FAQ | Arbeitnehmerrechte - Die Kita streikt - muss ich trotzdem zur Arbeit?

Do 04.07.24 | 11:03 Uhr | Von Anja Dobrodinsky
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Symbolbild:Ein Elternteil ist mit Kind auf dem Spielplatz.(Quelle:imago images/M.Gstettenbauer)
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Audio: rbb24 Inforadio | 04.07.2024 | Anja Dobrodinsky | Bild: imago images/M.Gstettenbauer

An den städtischen Kitas wird wieder gestreikt und Eltern geraten erneut in Not. Wer betreut jetzt die Kinder? Darf ich einfach zu Hause bleiben? Kann mein Chef mich feuern, wenn ich nicht zur Arbeit kommen kann? Anja Dobrodinsky klärt über Arbeitnehmerrechte auf.

An diesem Donnerstag wird an den landeseigenen Kitas in Berlin gestreikt. Können sich Gewerkschaften und Senat auch danach nicht einigen, könnte die ganze nächste Woche gestreikt werden. Mehrere zehntausend Kinder sind dann betroffen. Welche Rechte haben deren Eltern als Arbeitnehmer? Dürfen sie zuhause bleiben oder ihre Kinder mit zur Arbeit bringen?

Darf ich zu Hause bleiben, weil ich keine Betreuung für mein Kind habe?

Das Bürgerliche Gesetzbuch sagt: Kleine Kinder dürfen nicht unbeaufsichtigt bleiben. Wenn sie plötzlich nicht betreut werden können, dürfen Eltern zuhause bleiben. Wie lange, das sagen die Paragrafen nicht. Fachleute halten zwei bis drei Tage für angemessen. Das Gehalt muss der Arbeitgeber weiter zahlen. Das alles gilt aber nur, wenn so ein Streik nicht angekündigt wird. Und wenn der Arbeits- oder der Tarifvertrag nichts anderes vorsieht.

Dass am heutigen Donnerstag gestreikt wird, ist schon seit einigen Tagen bekannt. Eltern hatten also Zeit, sich um eine alternative Betreuung zu kümmern. Gibt es niemanden, der das Kind beaufsichtigen kann, müssen Eltern um Urlaub bitten. Sind die Urlaubstage schon aufgebraucht, kommt eine unbezahlte Freistellung in Frage. Der Arbeitgeber darf beides nur ablehnen, wenn niemand anderes den Job machen kann. Arbeitnehmer können auch fragen, ob sie im Homeoffice arbeiten, ihre Arbeitszeit auf den Nachmittag oder Abend verlegen oder Überstunden abbummeln können.

Darf ich mein Kind mit zur Arbeit nehmen?

Grundsätzlich sind Unternehmen nicht verpflichtet, das zu erlauben. Fragen schadet aber nicht. Stört das Kind die Abläufe im Unternehmen nicht und gibt es einen sicheren Ort, wo es sich aufhalten kann, hat der Arbeitgeber womöglich nichts dagegen. Denn die Alternative wäre ja, komplett auf die Arbeitskraft der Eltern zu verzichten. Einige Unternehmen haben auch Eltern-Kind-Zimmer für solche Fälle.

Muss der Bezirk Notbetreuungen organisieren?

Anders als in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen müssen für Kitas laut Gesetz keine Notdienste vereinbart werden. Die Träger versuchen aber oft, eine Notbetreuung zu organisieren. Eltern die absehen können, dass ihr Kind nicht anderweitig untergebracht werden kann, sollten sich an ihren Kita-Träger wenden. So kann der abschätzen, wie viele Notbetreuungsplätze gebraucht werden und die betroffenen Kinder zum Beispiel auf andere Einrichtungen verteilen. Das geht natürlich nur, wenn nicht alle Erzieher mitstreiken. Bei den Streiks der vergangenen Wochen gab es nur wenige Notbetreuungsplätze.

Kann ich mich oder mein Kind krankmelden?

Nein. Wer fälschlicherweise behauptet, Kind oder Arbeitnehmer seien krank, riskiert eine Abmahnung oder sogar eine fristlose Kündigung.

Wer bezahlt meinen Verdienstausfall?

Wer sich wegen eines Streiks in der Kita unbezahlt freistellen lässt, um sein Kind zu betreuen, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. Das gilt auch für Selbstständige, die an Streiktagen ihrer Arbeit nicht nachgehen können. Ein Streik gilt als höhere Gewalt. Auch wenn Kosten für einen Babysitter anfallen, muss die Familie die selbst tragen.

Darf mir mein Chef kündigen, wenn ich aufgrund eines Kita-Streiks nicht zur Arbeit kommen kann?

