Zweite Instanz - Landesarbeitsgericht Berlin entscheidet über unbefristeten Kita-Streik

Fr 11.10.24 | 06:09 Uhr
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Archivbild: Menschen nehmen an einer Kundgebung der Gewerkschaften GEW und Verdi zu einem eintägigem Warnstreik in den Kita-Eigenbetrieben des Landes Berlin teil. (Quelle: dpa/Sommer)
Audio: rbb24 Radioeins | 11.10.2024 | Moeck, Tobias | Bild: dpa/Sommer

Müssen sich Eltern von etwa 35.000 Berliner Kita-Kindern ab Montag nach einer alternativen Betreuung umsehen? Das Landesarbeitsgericht entscheidet voraussichtlich am Freitag, ob ein von Verdi geplanter unbefristeter Streik doch durchgeführt werden darf.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg will voraussichtlich am Freitag darüber entscheiden, ob der von der Gewerkschaft Verdi unbefristete Streik an den gut 280 kommunalen Berliner Kitas zulässig ist.

In erster Instanz hatte sich die Senatsfinanzverwaltung im Eilverfahren erfolgreich gegen die Aktion gewehrt. Das Arbeitsgericht hatte den Kita-Streik untersagt. Die Gewerkschaften Verdi und GEW hatten den ursprünglich ab dem 30. September geplanten unbefristeten Streik daraufhin absagen müssen.

Streik ab Montag möglich

Dagegen ist Verdi in Berufung gegangen, sodass nun das Landesarbeitsgericht entscheiden muss. Sollten die Richter das Verbot kippen, will Verdi bereits am Montag mit dem Streik beginnen.

In dem Konflikt fordern die Gewerkschaften, die Erzieher in den kommunalen Kita-Eigenbetrieben zu entlasten. Festgelegt werden soll aus Gewerkschaftssicht insbesondere, für wie viele Kinder eine Erzieherin höchstens zuständig ist. Für die Berliner Erzieher der kommunalen Kita-Eigenbetriebe pocht Verdi auf "verbindliche Entlastungsregelungen, die für die Kolleginnen einklagbar" sind.

Vorbild für eine solche Entlastungsregelung sind ähnliche Vereinbarungen in anderen Bundesländern - vor allem an der Uni-Klinik Schleswig-Holstein, bekannt als "Kieler Modell". Demnach schließt der Arbeitgeber mit der Gewerkschaft einen Vertrag ab, in dem unter anderem eine Mindestbesetzung in den jeweiligen Schichten zugesagt wird. Wird die Mindestbesetzung unterschritten, erhalten alle Mitarbeitenden, die im Dienst sind, das Anrecht auf bezahlte freie Tage.

Günther-Wünsch verweist auf Fachkräftemangel

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) hat die Gewerkschaft Verdi aufgerufen, mit ihr inhaltlich über die Situation in den kommunalen Kitas zu sprechen. Sie erkenne an, dass es für die Erzieherinnen und Erzieher belastende Situationen gibt, hatte die Senatorin in der vergangenen Woche dem rbb gesagt. Die Forderung der Gewerkschaft nach mehr Mitarbeitenden müsse aber mit den freien Kita-Plätzen in der Stadt abgeglichen werden.

Mehr Erzieherinnen und Erzieher über Nacht könne es wegen des Fachkräftemangels nicht geben, so die Senatorin weiter. Es könne für mehr Entlastung gesorgt werden, indem Aufgaben von anderen Professionen übernommen würden, wie es bereits in den Schulen der Fall sei.

35.000 Kinder betroffen

Der Senat lehnt Tarifverhandlungen bisher grundsätzlich ab. Aus seiner Sicht kann das Land Berlin diese nicht im Alleingang führen, weil es Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ist. Dort drohe bei einem Berliner Sonderweg der Rausschmiss.

Mit seiner "unkonstruktiven Haltung" provoziere der Senat den Streik, hatte Verdi in seiner ursprünglichen Streik-Ankündigung erklärt. Der Senat wiederum wirft der Gewerkschaft vor, sie setze auf Eskalation und gefährde dadurch eine verlässliche Betreuung der Kinder.

