Razzia in Brandenburg - Bundesinnenministerium verbietet rechtsextremes Magazin "Compact"

Di 16.07.24 | 20:38 Uhr
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Compact-Magazin Razzia in Brandenburg Falkensee. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 | 16.07.2024 | Studiogast: Thomas Bittner | Bild: rbb

Das rechtsextreme Magazin "Compact" ist verboten worden. In Falkensee und Werder gab es Razzien, unter anderem in den Wohnräumen von Chefredakteur Jürgen Elsässer.

  • Rechtsextremistisches Magazin "Compact" verboten
  • Geschäftsräume und Wohnung von Chefredakteur Jürgen Elsässer in Brandenburg durchsucht
  • Faeser: "Ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene"

Das Bundesinnenministerium hat am Dienstag das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte "Compact"-Magazin sowie die Conspect Film GmbH verboten. Das teilte das Ministerium am Morgen mit.

Einsatzkräfte durchsuchten vom frühen Morgen an Räumlichkeiten der Organisation sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern in Brandenburg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - insgesamt 14 Objekte.

Unter anderem wurden dabei nach Angaben der "Tagesschau" auch Geschäftsräume des Magazins in Falkensee und Werder durchsucht, sowie die Wohnräume von Chefredakteur Jürgen Elsässer. Weitere Durchsuchungen gab es in Panketal und Groß Kreutz. Rund 340 Einsatzkräfte waren insgesamt beteiligt.

Rechtsgrundlage für das Verbot ist den Angaben zufolge das Vereinsrecht, wonach auch Unternehmen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, vom Bundesinnenministerium verboten werden können.

Faeser: "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Dienstag, "Compact" sei ein "zentrales Sprachrohr" der rechtsextremistischen Szene. "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie", wird Faeser in der Pressemitteilung ihres Ministeriums zitiert.

Mit dem Verbot wolle sie zeigen, "dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen", so Faeser. Entscheidend für das Verbot sei, dass "Compact" nach Bewertung des Bundesinnenministeriums gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Menschenwürde verstößt und dabei "aggressiv-kämpferisch" auftritt.

Elsässer sieht "faschistische Maßnahme"

Chefredakteur Jürgen Elsässer sprach gegenüber Journalisten vom "schlimmsten Eingriff in die Pressefreiheit in Deutschland wenigstens seit 1962" und bezog sich damit auf die sogenannte Spiegel-Affäre. Dabei waren Redaktionsräume durchsucht und leitende Redakteure wegen des Verdachts auf Landesverrat festgenommen worden.

Der "Spiegel" habe damals aber weiter erscheinen können, betonte Elsässer. Bei dem Verbot von "Compact" handele es sich "ganz klar um eine faschistische Maßnahme" von Innenministerin Faeser. In letzter Instanz richte sich das auch "gegen die parlamentarische Hauptvertretung der Opposition, und das ist die AfD". Elsässer kündigte an, er werde juristisch gegen das Verbot vorgehen.

Auch Sommerfest mit rechter Prominenz verboten

Weil das "Compact"-Verbot die Fortführung jeglicher Tätigkeiten untersagt, kann auch das für den 27. Juli geplante Sommerfest des Magazins in Sachsen-Anhalt nicht stattfinden. Die Landespolizei werde dieses Verbot durchsetzen und jegliche rechtswidrige Aktionen unterbinden, teilte das Innenministerium in Magdeburg mit.

Das Sommerfest sollte nach Angaben von "Compact" erneut auf dem Rittergut des früheren AfD-Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, stattfinden. Das Rittergut im Burgenlandkreis steht schon seit längerem im Fokus der Behörden, weil es als ein Treffpunkt der sogenannten Neuen Rechten gilt. Zum Sommerfest war unter anderem auch der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, angekündigt. Auch das Rittergut wurde am Dienstag von der Polizei durchsucht.

Bereits seit Ende 2021 eingestuft als "gesichert rechtsextremistisch"

Sowohl das Bundesamt als auch der Landesverfassungsschutz beobachten "Compact" seit Jahren und bewerten das Medium seit Ende 2021 als "gesichert rechtsextremistisch"[tagesschau.de]. "Compact" erscheint als Magazin seit 2010, zudem gibt es einen Online-Auftritt mit Video-Sendung, teilweise mit hohen Reichweiten. Chefredakteur Jürgen Elsässer gilt als prägende Figur des Magazins.

