Kosten für Fußball-EM 2024 - Kunstrasen, Toiletten und eine Fehlkalkulation

Fr 06.10.23 | 19:27 Uhr | Von Franziska Hoppen
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Iris Spranger (SPD), Berlins Innensenatorin. (Foto: dpa)
Video: rbb24 Abendschau | 06.10.2023 | Dorit Knieling | Bild: dpa

Warum genau die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Berlin deutlich teurer wird – aber auch viel Geld in die Kassen spülen soll. Von Franziska Hoppen

  • Hohe Bau-, Energie-, Personalkosten lassen Kalkulation für EM-Fanmeile in Berlin deutlich steigen
  • Opposition kritisiert Intransparenz des Senats bei Kostenkalkulation
  • 2,5 Millionen Gäste werden erwartet - Senat rechnet auch mit Millionen-Gewinnen

Die Berliner Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) kam gleich auf den Punkt: Durch Nachfragen im Zusammenhang mit der Fanmeile sei die Sportverwaltung stutzig geworden – und habe sich noch einmal die gesamte Berliner Planung für die Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr unter die Lupe genommen.

Spranger sprach am Freitag im Sportausschuss von einer "erheblichen Finanzierungslücke" und "weitgehenden Problematiken". So hatte man etwa nicht genug Kosten für Toiletten und den Umbau der Rollstuhlplätze eingeplant, oder für die Modernisierung der Übertragungskameras und Erhöhung der Einlassdrehkreuze am Olympiastadion. Spranger sagte es zwar nicht so deutlich und wies "stümperhaftes Arbeiten" weit von sich. Aber Grund für die Kostensteigerung von 21 Millionen Euro – auf insgesamt knapp 82 Millionen Euro - dürften auch Fehlkalkulationen der Sportverwaltung sein. Jedoch nicht nur.

Die Vergabe für die Europameisterschaft in Deutschland erfolgte 2018. Dass Berlin fünf Jahre später mit mehr Geld plane, erschrecke ihn nicht, sagte Dennis Buchner, der für die SPD im Sportausschuss sitzt. "Zum Glück!", seien die Kosten für Personal, etwa beim Catering oder bei Sicherheitsdiensten, mittlerweile gestiegen, "zuvor haben die nämlich nicht besonders gut verdient."

Hohe Energie- und Baukosten schlagen derzeit zusätzlich zu Buche. Und dann steht Berlin noch bei der Suche nach Dienstleistern in Konkurrenz mit den anderen deutschen Austragungsorten, darunter etwa München und Hamburg. Obendrauf kommen veränderte Vorgaben des europäischen Fußballverbands Uefa, etwa beim Sicherheitskonzept.

Ampeln der Uefa von Rot auf Gelb und Grün

"Wir haben rote Ampeln von der Uefa bekommen", versuchte Spranger ihr Dilemma zu erklären, so unzufrieden sei der europäische Verband mit Berlins Vorbereitungen gewesen. Die Sportverwaltung habe "Nächte und Wochenenden durchgearbeitet", so Spranger.

Nun stünden die Ampeln auf Gelb und Grün. Soll heißen: Zumindest die Uefa ist zufrieden. Die Opposition dafür umso weniger. Anscheinend erfuhren einige Parlamentarier erst aus der Presse, dass die EM in Berlin deutlich teurer wird.

Auch nach der Ausschusssitzung am Freitag hatten einige noch offene Fragen. "Der Senat hat es heute nicht geschafft, Transparenz darüber herzustellen, wie diese Kostensteigerungen entstanden sind und wie wir dieses Problem jetzt lösen werden. Auf keine der Frage, zu welchem Zeitpunkt wer damit befasst war in der Verwaltung wurde geantwortet", sagte Klara Schedlich, Sportpolitikerin der Grünen-Fraktion.

Spectacular Kulturprojekte

Zu den Vorgaben der Uefa gehört anscheinend auch, dass Berlin ein sogenanntes Spectacular liefert. Das erklärte Moritz van Dülmen, Geschäftsführer der Kulturprojekte Berlin, eine landeseigene Gesellschaft, die das Spektakel liefern soll. Kulturprojekte will dazu das Brandenburger Tor in "das größte Fußballtor der Welt" verwandeln, heißt es auf dessen Internetseite [kulturprojekte.berlin].

