Kommunale Eigenbetriebe - In Berliner Kitas droht ab der kommenden Woche unbefristeter Streik

Mi 25.09.24 | 19:36 Uhr
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Kita-Streik in Berlin vor dem Roten Rathaus (Quelle: IMAGO / Bernd Friedel)
IMAGO / Bernd Friedel
Video: rbb24 Abendschau | 25.09.2024 | Antje Tiemeyer & Volker Wiepricht | Bild: IMAGO / Bernd Friedel

In Berlin wird ein unbefristeter Streik in den städtischen Kitas immer wahrscheinlicher. Vertreter der Gewerkschaft Verdi sowie der Bildungsverwaltung konnten sich abermals nicht einigen. Gerungen wird um bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.

  • Verdi fordert Entlastungen für Erzieher:innen in landeseigenen Kitas in Berlin
  • Land Berlin sieht sich nicht zuständig
  • Gespräche am Mittwoch verliefen ergebnislos
  • Neuer Streik zeichnet sich ab
  • Einigung über Notbetreuung gab es am Mittwoch auch nicht

An den Berliner Kita-Eigenbetrieben könnte es ab der kommenden Woche einen unbefristeten Streik geben. Nach rbb-Informationen konnten sich die Gewerkschaft Verdi und die Berliner Bildungsverwaltung in einem Gespräch am Mittwoch nicht über eine Lösung ihres Konflikts einigen.

Nach mehr als einem Dutzend ein- oder mehrtägigen Streiks haben die Gewerkschaften zu einem unbefristeten sogenannten Erzwingungsstreik aufgerufen. Bei den Urabstimmungen bei Verdi und GEW hatten sich genügend Mitglieder dafür ausgesprochen.

Verdi-Sprecher Kalle Kunkel sagte dem rbb am Mittwoch: "Ab wann gestreikt wird - dazu werden wir heute keine konkrete Aussage treffen." Am Donnerstag werde beraten und dann auch die Öffentlichkeit informiert. "Aber im Moment sieht es so aus, als ob die Eskalation wieder einen Schritt näher gekommen ist", so Kunkel.

Verdi fordert Entlastungen - Berlin verweist auf TdL

In dem Konflikt fordert die Gewerkschaft Verdi, die Erzieher in den kommunalen Kita-Eigenbetrieben zu entlasten. Festgelegt werden soll aus Gewerkschaftssicht insbesondere, für wie viele Kinder eine Erzieherin höchstens zuständig ist. Für die Berliner Erzieher der kommunalen Kita-Eigenbetriebe pocht Verdi auf "verbindliche Entlastungsregelungen, die für die Kolleginnen einklagbar" sind.

Der Berliner Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat jedoch mehrfach betont, das Land könne zu den Forderungen keine Tarifverhandlungen aufnehmen - wegen der Mitgliedschaft Berlins in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, kurz TdL. Diese lehne Verhandlungen eines einzelnen Bundeslandes zur Personalbemessung ab. Die TdL hatte das bestätigt.

Neue Vorschläge seitens des Senats seien keine Verbesserung, sagte Verdi-Sprecher Kalle Kunkel am Mittwochnachmittag nach dem Termin. Der Senat komme Verdi nicht entgegen. Von Seiten der Bildungsverwaltung erhielt der rbb nach dem Gespräch am Mittwoch bislang keine Stellungnahme.

Vorbild "Kieler Modell"

Die Gewerkschaft Verdi sieht jedoch Lösungsmöglichkeiten: eine Entlastungsvereinbarung zwischen der Gewerkschaft und den landeseigenen Kita-Betrieben. Vorbild sind ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern - vor allem an der Uni-Klinik Schleswig-Holstein, bekannt als "Kieler Modell". Demnach schließt der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Vertrag ab, in dem unter anderem eine Mindestbesetzung in den jeweiligen Schichten zugesagt wird. Wird die Mindestbesetzung unterschritten, erhalten alle Mitarbeitenden, die im Dienst sind, das Anrecht auf bezahlte freie Tage.

Für Verdi wäre der Vorteil an dieser Lösung, dass sie die Positionen der Gewerkschaft stärkt, weil sie Vertragspartnerin ist. Dem Arbeitgeber könnte es nützen, weil das Streikreicht nicht greift - denn die Vereinbarung hat nicht den Rang eines Tarifvertrages. Für den Senat könnte der Vorteil einer solchen Vereinbarung sein, dass sie nicht die Vorgaben der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) verletzen würde und Berlin weiterhin Mitglied bleiben könnte.