Knapp zehn Prozent der rund 2.900 Kitas in Berlin gehören zu sogenannten kommunalen Eigenbetrieben. Dort betreuen rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher sowie weitere Beschäftigte etwa 35.000 Kinder - rund ein Fünftel aller Kita-Kinder. Die übrigen Einrichtungen werden von freien Trägern betrieben.

Sendung: rbb24 Radioeins, 11.10.2024, 9:00 Uhr

34 Kommentare

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  1. 34.

    Weil das Land Berlin der Arbeitgeber ist, dementsprechend eine Fürsorgepflicht für seine Angestellten hat und diese auch ernst nehmen sollte, um Arbeitsbedingungen zu schaffen die die dort Arbeitenden auf Dauer eben nicht krank macht oder in andere Bereiche abwandern lässt.

  2. 33.

    Ich bins wieder: Das Problem ist der Personalschlüssel!

  3. 32.

    Weiter streiken Ihr ErzieherInnen! Es geht um die Kinder und um Eure Gesundheit! Auch um Eure Kohle.

  4. 31.

    Sie sehen, es gibt keine Extrawurst am Streikrecht für Berlin, und das ist gut so!

  5. 30.

    Früher gab es auch ,engagierte' Schüler und zu den Schülern gehörten/gehören auch Eltern ;-l

  6. 29.

    Den Job wollen ja welche machen. Nur zu anderen Bedingungen, damit der Job auch machbar ist bzw. bleibt. Und damit er attraktiver wird, brauch es bessere Arbeitsbedingungen.
    Das ihn keiner will, stimmt ja nicht. Sonst gäb es ja nicht diesen Aufschrei.
    Vielleicht hätte ich Kostenbeteiligung statt Kostenübernahme schreiben sollen. Das trifft es wohl eher. Dann wäre das „oder“ hinfällig. Dann gäbe es finanzielle Ressourcen. Wenn auch nur ein Tropfen.
    Aber ob ich es Ihnen versuche zu erklären oder nicht, … es ist und bleibt ein Denkansatz, der versucht, nach Lösungen zu finden. Denn dieses Isso, war so, bleibt so führt zu gar nichts, vor allem nicht zu Veränderungen, die es aber unbedingt braucht.

  7. 28.

    Wochenlang ist das Thema auf der Agenda und noch immer gibt es Kommentierende, denen nicht klar ist, das Quote eben Erzieher / Kind bedeutet. Weniger Kinder, weniger Erzieher, gleiches Problem. Nachdenken ist heute sowas von außer Mode, es ist grausam.

  8. 27.

    Deswegen gibt es einen bundeseinheitlichen Personalschlüssel. Oh ... gibt es ja gar nicht. Das ist Ländersache.

  9. 26.

    Was hat das Ganze denn damit zutun, wer es bezahlt? Ob Eltern oder Steuerzahler? Wenn keiner den Job machen will, dann kommt halt keine Entlastung. Isso.

  10. 25.

    Ich bin für die Wiedereinführung der Kostenübernahme (% am Gehalt). Statt kostenfrei für alle. Klar kann man darauf zu arbeiten, dass Arbeitsbedingungen besser werden, Personen wieder in diesem Beruf arbeiten wollen. Vielleicht nicht von hier auf jetzt, aber in absehbarer Zeit. Wenn Auszubildende und Neue nämlich sehen, dass in Krankheitsfällen zumindest versucht wird, Abhilfe zu schaffen, wenn eine Stelle zusätzlich besetzt würde, wenn endlich aufgehört wird, ErzieherInnen zu unterstellen, auf hohem Niveau zu jammern, wenn man aufhört, Eltern gegen ErzieherInnen auszuspielen (Politik und Medien), wenn man Gesundheitsprävention (Lärm, Rücken, Supervision…) wie in anderen beruflichen Zweigen ernst nehmen würde. Und öh!, in wenigen einzelnen Kitas gibt es sowas! Man muss also nicht immer in die Vergangenheit gucken, in der es ja auch nicht anders war (ist nicht Sinn des Fortschritts), sondern da gucken, wo es schon gut klappt! Dann bleiben MitarbeiterInnen. Das heißt dann Wertschätzung

  11. 24.