Direkt davor wird auf der Straße des 17. Juni Kunstrasen ausgerollt: insgesamt 20.000 Quadratmeter. Es sei jedoch denkbar, dass die Uefa diesen Fan-Treffpunkt durch eigene Sponsoren finanziere, so van Dülmen. Haushaltspolitiker dürften das begrüßen: Der Kunstrasen soll täglich vier Wochen lang manuell gereinigt werden. Geplant ist, den Rasen danach an verschiedenen Stellen der Stadt wiederzuverwenden.

Millionen-Umsatz

Sportsenatorin Spranger betonte derweil auch die Gewinne, die sie für das Land Berlin erwartet: 2,5 Millionen Gäste werden erwartet, die voraussichtlich Hotels buchen, in Restaurants essen und die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen werden und so wiederum die Steuereinnahmen des Landes erhöhen könnten.

Beim DFB-Pokalfinale etwa hätten die Besucher bei nur einem Spiel 50,6 Millionen Euro in der Stadt gelassen, so Spranger. Und bei der EM werden in der Hauptstadt gleich sechs Spiele gespielt. "Das ist ein Mehrwert für Berlin, das ist völlig klar", sagte die Sportsenatorin. Ein Indikator für das Interesse an der Kontinental-Meisterschaft könnte die Zahl der Bewerbungen für die freiwilligen Helfer sein: Die Uefa sucht 1.700 Volunteers. 25.000 Menschen hätten sich beworben.

Bei den Vorbereitungen in den noch verbleibenden Monaten sollen in der Sportverwaltung nun noch mehr Mitarbeitende anpacken, der Kreis von ursprünglich elf soll auf bis zu 30 Menschen aufgestockt werden.

Zur Causa Nicola Böcker-Giannini äußerte sich Spranger am Freitag explizit nicht. Die Senatorin hatte ihrer Sportstaatssekretärin vergangene Woche überraschend gekündigt und Hausverbot erteilt. Böcker-Gianninis Anwalt Ralf Kleindiek kritisierte gegenüber dem rbb: Sprangers Kritik an der EM-Planung könne man nur als indirekte Kritik an seiner Mandantin verstehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.10.2023, 17:20 Uhr

Beitrag von Franziska Hoppen

58 Kommentare

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  1. 58.

    Die UEFA verdient ordentlich Geld mit der EM. Dann können sie auch den Aufwand bezahlen. Gewinne einstecken und die Gemeinschaft auf den Kosten sitzen lassen finde ich asozial.
    Egal ob Modellbahn, Golf oder Fußball. Es gibt ja auch Leute, die mit Fußball gar nix anfangen können. Da gehöre ich nicht mal dazu - habe dafür aber Verständnis.

  2. 57.

    Danke schön und viel Spaß. Davon bekomme ich aber immer noch keine bezahlbare 1 Zimmerwohnung ohne Wbs. Die stehen immer noch mit über 640 kalt drin. Auch mit Dankbarkeit.
    Danke schön und viel Spaß bei der EM.

  3. 56.

    "Das Geld wäre für:
    - Sanierung des Brandenburger Tor
    - Flüchtlingsheime
    - Die Tafeln
    - Krankenhäuser
    besser investiert.
    War das zu Real? Zu kritisch?"

    Absolut unrealistisch.
    Die Sanierung des Brandenburger Tors haben wohl die Bekloppten der LG zu zahlen.

  4. 55.

    Wäre möglich, aber man sollte Kultur- und Sportförderung nicht nur am Break-even messen...dann wäre in Berlin tote Hose.
    Andere Städte bekommen es schließlich auch hin.

  5. 54.

