Berliner Umweltausschuss - Grünes Licht für weitere Geflüchtetenunterkünfte auf Tempelhofer Feld

Do 14.03.24 | 16:35 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Symbolbild: Tempelhofer Feld in Berlin am 23.02.2024.(Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Video: rbb24 Abendschau| 14.03.2024 | Leonie Schwarzer | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Berlin braucht weitere Unterkünfte für Geflüchtete, deswegen soll das Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld erweitert werden. Das haben CDU und SPD nun durchgesetzt. Die Opposition wittert aber noch andere Motive. Von Sebastian Schöbel

Es geht um etwas mehr als 14 Hektar Tempelhofer Feld, im Schatten des alten Radarturms am Eingang Columbiadamm: Hier will der schwarz-rote Berliner Senat weitere Wohncontainer für Geflüchtete aufstellen. Dafür soll erneut das Gesetz geändert werden, das die Bebauung des Tempelhofer Feldes verbietet.

"Es geht um eine befristete Unterbringung", betont Staatssekretärin Britta Behrendt (CDU) am Donnerstag im Umweltausschuss, der nun final über die Pläne zu entscheiden hatte. Bis Ende 2028 sollen die Container dort stehen dürfen. "Danach besteht die Pflicht zum Rückbau dieser temporären Unterbringung." Die bereits aufgebauten Tempohomes haben nur noch eine Duldung bis Ende 2025.

Die zusätzlichen Kapazitäten, so Behrendt, brauche Berlin dringend. Jeden Monat kämen 1.500 bis 1.800 Geflüchtete und Asylbewerber nach Berlin. Schon jetzt sei klar, dass "wir spätestens im Juni, Juli an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen".

Weniger als fünf Prozent des Feldes betroffen

Ein kleines Stück weniger Freifläche zur Naherholung, um Menschen in Not unterzubringen: So stellt sich der Kompromiss für CDU und SPD dar. Es gehe darum, "Menschen zu helfen", sagt Danny Freymark (CDU), "nicht darum, weitere Fakten zu schaffen, um eine weitere Bebauung möglich zu machen".

Für die SPD-Abgeordnete Ülker Radziwill verbietet sich ein Nein zu den Erweiterungsplänen regelrecht. Sie verweist auf rechtspopulistische Versuche, mit Migrationspolitik die Gesellschaft zu spalten. "Gerade sie als Grüne und Linke sind eingeladen, hier gemeinsam zu zeigen: Berlin hilft Menschen, die Schutz brauchen."

Grüne schlagen Rollfeld als Alternative vor

Was die Angesprochenen sichtlich verärgert: Beide Parteien weisen im Umweltausschuss den Vorwurf zurück, ein freies Tempelhofer Feld sei ihnen wichtiger als ein Dach über dem Kopf für Menschen in Not. Dass Berlin mehr Unterkünfte braucht, stelle niemand außer der AfD infrage, sagt Julian Schwarze (Grüne). Ihm gehe es auch nicht um das Ob, sondern das Wie bei der Erweiterung des Containerdorfes. Denn die 14 Hektar am Eingang Columbiadamm seien schon durch Sportanlagen belegt.

Die sollen laut den Plänen der Regierungskoalition erst ersetzt werden, und zwar auf dem Tempelhofer Feld, bevor weitere Tempohomes aufgestellt werden können. Betroffen sein können neben einem Basketball- und einem Tennisplatz auch eine Baseball-Anlage. Die anderswo auf dem Feld zu ersetzen sei bereits ein Widerspruch zum geltenden Gesetz, betont Schwarze. Vor allem aber wäre es keine schnelle Lösung für das Kapazitätsproblem.

"Das bedeutet, dass sie von dieser Fläche in den kommenden Jahren erstmal gar nichts nutzen können, weil sie erstmal Bauanträge stellen und bauen müssen, zum Beispiel Sportanlagen", so Schwarze. Einfacher wäre eine andere Lösung: "Wenn es also um Geschwindigkeit geht, nutzen Sie das Vorfeld."

Denn das ehemalige Rollfeld vor den Tempelhofer Hangars ist schon betoniert, so Schwarze, außerdem greife dort das Bebauungsverbot des Tempelhofer-Feld-Gesetzes nicht. Zudem liegen auf der geplanten Erweiterungsfläche am Columbiadamm Reste eines NS-Zwangsarbeiterlagers unter der Erdoberfläche, die bewahrt werden müssten.