    Die zusätzlichen freien Tage wenn die Kita unterbesetzt ist, werden die Bildungsstandards sicher heben und die Kollegen entlasten. (Vorsicht: Ironie)

  12. 23.

    Eine dritte Möglichkeit ist die Kürzung der Öffnungszeiten.
    Nur weil Ihnen das nicht gefällt, ist trotzdem wohl die beste Lösung.

  13. 22.

    "Mit seiner "unkonstruktiven Haltung" provoziere der Senat den Streik, hatte Verdi in seiner ursprünglichen Streik-Ankündigung erklärt." man beachte - ursprünglichen Streik-Ankündigung!
    Habe just heute früh im Radio vernommen, im Originalton, das in den letzten zwei von der Gewerkschaft rein gar Nichts kam.
    Wirkt auf mich als ob die Streikentscheidung abgewartet wird, um wenn zulässig so oder so gestreikt werden soll.
    Das deute ich als "unkonstruktiven Haltung".

  14. 21.

    Ich kann ja die Erzieher verstehen aber denkt Verdi auch mal weiter? NEIN tun sie nicht. Über Konsequenzen eines sechswöchigen Streik wie Verlust der Arbeit oder unbezahlten frei oder vielleicht so gar stillstand in manchen Bereichen wird dann erst gejammert wenn es zu spät ist und das Kind in den Brunnen gefallen ist.

  15. 20.

    Es gab früher auch Klassen mit mehr als 30 Schüler!!! Trotzdem hat es geklappt!! Es gab nämlich sehr engagierte Lehrkräfte, die differenzierten Unterricht durchführten u. freiwillig Schüler förderten - ohne ständig auf ihren Gehaltsbeleg zu schauen. Zur Lehrkraft gehört mehr!!!

  16. 19.

    Nein, hat es nicht. Sorry aber bitte lesen Sie Pisa und beschäftigen Sie sich mit Entwicklung...
    Anpassung Um jeden Preis und preußischer Gehorsam aus dieser Zeit sind ein wichtiger Grund für die große Zahl an psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung..

  17. 18.

    So einfach rechnet sich das aber nicht. Kinder unter 3 Jahren haben einen anderen Betreuungsschlüssel, als Kinder über 3 Jahren. Hinzu kommen Kinder mit Förderstatus. Wovon alleine Kinder mit wesentlich erhöhtem Förderbedarf eine halbe Stelle angerechnet bekommen. Und Fakt ist, diese Kinder laufen dann auch nicht einfach nebenbei mit, sondern haben häufig einen 1 zu 1 Betreuung, wo der Kollege dann für die Betreuung anderer Kinder wegfällt.
    Zu vergessen ist auch nicht, dass von den angegebenen Mitarbeiten nicht alle Vollzeit arbeiten, sondern der Großteil nur Teilzeit, was sich auch nochmal anders rechnet.

  18. 17.

    Es gibt keine "Extrawürste" für Berlin, übrigens, das müssen die Berliner noch lernen..

  19. 16.

    Trotzdem sollte man die Erfahrungen von Renterinnen und Rentnern nicht in Abrede stellen, dass es früher noch größere Kitagruppen gegeben hat. Zur Wahrheit gehört eben auch, dass neben der unbestreitbar anstrengenden Arbeit z.B. in einer Kita, heutzutage oftmals, von Gewerkschaften oder Medien, übertrieben und sich beklagt wird, über Umstände, die heute nicht schlimmer sind, als früher.
    Schulklassen hatten z.B. vor 25 Jahren auch schon 30 Schüler und es hat funktioniert.

  20. 15.

    ich höre und lese immer wieder was die Gewerkschaften fordern, wenn aber dann im nachhinein das Unternehmen Insolvenz anmelden muss, Arbeitskräfte freigestellt werden müssen das Übrige Personal wegen Überlastung dann sich beschwert Frage ich mich welchen direkten Vorschlag diese Damen und Herren einbringen um den Teufelskreis zu durch brechen. Statt immer höhere Löhne zu fordern und die Dt Arbeitnehmer nicht weiter für den Dt Arbeitsstandort unattraktive werden zu lassen

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