Kommt der Streik über Nacht, können Arbeitnehmer zuhause bleiben, ohne eine Abmahnung oder Kündigung befürchten zu müssen. Bei einem angekündigten Streik müssen Eltern nachweisen, dass sie sich erfolglos um eine Ersatzbetreuung bemüht haben. Dann bekommen sie in den meisten Fällen Urlaub oder eine Freistellung und haben auch nichts zu befürchten. Grundsätzlich gilt: Wer aber einfach zuhause bleibt, ohne Bescheid zu sagen, riskiert eine Kündigung. Wichtig ist also, dass Eltern den Chef vor ihrem Arbeitsbeginn darüber informieren, was sie vorhaben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 04.07.2024, 12:35 Uhr

Beitrag von Anja Dobrodinsky

14 Kommentare

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  1. 14.

    Wenn es in kommunalen Krippen kein Platz gibt, muss man, um in BW arbeiten gehen zu können, in privaten Krippen zwischen 400 Euro (6 Std. pro Tag)und 656 Euro (9 Std. pro Tag)pro Monat zahlen.

    In kommunalen wären es zwischen 371 Euro und 606 Euro.

    Würde man,wie Sie, 35 km -einfache Strecke--fahren müssen,könnte man höchstens 4 Stunden arbeiten gehen. Wieviel Netto verdient man bei einer Halbtagstätigkeit?-Rechnet man dann Sprit und Autokosten hinzu scheint ihre Behauptung von wegen staatlicher Subvention etwas überzogen.




  2. 13.

    Klar sind Kinder unsre Zukunft. Das heißt aber nicht, dass der Steuerzahler Eltern bis zum St. Nimmerleinstag subventioniert. Ich selbst hab mit meiner Frau drei Kinder ( im Saarland) großgezogen. Der nächst erreichbare Kindergarten war fünfunddreisig Kilometer entfernt. Es gab 50 DM Kindergeld. Das war`s. Wir mussten uns sehr einschränken aber es hat alles funktioniert. Halt ein paar Jahre nicht in Urlaub gefahren.Heute stelle ich überall ein völlig überzogenes Anspruchsdenken fest. Zahlen sollen immer die anderen außer es gibt etwas umsonst.

  3. 12.

    Ich stimme ihnen zu. Auch, dass Kinder während der Streikzeit irgendwo "abgeparkt" werden sollen, finde ich unmöglich. Den Kleinsten, die unser aller Zukunft sind, müssen für die Fehlplanung der Großen herhalten. Ich vermisse hier in Berlin streikende Eltern, die sich endlich mal gegen die kinderfeindliche Politik zur Wehr setzen.

  4. 11.

    Ja, immer schön nach dem Staat schreien. Hoffentlich wissen Sie, wer das Geld erwirtschaftet, das von ihm - besser: von den ihn führenden Umverteilern - mit vollen Händen ausgegeben wird.

  5. 10.

    Unsere Kinder konnten vor Jahrzehnten mit 3 Jahren in den Kindergarten gehen.
    Aber auch nicht. Sie konnten erst nach den Schulferien aufgenommen werden, weil die Vorschüler dann in die Schule kamen und erst dann Platz frei wurde.
    Wurde ein Kind im Oktober geboren, war es beinahe 4 Jahre alt, bis es in den Kindergarten gehen konnte.

    Durch das Einführen des Rechtsanspruches haben Kinder nach dem 1. Geburtstag ein Recht auf einen Kita/Krippenplatz. Elterngeld wird auch nur bis zum 1. Geburtstag bezahlt--obwohl man bis zum 3. Geburtstag beim Arbeitgeber freigestellt wird.
    Wer nach dem 1. Geburtstag nicht arbeiten geht--bekommt keinen Euro Geld. Auch dann nicht, wenn kein Platz frei ist.
    In BW klagen deshalb immer mehr Eltern gegen den Staat--und bekommen recht. Der Staat/die Kommune muss einen Platz anbieten--oder bezahlen.
    Wenn man weiß, dass Tausende Erzieherinnen fehlen und sie für ihre Rechte streiken müssen--dann sollte man den Staat auch dafür haften lassen.

  6. 9.

    Dieser Rechtsanspruch wurde eingeführt, um junge Mütter/Eltern in Arbeit zu bringen.
    Das war bitter nötig, denn auch Omas stehen, weil sie bis 67 arbeiten müssen, für eine Enkelbetreuung nicht zur Verfügung.

    Es ist doch schon schwierig genug, zu Hause bei kranken Kindern bleiben zu können. Wenn dann auch noch wegen Streik eine häusliche Betreuung nötig wird--dann werden immer mehr Eltern diesen Stress nicht mehr aushalten und irgendwann in Arbeitslosigkeit und ins Bürgergeld abrutschen.

