. Letztes Jahr war das 9 Euro schuld. Dieses Jahr das Deutschlandticket. Die Politik duckt sich jedes Jahr, bis der Herbst kommt. Kein Wunder, dass einige Fahrgäste mit der Bundesregierung sowie der Landesregierungen unzufrieden sind. Politikverdrossenheit leicht gemacht.

  2. 11.

    Mobilitätswende: Anscheinend sollen wir ganz mobil die ach so wichtigen Nachtzüge nach Polen nutzen, dort wenden und mit dem Flixbus zurück fahren.

  3. 10.

    Wie soll die mobilitswede gelingen wen Regionalbahnstrecken stillgelegt werden; und die s.bahn ins Umland nicht weiterkommt?

  4. 9.

    Danke für diesen Kommentar. Sie sprechen nicht nur mir aus dem Herzen. Liebe Grüße.

  5. 8.

    Selbst der Ausbau der Straßenbahnlinien in Potsdam und in den Potsdamer Ortsteilen, geht seit Jahren nicht voran.
    Viele Radwege in den nördlichen Ortsteilen, fehlen immer noch - Mobilitätswende benötigt Geld und Investitionen in die Bahn/Tram/Radwege

  6. 7.

    Ankündigungen - Ankündigungen - Ankündigungen
    Die Bahn fehlt in vielen Brandenburger Städten und Kommunen - die Bahnanbindung, die es in vielen Orten vor mehr als hundert Jahren, schon gab.
    Rufbusse, Taxis als Bus/Bahnersatz, Radfahren über weite Strecken über Land, Busse die stundenlang fahren usw.
    Die Bahnanbindung Flächendeckend fehlt im Land Brandenburg und die Investitionen in die Bahn.

  7. 6.

    Hoffentlich zählt dann auch der, der beauftragt. Ohne bundesweites 49 Euro,-Ticket, verpflichtend für Arbeitgeber im Bundesland Brandenburg wird es nichts mit der Mobilitätswende. Die Unternehmen in Brandenburg müssen verpflichtet werden zu ÖPNV first.

  8. 5.

    Vielleicht sollte man doch mal die alten DDR Gleisanlagen reaktivieren bzw. wieder verlegen,wo sie nach der Wende voreilig entfernt wurden.Dies betrifft sie auch in heute noch genutzten Industrie-/Gewerbeanlagen.Man könnte ja auch mal zurückblicken,wie damals Bus- und Bahntactung funktionierten im ländlichen Raum und auf welchen Strecken, die Busse regelmäßig pendelten zwischen den Dörfern,um Menschen zur Bahn zu bringen.War für Berufstätige, Schüler/Azubis,Rentner usw doch gar nicht so schlecht. Müsste vielleicht mit mal mit einem Zug für 50 Leute angefangen werden,Busse gibt es tatsächlich auch in verschiedenen Größen.War ja nicht alles nur schlecht im Osten.Man kann tatsächlich auch etwas von uns lernen.
    Ps. : Ich wünschte mir endlichmal,soviel Jahre nach der Wende,dass in den Medien und auch in der Bundesregierung nicht mehr von alten und neuen Bundesländern die Rede ist,bei aktuellen Themen. Die Bundesländer haben Namen.Wir sind ein Volk. Glaubt mir,es würde helfen.

  9. 4.

    Ja - die Steuern werden zu sehr großen Teilen auch, von den Landbewohnern:innen bezahlt, aber ein moderner und zuverlässiger ÖPNV, kommt auf dem Lande, einfach nicht an.
    Der Bus tuckelt viel zu langsam über jede noch so kleine ,, Milchkanne,, und eine moderne Bahnanbindung fehlt in vielen Brandenburger Kommunen.
    Und am Wochenende ist teilweise gar kein Bus mehr, unterwegs - trauriger altmodischer ÖPNV in vielen Kommunen/Städten

  10. 3.

    Die Taktzeiten sollen da verbessert werden, wo Schienen sind. Wo keine sind, bleibt das Fahrrad oder ein Rufbus, der nur bestimmte Gebiete abdeckt. Beim Rufbus gibt es keinen Fahrplan, je nach Nutzung juckelt der durch die Dörfer und man weiß nie, wann man ankommt. Der gebuchte Anschlussrufbus ist dann weg und man steht wie bestellt und nicht abgeholt mitten in der Pampa. Anscheinend ist es nicht möglich wenigstens im morgendlichen Berufsverkehr regulär von A nach B zu kommen - nicht mal innerhalb eines Landkreises, weil die Fahrrouten sich seit der Kreisgebietsreform nicht verändert haben und die Linien nach wie vor nur die alten Routen abdecken. Das ist wirklich der ganz große Wurf. Lasst den Scheiß einfach und den Landbewohnern ihr Auto ohne Kfz-Steuer und mit Tankrabatt und höherer Pendlerpauschale. Sie helfen sich schon selber, wie immer. Sie zahlen von ihren Steuern den ÖPNV mit, den sie nicht nutzen können. Tolle Daseinsfürsorge!

  11. 2.

    Viele Bahnstrecken im Flächenland Brandenburg, warten seit Jahren/Jahrzehnten, auf eine Reaktivierung.
    Bahnstrecken im Osten/Norden/Westen/Süden von Brandenburg, warten ungeduldig auf eine Wiederbelebung der Bahn.
    Viele Regionen in Brandenburg, wachsen seit der politischen Wende, aber die Infrastruktur bleibt total auf der Strecke und Investitionen fehlen vielerorts.

  12. 1.

    Es ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung vom Landeskabinett und den vielen anderen die mitgewirkt haben. Aber es muss nicht nur die Strecke der RE2 ausgebaut werden sondern auch die zwischen Senftenberg und Lübbenau von der RE7 und auch die Strecke zwischen Falkenberg/Elster und Berlin wo die RE4 fährt da dort teilweise immer noch ein gleisig gefahren wird. Aber auch in Lk OSL und EE muss vieles bei Busverbindungen verbessert werden und weniger Rufbusse... das wäre gut.

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