Verwaltung - Wegner schlägt terminfreien Tag an Berliner Bürgerämtern vor

Fr 02.08.24 | 14:20 Uhr
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Symbolbild: Stempel stehen auf dem Schreibtisch in einem Berliner Bürgeramt. (Quelle: dpa/Gollnow)
Audio: rbb24 Inforadio | 02.08.2024 | Westphal, Ricardo | Bild: dpa/Gollnow

Zeit- und ortsnah einen Termin bei einem der Berliner Bürgerämter zu erhalten, ist fast unmöglich. Nun kommt der Regierende Bürgermeister Wegner mit einer Idee um die Ecke, die ihm viel Kritik beschert.

  • Problem mit freien Bürgeramtsterminen will Regierender Bürgermeister mit einem anmeldefreien Tag in der Woche lösen
  • Koalitionspartner SPD hält den Ansatz für falsch
  • Opposition erwartet Chaos und wirft Wegner vor, mit leeren Versprechungen zu agieren

Um die angespannte Lage in den Berliner Bürgerämtern zu verbessern, schlägt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) terminfreie Angebote vor. Das könne stark zur Entlastung beitragen, sagte Wegner am Freitag der "Berliner Morgenpost".

Schon mit Bezirken im Gespräch

Wegners Idee zufolge sollen die Berlinerinnen und Berliner an einem Tag in der Woche ohne vorher gebuchten Termin in die Bürgerämter gehen können. Laut dem Zeitungsbericht ist die Senatskanzlei schon mit den Bezirken über einen terminfreien Tag im Gespräch. Einige Bezirke befürchten demnach allerdings, von den Bürgerinnen und Bürgern regelrecht überrannt zu werden.

Wegner hatte ursprünglich zugesagt, dass die Berliner Bürgerämter ihre Termine noch im Jahr 2023 innerhalb von 14 Tagen anbieten werden. Dieses Ziel wurde aber klar verfehlt.

Der schwarz-rote Senat will die Situation jetzt mit zusätzlichem Personal verbessern. Die meisten der 100 neu eingestellten Beschäftigten müssen aber erst noch eingearbeitet werden und sind deshalb nicht einsatzbereit.

SPD hält Wegners Ansatz für falsch

"Die Bürgerämter haben auf Terminvergaben umgestellt, um möglichst effektiv Anliegen zu bearbeiten", sagte der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb. "Wenn man wirklich helfen will, dann sollte man nicht das System zerschießen, sondern muss von dem Zustand wegkommen, dass bis zu einem Drittel der Termine ungenutzt verfallen, weil die Leute nicht kommen und nicht absagen."

Aus seiner Sicht verspricht ein anderer Ansatz mehr: "Leider ist in unserem Land scheinbar etwas, dass nichts kostet, auch nichts wert. Dementsprechend würde ich vorschlagen, Strafen für nicht abgesagte Termine zu verhängen", sagte er.

Grüne: Warme Worte reichen nicht

Die Grünen-Fraktion fordert, Wegner solle Wort halten. "Das Ziel muss es weiter sein, dass man einen Bürgeramtstermin verbindlich buchen kann, wie es auch in jeder anderen Kommune funktioniert. Daran muss sich Wegner messen lassen", sagte der Abgeordnete Stefan Ziller.

"Viele Berufstätige, vor allem Selbstständige und Familien, können es sich nicht leisten, den halben Mittwoch mit Wartenummer rumzusitzen." Deshalb könne das nur eine Ergänzung zum Serviceversprechen auf einen sicheren Termin in maximal 14 Tagen sein. "Kai Wegner ist bei den Bürgerämtern mit großen Versprechen gestartet und wir sehen einmal mehr, dass am Ende nur Wegners warme Worte bleiben."

Linke befürchten noch größeres Chaos

Auch die Linke hält nichts von Wegners Vorschlag: "Ein Tag mit freiem Zugang ohne Termin wird das Chaos bei den Bürgerämtern vergrößern und nicht verkleinern. Die Mitarbeitenden setzt das zusätzlich unter Stress", sagte deren Fraktionsvorsitzender Tobias Schulze. "Bereits jetzt ist es möglich, bei einem wichtigen Anliegen, einfach zum Bürgeramt zu gehen." Schulze fordert stattdessen, die für die Bürgerämter zugesagten neuen Stellen schnell zu besetzen, das Terminbuchungssystem zu optimieren und die Orientierung in den Bürgerämtern zu erleichtern.

