Deutlicher Kostenanstieg - Ausrichtung der Fußball-EM 2024 kostet Berlin mindestens 80 Millionen Euro
Die Austragung der Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr wird für Berlin deutlich teurer als zunächst angenommen. Wie der rbb exklusiv aus Parlamentskreisen erfuhr, steigen die Kosten von rund 64 Millionen Euro auf mindestens 80 Millionen Euro. Von Sebastian Schöbel
Die Kosten für die Ausrichtung von mehreren Spielen der Fußball-Europameisterschaft 2024 steigen für Berlin auf über 80 Millionen Euro. Das erfuhr der rbb aus Parlamentskreisen. Damit steigen die Ausgaben um fast 20 Millionen Euro. Ursprünglich hatte Berlin mit 61 Millionen Euro geplant, zuletzt war bereits die Rede von rund 64 Millionen Euro.
Zuvor hatte Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) bereits im Hauptausschuss erklärt, die EM werde Mehrkosten verursachen, nannte allerdings keine konkreten Zahlen. Spranger verwies auf den Sportausschuss am Freitag.
Entlassung von Staatssekretärin sorgte für Aufregung
Die gestiegenen Kosten sind nach rbb-Informationen durch neue Berechnungen einer extra eingesetzten Arbeitsgruppe in der Sportverwaltung aufgefallen. Offenbar stehen sie auch im Zusammenhang mit der Entlassung von Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini (SPD). Spranger hatte die Staatssekretärin Ende letzter Woche überraschend über ihre Entlassung informiert und ihr auch Hausverbot erteilt. Über die Personalie muss nun allerdings noch der Senat entscheiden.
Spranger selbst wollte ihre Entscheidung auf Nachfrage im Hauptauschuss am Mittwoch nicht kommentieren, weil es sich um eine Einzelpersonalentscheidung handele. "Auch wenn es zulasten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport geht, bedeutet ein verantwortungsbewusster Umgang, dass wir auch weiterhin den Persönlichkeitsrechten von Frau Dr. Böcker-Giannini den Vorrang einräumen", sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Sport auf rbb-Nachfrage.
Der Anwalt von Böcker-Giannini, Berlins ehemaliger Chef-Verwaltungsmodernisierer Ralf Kleindiek, hatte in einem Statement, das dem rbb vorliegt, erklärt, die Entscheidung Sprangers sei unbegründet. Er kündigte an, dass sich seine Mandantin gegen die Entlassung wehren werde.
Verschiedene Kostenpunkte
Die Kosten für die EM teilen sich auf verschiedene Bereiche auf. Ursprünglich, als noch mit einer Summe von 61 Millionen Euro gerechnet wurde, wurden 36,2 Millionen Euro für die Austragung der EM außerhalb des Stadions kalkuliert.
Dazu zählten unter anderem die Sicherheitskosten während des Turniers in der gesamten Stadt in Höhe von 7,12 Millionen Euro oder die Organisation der sogenannten "Host City Events", wie zum Beispiel der Fanmeile am Brandenburger Tor, in Höhe von 16,68 Millionen Euro. Für die Ertüchtigung des Olympiastadions waren 27 Millionen Euro eingeplant.
Darüber hinaus fallen "sportanlagenbezogene Maßnahmen" an, die Um- und Ausbaukosten am Olympiastadion und im Olympiapark beinhalten. Hier rechnete der Senat ursprünglich mit Kosten in Höhe von 24,9 Millionen Euro. Das Stadion soll barrierefreier werden, die digitale Infrastruktur, wie zum Beispiel das WLAN, verbessert und die Sanitäranlagen ausgebaut werden.
Wo genau nun Mehrkosten entstehen und wie die genauen Summen für die jeweiligen Teilbereiche aussehen, ist noch unklar.
Opposition fordert Klarheit
Die Entscheidung war nicht nur in Reihen der SPD umstritten. Es sei nun unklar, wie die Sportverwaltung die Mammutaufgabe der EM-Vorbereitung stemmen will, sagte Silke Gebel, die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen. Sebastian Schlüsselburg, Haushaltsexperte der Linken, kritisierte den Mangel an Informationen über den Vorgang. "Wenn es stimmt, dass das mit der Finanzierung der Euro zusammenhängt, dann müssen wir Klarheit haben über die Kosten, die auf Berlin zukommen."
Kristin Brinker, die Fraktionschefin der AfD, sprach sich dafür aus, Böcker-Gianninis Stelle unbesetzt zu lassen, um die Ausgaben für Spitzenpersonal zu vermindern. Der Streit sei ein "SPD-internes Problem": Bei der Besetzung solcher Stellen sollte es nicht um Proporz, sondern um Qualifikation gehen.
Jusos Reinickendorf kritisieren Spranger
Dass es sich bei der Entlassung von Böcker-Giannini um einen parteininternen Machtkampf handeln könnte, ließen die Jusos in Reinickendorf durchblicken. Der Bezirksverband der SPD-Jugendorganisation kritisierte Spranger scharf: Der Schritt stoße "auf absolutes Unverständnis". Man habe mit Böcker-Giannini gut zusammengearbeitet. Ihre Entlassung, so die Jusos in einem Statement am Mittwoch, sei offenbar darauf zurückzuführen, dass sie "größte innerparteiliche Konkurrentin des Reinickendorfer SPD-Vorsitzenden Jörg Stroedter" sei. Denn als Nachfolger wurde in einigen Medien bereits der Reinickendorfer SPD-Politiker Torsten Einstmann gehandelt, der als "zur engsten Gefolgschaft Stroedters" gehöre. Jörg Stroedter ist zudem auch Ehemann von Senatorin Spranger.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.10.23, 16:30 Uhr