    Kunstrasen - also ich weiß nicht. Wäre es nicht einfacher manche Hinterlassenschaften von Freierwütigen einfach vom Straßenbelag zu "kärchern" anstelle dies mühsam aus dem Plastikflor zu pulen. Aber in Ernst, "Balkonauslegware" dürfte keine drei Tage halten, also sollte es schon was Höherwertiges sein. Da liegt der Preis pro qm etwa um 30 Euro, macht rd. 600.000 Euro plus Transport / Verlegung. Das nur fürs temporäre "hübsch aussehen"? Zur Wiederverwertung dürfte auch nicht die ganze Ware kommen. Also Entsorgungskosten plus Transport für den möglichweise verwendbaren Rest. Dieser verlegt sich am neuen Standort auch nicht von selbst. Also nochmal in die Börse greifen. Ich sehe unterm Strich gerade einen siebenstelligen Betrag am Horizont.
    Ok, als reiche Hauptstadt kann man ja aus dem vollen schöpfen und die Zinsen sind eh im Keller ;-).

  6. 53.

    So, ich schreib es jetzt, obwohl das mit dem Thema überhaupt nichts zu tun hat:

    Wenn die Handball-EM im Januar in Deutschland stattfindet, freue ich mich wie doll und verrückt (habe selber 25 Jahre gespielt) und das werde ich mir dann bestimmt nicht vermiesen lassen.....lächel. Ok, Handball ist nicht Fußball, das wird aber auch Geld kosten, wenn auch längst nicht so viel ;)

  7. 51.

    Das Geld wäre für:
    - Sanierung des Brandenburger Tor
    - Flüchtlingsheime
    - Die Tafeln
    - Krankenhäuser
    besser investiert.
    War das zu Real? Zu kritisch?

  8. 50.

    Freue mich auf die EM Spiele in Berlin. Werd mir einige Spiele ansehen und Brandenburger Geld auch in Berlin lassen, damit die Finanzlücke kleiner wird. Erwarte hier von den Berlinern etwas Dankbarkeit.

  9. 49.

    Huhu.....winke, winke, das ist ein Wunsch von ihm, nicht mehr und nicht weniger. Dafür bekommt er es heute aber ganz schön dicke ab.
    Huch, Entschuldigung, ich dachte, ihr Kommentar bezog sich auf seine Aussage von 15:15 Uhr, sorry. Trotzdem kann ich den Wunsch nach mehr "wir" irgendwie nachvollziehen. Wünschen wir uns das nicht irgendwie alle?

  10. 48.

    Huhu.....winke, winke, das ist ein Wunsch von ihm, nicht mehr und nicht weniger. Dafür bekommt er es heute aber ganz schön dicke ab, ach manno.

  11. 47.

    Ja, immer lustig und vergnügt, bis dass der ...

    Und wer Kritik übt, gehört weggesperrt. Mindestens!

  12. 46.

    et voila
    Genau das ist auch mein Gedanke. Wir aber vor allem von der Politik wird mehr Nachhaltigkeit gefordert und dann soll so ein Plastik Projekt umgesetzt werden. Ich weiß nicht was ich davon halten soll

  13. 45.

    „Man rechnet mit Millionen Gewinnen“
    Das stimmt zwar, sagt aber aus, dass dies eine Formulierung für ein Minusgeschäft immer der Gleichen ist. Wer nicht rechnen kann oder will, benutzt Solcherlei.

  14. 44.

    Für ALLE Berliner? Auch für die die sich eine Bratwurst für 9 € und ein Bier für 7 € nicht leisten können?

  15. 43.

    Wieder mal was für Alle Berliner. Sommermärchen 2.0 wäre super.

  16. 42.

    Als ich davon im inforadio hörte platzte es raus : Die haben eine große Meise; Berlin darf sich nicht jeden Stuss vorschreiben lassen. Jeden Abend / nachts Großreinigung mit Chemie und viel Wasser.

  17. 41.

    Na freden, wer war denn die ganze Zeit Innensenatorin/Innensenator? Spranger und Geisel!

  18. 39.

    Max, wissen Sie noch, wer in Berlin regierte, als die Fußball-EM vergeben und die Fanmeile von Kulturprojekte Berlin geplant wurde?

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