Schuldenbremse umgangen - "Brandenburg-Paket" soll nach Urteil zu Sondervermögen geprüft werden
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt des Bundes beunruhigt auch die Brandenburger Landespolitik. Denn auch hier wurde die Schuldenbremse umgangen. Finanzministerin Lange zeigt sich aber optimistisch.
Die Brandenburger Landesregierung prüft, welche Auswirkungen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum 60-Milliarden-Euro-Sondervermögen der Bundesregierung möglicherweise auf den Landeshaushalt hat. Die Karlsruher Richter hatten die Umwidmung der Mittel durch die Ampel-Koalition für verfassungswidrig erklärt [tagesschau.de].
Brandenburg hat im Doppelhaushalt 2023/24 das sogenannte Brandenburg-Paket verankert. Mit zwei kreditfinanzierten Milliarden sollten darüber die Auswirkungen des Ukraine-Krieges abgefedert werden. Der Landtag hatte dafür für beide Jahre eine Notlage erklärt.
Finanzministerin sieht andere Situation als im Bund
Landesfinanzministerin Katrin Lange (SPD) sagte am Dienstag in Potsdam, sie halte das Brandenburg-Paket nach wie vor für verfassungsgemäß. "Anders als der Bund hat Brandenburg nicht nachträglich Corona-Kredite umgewidmet", so Lange. Sie forderte, das Prinzip der Schuldenbremse zu überdenken. "Für mich ist die Schuldenbremse eine Schön-Wetter-Regel." Gerade in Krisenzeiten dürfe aber das Budgetrecht der Parlamente nicht durch sie beschränkt werden, damit der Staat handlungsfähig bleibe. "Es muss den Parlamenten freigestellt sein, wofür sie Schulden aufnehmen und wofür nicht", so Lange.
Ihr Parteikollege und parlamentarischer Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Ludwig Scheetz, kritisierte die Schuldenbremse ebenfalls. Sie produziere Investitionsstau. "Wenn alle Bundesländer über kreative Wege versuchen, die Schuldenbremse zu umgehen, etwa in Form von Sondervermögen, dann muss man resümieren, dass die Schuldenbremse nicht funktioniert." Er plädierte dafür, sie für Investitionen zu lockern.
CDU: Jede einzelne Maßnahme in Brandenburg-Paket prüfen
Für eine solche Regelung sprach sich auch der finanzpolitische Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, Thomas von Gizycki, aus. Für das Brandenburg-Paket befürchtet er keine negativen Konsequenzen aus dem Bundes-Urteil. Immerhin sei für die beiden Jahre 2023 und 2024 vom Brandenburger Landtag explizit die Notlage erklärt worden, um die Kreditaufnahme zu rechtfertigen. Die Brandenburger Landesverfassung sieht für Notlagen Ausnahmen von der Schuldenbremse vor.
Neue verfassungsrechtliche Anforderungen an das Brandenburg-Paket sieht hingegen Jan Redmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag. Das könne bedeuten, dass der Landtag die Notlage für beide Jahre noch einmal separat feststellen müsse. Aber auch für Projekte, die über das Brandenburg-Paket bezahlt werden, stellt Redmann Konsequenzen in Aussicht: Es sei jetzt zu prüfen, "ob jede einzelne Maßnahme im Brandenburg-Paket auch den Veranlassungszusammenhang erfüllt, den das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung definiert hat", so Redmann.
Das Gericht hatte unter anderem kritisiert, dass Maßnahmen, die aus dem 60-Milliarden-Sondervermögen des Bundes finanziert werden sollten, nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der vorher definierten Krise standen [tagesschau.de].
Landesrechnungshof und AfD gegen Brandenburg-Paket
Der Brandenburger Landesrechnungshof sieht derweil seine Kritik am Brandenburg-Paket bestätigt. Präsident Christoph Weiser sagte dem rbb: "Die mitunter sehr kreativen Haushaltsgestaltungen in den Ländern werden künftig der Vergangenheit angehören und das wird die Politik auch in Brandenburg vor große Probleme stellen."
Das Brandenburg-Paket sei zwar mit der Ukraine-Krise begründet, aber zu weit gefasst. "Transformation, Klimaschutz oder auch Infrastrukturmaßnahmen sind Themen, die auch schon vor der Ukraine-Krise auf der politischen Tagesordnung standen", so Weiser. Das Brandenburg-Paket könnte damit gegen die Schuldenbremse verstoßen, die auch in der Landesverfassung verankert ist.
Gegen den Doppelhaushalt 2023/24 und das Brandenburg-Paket klagt derzeit die AfD-Landtagsfraktion vor dem Brandenburger Landesverfassungsgericht. Ihr Fraktionsvorsitzender Hans-Christoph Berndt begründet das damit, dass die Landesregierung sich mit dem Brandenburg-Paket einen "Schattenhaushalt für Klientelpolitik" geschaffen habe. Er erwarte, dass das Landesverfassungsgericht das Paket in dieser Form nun für rechtswidrig erkläre. Ein Eilantrag der AfD-Fraktion gegen den Doppelhaushalt war bereits vom Landesverfassungsgericht abgelehnt worden. Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.
Die Linke im Landtag befürchtet derweil weitreichende Auswirkungen des Sondervermögen-Urteils auf Brandenburg. "Die Landesregierung muss jetzt klären: Was passiert mit Strukturmitteln für die Lausitz? Was passiert mit Umbaumitteln für Schwedt?", so der Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter. Auch er plädierte dafür, die Schuldenbremse abzuschaffen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 21.11.2023, 19:30 Uhr