Razzia in Brandenburg - Bundesinnenministerium verbietet rechtsextremes Magazin "Compact"
Das rechtsextreme Magazin "Compact" ist verboten worden. In Falkensee und Werder gab es Razzien, unter anderem in den Wohnräumen von Chefredakteur Jürgen Elsässer.
- Rechtsextremistisches Magazin "Compact" verboten
- Geschäftsräume und Wohnung von Chefredakteur Jürgen Elsässer in Brandenburg durchsucht
- Faeser: "Ein zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene"
Das Bundesinnenministerium hat am Dienstag das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte "Compact"-Magazin sowie die Conspect Film GmbH verboten. Das teilte das Ministerium am Morgen mit.
Einsatzkräfte durchsuchten vom frühen Morgen an Räumlichkeiten der Organisation sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern in Brandenburg, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt - insgesamt 14 Objekte.
Unter anderem wurden dabei nach Angaben der "Tagesschau" auch Geschäftsräume des Magazins in Falkensee und Werder durchsucht, sowie die Wohnräume von Chefredakteur Jürgen Elsässer. Weitere Durchsuchungen gab es in Panketal und Groß Kreutz. Rund 340 Einsatzkräfte waren insgesamt beteiligt.
Rechtsgrundlage für das Verbot ist den Angaben zufolge das Vereinsrecht, wonach auch Unternehmen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten, vom Bundesinnenministerium verboten werden können.
Faeser: "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Dienstag, "Compact" sei ein "zentrales Sprachrohr" der rechtsextremistischen Szene. "Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie", wird Faeser in der Pressemitteilung ihres Ministeriums zitiert.
Mit dem Verbot wolle sie zeigen, "dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen", so Faeser. Entscheidend für das Verbot sei, dass "Compact" nach Bewertung des Bundesinnenministeriums gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und die Menschenwürde verstößt und dabei "aggressiv-kämpferisch" auftritt.
Elsässer sieht "faschistische Maßnahme"
Chefredakteur Jürgen Elsässer sprach gegenüber Journalisten vom "schlimmsten Eingriff in die Pressefreiheit in Deutschland wenigstens seit 1962" und bezog sich damit auf die sogenannte Spiegel-Affäre. Dabei waren Redaktionsräume durchsucht und leitende Redakteure wegen des Verdachts auf Landesverrat festgenommen worden.
Der "Spiegel" habe damals aber weiter erscheinen können, betonte Elsässer. Bei dem Verbot von "Compact" handele es sich "ganz klar um eine faschistische Maßnahme" von Innenministerin Faeser. In letzter Instanz richte sich das auch "gegen die parlamentarische Hauptvertretung der Opposition, und das ist die AfD". Elsässer kündigte an, er werde juristisch gegen das Verbot vorgehen.
Auch Sommerfest mit rechter Prominenz verboten
Weil das "Compact"-Verbot die Fortführung jeglicher Tätigkeiten untersagt, kann auch das für den 27. Juli geplante Sommerfest des Magazins in Sachsen-Anhalt nicht stattfinden. Die Landespolizei werde dieses Verbot durchsetzen und jegliche rechtswidrige Aktionen unterbinden, teilte das Innenministerium in Magdeburg mit.
Das Sommerfest sollte nach Angaben von "Compact" erneut auf dem Rittergut des früheren AfD-Vorsitzenden von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, stattfinden. Das Rittergut im Burgenlandkreis steht schon seit längerem im Fokus der Behörden, weil es als ein Treffpunkt der sogenannten Neuen Rechten gilt. Zum Sommerfest war unter anderem auch der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, angekündigt. Auch das Rittergut wurde am Dienstag von der Polizei durchsucht.
Bereits seit Ende 2021 eingestuft als "gesichert rechtsextremistisch"
Sowohl das Bundesamt als auch der Landesverfassungsschutz beobachten "Compact" seit Jahren und bewerten das Medium seit Ende 2021 als "gesichert rechtsextremistisch"[tagesschau.de]. "Compact" erscheint als Magazin seit 2010, zudem gibt es einen Online-Auftritt mit Video-Sendung, teilweise mit hohen Reichweiten. Chefredakteur Jürgen Elsässer gilt als prägende Figur des Magazins.
In der Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums heißt es, das Medienunternehmen verbreite "antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte". In seinen Publikationen propagiere "Compact" ein "völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept", es sei außerdem zu befürchten, dass Leser durch die Veröffentlichtungen zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert würden.
Stübgen kündigt Schließung von "Compact"-Kanälen an
Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) teilte in einer Pressemitteilung mit, er begrüße die Entscheidung des Verbots. "Compact ist Hass und Hetze in Hochglanz. Diese Plattform der Demokratiefeinde verfolgt ein Ziel und das ist die Zerstörung unserer freiheitlichen Gesellschaft", sagte Stübgen. Rechtsextreme Verschwörungstheorien, russische Desinformationskampagnen und der Aufruf zum Sturz der Demokratie gehörten zur "täglichen 'Compact'-Propaganda", so Stübgen.
In die Verbotsentscheidung seien auch Erkenntnisse des Brandenburger Verfassungsschutzes eingeflossen, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums. Stübgen kündigte an, dass die Kanäle von "Compact" abgeschaltet, deren Inhalte gelöscht und die Einnahmen des Medienbetriebs konfisziert würden.
Youtube-Kanäle entfernt
Am Dienstagabend hat Youtube reagiert und zwei Kanäle entfernt, die mit der Compact-Magazin GmbH zu tun haben. Das bestätigte das US-Unternehmen der Deutschen Presse-Agentur. Suchte man nach Compact-TV-Inhalten auf der Video-Plattform, hieß es dort, dass der Kanal, der Hunderttausende Abonnenten hat, nicht verfügbar sei.
Sendung: Antenne Brandenburg, 16.07.2024, 07:00 Uhr
Die Kommentarfunktion wurde am 17.07.2024 um 07:55 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.