Das Rollfeld wird allerdings für Großveranstaltungen vermietet. Die Berliner Band Die Ärzte spielt dort zum Beispiel im Sommer vier Konzerte, auch die Formel-E ist regelmäßig zu Gast. Die zuständige Tempelhof Projekt GmbH teilte auf rbb-Nachfrage mit, man halte mit Veranstaltungen bereits Abstand zum Containerdorf. Eine Ausweitung der Tempohomes auf das Rollfeld könnte die Vermarktung der Fläche also möglicherweise einschränken.

Linke befürchten Hintertür für Randbebauung

Auch die Linken lehnen die Erweiterung ab - allerdings auch den Gegenvorschlag der Grünen. Denn sie befürchten, dass sich hinter den Plänen von CDU und SPD noch etwas anderes verbirgt: die schleichende Aufweichung des Tempelhofer-Feld-Gesetzes, um eine spätere Randbebauung möglich zu machen.

Katalin Gennburg (Linke) wirft der schwarz-roten Koalition vor, die Flüchtlingssituation lediglich auszunutzen, um moralisch Druck aufzubauen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass allen Menschen, die dafür demonstrieren, dass Volksgesetze respektiert werden, gesagt wird: Wenn ihr dagegen seid, seid ihr gegen die Unterbringung von Geflüchteten." Berlin habe "genug Platz", so Gennburg. "Der Raum ist nur hochgradig unsozial verteilt."

Karte: Mehr Platz für Geflüchtete auf dem Tempelhofer Feld. (Quelle: rbb)Fläche für geplante Geflüchteten-Unterkünfte auf dem Tempelhofer Feld

CDU und SPD setzen sich durch

Alexander Bertram (AfD) kritisiert ganz grundsätzlich, dass zu viele Migranten nach Deutschland kämen. Dass nun die Großunterkunft in Tempelhof, wo inzwischen schon die Nutzung eines weiteren Hangars im Gespräch ist, geplant werde, untergrabe zudem den Volksentscheid von 2014. "Für uns ist klar, dass eine Änderung des Tempelhofer-Feld-Gesetzes nur über einen neuen Volksentscheid machbar ist."

Am Ende bringen die beiden Koalitionsfraktionen im Umweltausschuss die Erweiterung der Containersiedlung mit ihrer Mehrheit durch, gegen die Stimmen der gesamten Opposition. Ähnlich wird es wohl bald auch im Plenum passieren. Bis die ersten neuen Tempohomes auf dem Tempelhofer Feld stehen, wird es allerdings noch deutlich länger dauern.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2024, 11:42 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

26 Kommentare

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  1. 26.

    Das Tempelhofer Feld ist groß genug. Wir brauchen Wohnungen, Freizeitflächen UND Geflüchtetenunterkünfte und diese Bedarfe sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.

  2. 25.

    Ein weitere kleiner Schritt zur Randbebauung, der da gemacht wird.

    Weniger als fünf Prozent des Feldes betroffen
    Ein kleines Stück weniger Freifläche zur Naherholung, um Menschen in Not unterzubringen: So stellt sich der Kompromiss für CDU und SPD dar. Es gehe darum, "Menschen zu helfen", sagt Danny Freymark (CDU), "nicht darum, weitere Fakten zu schaffen, um eine weitere Bebauung möglich zu machen".

    Das ist so infam, was da SPD und CDU abziehen.

  3. 24.

    Hallo Uwe usw.!
    Die 820.000 Euro lassen Ihnen offensichtlich einfach keine Ruhe.
    Haben Sie sich schon einmal direkt an Herr Gröner, seine Anwälte oder die CDU gewandt?

  4. 23.

    Die zuständige Tempelhof Projekt GmbH befürchtet Einnahmeverluste. Geschäftsführer: Fabian Schmitz-Grethlein, ein sPD Mann.

    Die cDU hingegen möchte das Gesetz aufweichen und Wohnungen bauen können, selbstverständlich nicht für Flüchtende und Normalverdiener. Die 820000 € Schmiergelder müssen ja irgendwie wieder reinkommen.

    Wollte Gröner nicht eine eidesstattliche Erklärung abgeben? Da werden ihm seine Anwälte von abgeraten haben.

  5. 22.

    Das war der Wählerwille BEVOR diese Mengen an Flüchtlingen nach Deutschland kamen und die weiterhin aus bekannten Gründen auch kommen werden.

  6. 21.

    Doch, ist es. Vielleicht kommt die viel geschmähte Plattenbauweise ala DDR wieder. Konzept funktionierte. Wie das bezahlt wurde weiß ich allerdings nicht. Heute...auch nicht.

  7. 20.

    Hilfe was soll das jetzt? Warum ist bis heute noch nichts da passiert?? Zum Ärger der Investoren und Anwohner.Wenn eine Flüchtlingsunterkunft jetzt errichtet werden sollte wären die Bemühungen und die Ausdauer der Investoren ein Witz und ein Skandal !!
    Überlegen sie sich bitte was sie da schreiben!