Keine Einigung bei Notbetreuung

Knapp zehn Prozent der rund 2.900 Kitas in Berlin gehören zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder - etwa ein Fünftel aller Kita-Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben.

Auch eine Vereinbarung über eine sogenannte Notbetreuung von Kindern während des Streiks kam bisher zwischen Bildungsverwaltung und Gewerkschaften nicht zustande. Grund: Die Vorstellungen, für wie viele Kinder Betreuungsmöglichkeiten vorgehalten werden sollen, liegen zwischen beiden Seiten weit auseinander. Bei den vergangenen Streiks hatten sich laut Verdi in der Spitze etwa 3.000 Beschäftigte beteiligt. Das hieße im Falle eines unbefristeten Ausstandes: Bis zu 4.000 Erzieherinnen und Erzieher würden arbeiten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2024, 19:30 Uhr

Kommentar

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23 Kommentare

  1. 22.

    Der Senat soll einfach 30% der Kinder die Betreuungsverträge kündigen und die Kosten für die verbleibenden um 50% erhöhen !
    So wird der Betreuungsschlüssel besser, dem Land entgehen keine EInnahmen und ausreichend Erzieher:innen und Räumlichkeiten sind vorhanden!

    Nur für die gekündigten Kinder müsste man nach neuen Lösungen - also Räume und Personal - suchen ...

  2. 21.

    "aber da ist mir IHRERSEITS zuviel Arroganz bei". Hatten Sie schon mal Erzieher (die meistens mit mindestens einer Berufskrankheit früh verrentet i die Altersarmut gezwungen werden) auch nur eine einzige Schicht vertreten?

  3. 20.

    Wegen 290 Kitas in denen ca. 20% der Berliner Kitakinder betreut werden (lt. Artikel). Wobei hoffentlich am Ende Verbesserungen für alle Träger das Ergebnis sind. Der Senat weiß schon, wie er das regeln kann.

  4. 19.

    Und diese machen gerade mal 1/5 der Erzieher aus!

    4/5 sind in privaten Kitas und Betrieben und beschweren sich nie.

  5. 18.

    Das macht Spaß - wa? Erst gegen das grundgesetzlich verbriefte Streikrecht mosern und am Ende die nächste Gehalts-, Renten-, Pensionserhöhung mitnehmen. Wer was in der Hose hat müßte ehrlich verweigern, daß man doch kein igittes Gewerkschaftsgeld einsteckt.

  6. 17.

    Ich kann dieses ständige beschweren der städtischen Erzieher nicht mehr hören! Wie kann es sein, dass gerade mal ein Fünftel der Erzieher in Berlin hier permanent in den Medien und nie zufrieden sind?

    Die anderen vier Fünftel , also der mir Abstand größte Teil, beschwert sich nicht ständig über die angeblich so schlechten Bedingungen , obwohl sie dem exakt gleichen Betreuungsschlüssel unterliegen.

    Also schließt bitte endlich die städtische Kitas , und gebt das Geld den Privaten! Dort wird wirklich sehr gute Arbeit geleistet mit kleinen Gruppen und tatsächlich auch mit Bildungsarbeit.

    Wir sind vom städtischen zur die Privaten gewechselt (Weltenbummler). Es war die beste Entscheidung, mit Wald- und Wiesenausgang jede Woche, Englischkurs, individuelle Sprachentwicklung....

    Der Englischkurs kostet eine Zuzahlung , muss man aber nicht machen. Ansonsten zahlen wir die üblichen 25 Euro.


  7. 16.

    Aha, toll. Das es noch andere Konstellationen gibt scheint so einem hochqualifierzten Elternteil offensichtlich nicht in den Sinn zu kommen. Hauptsache meine Kinder können alles, sind super toll und alle anderen voll blöd...
    Im Übrigen ist zu dolle vogreifen auch für die Kinder nicht gut. Sie sollten die Sachen dann lernen, wenn es soweit ist.

  8. 15.

    Freue mich darauf um zu sehen wie lange dies Verdi durchhält. Übertriebene Forderungen kann man nicht erfüllen. Wo sollen die Erzieher denn herkommen wenn der Betreuungsschlüssel gesenkt werden soll. Erzieher wachsen doch nicht auf Bäumen.

  9. 13.

    "Zu viele Eltern jedoch können aufgrund mangelnder Bildung und mangelnder charakterlicher Eignung ihren Kindern nicht das mitgeben was sie aus Faulheit gern den Kitas übertragen wollen."
    Leider ist das eine Auffassung die durch die gesamte Gesellschaft geht - ob dumm, doof, schlau oder Schwabe.

  10. 12.

