Kabinett beschließt Gesetzesentwurf - Verkehrswende-Bündnis kritisiert neues Mobilitätsgesetz der Brandenburger Regierung
Mehr Bahnen und Busse, mehr Rad- und Fußverkehr: So steht es im Entwurf des neuen Mobilitätsgesetzes, das die Brandenburger Regierung am Dienstag beschlossen hat. Nun muss der Landtag darüber beraten. Kritikern geht das Gesetz nicht weit genug.
Die Brandenburger Regierung hat am Dienstag den Entwurf für ein Mobilitätsgesetz beschlossen. Das soll nun im Landtag beraten werden. Ziel sei es, den Anteil des Öffentlichen Nahverkehrs sowie des Rad- und Fußgängerverkehrs bis 2030 von derzeit 42 Prozent auf 60 Prozent zu erhöhen, sagte der Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) in Elbe-Elster, wo das Kabinett am Dienstag tagte.
Dieser sogenannte Umweltverbund soll Vorrang vor dem Auto haben: In Planung ist ein landesweites Radwegenetz, für Landstraßen soll dagegen künftig Erhalt vor Neubau gelten. Und im Schienennetz sind stündliche Grundtakte zur nächsten großen Stadt vorgesehen.
Der Verkehrsstaatssekretär Rainer Genilke (CDU) erklärte dem rbb, es gehe nicht darum, das Auto zu verdrängen. Vielmehr sollte etwa der Busverkehr mit den Abfahrtszeiten der Bahnen abgestimmt werden, damit die Menschen für die Fahrt zum Bahnhof nicht das Auto nutzen. Auch Fahrten auf Bestellung, etwa durch Rufbusse oder auch Taxis, sollen ausgebaut werden.
Zwei Jahre lang hatten Bürgerinitiativen, Verkehrsverbände und andere Interessengruppen mit Vertretern des Brandenburger Verkehrsministeriums über ein solches Gesetz diskutiert und verhandelt. Am Dienstag lautete der Tenor aus der Zivilgesellschaft: Der Entwurf geht deutlich weniger weit, als ursprünglich angekündigt.
"Bündnis Verkehrswende Brandenburg" kritisiert Entwurf
Die Volksinitiative "Verkehrswende Brandenburg jetzt!", ein Zusammenschluss aus 17 Brandenburger Verkehrs- und Umweltverbänden, teilte als Reaktion mit, der Gesetzentwurf bleibe "deutlich hinter dem Ergebnis des knapp zweijährigen Dialogprozesses zurück", den man im vergangenen Juli gemeinsam präsentiert habe.
Am Bündnis "Verkehrswende Brandenburg" beteiligt war auch der Brandenburger Landesverband des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Die Pläne seien zwar ein Schritt in die richtige Richtung, sagte die VCD-Sprecherin Anna Duksch dem rbb. Es sei aber nötig, dass das Land die Vorhaben auch finanziere. Denn das könnten die Kommunen nicht alleine leisten. Die Frage sei auch, ob der politische Wille für die Verkehrswende da sei - und da sei sie sich nicht sicher, so Duksch.
Der stellvertretende Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Christian Wessel warf der Regierung zu wenig Ambitionen bei der Verkehrswende und eine Abschwächung der ursprünglichen Pläne vor. "Der Entwurf des Mobilitätsgesetzes (...) stellte einen Minimalkonsens dar, für den die 17 Mitglieder unseres Bündnisses weitreichende Kompromisse gemacht haben. Trotzdem waren wichtige Ansätze für eine Verkehrswende erkennbar", sagte Wessel. Diese Stellschrauben seien nun aus dem Entwurf gestrichen worden. "Wird das Gesetz so beschlossen, bleibt es ein Papiertiger, der zwar Ziele formuliert, diese aber nicht erreichen kann", sagte Wessel. Der Landtag will noch in diesem Jahr über das erste Mobilitätsgesetz für Brandenburg abstimmen.
Auch Oppositionspolitiker kritisierten den Gesetzesentwurf am Dienstag. Der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, Peter Vida, sagte, die Regierung kündige immer an und sage nicht, wie sie die Mobilitätswende finanzieren wolle.
Beermann: 600 Vorschläge berücksichtigt
Die Landesregierung will auch das Zug-Angebot in Brandenburg in den kommenden vier Jahren deutlich ausbauen. Nach dem Nahverkehrsplan 2023/27 sollen die pro Jahr gefahrenen Zugkilometer um 27 Prozent erhöht werden, sagte der Verkehrsminister am Dienstag nach der Kabinettssitzung. Einen großen Anteil habe dabei die Ausweitung im Netz Elbe-Spree mit zahlreichen Regionalbahnlinien um fast ein Drittel, berichtete der Minister. Ende kommenden Jahres solle die Stammstrecke der Heidekrautbahn zwischen Berlin und Schönwalde wieder in Betrieb genommen werden und Ende 2026 eine Direktverbindung zwischen Berlin und Stettin.
Zu dem im Mai erstmals vorgestellten Nahverkehrsplan habe es 3.200 Einwendungen von Verbänden und Kommunen gegeben, berichtete Beermann. Daraus seien etwa 600 Vorschläge und Forderungen berücksichtigt worden. So seien für den Zeitraum nach 2030 ein 15-Minuten-Takt auf der Strecke des viel genutzten RE1 zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) und 20-Minutentakte auf den S-Bahn-Strecken im ländlichen Raum von Ludwigsfelde nach Jüterbog sowie zwischen Königs Wusterhausen und Cottbus geplant.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.09.2023, 19:30 Uhr