Antisemitismus - Gästebücher in KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen voll mit Hasskommentaren

Sa 27.04.24 | 10:45 Uhr
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Symbolbild:Blick auf das Eingangstor mit der Inschrift "Arbeit macht frei", im Hintergrund gehen Besucher über das Gelände des ehemaligen KZ Sachsenhausen.(Quelle:picture alliance/dpa/H.P.Albert)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.04.2024 | Robin Marienfeld | Bild: picture alliance/dpa/H.P.Albert

Der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Axel Drecoll, hat eine Zunahme antisemitischer Schmierereien und Hassbotschaften in der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg nördlich von Berlin beklagt. "Wir mussten Gästebücher austauschen beziehungsweise konnten sie nicht mehr auslegen, weil sie voll waren von Hassbotschaften", sagte er der Nachrichtenagentur DPA.

Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober [tagesschau.de] sei auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers eine wachsende Zahl von antisemitischen und israelfeindlichen Attacken festzustellen. "Das hat sehr stark zugenommen, unter anderem und perfider Weise gerade an den Haftstätten, in den sogenannten Baracken 38 und 39, wo sich jüdische Häftlinge befunden haben."

Täter schwer ausfindig zu machen

Für die Gedenkstätte Sachsenhausen ist es laut Drecoll schwer, solche Taten zu verhindern und die Täter ausfindig zu machen. "Die Gedenkstätte ist ja frei zugänglich und es sind bis zu 2.000 Menschen pro Tag hier. Wir können das gar nicht überwachen, selbst wenn wir es wollten. Und es muss ja auch ein offener, transparenter und freier Ort bleiben."

Die Gedenkstätte arbeite sehr gut mit den Sicherheitskräften, mit der örtlichen Polizei zusammen, und bringe verfassungsfeindliche Symbole auch zur Anzeige, sagte Drecoll. Die Schmierereien und Hassbotschaften kämen allerdings nicht so häufig in den geführten Gruppen vor, so dass sich die Verantwortlichen schwer identifizieren ließen. "Deshalb ist es für uns gar nicht so leicht, das für die Zukunft zu verhindern."

Es sei ein deutlich größeres Bündnis nötig, um Antisemitismus einzudämmen. Dafür reiche die Bildungsarbeit der Gedenkstätten nicht aus. "Da braucht es die Schulen, da braucht es die Elternhäuser. Das können wir nicht leisten", so der Stiftungs-Direktor. Auch die Werte für die AfD in Wahlumfragen betrachte er mit großer Sorge. "Alle minderheitsdiffamierenden, menschenfeindlichen Äußerungen, Parteien und Gruppen, die das vertreten, konterkarieren unsere Arbeit."

Besucherzahlen noch nicht wieder auf Vor-Pandemie-Niveau

Drecoll rechnet damit, dass die Besucherzahlen in diesem Jahr wieder steigen dürften. 2023 besuchten rund 500.000 Menschen das ehemalige Konzentrationslager in Oranienburg. In Vor-Corona-Zeiten waren es um die 700.000. Drecoll sagte: "Wir haben das Vor-Corona-Niveau noch nicht ganz erreicht, aber der Weg geht in diese Richtung." Auch die Zahl geführter Rundgänge über das Gelände steige wieder kontinuierlich. Zudem seien die besonders intensiven Formate, die einen oder mehrere Tage dauerten, für die Einrichtung besonders wichtig.

Die Zahl von 500 Workshops und Tagesseminaren sei inzwischen so hoch wie noch nie. "Also das ist eine sehr positive Entwicklung. Das heißt, von den reinen Zahlen her muss sich eine Gedenkstätte wie Sachsenhausen jetzt keine Sorgen machen."

Zwischen 1936 und 1945 waren im Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg nach Angaben der Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert, darunter Juden und Sinti und Roma. Zehntausende Häftlinge seien durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen umgekommen oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen der SS.

Sendung: Antenne Brandenburg, 27.04.2024, 17.30 Uhr

23 Kommentare

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  1. 23.

    Ich muß mich bei allen entschuldigen. bin höchstwahrscheinlich auf meinen tasten ausgerutscht.

  2. 22.

    Blödheit entschuldigt das aber nicht. Die Eltern müßten für diese Straftaten haften.

  3. 21.

    Was soll so ein Ablenkungsmanöver? Wollen Sie nicht wahrhaben, dass wir genügend Deutsche hier in Deutschland haben, die solche Hass- und Hetzebotschaften schreiben? Oder versuchen Sie es wirklich wie die AfD: sobald es ungemütlich für einen selber wird, schnell mit dem Finger auf andere zeigen? Eins ist jedenfalls klar: Ihr Ablenkungsmanöver hier ist völlig unangemessen. Was jüdischen Menschen in Deutschland angetan wurde und teilweise immer noch wird, war, ist und wird immer unerträglich bleiben. Das ist die traurige Geschichte, die wir als Deutsche immer im Gepäck bei uns tragen werden.

