Zuständigkeiten, Kontrolle, Vermittlung - Berliner Senat konkretisiert Verwaltungsreform

Mi 11.09.24 | 20:58 Uhr
  6
(Quelle: dpa/elxeneize)
Symbolbild: Rotes Rathaus in Berlin. (Quelle: dpa/elxeneize) | Bild: dpa/elxeneize

Der schwarz-rote Senat will bis Jahresende ein Gesetzespaket zur Verwaltungsreform auf den Weg bringen. Die Eckpunkte dazu liegen vor.

Mit seinen Plänen für eine umfassende Reform der Berliner Verwaltung will der schwarz-rote Senat noch in diesem Herbst vorankommen. Zentrale Reformziele sind laut einem neuen Eckpunktepapier aus der Senatskanzlei, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, die Verantwortung für die Aufgaben zwischen Land und Bezirken klar aufzuteilen, die gesamtstädtische Steuerung der Verwaltung zu stärken und eine starke Rolle der Bezirke zu garantieren.

Ein entsprechendes Gesetzespaket, zu dem insbesondere ein neues Landesorganisationsgesetz (LOG) gehört, soll möglichst bis Jahresende ins Landesparlament eingebracht werden. Die Verwaltungsreform gehört zu den wichtigsten politischen Vorhaben des schwarz-roten Senats und des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU). Die Federführung hat die Staatssekretärin für Verwaltungsmodernisierung, Martina Klement.

Bürgerorientierung soll mehr Bedeutung bekommen

Zu den obersten Leitsätzen der Verwaltungsarbeit sollen "Bürgerorientierung" und "Wirkungsorientierung" zählen. Die Verwaltung soll insgesamt schneller und effizienter werden, auch und gerade in der Zusammenarbeit verschiedener Behörden.

Dazu zählt nach dem Eckpunktepapier auch, dass eine Behörde der anderen künftig eine Frist von maximal einem Monat geben soll, wenn eine Stellungnahme angefordert wird. Gibt es in der Zeit keine Reaktion, kann die für die Entscheidung zuständige Behörde davon ausgehen, dass keine Einwendungen erhoben werden, heißt es im Eckpunktepapier.

Kein Behörden-Pingpong mehr

Kernpunkt des neuen LOG ist die angestrebte klare Aufgabenverteilung. Das Gesetz soll transparent regeln, wer wofür zuständig ist und damit dem in Berlin seit Jahrzehnten beklagten Behörden-Pingpong ein Ende bereiten.

So soll künftig zwischen Steuerungs- und Durchführungsaufgaben sowohl auf Landes- als auch auf Bezirksebene unterschieden und klarer als bisher definiert werden, wo die Unterschiede sind. "Die Aufgaben der Berliner Verwaltung sollen in einem einheitlichen Zuständigkeitskatalog dargestellt werden", heißt es weiter. Dabei werden die Aufgaben unter anderem nach Politikfeldern wie Bildung, Energie, Pflege oder Stadtentwicklung sortiert.

Einigungsstelle entscheidet bei Zuständigkeitsstreit

Bei Streit zwischen Bezirken und Hauptverwaltung über Zuständigkeitsfragen soll künftig eine Einigungsstelle entscheiden, die aus je zwei Mitgliedern beider Verwaltungsebenen und einem unabhängigen Vorsitz besteht.

Eine größere Bedeutung als bisher kommt nach den Plänen der Senatskanzlei den Verwaltungsvorschriften zu: Sie sollen künftig ein "wesentliches Element der gesamtstädtischen Steuerung" sein. "Richtig eingesetzt reduzieren sie den Bürokratieaufwand etwa für Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürgern, indem sie Rechtsklarheit und einheitliche Regelungen über alle zwölf Bezirksverwaltungen hinweg bringen."

Absicht der Verwaltungsreform ist nach Angaben der Senatskanzlei nicht die Entmachtung der Bezirke. "Eine Stärkung der gesamtstädtischen Steuerung soll zugleich mit einer Stärkung der Bezirke einhergehen", heißt es im Eckpunktepapier.

