Deutlicher Kostenanstieg - Ausrichtung der Fußball-EM 2024 kostet Berlin mindestens 80 Millionen Euro

Mi 04.10.23 | 17:20 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Symbolbild:Fans der deutschen Fussballnationalmannschaft auf der Berliner Fanmeile.(Quelle:dpa/B.v.Jutrczenka)
Audio: rbb24 Inforadio | 04.10.2023 | Ute Schumacher | Bild: dpa/B.v.Jutrczenka

Die Austragung der Fußball-Europameisterschaft im nächsten Jahr wird für Berlin deutlich teurer als zunächst angenommen. Wie der rbb exklusiv aus Parlamentskreisen erfuhr, steigen die Kosten von rund 64 Millionen Euro auf mindestens 80 Millionen Euro. Von Sebastian Schöbel

Die Kosten für die Ausrichtung von mehreren Spielen der Fußball-Europameisterschaft 2024 steigen für Berlin auf über 80 Millionen Euro. Das erfuhr der rbb aus Parlamentskreisen. Damit steigen die Ausgaben um fast 20 Millionen Euro. Ursprünglich hatte Berlin mit 61 Millionen Euro geplant, zuletzt war bereits die Rede von rund 64 Millionen Euro.

Zuvor hatte Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) bereits im Hauptausschuss erklärt, die EM werde Mehrkosten verursachen, nannte allerdings keine konkreten Zahlen. Spranger verwies auf den Sportausschuss am Freitag.

Entlassung von Staatssekretärin sorgte für Aufregung

Die gestiegenen Kosten sind nach rbb-Informationen durch neue Berechnungen einer extra eingesetzten Arbeitsgruppe in der Sportverwaltung aufgefallen. Offenbar stehen sie auch im Zusammenhang mit der Entlassung von Sportstaatssekretärin Nicola Böcker-Giannini (SPD). Spranger hatte die Staatssekretärin Ende letzter Woche überraschend über ihre Entlassung informiert und ihr auch Hausverbot erteilt. Über die Personalie muss nun allerdings noch der Senat entscheiden.

Spranger selbst wollte ihre Entscheidung auf Nachfrage im Hauptauschuss am Mittwoch nicht kommentieren, weil es sich um eine Einzelpersonalentscheidung handele. "Auch wenn es zulasten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport geht, bedeutet ein verantwortungsbewusster Umgang, dass wir auch weiterhin den Persönlichkeitsrechten von Frau Dr. Böcker-Giannini den Vorrang einräumen", sagte ein Sprecher der Senatsverwaltung für Sport auf rbb-Nachfrage.

Der Anwalt von Böcker-Giannini, Berlins ehemaliger Chef-Verwaltungsmodernisierer Ralf Kleindiek, hatte in einem Statement, das dem rbb vorliegt, erklärt, die Entscheidung Sprangers sei unbegründet. Er kündigte an, dass sich seine Mandantin gegen die Entlassung wehren werde.

Verschiedene Kostenpunkte

Die Kosten für die EM teilen sich auf verschiedene Bereiche auf. Ursprünglich, als noch mit einer Summe von 61 Millionen Euro gerechnet wurde, wurden 36,2 Millionen Euro für die Austragung der EM außerhalb des Stadions kalkuliert.

Dazu zählten unter anderem die Sicherheitskosten während des Turniers in der gesamten Stadt in Höhe von 7,12 Millionen Euro oder die Organisation der sogenannten "Host City Events", wie zum Beispiel der Fanmeile am Brandenburger Tor, in Höhe von 16,68 Millionen Euro. Für die Ertüchtigung des Olympiastadions waren 27 Millionen Euro eingeplant.

Darüber hinaus fallen "sportanlagenbezogene Maßnahmen" an, die Um- und Ausbaukosten am Olympiastadion und im Olympiapark beinhalten. Hier rechnete der Senat ursprünglich mit Kosten in Höhe von 24,9 Millionen Euro. Das Stadion soll barrierefreier werden, die digitale Infrastruktur, wie zum Beispiel das WLAN, verbessert und die Sanitäranlagen ausgebaut werden.

Wo genau nun Mehrkosten entstehen und wie die genauen Summen für die jeweiligen Teilbereiche aussehen, ist noch unklar.