    Gerade Eltern ist es doch ein Anliegen, dass gut bezahlt wird und Erzieherinnen gesund und leistungsfähig bleiben.

    Man sollte es gar nicht erst zu Streiks kommen lassen.
    Jeder sieht doch, wie überlastet alle sind.
    Es ist doch kaum noch möglich, vorher zu sagen, wieviele Kinder betreut werden müssen, wenn täglich neue Familien dazu kommen.Und dass nur Kinder nach den Sommerferien in Kitas oder Schulen kommen--das war einmal....

  7. 8.

    Ja, seit 2013 gibt es einen Rechtanspruch auf einen Kita-Platz. Aber das spielt hier aber überhaupt keine Rolle. Der Kita-Platz ist ja vorhanden. Die Betreuung fällt demnach nicht wegen einem nichtvorhandenem Kita-Platz,sondern Steikbedingt aus. Nach Art.9 (3) GG ist das Streikrecht grundgesetzlich geschützt. Es gibt deshalb keinerei Veranlassung für eine Staatshaftung. Ich gehe aber davon aus, dass auch sie für eine Leistungsgerechte Bezahlung von Kindergärtnerinnen sind. Ansonsten müssten sie ihre Kinder von zu Hause aus betreuen.

  8. 7.

    Gibt es nicht einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz?

    Lassen wir doch einfach einmal den Staat für seine Politik haften.
    Noch ist der Haushalt nicht beschlossen--noch könnte man Milliarden an Entschädigung für Arbeitsausfälle einpreisen.

    Für alles ist Geld da, für vieles Illegale und deren Notfall-Behandlung nach Messerverletzungen auf Intensivstationen---aber Familien sollen sehen, wo die Kinder bleiben.Und wer das finanziert.
    Kindermedikamente Mangelware--Wartezeiten auf einen Facharzttermin--viele Monate.



    Die AfD wird sich freuen.

  9. 6.

    ich bin auch so ein Fall. Ich kann meine Wänsten nicht irgendwo ,,parken'', muß also arbeiten - bloß wie soll das Bitteschön gehen?

  10. 5.

    CD, muss der Gesetzgeber/ der Staat für alles einstehen müssen? Gibt es gar keine Eigenverantwortung mehr? Das mögliche Entgegenkommen ist schon groß genug. Und jetzt nicht kommen mit nicht Mitreden können, habe selbst 4 Kinder groß gezogen bei voller Berufstätigkeit und inzwischen 4 Enkelkinder.

  11. 4.

    Lieber RBB. Ich halte den Artikel für mehr als Problematisch. Hier heist es" Kinder dürfen laut BGB nicht unbeaufsichtigt bleiben." Eltern dürften deshalb bei kurzfristig bekannt gemachten Streikmaßnahmen zu Hause bleiben. Über die Dauer des Frernbleibens würde das BGB keine Aussagen machen. Fachleute würden von 2-3 Tage ausgehen. Diese seien dann vom Arbeitgeber auch zu vergüten. Was mir in diesem Artikel fehlt, ist der Hinweis auf die jeweilige Rechtsnorm. Das BGB selbst ist keine Rechtsnorm sondern enthält 2385 Rechtsnormen (§). Die Beaufsichtigung ist in § 1631 BGB geregelt. Es gibt hier keinerlei Beziehung zum Arbeitsrecht. Ein Rechtsanspruch auf Freistellung oder sogar bezahlte Freistellung ist dieser Norm nicht zu entnehmen. Naheliegender ist hier § 616 BGB der unter bestimmten Umständen eine bezahlte Freistellung von der Arbeit vorsieht.

  12. 3.

    Wie bitte sollen Eltern denn nachweisen (können), dass sie sich erfolglos um eine Betreuung bemüht haben? Soll dann jeder verwandte oder Nachbar eine Bescheinigung schreiben, keine Zeit zum einspringen zu haben, oder wie stellt der Gesetzgeber sich das vor?

  13. 2.

    Hallo, also auch wenn man nicht in der Gewerkschaft ist, hat man das Recht sich an dem Streik zu beteiligen, jedoch erhält man dann für diesen Tag bzw. Zeitraum kein Lohn/Gehalt.
    Notbetreuung ist dennoch meistens da, allerdings ob diese Variante für die Kinder gut ist mag ich zu bezweifeln, hoffe sehr, dass dies bald zur Einigung kommt.

  14. 1.

    Nach Notbetreuung in der Kita fragen ist nicht immer aussichtslos, es gibt ja auch noch Mitarbeiter, die nicht in der Gewerkschaft sind und nicht streiken dürfen. So kann es sein, dass sich einige Kitas zusammen tun, um eine Notbetreuung anzubieten.

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