FDP kritisiert Wegners Vorschlag

Die Berliner FDP kritisierte Wegners Vorstoß. FDP-Generalsekretär Peter Langer forderte stattdessen, dass die Verwaltungsprozesse effizienter gestaltet werden müssten. Dadurch würden die Mitarbeiter in den Bürgerämtern entlasten. Zusätzlich sei eine echte Digitaloffensive notwendig, so Langer. "Berlin braucht endlich eine umfassende und mutige Verwaltungsreform, die auf sich auf klare Zuständigkeiten und Einstufigkeit fokussiert", so der FDP-Generalsekretär weiter.

Friedrichshain-Kreuzberg meldet Zweifel an

Der Stadtrat für Bürgerdienste in Friedrichshain-Kreuzberg, Oliver Nöll (Linke), sieht Wegners Idee ebenfalls kritisch: "Der Vorschlag mag in den Ohren der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt gut klingen, ist aber in der Praxis nicht umsetzbar", sagte er der"Berliner Morgenpost".

"Die Anzahl der Bearbeitungsslots wäre an einem Tag ohne Termine nicht größer, sodass die Zufriedenheit der Bürger kaum gesteigert würde." Scheinbar populäre Neuerungen zu verkünden, sei der falsche Ansatz. "Wenn alle hier lebenden Menschen innerhalb von zwei Wochen einen Termin in einem wohnortnahen Bürgeramt erhalten können, sind terminfreie Tage obsolet."

In Berliner Bürgerämtern einen Termin zu bekommen, gilt als chronisches Problem. Der Regierende Bürgermeister hatte vor einem Jahr versichert, noch 2023 werde das generell innerhalb von 14 Tagen möglich sein. Das hat nicht geklappt. Der schwarz-rote Senat will die Situation unter anderem mit zusätzlichem Personal in den Bürgerämtern verbessern.

Sendung: rbb24 Inforadio, 02.08.2024, 11:42 Uhr

69 Kommentare

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  1. 68.

    Dann fällt ein Tag weg, an dem keine Termine gemacht werden können. Also Unfug.

  2. 67.

    Wenn 1/3 der Termine nicht wahrgenommen werden, gibt es doch 33% freie Slots für Bürger, die spontan vorbei kommen können. Ich frage mich, warum noch niemand darauf gekommen ist.

  3. 66.

    Veränderungsbedarf ist da, wenn es besser laufen könnte und ich vermute, es ist ausreichend, wenn die starren Strukturen etwas flexilisiert werden können, denn in der Regel können Aufgaben auf verschiedene Weisen zufriedenstellend gelöst werden.

    Hier, indem sich etwas geschultere und belastbarere Mitarbeiter (evtl. turnusmäßig) täglich und mit etwas größerem Fingerspitzengefühl um Sonder- und Problemfälle bemühen (ggf. mit einvernehmlicher Hilfe von Übersetzern, Psychologen, etc.), denn für die Mehrheit der Mitarbeiter und Bürger stellen feste Termine zu festen Zeiten wahrscheinlich kein besonderes Problem dar.

  4. 65.

    Ich finde den Vorschlag von Herrn Wegner sollte man wenigstens testen. 1* in der Woche, immer Mittwoch z.B., man geht hin, zieht eine Wartenummer und hinterlegt gleich seinen Namen und Anliegen (alles elektronisch), dann muss man halt warten. Leichte Unterbuchung an dem Tag für komplizierte Fälle. Einfach ausprobieren.

  5. 64.

    Die Variante existiert auch noch nicht, ist nur ein Vorschlag, wenn man keine Termine bekommt.

  6. 63.

    Also auf der Informationsseite des Bundesministeriums des Inneren - personalausweisportal.de - existiert ihre Variante nicht! Dort ist ausschließlich vom Antrag im Bürgeramt die Rede! Aber sie haben doch sicher einen offiziellen Link zur Hand?
    Amt kann übrigens wohl auch außerhalb des Hauptwohnsitzes sein, ist dann nur teurer. Für manche vielleicht interessant.

  7. 62.

