Verwaltung - Wegner schlägt terminfreien Tag an Berliner Bürgerämtern vor
Zeit- und ortsnah einen Termin bei einem der Berliner Bürgerämter zu erhalten, ist fast unmöglich. Nun kommt der Regierende Bürgermeister Wegner mit einer Idee um die Ecke, die ihm viel Kritik beschert.
- Problem mit freien Bürgeramtsterminen will Regierender Bürgermeister mit einem anmeldefreien Tag in der Woche lösen
- Koalitionspartner SPD hält den Ansatz für falsch
- Opposition erwartet Chaos und wirft Wegner vor, mit leeren Versprechungen zu agieren
Um die angespannte Lage in den Berliner Bürgerämtern zu verbessern, schlägt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) terminfreie Angebote vor. Das könne stark zur Entlastung beitragen, sagte Wegner am Freitag der "Berliner Morgenpost".
Schon mit Bezirken im Gespräch
Wegners Idee zufolge sollen die Berlinerinnen und Berliner an einem Tag in der Woche ohne vorher gebuchten Termin in die Bürgerämter gehen können. Laut dem Zeitungsbericht ist die Senatskanzlei schon mit den Bezirken über einen terminfreien Tag im Gespräch. Einige Bezirke befürchten demnach allerdings, von den Bürgerinnen und Bürgern regelrecht überrannt zu werden.
Wegner hatte ursprünglich zugesagt, dass die Berliner Bürgerämter ihre Termine noch im Jahr 2023 innerhalb von 14 Tagen anbieten werden. Dieses Ziel wurde aber klar verfehlt.
Der schwarz-rote Senat will die Situation jetzt mit zusätzlichem Personal verbessern. Die meisten der 100 neu eingestellten Beschäftigten müssen aber erst noch eingearbeitet werden und sind deshalb nicht einsatzbereit.
SPD hält Wegners Ansatz für falsch
"Die Bürgerämter haben auf Terminvergaben umgestellt, um möglichst effektiv Anliegen zu bearbeiten", sagte der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb. "Wenn man wirklich helfen will, dann sollte man nicht das System zerschießen, sondern muss von dem Zustand wegkommen, dass bis zu einem Drittel der Termine ungenutzt verfallen, weil die Leute nicht kommen und nicht absagen."
Aus seiner Sicht verspricht ein anderer Ansatz mehr: "Leider ist in unserem Land scheinbar etwas, dass nichts kostet, auch nichts wert. Dementsprechend würde ich vorschlagen, Strafen für nicht abgesagte Termine zu verhängen", sagte er.
Grüne: Warme Worte reichen nicht
Die Grünen-Fraktion fordert, Wegner solle Wort halten. "Das Ziel muss es weiter sein, dass man einen Bürgeramtstermin verbindlich buchen kann, wie es auch in jeder anderen Kommune funktioniert. Daran muss sich Wegner messen lassen", sagte der Abgeordnete Stefan Ziller.
"Viele Berufstätige, vor allem Selbstständige und Familien, können es sich nicht leisten, den halben Mittwoch mit Wartenummer rumzusitzen." Deshalb könne das nur eine Ergänzung zum Serviceversprechen auf einen sicheren Termin in maximal 14 Tagen sein. "Kai Wegner ist bei den Bürgerämtern mit großen Versprechen gestartet und wir sehen einmal mehr, dass am Ende nur Wegners warme Worte bleiben."
Linke befürchten noch größeres Chaos
Auch die Linke hält nichts von Wegners Vorschlag: "Ein Tag mit freiem Zugang ohne Termin wird das Chaos bei den Bürgerämtern vergrößern und nicht verkleinern. Die Mitarbeitenden setzt das zusätzlich unter Stress", sagte deren Fraktionsvorsitzender Tobias Schulze. "Bereits jetzt ist es möglich, bei einem wichtigen Anliegen, einfach zum Bürgeramt zu gehen." Schulze fordert stattdessen, die für die Bürgerämter zugesagten neuen Stellen schnell zu besetzen, das Terminbuchungssystem zu optimieren und die Orientierung in den Bürgerämtern zu erleichtern.
FDP kritisiert Wegners Vorschlag
Die Berliner FDP kritisierte Wegners Vorstoß. FDP-Generalsekretär Peter Langer forderte stattdessen, dass die Verwaltungsprozesse effizienter gestaltet werden müssten. Dadurch würden die Mitarbeiter in den Bürgerämtern entlasten. Zusätzlich sei eine echte Digitaloffensive notwendig, so Langer. "Berlin braucht endlich eine umfassende und mutige Verwaltungsreform, die auf sich auf klare Zuständigkeiten und Einstufigkeit fokussiert", so der FDP-Generalsekretär weiter.
Friedrichshain-Kreuzberg meldet Zweifel an
Der Stadtrat für Bürgerdienste in Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll (Linke), sieht Wegners Idee ebenfalls kritisch: "Der Vorschlag mag in den Ohren der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt gut klingen, ist aber in der Praxis nicht umsetzbar", sagte er der"Berliner Morgenpost".
"Die Anzahl der Bearbeitungsslots wäre an einem Tag ohne Termine nicht größer, sodass die Zufriedenheit der Bürger kaum gesteigert würde." Scheinbar populäre Neuerungen zu verkünden, sei der falsche Ansatz. "Wenn alle hier lebenden Menschen innerhalb von zwei Wochen einen Termin in einem wohnortnahen Bürgeramt erhalten können, sind terminfreie Tage obsolet."
In Berliner Bürgerämtern einen Termin zu bekommen, gilt als chronisches Problem. Der Regierende Bürgermeister hatte vor einem Jahr versichert, noch 2023 werde das generell innerhalb von 14 Tagen möglich sein. Das hat nicht geklappt. Der schwarz-rote Senat will die Situation unter anderem mit zusätzlichem Personal in den Bürgerämtern verbessern.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.08.2024, 11:42 Uhr