Kommentar | Landtag Brandenburg - Die Regierungsverklärung
Nach monatelangem Drängen erklärt sich der Brandenburger Ministerpräsident im Landtag. Die Ausführungen sind blass und wenig konkret. Eine Steilvorlage für die Opposition, kommentiert Hanno Christ.
Überraschend pünktlich um 12 Uhr läutete die Landtagspräsidentin am Mittwoch die Mittagspause ein. Dabei hatte Dietmar Woidke (SPD) gut zwei Stunden vorher seine Regierungserklärung geliefert, eine Erklärung, die lange erwartet worden war. Eigentlich ein parlamentarischer Leckerbissen zu Beginn einer Legislatur, einer, über den sich alle gerne hermachen, um deutlich zu machen, wofür sie stehen und wo sie hinwollen.
Woidke mit viel Altbewährtem
Für die Erklärung und die Debatte hatte der Landtag ursprünglich zweieinhalb Stunden angesetzt. Doch nach nicht mehr als mageren zwei Stunden fanden sich keine weiteren Redner mehr, die über Regierungsarbeit streiten wollten. Ende der Debatte. Pause.
Der Ausklang war sinnbildlich für den holprigen Verlauf des Vormittags. Woidke war lange gedrängt worden, endlich eine Regierungserklärung abzugeben. In anderen Bundesländern waren Amtskollegen deutlich schneller damit. Wohin will die neue Regierung? Welche Vision hat sie? Wo setzt sie Schwerpunkte und wo nicht? Wo setzt der Landeschef ein Zeichen?
Statt klarer Ansagen: viel Altbewährtes, keine Überraschungen. Woidke will die Wirtschaft stärken, Lehrkräfte von Bürokratie entlasten, Migration soll "geordnet" werden, also mehr und schneller abgeschoben werden, gleichzeitig sollen aber auch Ausländer schneller in Arbeit kommen. Die Regierung will mehr Geld für bis zu 9.000 Polizisten und Krankenhäuser ausgeben und zu guter Letzt – Evergreen – Bürokratie abbauen. Klimaschutz kam ganz hinten in der Erklärung doch noch vor, nach der Betonung der Bedeutung von Braunkohle bis 2038.
Die Regierungserklärung hatte den Sound des Koalitionsvertrages von SPD und BSW mit dem Titel "Bewährtes sichern. Neues schaffen." Vom Neuen war allerdings wenig zu hören, schon gar nichts von einer angekündigten "Kurskorrektur".
AfD mit eigenem 10-Punkte-Programm
Stattdessen wurden die Erklärung des Ministerpräsidenten und der rhetorisch blasse Auftritt der Regierungsfraktionen zur Steilvorlage der beiden Oppositionsparteien im Landtag. CDU-Fraktionschef Jan Redmann warf der Regierung vor, weder Optimismus noch Orientierung zu verbreiten. Die Latte dieser Koalition sei so niedrig gelegt, dass sie kaum einen Fuß heben müsse, unkte Redmann.
AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt nutzte die Woidke-Erklärung, um eine Art eigene Regierungsrede zu halten – einen Zehn-Punkte-Plan, den die AfD umsetzen will. Auch wenn eine AfD-Regierungsbeteiligung derzeit kein Thema ist, prügelte die Fraktion ihre Vision davon durch die Landtagsdebatte. Die Reden der AfD strotzten nur so von Widersprüchen und Unwahrheiten – von der vermeintlich "woken" Umerziehung der Schülerinnen und Schüler, über Hetze gegen Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus in Deutschland bis hin zum Lob auf den US-amerikanischen Vizepräsidenten J.D. Vance und dessen vergiftetes Plädoyer für Meinungsfreiheit. Dass die US-Regierung kritische Journalisten ausgrenzt, ließ die AfD unerwähnt.
Woidke vermittelt keine Zuversicht
Es waren Kollateralschäden einer Regierungserklärung, die noch immer etliche Schwächen im eigenen Regierungsbündnis überdecken muss. Die Rede verklärte mehr, als dass sie erklärte. Noch immer hat die Koalition keinen Haushalt, ist sich uneinig in zentralen Fragen zum Thema Bundeswehr und Sicherheit und plagt sich mit dem regierungsunerfahrenen BSW, in dessen Reihe einzelne Abgeordnete immer noch lieber Opposition als Regierung simulieren.
Die Argumentation der Landesregierung, es fehle ja noch der Haushalt, um solide sagen zu können, wohin die Reise gehe, ist mit dem heutigen Tag zusammengefallen. Sicher: Die Landesregierung wird finanziell nicht aus dem Vollen schöpfen können, sondern besonderen Sparzwängen unterliegen. Von Rücklagen wie noch unter Rot-Rot oder auch unter Kenia kann diese Regierung nur träumen.
Niemand aber hätte Woidke daran gehindert, trotzdem eine Rede zu halten, die Richtung vorgibt und Zuversicht verspricht. Zuversicht und Appelle sind umsonst zu haben, frei von den Zwängen eines Etats.
Sendung: rbb24 Inforadio, 26.03.2025, 18:01 Uhr