Die Bezirke sollen stärkere Kontrollmöglichkeiten erhalten, um Entscheidungen der Senatsfachverwaltungen gegebenenfalls überprüfen zu können - wie beim Streit um den Bau eines Zauns um den Görlitzer Park, den der Senat will, der Bezirk aber nicht. In dem Fall sind bei den Details allerdings noch Fragen offen.

Rat der Bürgermeister soll mehr Spielraum bekommen

Der Rat der Bürgermeister soll unter anderem künftig das Recht haben, Vorschläge für Verwaltungsvorschriften zu machen "und auch Änderungen oder die Aufhebung von solchen mit Wirkung auf die Bezirke zu beantragen". Er soll aber auch die Möglichkeit erhalten, eigene Vorschläge ans Landesparlament zu richten.

Für die Umsetzung sind mehrere Varianten denkbar. Das Eckpunktepapier erwähnt neben anderen die Möglichkeit, die Landesverfassung so zu ändern, dass der Rat der Bürgermeister direkt Gesetzesinitiativen einbringen kann.

CDU und SPD hatten 2023 schon in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die an vielen Stellen ineffizient organisierte Berliner Verwaltung zu modernisieren und die Zuständigkeiten von Land und Bezirken klarer zu trennen. Auch der rot-grün-rote Vorgängersenat hatte bereits das gleiche Ziel verfolgt und entsprechende Vorschläge erarbeitet.

Sendung:

6 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 6.

    Wenn das Gesetz kann und sollte beinhaltet und Fristen nicht auslegungsfrei beschreibt, darf nicht davon ausgegangen werden, dass sich etwas beschleunigt.
    Ohnehin wird wohl wieder der Personalmangel für überschreitungen von Fristen herhalten.

  2. 5.

    Solange man für einen einfach I-Status für eine Schwerbehindertes Kind 4 Behörden involviert, muss man sich doch nicht wundern. Achso, die vier machen nur den Hort! Für den Schulteil ist natürlich noch eine andere Behörde zuständig.

  3. 4.

    Das mit dem 1 Monat zwischen Behörden + Bürger -> einfach anwenden. In einem anderen rbb-Artikel gab es die Info, dass das in BB sso gehandhabt wird (glaube, bei Grundstückserwerrb o. Bebauung). Wenn bis zur Frist kein Entscheid, gilt Antrag als genehmigt.

    Richtig so. Die Mängel der Organisation dürfen nicht zulasten der Bürger gehen, die haben nur ein Leben.

  4. 3.

    Ich meine, wenn man den Berliner Senat jetzt erst vor kurzem erfunden hätte, würde ich das ganze Prozedere verstehen. Was wird denn hier jetzt neu erfunden und was haben die denn die ganze Zeit bis jetzt gemacht? Einigungsstelle? Wozu? Mein Chef teilt mir meine Zuständigkeit innerhalb von Sekunden mit. BÜRGERORIENTIERUNG gehört in der Agenda nach ganz oben, das ist das Kerngeschäft des Senats, schließlich wurdet dieser von den BÜRGERN/INNEN gewählt, genau dafür. Einer geht noch: Wurde denn schon eine Task-Force gegründet, oder ist diese in Planung gegründet zu werden?

  5. 2.

    Das kann ja heiter werden, wenn die Bezirke den Senat verklagen kann - Kreuzberg lässt grüßen. Politische Fragen müssen politisch geklärt werden und nicht vor Gericht.

  6. 1.

    Das mit dem 1 Monat zwischen den Behörden sollte lieber für Behörden/Bürger gelten.
    Unterm Strich sieht das Ganze so aus…. Die Bürokratie bleibt … bekommt nun noch ein Landesorganisationsgesetz dazu… oder einfacher gesagt… man beschäftigt sich mit sich selbst und mehr kommt nicht dabei raus.
    Solange man weder bei der Bürokratie, der Digitalisierung und dem Datenschutz etwas ändert wird sich für den Bürger nichts ändern.

Nächster Artikel