  8. 19.

    Ich finde dieses Gezerre um das Tempelhofer Feld ziemlich merkwürdig. Die Fläche ist so riesig, da ist ohne Weiteres genug Platz für Park, Sport, Hobbies, Geflüchtetenunterkünfte. Selbst eine Randbebauung mit Wohnungen, die wir in Berlin so dringend benötigen, würde immer noch genug Platz für alle genannten Bedarfe lassen.

  9. 18.

    Gut, daß es noch einige Menschen unter den Deutschfanatikern gibt, die FÜR Flüchtlinge etwas zu leisten bereit sind, ohne die afd-Sprüche wiederzukauen.

  10. 17.

    Das ist doch gar nicht das Thema. Die vorhandenen Sportflächen sollen umgesetzt werden. Kostet Geld und Zeit. Dann erst können die Unterkünfte entstehen. Es wurde eine Ersatzstelle angeboten, die aber abgelehnt wurde. Vielleicht lesen sie den Artikel noch einmal etwas genauer.

  11. 16.

    Sie sind Steuerzahler und zählen sich zur Mittelschicht? Dann zahlen Sie und stellen sich bitte hinten an. Die Regierung kümmert sich um Geflüchtete, Bürgergeldempfänger und sorgt dafür, daß die Reichen nicht über Gebühr belastet werden. Man muß Prioritäten setzen.

  12. 15.

    Wenn ich abwäge…Hobbies für Berliner auf der einen Seite und Hilfe für Flüchtlinge ist vollkommen klar. Hobbies müssen zurückstehen!

  13. 14.

    "Scheibchenweise ist dann irgendwann alles bebaut."
    Das sehe ich genauso, alles eine Frage der Zeit.
    Wenn das letzte grüne Rasenstück verschwunden ist werden auf dem Feld tausende Migranten ein neues Heim gefunden haben denn neue Wohnungen in der Größenordnung wird es wohl auf absehbare Zeit nicht geben.
    Momentan fehlen in Berlin ca. 130 000 Sozialbauwohnungen, Tendenz ????

  14. 13.

    Warum nutzt man nicht den ehemaligen Güterbahnhof Pankow zwischen, bis da endlich die schon seit Jahren stehen sollenden 2500 Wohnungen gebaut werden? Und mir fiele da noch mehr ein und jedem anderem in seinem Umfeld wohl ebenso.
    Und Tegel ist nicht mit einem Volksentscheid blockiert wie Tempelhof. Also macht das dort.

  15. 12.

    Scheibchenweise ist dann irgendwann alles bebaut. Gut zu beobachten am Beispiel Anhalter Bahnhof. Die Grünfläche dort wird inzwischen dauerhaft als Parkplatz benutzt. Nachdem weite Teile bereits vorher bebaut oder versiegelt wurden.

  16. 11.

    Der Wählerwille im Volksentscheid war und ist, Tempelhof nicht zu bebauen. Hier mit Tricks den Volkswillen, die Anweisung der höchsten Instanz zu missachten zeigt, wie wenig regierende Parteien von Demokratie halten. Da kann ich auch die undemokratische AfD wählen.

  17. 10.

    Dem kann ich nur zustimmen! Dass wir in Berlin trotz des Bedarfs nicht endlich in großem Stil Wohnungen bauen ist nicht nachvollziehbar. Wo bleiben die vom Senat versprochenen 20.000 Wohnungen im Jahr? Eine wachsende Stadt braucht nunmal zusätzliche Wohnungen (und Geflüchtete sind nur ein kleiner Teil des Bevölkerungswachstums).

  18. 9.

    Die "Gunst der Situation" genutzt, das Volksbegehren und das Bebauungsgesetz zu ändern, um die noch geschützten Tore auch so für Invest-Bebauung frei zu bekommen. Berlin leidet unter ständiger Erwärmung und das Tempelhofer Feld mit seiner Grösse ist ein wichtiger Teil für Großstadtbelüftung zu gunsten aller Bewohner, ungeachtet ihres sozialen Status etc. Wer im Umland oder begrünt wohnt, spürt das noch nicht so deutlich, aber andere bebaute und verdichtete Flächen werden wärmer. Demo auf TF!!!

  19. 8.

    wann wird endlich die Domäne Dahlem bebaut ? Dort gäbe es auch für Jüngere viele Schulen , die zu einer leichteren und effektiveren Eingliederung beitragen können .

  20. 7.

    Baut endlich bezahlbaren Wohnraum !! Das kann doch wohl alles nicht mehr wahr sein !

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