    Vom Postident Verfahren werden Sie bei Kontoeröffnung schon gehöhrt haben. Das ginge auch beim Perso. Also Foto vor Augen der Post in den Umschlag und fertig.Abholung von mir aus im Bürgeramt dann geht nix per Post verloren und was spricht dagegen sich online umzumelden und die Ummeldebescheinigung entweder per Post oder Persöhnlich am Empfang des Bürgeramtes abzugeben.Ausser bei Erstanträgen oder Zuzügen, da kann ich schon verstehen, dass Sie ein Sachbearbeiter sehen möchte.Arbeitslos wird bei der Überlastung mit Sicherheit keiner.

  8. 61.

    Ich bin jetzt etwas verwirrt.
    Könnten sie bitte mal genau erklären was sie hier vorschlagen?

  9. 60.

    Erstbeantragung vor Ort weitere Beantragung siehe Post unten . Abholung im Bürgeramt des Wohnortes. Schon kann nix per Post verloren gehen. Das Ummelden müsste online gehen. Erscheinen ohne Termin Kopie abgeben Unterschrift und fertig. Was muß ich da noch Stundenlang auf Sachbearbeiter warten auch mit Termin.Reisepassbeantragung war kurz mal unmöglich gewesen. Es sei denn man konnte sofort.

  10. 59.

    Theoretisch wäre das möglich, nur in Pankow gibt's genauso wenig einen Termin. Suchen Sie doch einfach mal nach Ummeldung Wohnsitz, da kommt immer nur "keine Termine Verfügbar" - nirgendwo! Das wird gefühlt immer schlimmer, nicht besser.

  11. 58.

    Und dann gehört er nicht mal ihnen direkt sondern bleibt Eigentum der Bundesrepublik!

  12. 57.

    Wann der Perso abläuft sieht man ja. Da könnte man auch im vorrraus buchen Perso per Postisentverfahren einreichen und schon braucht man nicht mehr auf Termine warten.Ob das Foto neu ist sieht die Post dann. Bürgeramt ohne Termine würde ich nur im Notfall wahrnehmen Ausweis geklaut bzw verloren ect.

  13. 56.

    Und nicht vergessen, wenn Sie einen abgelaufenen Ausweis haben zahlt man zusätzlich noch Ordnungsgeld.

  14. 55.

    Nö, eigentlich nicht, aber ich finde terminfreie Tage wären ein guter Ausgleich zu den bürgerfreien Tagen in den Amtsstuben.

  15. 53.

    Dieses Ämterchaos durch solche Verharmlosung auch noch zu tolerieren ist schon mehr als fragwürdig.
    Vor allem bei Ausweisen ist es eigentlich eine Frechheit, dann bekommt man nicht mal einen Termin dafür, für ein Dokument was der Staat von mir will, schon völlig irre.
    Und selbst bezahlen muss man das auch noch, eigentlich unfassbar.

  16. 52.

    Ich finde einfach generell Verallgemeinerungen falsch, weil ich immer denke: nö, es handelt sich hier jeweils um verschiedene Menschen, mit dementsprechend verschiedenen Charakteren.

    Grundsätzlich haben Sie recht und ich lehne Verallgemeinerungen eigentlich ab. Aber kennen Sie die Arbeit in einer Behörde? Da passt man sich ganz schnell an oder man geht ganz schnell. Das erste was ich bei einer Berliner Behörde gelernt habe als mir etwas sehr umständlich vorkam...

    Das haben wir schon immer so gemacht.

  17. 51.

    Herr Gott was für ein Gejammere......Dann fahre ich eben von Spandau nach Pankow wenn ich einen Termin bekomme....bringt mich das um ?? Nein.

  18. 50.


    Ich finde einfach generell Verallgemeinerungen falsch, weil ich immer denke: nö, es handelt sich hier jeweils um verschiedene Menschen, mit dementsprechend verschiedenen Charakteren.

    Grundsätzlich haben Sie recht und ich lehne Verallgemeinerungen eigentlich ab. Aber kennen Sie die Arbeit in einer Behörde? Da passt man sich ganz schnell an oder man geht ganz schnell. Das erste was ich bei einer Berliner Behörde gelernt habe als mir etwas sehr umständlich vorkam...

    Das haben wir schon immer so gemacht.

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