In der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums heißt es, das Medienunternehmen verbreite "antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte". In seinen Publikationen propagiere "Compact" ein "völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept", es sei außerdem zu befürchten, dass Leser durch die Veröffentlichtungen zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert würden.

Stübgen kündigt Schließung von "Compact"-Kanälen an

Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) teilte in einer Pressemitteilung mit, er begrüße die Entscheidung des Verbots. "Compact ist Hass und Hetze in Hochglanz. Diese Plattform der Demokratiefeinde verfolgt ein Ziel und das ist die Zerstörung unserer freiheitlichen Gesellschaft", sagte Stübgen. Rechtsextreme Verschwörungstheorien, russische Desinformationskampagnen und der Aufruf zum Sturz der Demokratie gehörten zur "täglichen 'Compact'-Propaganda", so Stübgen.

In die Verbotsentscheidung seien auch Erkenntnisse des Brandenburger Verfassungsschutzes eingeflossen, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums. Stübgen kündigte an, dass die Kanäle von "Compact" abgeschaltet, deren Inhalte gelöscht und die Einnahmen des Medienbetriebs konfisziert würden.

Youtube-Kanäle entfernt

Am Dienstagabend hat Youtube reagiert und zwei Kanäle entfernt, die mit der Compact-Magazin GmbH zu tun haben. Das bestätigte das US-Unternehmen der Deutschen Presse-Agentur. Suchte man nach Compact-TV-Inhalten auf der Video-Plattform, hieß es dort, dass der Kanal, der Hunderttausende Abonnenten hat, nicht verfügbar sei.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 16.07.2024, 07:00 Uhr

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265 Kommentare

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  1. 265.

    Schöne sachliche Darstellung. Mir als juristischen Laien kommt es etwas spanisch vor, dass eine GmbH über das Vereinrecht verbote wird.
    Interessant wäre zu erfahren, was eine Ersatzorganisation eines Journoaktivisten wäre. Das ganze ist ja kein Berufsverbot. Und wie balanziert sich das mit der Publikationsfreiheit, wenn eine Vereinigung aufgrund des Publiationsorgans verboten wird, nicht aufgrund der anderen Aktivitäten.
    Das war ja schon bei Linksunten merkwürdig, obwohl Linksunten quasi eine Plattform für Bekennerschreiben war, also etwas anderer Fall.
    In der Presse wurde zum Fall nur ein bisschen Kraftmeierei zum Regimewechsel lanziert. Streng genommen ist aber der Regimewechsel die Aufgabe jeder Opposition, und damit wohl auch für außerparlamentarische Medien statthaft. Beim Antisemitismus fällt Herrn Elsässer wohl seine eigene 90er Jahre Propaganda vom strukturierten Antisemitismus auf die Füße, die es in den letzten Jahren bis in die Verfassungsbehörden geschafft hat.

  2. 264.

    Die rechtliche Einordnung ist interessant, verstärkt aber eher mein Unbehagen an diesem Vorgehen. Gerade durch die weit gefasste Definition von Verein und die sehr allgemein gehaltenen Kriterien kann ein Ministerium (!!!) beinahe nach Belieben und ohne Gerichtsbeschluss Medien verbieten. Dass die sich wiederum gerichtlich wehren können, hilft wenig: solche Prozesse können sich jahrelang hinziehen und dann ist der Schaden bereits getan. Es ist natürlich verlockend, das hinzunehmen, wenn es einen Rechtsextremen wie Elsässer trifft, aber man muss sich doch einem vor Augen führen, was hier passiert: in einem Land, in dem es angeblich keine Zensur gibt, wird eine ganze Zeitung dichtgemacht, deren Inhalte fragwürdig, aber eben nicht strafrechtlich relevant sind (dann hätte man ja einfach klagen können). Meinem Verständnis von Rechtsstaatlichkeit wird das jedenfalls nicht gerecht.

  3. 262.

    Chris:
    "Alle Verlage sind jetzt mit der Begründung des Innenministeriums „Vereine“ und können damit verboten werden.
    Die Pressefreiheit soll damit umgangen werden."

    Aber es gibt doch keine Freiheit für verfassungsfeindliche Presse! Also ist das keine Umgehung der Pressefreiheit!

    Chris:
    "Die SPD treibt ein ganz perfides Spiel und testet den Entzug von Grundrechten an.."

    Was hat das Verbot verfassungsfeindlicher Vereinigungen mit dem Entzug von Grundrechten zu tun? NICHTS! Den verfassungsfeindliche Bestrebungen sind kein Grundrecht!

  4. 261.

