Verstoß gegen Grundgesetz - Gericht: Bafög-Satz darf nicht unter Bürgergeld liegen
Leistungsberechtigte Studierende haben im Jahr 2021 deutlich zu wenig staatliche Unterstützung bekommen. So sieht es das Berliner Verwaltungsgericht. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.
- Studierenden ist im Jahr 2021 "verfassungswidrig wenig" Bafög ausgezahlt worden
- Klage einer Berliner Medizinstudentin
- Berliner Verwaltungsgericht: Bafög-Festlegung hat falsche Maßstäbe gesetzt und eine fehlerhafte Methodik angewandt
- Entscheiden muss nun das Bundesverfassungsgericht
Die Höhe des Bafögs für Studierende im Jahr 2021 hat nach Ansicht des Berliner Verwaltungsgerichts gegen das Grundgesetz verstoßen. Die Höhe des angesetzten Grundbedarfs im Jahr 2021 von 427 Euro sei zu niedrig gewesen, weil sie signifikant niedriger gewesen sei als die Regelbedarfsstufe Hartz IV in Höhe von 446 Euro, teilte das Gericht am Dienstag mit.
Das Verwaltungsgericht entschied, dass die für Studierende geltenden Bedarfssätze nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen sind. Neben der Höhe des Grundbedarfs sei auch die Höhe des Unterkunftsbedarfs von 325 Euro zu niedrig gewesen, weil im Sommersemester 2021 bereits mehr als die Hälfte der Studierenden monatliche Mietausgaben von 351 Euro, knapp 20 Prozent von 400 bis 500 Euro und weitere 20 Prozent von mehr als 500 Euro gehabt hätten. Zudem könne als Vergleichsmaßstab nicht ein Gesamtschnitt der Unterkunftskosten im gesamten Bundesgebiet genommen werden.
Unterkunftskosten dürfen nicht bundesweit gleich berechnet werden
Dass die Unterkunftskosten so pauschal berechnet wurden, berücksichtige nicht die erheblichen regionalen Unterschiede, betont das Gericht. Vielmehr müsse ein Durchschnittswert der Unterkunftskosten am Studienort der jeweiligen Person herangezogen werden.
Schließlich hätten sich 2021 die Kosten in den verschiedenen Hochschulorten um bis zu 230 Euro unterschieden. So lagen sie etwa in München bei 595 und im sächsischen Freiberg bei 266 Euro durchschnittlich. Außerdem weise die Methodik zur Festlegung der Bedarfssätze schwerwiegende Fehler auf, wie die Einbeziehung ungeeigneter Referenzgruppen und die mangelnde Differenzierung zwischen verschiedenen Kostenarten, so das Gericht. Geklagt hatte eine inzwischen 29 Jahre alte Studentin, die ab 2016 an der Charité Medizin studierte.
Weil das Berliner Verwaltungsgericht nicht selbst die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes feststellen kann, wurde das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Bafög-Satz wurde zum 1. August erhöht, diese Erhöhung wurde allerdings bei vielen Studierenden direkt wieder durch die Inflation aufgefressen.
Sendung: rbb24 Fritzradio, 10.07.2024, 11:00 Uhr