  4. 20.

    Von Denkmal der Schande bis Vogelschiss und Verharmlosung, wer diese Truppe hier verteidigt ist nicht dicht im Kopf.

  5. 19.

    >> massive propalästinänsische Proteste statt, also auch in den USA wächst der Judenhass <<
    Warum werden immer propalästinensische Proteste mit Judenhass gleichgesetzt?
    Die ,ordentlichen' Proteste richten sich gegen Israel und dies ist weder Judenhass noch anti-semitisch.

  6. 18.

    1. Nö, die zerlegen sich nicht. 2. Schauen Sie sich die Wahlumfragen zur AfD in ALLEN Bundesländern an.

  7. 15.

    In die Schuhe schieben? Wozu? Der rechtsextreme Haufen zerlegt sich gerade selbst.

  8. 12.

    Offenbar ist vielen Lesern nicht klar dass die Besucher der Gedenkstätte aus allen möglichen Ländern der Welt herkommen, und wie sich in vielen Ländern derzeit der Antisemitismus entfaltet kann jeder in den Nachrichten hören und sehen. Selbst an mehreren US-Universitäten finden seit einigen Tagen massive propalästinänsische Proteste statt, also auch in den USA wächst der Judenhass, ausgerechnet dort wo sehr viele schon während des Krieges hin geflohen sind und welches doch so fremdenfreundlich ist.
    Nicht jeder Besucher der solche Einträge ins Gästebuch schreibt ist ein deutscher AfD-Wähler, wahrscheinlich nicht mal 1% von allen Besuchern kann man da einordnen……aber hier wird so getan als wenn die AfD das ganze Gästebuch höchstpersönlich voll geschrieben hat.
    Nein die Besucher sind mehrheitlich Leute die überhaupt nicht von hier stammen, auch sehr viele aus den alten Bundesländern.

  9. 11.

    Da machen sie sich es aber zu einfach. Schön wenn wir das dieser Partei in die Schuhe schieben könnten.

  10. 10.

    Welche Partei hetzt denn gegen Juden? Und ist es nicht ironisch, dass ausgerechnet die Mehrzahl der AfD-Anhänger das israelische Vorgehen unterstützt? Anders als bei allen anderen Parteien übrigens.

  11. 8.

    Befeuert werden diese Idioten nur durch eine Partei.
    Die sind eine Schande für Deutschland.

  12. 7.

    Ich glaube, dass sich antisemitische Einstellungen bereits relativ früh bilden, und zwar im engeren sozialen Umfeld, also durch Verwandschaft und Freunde. Die Schule hat es dann schwer, diesen Panzer zu knacken. Vielleicht würde es helfen, quasi als Schocktherapie, im Rahmen einer Polenreise mal einen Ausflug zum Vernichtungslager Auschwitz zu unternehmen. Die dortigen Berge an Brillen, Koffern und Schuhen lassen wohl die wenigsten kalt. Im Übrigen haben für mich, wie es schon ein Kommentator beschrieb, die in die Gedenkbücher gekritzelten Gemeinheiten den Charakter von Grabschändungen, die entsprechend zu ahnden sind.

  13. 6.

    An den genannten Einträgen in den Gästebüchern merken wir, wessen Geisteskind die Betreffenden sind und das es ihnen erheblich an Bildung mangelt. Letztes liegt aber weniger an der Schule, da haben die Eltern schon in erheblichem Maße versagt oder ähnliche Einstellungen.

  14. 5.

    Was würden Kameras bringen, wenn (auch) bei der Polizei diverse Demokratiefeinde unterwegs sind? Und Staatsanwälte auch betroffen sind. Zu sehen landesweit. Man 'könnte" es wie Grabschändung behandeln, oder sollte man? Ich denke schon. Millionen Opfern sind 'wir" es schuldig..

  15. 4.

    Ich glaube man mus das offensiver sehen.
    Selbstverständlich sind solche Hasskommentare widerlich, empörend, unerträglich.

    Aber sie unterstreichen auch die Notwendigkeit und Richtigkeit der Gedenkstätte und ihre Arbeit.
    Man sollte also jährlich Bilanz der Hasskommentare ziehen. Sie zählen und daraufhin die Zuwendungen (auch) mit Blick auf ihre Häufigkeit erhöhen.
    Man kann also den Hasskommentierenden nur danken. Sie sind der ständige Nachweis, von dem die behaupten, es sei ja nur erfunden.

    Vielleicht sollte man jährlich den schlimmsten Hasskommentar sozusagen dafür ehren, wieder einmal zur Finanzierung und Begründung der Finanzierung einer solchen Gedenkstätte beigetragen zu haben und den anonymen Hasskommentierenden zur Anerkennung seines Beitrages einladen.

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