Opposition fordert Klarheit

Die Entscheidung war nicht nur in Reihen der SPD umstritten. Es sei nun unklar, wie die Sportverwaltung die Mammutaufgabe der EM-Vorbereitung stemmen will, sagte Silke Gebel, die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen. Sebastian Schlüsselburg, Haushaltsexperte der Linken, kritisierte den Mangel an Informationen über den Vorgang. "Wenn es stimmt, dass das mit der Finanzierung der Euro zusammenhängt, dann müssen wir Klarheit haben über die Kosten, die auf Berlin zukommen."

Kristin Brinker, die Fraktionschefin der AfD, sprach sich dafür aus, Böcker-Gianninis Stelle unbesetzt zu lassen, um die Ausgaben für Spitzenpersonal zu vermindern. Der Streit sei ein "SPD-internes Problem": Bei der Besetzung solcher Stellen sollte es nicht um Proporz, sondern um Qualifikation gehen.

Jusos Reinickendorf kritisieren Spranger

Dass es sich bei der Entlassung von Böcker-Giannini um einen parteininternen Machtkampf handeln könnte, ließen die Jusos in Reinickendorf durchblicken. Der Bezirksverband der SPD-Jugendorganisation kritisierte Spranger scharf: Der Schritt stoße "auf absolutes Unverständnis". Man habe mit Böcker-Giannini gut zusammengearbeitet. Ihre Entlassung, so die Jusos in einem Statement am Mittwoch, sei offenbar darauf zurückzuführen, dass sie "größte innerparteiliche Konkurrentin des Reinickendorfer SPD-Vorsitzenden Jörg Stroedter" sei. Denn als Nachfolger wurde in einigen Medien bereits der Reinickendorfer SPD-Politiker Torsten Einstmann gehandelt, der als "zur engsten Gefolgschaft Stroedters" gehöre. Jörg Stroedter ist zudem auch Ehemann von Senatorin Spranger.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.10.23, 16:30 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

43 Kommentare

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  1. 43.

    Vielleicht hilft es den Artikel nochmal zu lesen. 3ter Abschnitt beschäftigt sich mit den Kosten, wenn auch recht verwirrend aber eine gewisse Aufschlüsselung wird da schon deutlich.

  2. 42.

    Es gilt, mit der PAUSCHALEN Mär aufzuräumen, dass der Spitzensport den Breitensport befördere. Im Grunde genommen gibt es finanzierungsseitig eine Konkurrenz zwischen dem so bez. Spitzensport - physikalisch gesehen: dem recht einseitigen Trimmen spezifischer Körperpartien, was dem körperlichen Ausgleich entgegensteht - und dem Breitensport als wirklicher Chance zu körperlichem Ausgleich.

    Im Grunde genommen sind derartige kommerzielle Wettbewerbe auf der Ebene von Unternehmensansiedlungen zu sehen: in einigen Fällen hat es Sinn, in anderen Fällen ist der Sinn recht fragwürdig und oft genug ist es ein glattes Zuschussgeschäft und nur ein Strohhalm.

    Eine Bezuschussung sollte mindestens mit einem Angebot an Public Viewing einhergehen, dass sich Menschen das Schauspiel, was es glücklicherweise oft genug ja immer noch ist, als einschlägige Gegenleistung anschauen können.

  3. 41.

    Brot und Spiele - nicht schlecht. Einen Teil der 80 Mio. könnten Bezirksämter und Senat ja selber einspielen mit vielen Freundschaftsspielen gegeneinander. Quasi eine Beamtenolympiade, das sorgt für Bürgernähe und wäre dem guten Zwecke dienlich, wenn die Tickets nicht zu teuer sind. Muss ja nicht immer Mikado sein. :-))

  4. 40.

    Antwort auf "Fogasius" vom Donnerstag, 05.10.2023 | 04:18 Uhr
    "Fussball fördert doch nur das schlechteste im Menschen." AHA! In Berlin gibt es m. W. 382 Fusballvereine (mit mehr als 170.000 Mitgliedern), die KEIN anderes Ziel haben, als "das schlechteste im Menschen" zu fördern?? Da haben Sie wohl irgendwas falsch verstanden.....

  5. 39.