    Als Vater von einem Kita- und einem Schulkind stehe ich zu 100 Prozent hinter den Forderungen von ver.di. Die Bedingungen in den Kitas werden seit Jahren schlechter. Den Senat scheint das scheiß egal zu sein, weil Verbesserungen Geld kosten würden. Ohne Druck dürfte sich daran auch nichts ändern. So unglaublich schwierig es für uns auch werden wird, unsere Tochter zu betreuen - einen anderen Weg, vernünftige Bedingungen für Kinder und Erzieher zu erreichen, sehe ich nicht.

  11. 11.

    Heutzutage sind die Ansprüche der Eltern aber auch ganz andere, man ist sehr schnell mit dem Rücken an der Wand, und das Ganze ist auch schon durch die wachsende Internationalität (Wenn die Kinder und die Eltern kein Deutsch können, meine ich) herausfordernder geworden. Zudem wird vieles schnell als "Kindesmissbrauch" (Hilfe beim Toilettengang etwa) gewertet und du sitzt schneller auf der Anklagebank, als du gucken kannst!

  12. 10.

    Nein, es gibt fünf EIGENBETRIEBE, z.B. "Berlin-Nordwest" und so. Und darin (in diesen fünf Gebieten) sind halt die ganzen städtischen Kitas "zusammengefasst"

  13. 9.

    Wegen 5 Kitas der berliner Eigenbetriebe wird ein dermaßener Aufstand gemacht?
    Verdi hat doch echt ne Macke!

  14. 8.

    Wenn ich schon "Erzwingungsstreik" höre, packt mich so langsam die Wut. Unzuverlässigkeit und Willkür sind das Letzte, was Eltern und Kinder brauchen, wenn sie auf eine Betreuung angewiesen sind. Am besten alle Kinder aus den sog. Eigenbetrieben abmelden und in zuverlässigeren Einrichtungen anmelden. In anderen Berufen bzw. Branchen können schließlich auch nicht nur die Rosinen aus dem Kuchen gepickt werden.

  15. 7.

    Kannst du mir das mal erklären? Es gibt doch keinen Streik"ZWANG" oder doch? - Wenn ihr nicht in der Gewerkschaft seid, keiner streiken will- MÜSST ihr denn dann? ("Stell dir vor, es ist Streik und keiner geht hin...") Das versteh ich nicht..
    Schade finde ich an der Sache, dass, wenn man immer nur hört, wie schlecht es den Mitarbeitern geht, doch keiner mehr Erzieher werden will. Oder auch in die Pflege gehen möchte. Na ja, und es haben auch nicht alle Eltern "mal so eben" Tagesbetreuungsersatz für ihre Kinder. Haha, wie gut, dass gefühlt 90% MEINER Bekannten mittlerweile Homeoffice machen. Da ist das nicht so wild. Aber wer "RICHTIG" arbeitet (ICH z.B. im Verkauf!), kriegt Probleme, massive...

  16. 6.

    Schön, dass Sie das selbst geleistet haben.
    Zu viele Eltern jedoch können aufgrund mangelnder Bildung und mangelnder charakterlicher Eignung ihren Kindern nicht das mitgeben was sie aus Faulheit gern den Kitas übertragen wollen.
    Daheim muss den Kindern viel mehr mitgegeben werden. Dazu scheinen aber immer weniger Eltern in der Lage bzw Willens zu sein. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Menschen werden immer dümmer und damit leider auch die Kinder.

  17. 5.

    Ich bin wirklich sprachlos über soviel Egoismus, wieviel Kinder gibt es die Null Unterstützung zu Hause bekommen oder professionelle Förderung benötigen, da sie physisch oder psychisch eingeschränkt sind. Dann gibt doch deinen Platz frei und engagiere nen Babysitter, wäre ne super Maßnahme und große Freude bei den Familien, welche pädagogische Konzepte schätzen.

  18. 4.

    Ach ja, die armen Erzieher, also wir waren 20 Kinder und 1 Erzieherin, daraus sind alles gebildete Leute mit Studium und Vollzeit geworden. Mein Sohn hatte auch das Glück. Heute geht es nur drum, kein Stress, keine Belastung, TZ und so wenig Kinder, das das Geld vom Steuerzahler kommt liebe Gewerkschaft wisst ihr schon dazu das Eltern arbeiten wollen und müssen, solltet ihr auch wissen. Ich finde, ob GEW, Verdi oder IG Metall seit Corona und danach, nichts gegen faire Löhne, aber da ist mir zuviel Arroganz bei. Traurig für die Eltern, ich würde mir das nicht bieten lassen, bei diesen Kitas, es reicht. Es gibt auch andere Unterbringungsmöglichkeiten.

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