    Murmel:
    "Dabei weiß doch jede:r, dass Hass und Hetze die prägenden Stilmittel der Linksgrünen gegen Andersdenkende sind. Dafür müssen sie noch nicht mal linksextrem, wie etwa Faeser sein."

    Für Rechtsextreme sind alle Demokraten linksextrem - genauso wie für deren Freund Putin alle Demokraten und Menschenrechtler extremistisch sind! Und für Rechtsextreme ist auch jede Aufklärung über Rechtsextremismus "Hass und Hetze"!

  5. 260.

    >"Alle Verlage sind jetzt mit der Begründung des Innenministeriums „Vereine“ und können damit verboten werden."
    Nö! Art. 9 GG gibt jedem hier das Recht, einen Verein und eine Gesellschaft zu gründen. NUR... diese muss sich in ihrem Geschäftsgebahren an die Grundwerte des GG halten. Einschränkung hier - Zitat GG
    "Eine Vereinigung erfüllt den Verbotstatbestand des Art. 9 Abs. 2, 2. Alt. GG, wenn sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, indem sie als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt."
    >"Die Pressefreiheit soll damit umgangen werden."
    Nein. Die Herausgeber GmbH ist verboten. Auch Presse hat nicht alle Freiheiten. Hetze und "kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung" ist keine Pressefreiheit.
    >"Das wird gerichtlich kassiert. "
    Den Herausgebern steht es in unserem Rechtssystem frei, dagegen zu klagen. In Diktaturen wie Russland ginge das nicht.

  6. 259.

    Herrje, immer noch unbelehrbar. Aber das ist ihre Sache. Ich habe geklagt, für meine Kinder. Leider ohne Erfolg, wie so einige andere auch. Prominenz (natürlich auch heute noch in Ämtern und Würden), die wirklich ausfallend widerlich agiert hat, wäre erst recht nicht beizukommen gewesen.

  7. 258.

    Hahahahahahaha, haha!

  8. 256.

    Na dann mal zu! Keine Bedenken oder Nachdenken, einfach machen, Schnauze voll, Jawoll! Ich brauch ne neue Family! Sie Armer...

  9. 255.
    Antwort auf [Pflichtvergessender] vom 16.07.2024 um 22:29

    Rechtsextreme und ihre Erzählungen von einer "Lügenpresse", eines gibt es nicht ohne das andere.

  10. 254.

    Eine Nummer kleiner bitte!

    Das mit den Grundrechten hatten wir bereits. Drei Jahre lang. Aus gutem Grund. Da muss nichts mehr angetestet werden.

  11. 253.

    Ich kenne das Magazin nicht, weiss nicht, wie das aufgebaut war, was da menschenverachtend war (oder auch nicht?), da bin ich gegenüber mindestens 100 meiner 243 Vorredner im Hintertreffen, die da wohl ein Meinungsbild haben, weil sie das Magazin kennen ?

    Gilt nicht für jedes Medium seit jeher, dass Gegendarstellungen gedruckt werden müssen, dass strafrechtlich relevante Inhalte Konsequenzen haben (bishin zur Betriebsschliessung/Inhaftnahme der Verantwortlichen?)

    Klingt mir alles irgendwie eher danach, dass die SPD den ein oder anderen Prozentpunkt von Wagenknecht, Linkspartei und Grünen zu sich rüberziehen will, weil es von anderwo eher keinen Zufluss geben wird.

    Sicherer gemacht hat Frau Faeser dadurch sicher nix, da trifft eher das Gegenteil zu. Ohne das Magazin zu kennen, aber nen alter, reicher gebrechlicher, ungefährlicher "Liebhaber" wird nun für ne Erstausgabe an wen Geld bezahlen ? An eher schlichtere Gemüter, mit Zugang zum Darknet !

  12. 249.

    Ach laß den, Lieschen Müller, der will nur stänkern und Zeit stehlen! Nicht aufregen. Aber interessante neue Wörter, danke und gute Nacht!

  13. 248.

    Ach laß den, Lieschen Müller, der will nur stänkern und Zeit stehlen! Nicht aufregen. Aber interessante neue Wörter, danke und gute Nacht!

  14. 247.

    Alle Verlage sind jetzt mit der Begründung des Innenministeriums „Vereine“ und können damit verboten werden.

    Die Pressefreiheit soll damit umgangen werden.

    Das wird gerichtlich kassiert.

    Die SPD treibt ein ganz perfides Spiel und testet den Entzug von Grundrechten an..

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