    " wie der Senat das Olympiastadion und die übrige, noch erforderliche Infrastruktur innerhalb von neun Monaten EM tauglich zu machen gedenkt "

    Ich frage mich eher wofür die 80 Millionen ausgegeben werden sollen ?? Das Olympiastadion ist jetzt nicht in so einen schlechten Zustand das man darin keine Großveranstaltungen mehr durchführen könnte , der Anschluss mit U & S Bahn ist hervorragend , Hotels & sonstige Unterkünfte sollte es auch genug geben und restliche Dinge sollten nun auch keine unlösbaren Aufgaben sein .

  6. 38.

    " adipöse Menschen die denken, Fussball gucken hält fit! Fussball fördert doch nur das schlechteste im Menschen. "

    Wenn ich Ihren Kommentar so lese wie Sie adipöse Menschen einschätzen und wie Sie Fussball generell versuchen in einen Schublade zu stecken ohne zu unterscheiden zwischen den Breitensport mit tausenden kleinen Vereinen die dort Spaß haben und oftmals auch Halt finden und dem Profifußball mit seinen immer mehr ausufernden Erscheinungen insbesondere was Moral und Anstand angeht mache ich mir eher Gedanken was bei Ihnen alles so gefördert wurde !!!??? Das beste kann es ganz offensichtlich nicht sein !!!!

  7. 37.

    Berlin halt und Berlin möchte Olympische Spiele ausrichten, wenn es nicht mal bei der vergleichsweise billigen EM passt, Größenwahn halt.

  8. 36.

    Lieber 80 Millionen für Brot und Spiele ausgeben als hier einen immer wahrscheinlicher werdenden Bürgerkrieg ertragen zu müssen.

  9. 35.

    Warum nicht in den Sozialsektor? Wir sind ein unsoziales Land in einem unsozialen System. In Österreich, Schweiz, Holland beispielsweise gibt es nicht so viele Armutsrentner, von Kinderarmut ganz zu schweigen. Also, wenn die UEFA hier Fußball spielen möchte, sollten sie auch für ALLE Kosten aufkommen.

  10. 34.

    Bei den doch recht ehrgeizigen Plänen und der noch immer ungeklärten Finanzierung bin ich sehr gespannt, wie der Senat das Olympiastadion und die übrige, noch erforderliche Infrastruktur innerhalb von neun Monaten EM tauglich zu machen gedenkt. Vor diesem Hintergrund mitten im Planungs- und Umsetzungsprozess auch noch die fachlich sehr versierte Staatssekretärin aus offensichtlich persönlichen Gründen zu entlassen, hat schon etwas von Schildbürgertum. ;)

  11. 32.

    Besser kann man es nicht ausdrücken. Für die wirklich wichtigen Angelegenheiten ist angeblich kein Geld vorhanden.

  12. 31.

    Für die Schulen werden etwa 10 Milliarden in zehn Jahren ausgegeben. Das Geld dafür kommt übrigens unter anderem durch solche Großveranstaltungen und die dadurch erwirtschafteten Steuern herein.

  13. 29.

    Ich hätte lieber 80M Schulen ausgegeben wo die Fenster auf den Rahmen fallen…

  14. 28.

    Der BER bringt dem Steuerzahler noch lange nicht einen Cent Steuern ein.
    Die Milliarden Verluste bisher werden mit zukünftigen Gewinnen erst einmal verrechnet.
    Was unterm Strich bei der EM herauskommt wird man erst 2025 sagen können… nicht auszudenken wenn das Ganze einen Gewinn einbringt… dann gäbe es ja nichts mehr zu meckern.

  15. 27.

    Wieso werfen wir den völlig korrupten Fussballverbänden öffentliches Geld in den Rachen? wenn das Geld da ist, bitte in Schul- und Unisanierung investieren.

  16. 26.

    80 Mio. sind doch für eine Großveranstaltung mit Weltruhm billig.

  17. 24.

    Die BER ist eine dauerhafte Einrichtung und bringt dem Steuerzahler Jahr für Jahr Steuergelder ein. Die EM ist keine dauerhafte Einrichtung und bringt nur den korrupten Funktionären Gelder ein.
    Deshalb sollte die Ausrichtung der EM abgelehnt werden.

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